JudikaturVwGH

Ra 2023/17/0029 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie die Hofräte Dr. Terlitza und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Schimpfhuber, über die Revision des S A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2022, W298 2243781 1/14E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Nebenaussprüchen sowie eines Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, wurde im Jahr 1999 im Bundesgebiet geboren, wo er sich bis zu seiner im Jahr 2001 erfolgten Ausreise auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig aufhielt.

2 Von 2001 bis zu seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet im Jänner 2017 hielt sich der Revisionswerber im Ausland auf.

3 Nach seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet stellte er in den Jahren 2017 und 2020 Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, welche mit Bescheiden des Landeshauptmanns von Wien abgewiesen wurden.

4 Der Revisionswerber wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. März 2021 wegen qualifizierter Körperverletzung und (versuchten) Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

5Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17. Mai 2021 wurde dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Iran festgestellt, eine Frist für seine freiwillige Ausreise festgelegt und ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot gegen den Revisionswerber erlassen.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).

12In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).

13Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG daher (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Demgemäß erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 19.3.2025, Ra 2022/17/0019 bis 0020, mwN).

14 Die Revision wendet sich in den Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit zunächst dagegen, dass das Bundesverwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat.

15 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung gemäß dem hier maßgeblichen ersten Tatbestand des ersten Satzes des § 21 Abs. 7 BFAVG („wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“) dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 30.4.2025, Ra 2022/17/0054, mwN).

16 Aus § 21 Abs. 7 BFAVG ergibt sich, dass die Unterlassung einer Verhandlung nur dann einen relevanten, zur Aufhebung führenden Verfahrensmangel begründet, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist; dieser ist in der Revision darzutun (vgl. VwGH 9.3.2023, Ra 2023/17/0035, mwN).

17 Dieser Anforderung werden die pauschalen Behauptungen zur Zulässigkeit der Revision, die bloß nach Ansicht des Revisionswerbers nicht hinreichend geklärt erscheinende Themenfelder nennen, nicht gerecht, sodass es dem Revisionswerber nicht gelingt, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

18 Werden Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung der Verfahrensmängel in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist fallbezogen in konkreter Weise darzulegen. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung der Verfahrensmängel als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 21.7.2025, Ra 2023/17/0068, mwN).

19 Dieser Anforderung wird die Darlegung der Zulässigkeitsgründe der Revision nicht gerecht. Denn es werden allgemein Verfahrensfehler vor allem die Unterlassung der Einvernahme von Zeugen für das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ins Treffen geführt, jedoch ohne konkret anzugeben, welche Tatsachen bei deren Vermeidung erwiesen worden wären und weshalb ein für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Im Übrigen würde selbst bei Zutreffen der der Revision offenbar zugrundeliegenden Prämisse, wonach der Revisionswerber über nicht hinreichend berücksichtigte, sehr gute Deutschkenntnisse verfüge, angesichts der zu seinen Lasten durch das Bundesverwaltungsgericht ins Kalkül gezogenen Verfehlungen insbesondere die strafgerichtliche Verurteilung sowie diverse Verwaltungsübertretungen die durch das Bundesverwaltungsgericht angestellte Beurteilung nicht unvertretbar erscheinen.

20 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 2. Oktober 2025