JudikaturVwGH

Ra 2023/17/0035 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
09. März 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revision der mj. N S, vertreten durch ihre Mutter V S, diese vertreten durch Mag. Michael Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2022, W159 2253431 1/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23. Februar 2022 wurde der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen der Republik Kosovo, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und eine Rückkehrentscheidung gegen sie erlassen. Unter einem wurde die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in den Kosovo festgestellt und eine Frist für ihre freiwillige Ausreise eingeräumt.

2 Dagegen führte die Revisionswerberin Beschwerde. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte eine Revision dagegen für nicht zulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis führte die Revisionswerberin zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 1 B VG. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 29. November 2022, E 2746/2022-5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nunmehr vorliegende Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Demgemäß erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 13.2.2023, Ra 2022/17/0231, mwN).

9 In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. nochmals VwGH 13.2.2023, Ra 2022/17/0231, mwN).

10 Aus § 21 Abs. 7 BFA VG ergibt sich, dass die Unterlassung einer Verhandlung nur dann einen relevanten, zur Aufhebung führenden Verfahrensmangel begründet, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist; dieser ist in der Revision dazutun (vgl. VwGH 24.8.2022, Ra 2022/17/0117, mwN).

Die Revisionswerberin legt mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, die Zulässigkeit der Revision nicht dar, weil sie keine hinreichend konkreten Ausführungen dazu tätigt, weswegen es von der Durchführung einer Verhandlung nicht hätte absehen dürfen, zumal sie auch nicht hinreichend konkret anführt, welche Zeugenaussagen ihre Mutter in einer Verhandlung hätte tätigen können.

11 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.9.2022, Ra 2022/17/0052, mwN).

Die Revision zeigt einen derartigen krassen Fehler der Beweiswürdigung mit ihrer Behauptung, das Bundesverwaltungsgericht habe eine „antizipierende Beweiswürdigung“ angestellt, nicht auf. Denn die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung vermag nicht den in der Zulässigkeitsbegründung allein erhobenen Vorwurf einer „antizipierenden Beweiswürdigung“ zu begründen (vgl. wieder VwGH 24.8.2022, Ra 2022/17/0117, sowie 31.8.2022, Ra 2022/17/0116, jeweils mwN).

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründungspflicht gemäß § 29 VwGVG bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Begründung jenen Anforderungen zu entsprechen hat, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach ist in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch geführt haben, erforderlich. Diesen Erfordernissen wird ein Verwaltungsgericht dann gerecht, wenn sich die seine Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl. nochmals VwGH 24.8.2022, Ra 2022/17/0117, sowie 31.8.2022, Ra 2022/17/0116, jeweils mwN).

Die Revision rügt diesbezüglich lediglich allgemein, dass dem Erkenntnis nicht nachvollziehbar entnommen werden könne, welche Feststellungen das Bundesverwaltungsgericht der Entscheidung zugrunde legt. Entgegen diesem Vorbringen lässt das angefochtene Erkenntnis noch hinreichend erkennen, welche Feststellungen das Bundesverwaltungsgericht trifft. Der Revisionswerberin gelingt es daher nicht, die Zulässigkeit der Revision vor dem Hintergrund der vorzitierten Rechtsprechung darzulegen.

13 Werden Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist fallbezogen in konkreter Weise darzulegen. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. nochmals VwGH 24.8.2022, Ra 2022/17/0117, sowie 31.8.2022, Ra 2022/17/0116, jeweils mwN).

Dieser Anforderung wird die Darlegung der Zulässigkeitsgründe der Revision nicht gerecht. Denn es werden allgemein Verfahrensfehler vor allem nicht näher bezeichnete Mängel des Ermittlungsverfahrens für das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ins Treffen geführt, jedoch ohne konkret anzugeben, inwiefern bei deren Vermeidung ein für die Revisionswerberin günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können.

14 Eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte erfüllt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B VG, wenn es zu der betreffenden Frage eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt (vgl. neuerlich VwGH 24.8.2022, Ra 2022/17/0117, sowie 31.8.2022, Ra 2022/17/0116, jeweils mwN).

Mit ihrer Rüge, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in ähnlich gelagerten Fällen, zeigt die Revisionswerberin daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, zumal sie nicht behauptet, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich darstelle.

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. März 2023

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