JudikaturVwGH

Ro 2023/12/0024 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. Januar 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Holzinger und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision 1. der e GmbH in W und 2. des P Z in M, beide vertreten durch Mag. Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Liechtensteinstrasse 22A/I/12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 26. Jänner 2023, 1. VGW 002/024/9065/2020 92, 2. VGW 002/V/024/9066/2020, 3. VGW 002/V/024/11701/2020 und 4. VGW 002/024/11699/2020, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes, Beschlagnahme und Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid vom 12. Juni 2020 ordnete die belangte Behörde gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme und gemäß § 54 Abs. 1 GSpG die Einziehung von im Rahmen einer Kontrolle am 30. Jänner 2020 in einem näher genannten Lokal gemäß § 53 Abs. 2 GSpG vorläufig in Beschlag genommenen 42 Pokertischen an.

2 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. August 2020 wurde der Zweitrevisionswerber der 42 fachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1, erster Fall GSpG schuldig erkannt. Es wurden über ihn gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafrahmen GSpG 42 Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 3.000, (samt Ersatzfreiheitsstrafen) pro Glücksspielgerät verhängt. Der Zweitrevisionswerber habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der e GmbH (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) und somit als zur Vertretung nach außen Berufener und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass die e GmbH im Zeitraum vom 1. Jänner 2020 bis 30. Jänner 2020 um 15:15 Uhr in einem näher genannten Lokal zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet habe, ohne dass eine Bewilligung oder Konzession nach dem Glückspielgesetz vorgelegen wäre. Die e GmbH habe funktionsfähige und in betriebsbereitem Zustand aufgestellte Eingriffsgegenstände in Form von Pokertischen auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko betrieben, um damit regelmäßige Einnahmen zu erzielen. Weiters wurde der Zweitrevisionswerber gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verpflichtet.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowohl die gegen den Bescheid betreffend die Einziehung und die Beschlagnahme der Pokertische vom 12. Juni 2020 erhobene Beschwerde der Erstrevisionswerberin als auch die gegen das Straferkenntnis vom 7. August 2020 erhobene Beschwerde des Zweitrevisionswerbers mit fallbezogen nicht weiter relevanten Maßgaben als unbegründet ab und sprach aus, dass der Zweitrevisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe und ihm der Ersatz der im Beschwerdeverfahren betreffend das Straferkenntnis erwachsenen Barauslagen dem Grunde nach auferlegt werde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG wurde für zulässig erklärt. Unter einem wies das Verwaltungsgericht die vom Erstrevisionswerber erhobene Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 7. August 2020 mit Beschluss zurück und sprach aus, dass die ordentliche Revision dagegen nicht zulässig sei.

4 Zur Zulassung der ordentlichen Revision führte das Verwaltungsgericht begründend aus, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Unionsrechtskonformität der Aufhebung der gesetzlichen Grundlage zur Erlangung einer Konzession zum Veranstalten von Pokerspielen ohne Bankhalter (§ 22 GSpG)“.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Darüber hinaus wurde angeregt, der Verwaltungsgerichtshof „möge das Verfahren mit Beschluss gemäß § 38b VwGG aussetzen und dem EuGH die bereits im Text genannten Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen“.

6 Dem mit der ordentlichen Revision eingebrachten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gab das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 1. Juni 2023 insofern statt, als die Einziehung der beschlagnahmten Glücksspielgeräte vorerst nicht stattzufinden habe. Dem Antrag auf Erlassung einstweiliger Anordnungen in unmittelbarer Anwendung des Unionsrechts wurde mit demselben Beschluss nicht stattgegeben.

7 Das Verwaltungsgericht führte ein Verfahren gemäß § 30a Abs. 4 bis 6 VwGG durch, in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diese Bestimmung ist nach Art. 133 Abs. 9 B VG auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sinngemäß anzuwenden.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Der Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, wenn er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Der Verwaltungsgerichtshof hat weder Gründe für die Zulässigkeit der Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen noch ist er berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen könnten, aufzugreifen. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nämlich nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der Revision als grundsätzlich erachtet hat, die in der Revision aber nicht angesprochen wird oder der in der Revision gar die Eignung als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abgesprochen wird, ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen (vgl. etwa VwGH 12.3.2024, Ro 2022/12/0019 bis 0021, mwN).

12 Soweit zur Begründung der Zulässigkeit der Revision zunächst vorgebracht wird, es liege ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel vor, weil das Verwaltungsgericht in seinem Spruch eine andere als die tatsächliche Kanzleiadresse des rechtlichen Vertreters angeführt habe, lässt dieses Vorbringen eine Relevanzdarlegung gänzlich vermissen (vgl. zu den diesbezüglichen Erfordernissen etwa VwGH 8.11.2024 , Ra 2023/12/0071, mwN).

13 Weiters wird unter Bezugnahme auf ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2022, W131 2247950 1/19E, vorgebracht, dass die Bestimmungen des Glückspielgesetzes auf gewerbliche Pokerbetriebe aus unionsrechtlichen Gründen nicht anzuwenden seien. Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgehalten, dass ein derartiger Inhalt aus dem angesprochenen Erkenntnis nicht abgeleitet werden kann (vgl. etwa VwGH 27.2.2024, Ro 2023/12/0015, mwN).

14 Auch wurde der Casinos Austria AG wie sich auch aus den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, denen die Revision nicht substantiiert entgegentritt, ergibt keine gesonderte „Pokerkonzession“ im Rahmen einer „intransparenten Vergabe“ ohne öffentliche internationale Ausschreibung erteilt (vgl. dazu erneut VwGH 27.2.2024, Ro 2023/12/0015, sowie VwGH 12.3.2024, Ro 2022/12/0019 bis 0021).

15 Hinsichtlich des weiteren Revisionsvorbringens, wonach es sich bei Pokertischen um keine Eingriffsgegenstände im Sinne des Glückspielgesetzes handle und daher die bestehenden, zu Glücksspielautomaten ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht zur Beurteilung der Zulässigkeit der maßgebenden Regelungen des Glücksspielgesetzes herangezogen werden könnten, sowie eine in diesem Sinne ergangene Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes bindende Wirkung entfalte, wird zur näheren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2024, Ro 2023/12/0010 bis 0012, verwiesen, mit dem eine Revision mit entsprechendem Vorbringen wegen Nichtvorliegen einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zurückgewiesen wurde.

16 Mit dieser Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof zudem ausgesprochen, dass es entgegen dem Revisionsvorbringen für die rechtliche Qualifikation von Pokertischen als Eingriffsgegenständen im Sinne des Glücksspielgesetzes nicht notwendig ist, dass sich in den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte dafür fänden. Der Gesetzgeber ist nämlich nicht verhalten, bezüglich aller Glücksspiele in den Gesetzesmaterialien festzuhalten, welche Gegenstände Eingriffsgegenstände nach dem Glücksspielgesetz bilden (vgl. erneut VwGH 12.3.2024, Ro 2023/12/0010 bis 0012).

17 Soweit vorgebracht wird, das Glückspielgesetz sei insgesamt als unionsrechtswidrig einzustufen, weil der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2022, G 259/2022, Teile des § 25 Abs. 3 GSpG und damit eine „Säule“ der Kohärenzprüfung rückwirkend aufgehoben habe, genügt ein Verweis auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2024, Ro 2023/12/0018 bis 0020, und die darin angeführten weiteren Nachweise.

18 Schließlich kann auch hinsichtlich des Vorbringens, die Aufhebung des § 22 GSpG sei nicht geeignet, zu einer Verringerung der Beschaffungskriminalität und Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern zu führen, weshalb die gesetzlichen Ziele nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt würden, auf die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2024, Ro 2023/12/0010 bis 0012, verwiesen werden.

19 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

20 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 21. Jänner 2025

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