JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0021 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
30. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der H F und 2. des B F, beide vertreten durch die Kopp Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 29. November 2022, 405 3/1003/1/6 2022, betreffend Aufhebung einer Abtretungsverpflichtung und Rückübereignung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 2022, mit welchem ihr Antrag auf Aufhebung der Abtretungsverpflichtung aus einer Bauplatzerklärung und Rückgabe näher bezeichneter Teilflächen soweit er sich auf § 23 Abs. 1 Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) stützt als unbegründet abgewiesen und soweit er sich auf § 23 Abs. 2 BGG stützt wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, mit näher bezeichnetem Bescheid der belangten Behörde aus dem Jahr 1972 sei über Antrag der revisionswerbenden Parteien das in ihrem Eigentum stehende Grundstück Nr. X rechtskräftig zum Bauplatz erklärt worden, wobei gemäß § 15 BGG eine Gesamtfläche von 325 m 2 (Teilstück A im Ausmaß von 150 m 2 für die Verbreiterung des Z.weges und Teilstück B im Ausmaß von 175 m 2zur Neuanlage der nunmehrigen B.straße) an die Stadtgemeinde abzutreten gewesen sei. Mit näher bezeichnetem Bescheid der belangten Behörde aus dem Jahr 1990 sei der Bauplatz über Antrag der revisionswerbenden Parteien auf eine Fläche von 850 m² eingeschränkt worden, wobei die unverändert enthaltenen Abtretungsverpflichtungen von ihnen nicht bekämpft worden seien. Mit näher bezeichnetem Bescheid der belangten Behörde aus dem Jahr 1992 sei der Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Rückgabe des Teilstückes B unter Verweis auf die zwischenzeitlich provisorisch hergestellte, befahrbare Verkehrsfläche der B.straße abgewiesen worden. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauberufungskommission aus dem Jahr 2008 sei der Antrag der zweitrevisionswerbenden Partei auf Rückgabe des Teilstückes B wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen worden; die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 2011, 2009/06/0177, als unbegründet abgewiesen worden. Schließlich sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2014 der Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Rückübereignung der Abtretungsflächen sowie Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes dieser Abtretungsflächen hinsichtlich des Teilstückes A als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich des Teilstückes B als unzulässig zurückgewiesen worden; die dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobene Revision sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 2015, Ra 2015/06/0054, zurückgewiesen worden.

3 Mit dem nunmehr gegenständlichen Ansuchen werde nicht die Rückgängigmachung der gesamten abgetretenen Grundflächen beantragt, sondern jeweils eines Teiles davon (im Ausmaß von 56 m² und 5 m²). Weiters stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Teilfläche A laut dem näher bezeichneten Bebauungsplan für die Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsfläche Z.weg vorgesehen sei, wobei im Jahr 2010 auf dieser Teilfläche eine Verbreiterung der bestehenden Verkehrsfläche Z.weg durch Errichtung einer Ausweiche für Kfz und eines geschotterten Gehweges für Fußgänger erfolgt sei. Die Teilfläche B diene bereits seit Jahrzehnten als Zufahrt zur Aufschließung des Bauplatzes der revisionswerbenden Parteien sowie anderer, näher bezeichneter Grundstücke.

4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, dass § 23 Abs. 1 BGG lediglich dann zur Anwendung gelange, wenn die Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz erlösche, wobei ausdrücklich auf § 22 BGG verwiesen werde. Im Revisionsfall sei nicht die Eigenschaft als Bauplatz gemäß § 22 BGG erloschen und es sei auch die Bauplatzerklärung nicht aufgehoben worden, sondern es habe sich dessen Größe bzw. Fläche gemäß § 24 Abs. 1 BGG geändert. Diese Bestimmung bilde jedoch keine Grundlage für eine Rückübereignung von abgetretenen Grundflächen. Im Übrigen seien im Abänderungsbescheid die Abtretungsverpflichtungen aus dem Jahr 1972 vollinhaltlich aufrecht geblieben. Zur Zurückweisung des auf § 23 Abs. 2 BGG gestützten Antrages legte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf VwGH 24.3.2011, 2009/06/0177, dar, dass im Ergebnis bereits mehrfach inhaltlich über die Anträge auf Rückübertragung der abgetretenen Grundflächen abgesprochen worden sei, wobei sich diese zunächst auf die fehlende Errichtung der B.straße bezogen hätten, im Jahr 2013 auch auf den Ablauf der 40 Jahres Frist. Über diesen Antrag sei daher insoweit bereits rechtskräftig abgesprochen worden, zumal weder auf Sachverhaltsebene noch in rechtlicher Hinsicht eine Änderung eingetreten sei, woran der Umstand, dass die Rückübertragung einer kleineren Fläche als in der Vergangenheit begehrt worden sei, nichts zu ändern vermöge.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision bringen die revisionswerbenden Parteien vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob § 23 Abs. 1 BGG hinsichtlich des Erlöschens einer Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz auch für den Fall anzuwenden sei, dass der Bauplatz (bloß) um eine erhebliche Teilfläche eingeschränkt werde. In seinem Erkenntnis vom 22. September 1998, 94/17/0416, habe der Verwaltungsgerichtshof inzident ausgesprochen, dass die Einschränkung eines Bauplatzes eine Aufhebung der Bauplatzerklärung für die anderen Grundflächen darstelle; von dieser Rechtsprechung sei das Verwaltungsgericht ohne nähere Begründung abgewichen. Das Verwaltungsgericht sei zudem der Meinung, dass die Abweisung der Rückabtretung des gesamten Grundstückes auch entschiedene Sache hinsichtlich der Rückabtretung einer kleineren Teilfläche aus diesem Grundstück begründe; auch hierzu gebe es keine Rechtsprechung.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme.

9 § 23 Abs. 1 BGG setzt voraus, dass die Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz erloschen ist. Das Erlöschen der Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz wird in § 22 BGG geregelt, auf welchen in § 23 Abs. 1 BGG zudem ausdrücklich verwiesen wird. Die in § 23 Abs. 1 BGG enthaltene Verpflichtung zur Rückgängigmachung von Grundabtretungen kommt nach dem insoweit klaren Wortlaut dieser Bestimmung somit nur zur Anwendung, wenn die Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz erloschen ist, was gemäß § 22 lit. a BGG etwa dann der Fall ist, wenn die Bauplatzerklärung auf Antrag des Grundeigentümers aufgehoben wird. Die Änderung der Fläche eines Bauplatzes ist hingegen in § 24 BGG geregelt, sodass auch die im Revisionsfall erfolgte flächenmäßige Verkleinerung des Bauplatzes unter diese Bestimmung fällt; auf ein bloß teilweises Erlöschen der Grundfläche als Bauplatz stellen die §§ 22 und 23 BGG aber nicht ab. Eine Änderung des Bauplatzes im Sinn des § 24 BGG zieht somit keine Verpflichtung zur Rückgängigmachung von Grundabtretungen gemäß § 23 Abs. 1 BGG nach sich.

10 Ist wie im Revisionsfall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 23.9.2024, Ra 2024/06/0129, mwN).

11 Mit ihrem Hinweis auf VwGH 22.9.1998, 94/17/0416, zeigen die revisionswerbenden Parteien auch kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf, zumal dieser darin unter anderem klar zum Ausdruck gebracht, dass auch durch die nachfolgende Teilung eines Grundstückes, welches zum Bauplatz erklärt wurde, die Bauplatzerklärung nicht ihre Wirksamkeit verliert, sondern im gleichen Umfang aufrecht bleibt; auch der nachträgliche Wegfall der Rechtsgrundlage für die Bauplatzerklärung bewirkt nicht schon allein auch deren Wegfall. Dass die Einschränkung eines Bauplatzes auf eines von mehreren Grundstücken eine Aufhebung der Bauplatzerklärung für die anderen Grundstücke darstelle, lässt sich diesem Erkenntnis hingegen nicht entnehmen.

12Weiters ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, dass die Frage der Auslegung eines konkreten Bescheides ebenso wie die Auslegung einer konkreten Parteienerklärung grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 21.7.2025, Ra 2025/06/0194 und 0195, mwN).

13 Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, in welcher lediglich auf ein Fehlen von Rechtsprechung zu dieser einzelfallbezogenen Beurteilung verwiesen wird, nicht dargestellt.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 30. September 2025