JudikaturBVwG

W118 2294814-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Umweltrecht
16. Oktober 2024

Spruch

W118 2294814-1/17E BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gernot ECKHARDT über die Beschwerden der/des

1. Umweltorganisation „ XXXX “,

2. Umweltorganisation „ XXXX “,

3. Wiener Umweltanwältin,

4. Umweltorganisation „ XXXX “,

5. XXXX ,

6. XXXX ,

7. XXXX ,

8. XXXX ,

9. XXXX ,

10. XXXX ,

11. XXXX ,

12. XXXX ,

13. XXXX ,

14. XXXX ,

15. XXXX ,

16. XXXX ,

17. XXXX ,

18. XXXX ,

19. XXXX ,

20. XXXX ,

21. XXXX ,

22. XXXX ,

23. XXXX ,

24. XXXX ,

25. XXXX ,

26. XXXX ,

27. XXXX ,

28. XXXX ,

29. XXXX ,

30. XXXX ,

31. XXXX ,

32. XXXX ,

33. XXXX ,

34. XXXX ,

35. XXXX

36. XXXX ,

37. XXXX ,

38. XXXX ,

39. XXXX ,

40. XXXX ,

41. XXXX ,

42. XXXX ,

43. XXXX ,

44. XXXX ,

45. XXXX ,

46. XXXX ,

47. XXXX ,

48. XXXX ,

49. XXXX ,

50. XXXX ,

51. XXXX ,

52. XXXX ,

53. XXXX ,

54. XXXX ,

55. XXXX ,

56. XXXX ,

57. XXXX ,

58. XXXX ,

59. XXXX ,

60. XXXX ,

61. XXXX ,

62. XXXX ,

63. XXXX ,

64. XXXX ,

65. XXXX ,

66. XXXX ,

67. XXXX ,

68. XXXX ,

69. XXXX ,

70. XXXX ,

71. XXXX ,

72. XXXX ,

73. XXXX ,

74. XXXX ,

75. XXXX ,

76. XXXX ,

77. XXXX ,

78. XXXX ,

79. XXXX ,

80. XXXX ,

die Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer:innen vertreten durch die LIST Rechtsanwalts GmbH, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung (im Folgenden: belangte Behörde) vom 14.05.2024, Zl. XXXX , betreffend die Feststellung, dass für das Vorhaben „Seilbahn XXXX “ keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei (mitbeteiligte Parteien: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie [im Folgenden kurz: BMK] und XXXX [im Folgenden: Projektwerberin], vertreten durch die ONZ Partner Rechtsanwälte GmbH):

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 28.06.2023 ersuchte die BMK als mitwirkende Forst- und Seilbahnbehörde die belangte Behörde – nach dem Einlangen eines Begehrens der Projektwerberin auf Erteilung einer Bewilligung für befristete sowie dauerhaften Rodungen für deren Vorhaben „Seilbahn XXXX “ am 22.03.2023 und der Übermittlung aktualisierter Rodungsunterlagen am 28.06.2023 – um die Prüfung, ob für das geplante Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 erforderlich sei.

2. Die belangte Behörde forderte die Projektwerberin in der Folge mehrfach dazu auf, ergänzende Unterlagen zu übermitteln.

3. Im Zuge ihres Ermittlungsverfahrens holte die belangte Behörde auch Auskünfte vom Magistrat der Stadt Wien – Magistratsabteilung 37 und vom Magistratischen Bezirksamt für den XXXX . Bezirk ein.

4. Am 21.02.2024 gewährte die belangte Behörde zu ihrer Beweisaufnahme Parteiengehör. Davon machten das Verkehrs-Arbeitsinspektorat als mitwirkende Arbeitsschutzbehörde am 22.02.2024, die BMK am 01.03.2024, die Projektwerberin am 05.03.2024, der Magistrat der Stadt Wien – Magistratsabteilung 22 als mitwirkende Naturschutzbehörde am 04.03.2024, das Amt der Wiener Landesregierung – Magistratsabteilung 45 als wasserwirtschaftliches Planungsorgan am 05.03.2024, der Magistrat der Stadt Wien – Büro des Magistratsdirektors als Standortgemeinde am 06.03.2024 und die Drittbeschwerdeführerin als Umweltanwältin am 08.03.2024 Gebrauch.

5. Zu der Äußerung des Magistrats der Stadt Wien – Magistratsabteilung 22 replizierte die Projektwerberin am 03.04.2024.

6. Mit Bescheid vom 14.05.2024 stellte die belangte Behörde fest, dass für das Vorhaben „Seilbahn XXXX “ keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.

Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass der Tatbestand Z 10 lit. e des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 keine Seilbahnen erfasse, weil die normierte Ausnahme nur für typische städtische schienengebundene Massenverkehrsmittel – wozu Seilbahnen nicht zählen würden – gelte; für Seilbahnen bestehe nur eine UVP-Pflicht in Verbindung mit Schigebieten. Der – im Rahmen der UVP G 2000 Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 – eingefügte Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 komme nicht in Betracht, da im vorliegenden Fall die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 und damit Anhang 1 zum UVP-G 2000 in der Fassung vor der Novelle anzuwenden sei, der den neu geschaffenen Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 noch nicht enthalte.

Hinsichtlich des Tatbestandes Z 21 lit. b des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 hielt die belangte Behörde fest, dass das Vorhaben für sich alleine betrachtet den normierten Schwellenwert von 750 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge unterschreite. Angesichts der Erreichung von 25 % dieses Schwellenwertes sei allerdings der Kumulierungstatbestand nach § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 zu prüfen. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass 154 öffentlich zugängliche Stellplätze bei der Kumulierungsprüfung zu berücksichtigen seien. Gemäß Z 21 des Anhanges 1 UVP-G 2000 seien jedoch die Stellplätze für Kraftfahrzeuge von anderen Vorhaben, die nicht mehr als 38 Stellplätze für Kraftfahrzeuge haben würden, unbeachtlich, sodass sich die Stellplatzanzahl auf 112 öffentlich zugängliche Stellplätze für Kraftfahrzeuge verringere. Zusammen mit der öffentlich zugänglichen Stellplatzanzahl für Kraftfahrzeuge des projektierten Vorhabens von 540 öffentlich zugänglichen Stellplätzen sei für die Kumulierung eine Gesamtzahl von 652 öffentlich zugänglichen Stellplätzen im Umfeld der „Park Ride-Anlage XXXX “ relevant. Da somit der Schwellenwert nicht überschritten werde, könne dahingestellt bleiben, ob aufgrund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei.

Die Tatbestände Z 46 lit. g und lit. h des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 seien nicht maßgeblich, weil das Ausmaß der geplanten Rodungen weder den normierten Schwellenwert von 10 ha, noch 25 % dieses Schwellenwertes erreiche bzw. die geplante Gesamtrodungsfläche weniger als 2,5 ha betrage.

Die belangte Behörde nahm auch Stellung zu den im Zuge des Parteiengehörs erhobenen Einwänden. Bezüglich des Vorbringens der Drittbeschwerdeführerin führte sie dabei aus, dass die Unionsmäßigkeit der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 nur dann zu hinterfragen wäre, wenn und soweit die Rechtslage vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 der UVP-RL widersprochen hätte. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 1901 BlgNR 27. GP, Seite 17) sei jedoch nicht abzuleiten, dass der neue Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 aufgrund einer befürchteten Unionsrechtswidrigkeit geschaffen worden sei, sondern wegen einer „bloß bedingten Eignung“ der bisherigen Tatbestände der Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000. Darüber hinaus sei in den beiden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich (Nr. 2012/2013 und Nr. 2019/2224) die Konformität des innerösterreichischen UVP-Rechts mit der UVP-RL detailliert geprüft worden und habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.09.2014, 2012/03/0165, festgestellt, dass die UVP-RL die Mitgliedstaaten betreffend die in Anhang II aufgezählten Projekte nicht zur obligatorischen Anordnung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichte. Im Übrigen scheide – im Falle der Unionsrechtswidrigkeit der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 – eine unmittelbare Anwendbarkeit der UVP-RL aus, weil nach dem Wortlaut des Tatbestandes Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL unterschiedslos alle Seilbahnen betroffen wären, was überschießend wäre; der Tatbestand sei vielmehr so zu lesen, dass lediglich Seilbahnen, die in Verbindung mit Schipisten errichtet werden würden, gemeint seien.

7. Gegen den Bescheid erhoben die Erstbeschwerdeführerin als anerkannte Umweltorganisation am 11.06.2024, die Zweitbeschwerdeführerin als anerkannte Umweltorganisation am 21.06.2024, die Drittbeschwerdeführerin am 19.06.2024 und die Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer als anerkannte Umweltorganisation bzw. Nachbarn gemeinsam am 19.06.2024 Beschwerde.

Die Erstbeschwerdeführerin beantragte die Aufhebung des Bescheides und die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Für den Fall, dass den beiden Anträgen nicht stattgegeben werden sollte, wurde die Vorlage zweier Fragen an den Europäischen Gerichtshof angeregt und für den Fall, dass den beiden Anträgen sowie der Anregung keine Folge geleistet werden sollte, die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung begehrt.

Die Erstbeschwerdeführerin begründete ihre Beschwerde im Wesentlichen wie folgt:

Sie habe keine Parteistellung im behördlichen Verfahren gehabt. Dadurch, dass sich anerkannte Umweltorganisationen erst im Beschwerdeverfahren an einem UVP-Feststellungsverfahren beteiligten könnten, komme es zu einem eklatanten Informationsnachteil und seien diese gezwungen, sich mit den Gegebenheiten abzufinden. Ohne Parteistellung könnten die anerkannte Umweltorganisationen beispielsweise auch keine Einsicht in die Projektunterlagen nehmen, die der Projektträger jedoch gemäß Anhang II.A zur UVP-RL vorzulegen habe. Insgesamt werde damit gegen die Bestimmungen der UVP-RL, die subjektiven Rechte auf einen effektiven Rechtschutz und Art. 6 EMRK verstoßen.

Durch den Bescheid würden eine Beeinträchtigung der Landschaft und des Landschaftsbildes XXXX , nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet XXXX und das Landschaftsschutzgebiet XXXX , eine Beeinträchtigung des Biosphärenparks XXXX sowie von zahlreichen streng geschützten und europarechtlich geschützten Arten drohen. Alleine deshalb sei bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Des Weiteren erfordere bereits der Standort des Vorhabens die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (EuGH 25.05.2023, C-575/21, Rs WertInvest Hotelbetrieb).

Das Vorhaben weise Merkmale auf bzw. betreffe Standorte gemäß Z 1 und Z 2 des Anhanges III zur UVP-RL, weshalb es auch nach den Kriterien der Z 1 lit. a, b und c bzw. Z 2 lit. a, b und c Pkt iii), v) und viii) des Anhanges III zur UVP-RL zu prüfen sei.

Die Ansicht der Projektwerberin, wonach Seilbahnen weder vom Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL, noch vom Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL erfasst seien, sei unrichtig. Das Projekt werde nicht nur dem Fremdenverkehr und der Freizeit dienen, sondern sei auch als Infrastrukturprojekt anzusehen. Es werde außerdem nicht nur touristisch oder in der Freizeit genutzt werden, sondern auch privat und/oder beruflich. Ferner hätte der Unionsgesetzgeber, hätte er nur schienengebundene Bahnen in Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL gemeint, dies entsprechend angeführt.

Es gebe Judikatur des Europäischen Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes, die zeige, dass die geltende (vermutlich gemeint: im vorliegenden Fall anzuwendende) Rechtslage dem vorrangig anzuwendenden EU-Recht widerspreche, weshalb eine Abweichung vom geltenden Gesetzestext sehr wohl erlaubt sei.

Die Einzelfall- und Kumulationsprüfung sei zu Unrecht nur auf gleichartige Vorhaben (Stellplätze) durchgeführt worden (VwGH 21.12.2023, Ra 2023/04/0109, und EuGH 11.02.2015, C-531/13, Rs Marktgemeine Straßenwalchen).

Die Zweitbeschwerdeführerin beantragte die Aufhebung des Bescheides und die Feststellung, dass das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sei; in eventu die Zurückverweisung des Bescheides an die belangte Behörde. Für den Fall, dass dem Begehren nicht unmittelbar entsprochen werden sollte, wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gefordert. Überdies wurde für den Fall, dass Zweifel an der Nichtanwendbarkeit der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 fortbestehen würden, die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes angeregt.

Die Zweitbeschwerdeführerin begründete ihre Beschwerde im Wesentlichen wie folgt:

Die belangte Behörde gehe im Bescheid fälschlicherweise davon aus, dass das Vorhaben nach der Rechtslage vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 zu beurteilen sei. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH 07.01.2004, C-201/02, Rs Delena Wells), die in Bezug auf die UVP-RL ergangen, aber hier sinngemäß anzuwenden sei, sei der Geltungszeitpunkt des europäischen Rechtsbestandes maßgeblich und nicht eine verspätete Kodifizierung in nationalen Gesetzesbestimmungen. Das Prinzip der Rechtssicherheit könne keinesfalls dazu herangezogen werden, davon abzuweichen. Es sei unzulässig, dass die Republik Österreich jedes Mal, wenn sich nachträglich herausstelle, dass die UVP-RL unvollständig bzw. unrichtig umgesetzt worden sei, bei der Reparatur eine Übergangsfrist für bereits eingereichte Vorhaben vorsehe.

Österreichische Verwaltungsbehörden und -gerichte müssten jede Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lassen, die zu einer im Widerspruch zu einer Richtlinie stehenden Entscheidung veranlasse (EuGH 20.04.2013, C-463/11, Rs L gegen M). Ein Mitgliedstaat dürfe sich nicht auf seine interne Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung einer Richtlinie zu rechtfertigen und dürfe dieser keinen Vorteil aus der Missachtung seiner gemeinschaftlichen Pflichten ziehen (EuGH 20.09.2001, C-468/00, Rs Kommission/Frankreich; 07.12.2000, C-374/98, Rs Kommission/Frankreich). Im Ergebnis sei die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 unangewendet zu lassen und gelte die UVP-RL unmittelbar, weshalb eine Einzelfallprüfung durchzuführen sei.

Aus der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes folge, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten müssten, dass bei Vorhaben, von denen einzeln oder im Zusammenhang mit anderen Vorhaben erhebliche negative Umweltauswirkungen zu erwarten seien, jedenfalls einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden würden (EuGH 11.02.2015, C-531/13, Rs Marktgemeinde Straßwalchen; 25.05.2023, C-575/21, Rs Wertinvest Hotelbetriebs GmbH). Die Zweitbeschwerdeführerin verwies in diesem Zusammenhang auch auf BVwG 09.04.2019, GZ. W104 2211511-1/53E, wonach trotz nicht gegebener Kodifizierung eine Notwendigkeit aus unionsrechtlichen Gründen bestanden habe, vom Vorhandensein eines Schwellenwertes der Spalte 3 auszugehen.

Ob die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 Anwendung finde, bestimme sich danach, ob aus der UVP-RL ein Erfordernis für die Festlegung des Gesetzgebers folge. Dass die UVP-RL einen Tatbestand für Seilbahnen außerhalb von Schigebieten fordere, ergebe sich schon aus den Erläuterungen zur UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 (RV 1901 BlgNR 27. GP, Seite 17).

Da mehrere Schutzgebiete der Kategorie A betroffen seien und der Schwellenwert im Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 überschritten werde, sei eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Dem Bescheid und den darin abgebildeten Stellungnahmen sei zu entnehmen, dass erhebliche Umweltauswirkungen auf die biologische Vielfalt drohen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass eine Einzelfallprüfung zu der Feststellung einer Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht führen werde.

Die Drittbeschwerdeführerin beantragte die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.

Die Drittbeschwerdeführerin begründete ihre Beschwerde im Wesentlichen wie folgt:

Seilbahnen außerhalb von Schigebieten seien zweifellos von der UVP-RL erfasst. Bei einer bloßen Wortinterpretation seien diese sowohl unter den Tatbestand „Hängebahnen oder ähnliche Bahnen besonderer Art“ (Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL), als auch unter den Tatbestand „Seilbahnen und zugehörige Einrichtungen“ (Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL) zu subsumieren. Ein uferloser Anwendungsbereich könne nicht erkannt werden, zumal derartige große Seilbahnvorhaben selten geplant würden. Eine Seilbahn, die auf einer Länge von 5,6 km mehrere Landschaftsschutzgebiete sowie den Biosphärenpark XXXX durchquere und zweimal die Donau kreuze, lasse potentiell erhebliche Umweltauswirkungen erwarten.

Der Gesetzgeber habe durch die UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 mit dem neuen Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 die UVP-RL umgesetzt. Wenn die belangte Behörde vermeine, dass eine Einführung sei unionsrechtlich nicht geboten gewesen, widerspreche sie dem klaren Wortlaut der UVP-RL und der Rechtsauffassung der BMK. Dem Gesetzgeber könne auch nicht unterstellt werden, dass er überschießende Regelungen beschließe. Die belangte Behörde behandle im Bescheid nicht den Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL, sondern nur den Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL. Die beiden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich hätte sich außerdem nur mit Schigebieten und den dazugehörigen Seilbahnen beschäftigt.

Für eine richtlinienkonforme Auslegung komme Tatbestand Z 10 lit. e des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 in Betracht. Gemäß § 2 SeilbahnG 2003 seien Seilbahnen im Sinne dieses Gesetzes Eisenbahnen und lasse sich den erläuternden Bemerkungen (RV 648 BlgNR 22. GP, Seite 16) nicht entnehmen, dass Seilbahnen von diesem Tatbestand ausgenommen seien. Vielmehr ergebe sich, dass Strecken der Spalte 3 unterliegen würden, wenn ein schutzwürdiges Gebiet außerhalb von geschlossenen Siedlungsgebieten berührt werde. Die Trasse der projektierten Seilbahn führe zum Großteil durch Landschaftsschutzgebiete und damit nicht durch Siedlungsgebiet.

Alternativ sei eine unmittelbare Anwendung der UVP-RL zu prüfen. Lege man das Urteil des BVwG vom 09.04.2019, GZ. W104 2211511-1/53E, auf den gegenständlichen Fall um, bedeute dies, dass die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 aufgrund der unzureichenden Umsetzung der UVP-RL vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 verdrängt werde. Es sei der Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 anwendbar und werde daher im weiteren Verfahren eine Einzelfallprüfung vorzunehmen sein, die vermutlich zum Ergebnis führen werde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.

Die Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Aufhebung und Abänderung des Bescheides dahingehend, dass für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei; in eventu die Aufhebung und Abänderung des Bescheides dahingehend, dass das Vorhaben einer Einzelfallprüfung zu unterziehen sei; in eventu die Zurückverweisung des angefochtenen Bescheides an die belangte Behörde. Für den Fall, dass die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht offenkundig erscheinen sollte, wurde die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes angeregt.

Die Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer begründeten ihre Beschwerden im Wesentlichen wie folgt:

Vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 seien Seilbahnprojekte nur in Verbindung mit der Erschließung oder der Erweiterung von Schigebieten im Tatbestand Z 12 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 geregelt gewesen, obwohl die UVP-RL die Begrifflichkeit „Seilbahnen“ explizit im Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL nenne. Erst mit der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 sei – wie auch die Erläuterungen zeigen würden (RV 1901 BlgNR 27. GP, Seite 17) – ein Tatbestand für Seilbahnen außerhalb von Schigebieten neu in den Anhang 1 zum UVP-G 2000 aufgenommen worden. Bei einer Anwendung der alten Rechtslage komme daher aufgrund deren Unionsrechtswidrigkeit eine unmittelbare Anwendung der UVP-RL im Sinne der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG 28.01.2022, GZ. W104 2240490-1/135E) in Betracht. Da die Begriffe „Lifttrasse“ und „Seilförderungsanlagen“ keinen Spielraum für eine richtlinienkonforme Interpretation lassen würden, müsse die dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht widersprechende nationale Vorschrift unangewendet bleiben. Ob Seilbahnen von der UVP-RL erfasst seien, sei einzig nach unionsrechtlichen Kriterien zu beurteilen. In der UVP-RL würden Seilbahnen unabhängig von ihrem Standort im Tatbestand Z 12 des Anhanges II zur UVP-RL erwähnt werden.

Das Vorhaben erfülle unstrittig den Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000, weil es sich um den Neubau einer Seilbahn zur Personenbeförderung außerhalb eines Schigebietes mit einer schrägen Länge von mehr als 3 km handle und schutzwürdige Gebiete der Kategorie A betroffen seien. Die belangte Behörde vertrete allerdings die Ansicht, dass die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 greife. Die Übergangsbestimmung sei aufgrund folgender Überlegungen rechtswidrig: Bereits zu § 39 Abs. 9 UVP-G 2000 habe der Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass es aus Sicht des Gemeinschaftsrechts nicht zulässig sei, die Anwendung der in einer Richtlinie vorgegebenen Inhalte über den Umsetzungstermin hinaus aufzuschieben (VwGH 30.06.2006, 2022/03/0213). Mit den Übergangsbestimmungen des § 46 UVP-G 2000 solle grundsätzlich ein möglichst reibungsloser Übergang nationaler Genehmigungsregime bei Großprojekten auf die Erfordernisse der Umweltverträglichkeitsprüfung gewährleistet werden. Nunmehr würden diese aber dazu genutzt werden, unionsrechtswidrige Vorgehensweisen in diesem Übergangszeitraum zu legitimieren. Insbesondere aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.11.2016, C-348/15, Rs Stadt Wiener Neustadt, lasse sich ableiten, dass § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000, der zwar keine UVP-Genehmigung fingiere, aber trotz Kenntnis einer UVP-Pflicht zur Vermeidung eines UVP-Verfahrens verhelfe, massiv unionsrechtswidrig sei. Bei einer unionsrechtskonformen Umsetzung der UVP-RL wäre das Vorhaben bereits einem UVP-Verfahren zu unterziehen gewesen.

Im Bescheid seien bei der Kumulationsprüfung nur gleichartige Projekte, d.h. ausschließlich andere öffentlich zugängliche Stehplätze für Kraftfahrzeuge, berücksichtigt worden, was jedoch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche (VwGH 21.12.2023, Ra 2023/04/0109; 17.12.2019, Ro 2018/04/0012).

8. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden zusammen mit dem Behördenakt am 27.06.2024, hg. eingelangt am 03.07.2024, vor.

Im Vorlageschreiben wies die belangte Behörde hinsichtlich des Vorbringens, die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 sei unionsrechtswidrig, (ergänzend) darauf hin, dass die Europäische Kommission in dem im April 2024 eröffneten, neuen Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich (Nr. 2024/2012) Kritik an zahlreichen Bestimmungen des UVP-G 2000 geäußert habe, jedoch nicht im Hinblick auf die Übergangsbestimmung.

Zum Vorbringen, entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien von der belangten Behörde bei der Kumulationsprüfung nur gleichartige Projekte und somit ausschließlich andere öffentlich zugängliche Stellplätze für Kraftfahrzeuge berücksichtigt worden, bemerkte die belangte Behörde, dass zunächst das Überschreiten des in Spalte 3 genannten Schwellenwertes Voraussetzung für eine Einzelfallprüfung sei. Erst im Falle der tatsächlichen Durchführung einer Einzelfallprüfung samt vertiefter Prüfung der Umweltauswirkungen seien Vorhaben mit gleichartigen Auswirkungen, d.h. gegebenenfalls auch andere Tatbestände, zu berücksichtigen (VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0012; zur Berechnung des Schwellenwertes auch VwSlg. 17.394 A/2008 und Schmelz/Schwarzer, UVP-G 2011, § 3 UVP-G 2011, Rz 23). Im gegenständlichen Fall werde im Sinne des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 infolge Kumulierung weder der Schwellenwert des Tatbestandes Z 21 lit. b zum UVP-G 2000, noch der höhere Schwellenwert in Tatbestand Z 21 lit. a des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 erreicht, weshalb eine Berücksichtigung unterschiedlicher Tatbestände des UVP-G 2000 im Rahmen der Einzelfallprüfung nicht geboten gewesen sei.

9. Am 10.07.2024 richtete das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdemitteilung an die BMK und die Projektwerberin.

Die Projektwerberin äußerte sich dazu am 24.07.2024 und beantragte die Abweisung sämtlicher Beschwerden ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Beschwerden der Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer:

o Es treffe zu, dass Seilbahnen außerhalb von Schigebieten vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 nicht im UVP-G 2000 erfasst worden seien. Tatbestand Z 12 des Anhanges II zur UVP-RL beziehe sich ausschließlich auf Seilbahnen zur Erschließung oder Benützung von Schipisten, weil diese in einem Zuge mit „Skipisten“ und „Skiliften“ erwähnt werden würden und unter der Projektkategorie „FREMDENVERKEHR UND FREIZEIT“ angeführt seien. Da von der UVP-RL damit nicht alle Seilbahnen erfasst seien, liege keine Unionsrechtswidrigkeit nach der alten Rechtslage vor.

o Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zur unmittelbaren Anwendung der UVP-RL sei nicht einschlägig, weil dieses – anders als im Beschwerdefall – eine Projektkategorie des Anhanges I zur UVP-RL behandle. Projektkategorien des Anhanges II zur UVP-RL seien vielmehr keiner unmittelbaren Anwendung zugänglich (EuGH 21.03.2023, C-244/12, Rs Salzburger Flughafen). Abgesehen davon sei Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL auf das Vorhaben mangels Bezuges zu einem Schigebiet nicht anwendbar. Auch die ins Treffen geführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.11.2004, 2003/07/0127, beziehe sich auf ein Projekt des Anhanges I zur UVP-RL.

o Dass der Ministerialentwurf eingestehe, dass Seilbahnen bisher unionsrechtwidrig keinen Eingang in das UVP-G 2000 gefunden hätten, sei schlichtweg falsch. Auch sei an der Unionskonformität der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 nicht zu zweifeln, weil sie keinen unionsrechtswidrigen Zustand herbeiführe bzw. bestehen lasse, zumal Seilbahnen nicht per se nach der UVP-RL einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen seien. Eine Subsumtion unter den Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL sei nicht möglich, weil sich aus dem Wortlaut der Projektkategorie ergebe, dass bloß schienengeführte Verkehrsmittel erfasst seien. Hätte der Unionsgesetzgeber damit auch Seilbahnen miteinschließen wollen, hätte er diese ausdrücklich in dieser Aufzählung genannt.

o Es werde die Frage, welche Vorhaben in die Schwellenwert-Berechnungen einzubeziehen seien, mit der Frage, welcher Prüfmaßstab in der als Folge des Erreichens des Schwellenwertes durchzuführenden Einzelfallprüfung anzulegen sei, vertauscht. Die zitierten Judikate würden sich alle auf den Prüfumfang der Einzelfallprüfung beziehen.

o Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof erübrige sich im vorliegenden Fall, weil die Rechtslage eindeutig sei.

Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin:

o Das Vorhaben könne nicht unter den Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL subsumiert werden, weil Seilbahnen aufgrund ihrer fehlenden Fortbewegung über starre Elemente nicht den dort angeführten Bahnen ähneln würden. Zudem stelle eine typische Seilbahn verglichen mit der Bauart der angeführten Bahnen keine Bahn „besonderer Art“ dar. Die UVP-RL kenne überdies die Begrifflichkeit „Seilbahnen“ nur im Zusammenhang mit „Skipisten“ und „Skiliften“. Angesichts des untrennbaren Bezuges zu Anlagen für die Ausübung von Schisport komme auch Tatbestand Z 12 des Anhanges II zur UVP-RL nicht in Frage. Ohne mangelhafte Umsetzung der UVP-RL sei eine richtlinienkonforme Auslegung nicht notwendig. Auch würden sich Überlegungen, ob die Übergangsbestimmung des § 48 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 durch Unionsrecht verdrängt werde, erübrigen.

o Der Tatbestand „Straßenbahnen, Stadtschnellbahnen in Hochlage, Untergrundfahrbahnen, Hängebahnen oder ähnliche Bahnen besonderer Bauart, die ausschließlich oder überwiegend der Personenbeförderung dienen“ sei nicht neu, sondern habe sich schon vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 im UVP-G 2000 befunden. In der Literatur werde einhellig vertreten, dass Seilbahnen von diesen nicht erfasst werden würden. Auch die Erläuterungen (RV 648 BlgNR 22. GP, Seite 16) würden zeigen, dass Seilbahnen bis zur UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 nicht erfasst gewesen seien.

o Verweis auf die Ausführungen zu den Beschwerden der Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer.

Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

o Verweis auf die Ausführungen zu den Beschwerden der Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer sowie der Drittbeschwerdeführerin.

Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

o Der Kritikpunkt zur fehlenden Parteistellung von anerkannten Umweltorganisationen im UVP-Feststellungsverfahren sei rechtspolitischer Natur und habe für das gegenständliche Verfahren keine Relevanz. Es sei im Hinblick auf § 3 Abs. 9 zweiter Satz UVP-G 2000 unrichtig, dass in die Projektunterlagen keine Einsicht genommen werden könnte.

o Verweis auf die Ausführungen zu den Beschwerden der Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer sowie der Drittbeschwerdeführerin.

10. Mit Beschluss vom 27.08.2024 räumte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer:innen und der belangten Behörde die Möglichkeit ein, zur Beschwerdebeantwortung der Projektwerberin innerhalb von zwei Wochen eine allfällige Stellungnahme erstatten. Ferner wurde den Beschwerdeführer:innen gemäß § 40 Abs. 5 UVP-G 2000 eine zweiwöchige Frist für eine allfällige Konkretisierung ihrer Beschwerden und für sonstige Stellungnahmen sowie Beweisanträge gesetzt.

11. Mit Schreiben vom 03.09.2024, vom 09.09.2024, vom 12.09.2024 und vom 24.09.2024 traten die Drittbeschwerdeführerin, die Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer:innen, die Zweitbeschwerdeführerin und die Erstbeschwerdeführerin den Ausführungen der Projektwerberin entgegen. Die Erstbeschwerdeführerin merkte ergänzend an, die allfällige Durchführung einer UVP für das gegenständliche Vorhaben im Rahmen des vereinfachten Verfahrens entspreche aufgrund der damit verbundenen Einschränkungen nicht der UVP-RL.

12. Mit Ladungen vom 17.09.2024 wurde für den 04.10.2024 eine mündliche Verhandlung anberaumt.

13. Mit Schreiben des BVwG vom 26.09.2024 übermittelte das BVwG den Parteien das zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichte Erkenntnis VwGH 29.08.2024, Ra 2022/07/0025-10, zum Themenkreis Kumulation in anonymisierter Form.

14. Mit Datum vom 04.10.2024 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt. Im Rahmen der Verhandlung wurde das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs erläutert. Darüber hinaus rekapitulierten die Parteien ihr Vorbringen zum Seilbahntatbestand. Seitens des BVwG wurde in diesem Zusammenhang eine Antwort der Europäischen Kommission auf eine Parlamentarische Anfrage betreffend das Seilbahnprojekt „Forte Begato“ in der Stadt Genua aus dem Oktober 2023 in das Verfahren eingeführt. Das Ermittlungsverfahren wurde geschlossen.

15. Mit Schriftsatz vom 14.10.2024 sprach sich die Projektwerberin gegen eine Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zulässigkeit der Beschwerden:

1.1.1. Rechtzeitigkeit:

Die belangte Behörde fasste am 14.05.2024 den verfahrensgegenständlichen Bescheid, der am 24.05.2024 öffentlich kundgemacht wurde.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Erstbeschwerdeführerin am 11.06.2024, die Zweitbeschwerdeführerin am 21.06.2024, die Drittbeschwerdeführerin am 19.06.2024 und die Viert- bis Achtzigstbeschwerdeführer:innen gemeinsam am 19.06.2024 Beschwerde.

1.1.2. Beschwerdelegitimation:

Die Erst-, Zweit- und Viertbeschwerdeführerinnen sind Umweltorganisationen, die mit Bescheiden der nunmehrigen BMK anerkannt (02.04.2007, Zl. XXXX 17.12.2013, Zl. XXXX ; 31.07.2019, Zl. XXXX ) und überprüft wurden (zuletzt: 24.11.2022, Zl. XXXX 13.12.2022, Zl. XXXX ; 14.07.2022, Zl. XXXX ). Ihr räumlicher Tätigkeitsbereich umfasst auch Wien.

Die Drittbeschwerdeführerin ist die für das Land Wien bestellte Landesumweltanwältin.

Die Fünft- bis Achtzigstbeschwerdeführer:innen sind natürliche Personen, die in der Umgebung des geplanten Vorhabens wohnhaft sind ( XXXX . Wiener Gemeindebezirk).

1.2. Vorhaben „Seilbahn XXXX “:

1.2.1. Vorgeschichte:

Die Projektwerberin legte der BMK am 25.04.2016 einen Antrag auf Erteilung einer Konzession zum Bau und Betrieb der Seilbahn XXXX zusammen mit einem Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung, die für die Errichtung und den Betrieb der Seilbahn erforderlich ist, vor.

Mit Erkenntnis vom 31.03.2022, GZ. W234 2228145-1/205E, erteilte das Bundesverwaltungsgericht der Projektwerberin – nach Projektergänzungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – die seilbahnrechtliche Konzession; die BMK erhob kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung. In diesem Beschwerdeverfahren legte die Projektwerberin ein vollständig aktualisiertes Unterlagenkonvolut vor, das u.a. einen Rodungsantrag vom Februar 2019 enthielt.

Mit Schreiben vom 22.03.2023, per E-Mail eingereicht am selben Tag, suchte die Projektwerberin (zuletzt) bei der BMK um die Erteilung einer Bewilligung für befristete und dauerhafte Rodungen an. Aktualisierte Rodungsunterlagen wurden nach einem mündlichen Auftrag der BMK am 28.06.2023 an diese übermittelt.

Mit Schreiben vom 28.06.2023 begehrte die BMK bei der belangten Behörde die Prüfung, ob für das Vorhaben „Seilbahn XXXX “ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.

1.2.2. Projektbeschreibung:

Im Wiener Stadtgebiet soll eine Seilbahn (kuppelbare Einseilschwebe-Umlaufbahn) mit geschlossenen Fahrzeugen für je zehn Personen errichtet werden, die eine Länge von 5,6 km aufweist.

Die Seilbahntrasse soll von der der U-Bahn-Station „ XXXX “ auf Höhe des XXXX über die Donau und in der Folge über die XXXX führen. Dort folgt die Trasse dem Ostufer des Entlastungsgerinnes der Donau flussaufwärts, quert die Donau erneut und führt schlussendlich nördlich des XXXX auf den XXXX .

Die Seilbahn soll die Stationen „ XXXX “, „ XXXX “ und „ XXXX “ aufweisen und auf insgesamt 23 Stützen errichtet werden.

Die schräge Länge vom Einfahrtsbinder der Station „ XXXX “ zum Einfahrtsbinder der Station „ XXXX “ soll 3.082,49 m (Teilstrecke 1) und vom Einfahrtsbinder der Station „ XXXX „bis zum Einfahrtsbinder der Station „ XXXX “ 2.470,32 m (Teilstrecke 2) betragen.

Die Transportkapazität der Seilbahn soll 1.800 Personen pro Stunde mit 115 Kabinen umfassen.

Bei der Station „ XXXX “ ist die zusätzliche Errichtung einer Park Ride-Anlage mit 540 öffentlich zugänglichen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge vorgesehen.

In Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Seilbahn sollen temporäre und permanente Rodungen im Ausmaß von insgesamt 2,19 ha vorgenommen werden.

Das Vorhaben soll im XXXX . Wiener Gemeindebezirk (Katastralgemeinden XXXX verwirklicht werden.

Teile des Vorhabens liegen im Landschaftsschutzgebiet XXXX im Landschaftsschutzgebiet XXXX und im Biosphärenpark XXXX .

1.3. Ermittlungsverfahren der belangten Behörde:

1.3.1. Fehlende Ermittlungen bezüglich des Tatbestandes Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000:

Die belangte Behörde tätigte keine Ermittlungen hinsichtlich der Frage, ob zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der Schutzzweck, für den die vom geplanten Vorhaben betroffenen schutzwürdigen Gebiete festgelegt wurden, wesentlich beeinträchtigt wird.

1.3.2. Rudimentäre Ermittlungen bezüglich des Tatbestandes Z 21 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 iVm § 3 Abs. 2 UVP-G 2000:

Die belangte Behörde ermittelte hinsichtlich der Frage, ob der Schwellenwert des Tatbestandes Z 21 lit. b des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 mit anderen Vorhaben gemeinsam erreicht wird, nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVwG öffentlich zugängliche KFZ-Stellplätze. Die Prüfung erfolgte nicht auf Basis der Vorgaben, die der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis VwGH 29.08.2024, Ra 2022/07/0025-10, aufgestellt hat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Feststellungen zu Pkt. II.1.1. („Zulässigkeit der Beschwerden“):

Die Feststellungen zur Rechtzeitigkeit und zur Beschwerdelegitimation basieren auf dem Behördenakt, insbesondere der öffentlichen Kundmachung und den erwähnten Beschwerden. Die Informationen in Bezug auf die anerkannten Umweltorganisationen können auf der Homepage des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie abgerufen werden (https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/betrieblich_umweltschutz/uvp/anerkennung_org.html).

2.2. Feststellungen zu Pkt. II.1.2. („Vorhaben ‚Seilbahn XXXX ‘“):

Die Feststellungen zur Vorgeschichte stützen sich auf die Stellungnahmen der BMK vom 01.03.2024 und 13.07.2023, das zitierte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2022, den verfahrenseinleitenden Antrag vom 28.06.2023 samt Beilagen sowie den Aktenvermerk der belangten Behörde vom 13.07.2023. Das Bundesverwaltungsgericht nahm darüber hinaus Einsicht in den Gerichtsakt zum Konzessionsverfahren.

Die Feststellungen zur Projektbeschreibung gründen sich im Wesentlichen auf die vom Bundesverwaltungsgericht nachgeprüften und für zutreffend befundenen Ausführungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid und den behördlichen Aktenstand (insbesondere der Urkundenvorlage der Projektwerberin vom 28.7.2023). Es erfolgte lediglich eine Ergänzung von Angaben zur Seilbahnart und der schrägen Länge, die dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten zum Fachgebiet „Seilbahntechnik“ vom 29.03.2021 im Konzessionsverfahren entnommen wurden.

2.3. Feststellungen zu Pkt. II.1.3. („Ermittlungsverfahren der belangten Behörde“):

Die Feststellungen zu den fehlendenden bzw. rudimentären Ermittlungen beruhen auf dem Behördenakt sowie insbesondere auf den Angaben der belangten Behörde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Einzelrichterzuständigkeit:

Gemäß § 40 Abs. 1 erster Satz UVP-G 2000 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in Angelegenheiten nach diesem Bundesgesetz.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sohin über die vorliegenden Rechtsmittel zu entscheiden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da eine Entscheidung in einem Verfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zu fällen ist, liegt gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Zulässigkeit der Beschwerden:

Alle Beschwerden wurden rechtzeitig erhoben.

Die Erst-, Zweit und Viertbeschwerdeführerinnen sind gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte österreichische Umweltorganisationen mit einem räumlichen Tätigkeitsbereich u.a. in Wien und sohin gemäß § 3 Abs. 9 UVP-G 2000 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

Soweit die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Beschwerde moniert, keine Parteistellung im Behördenverfahren gehabt zu haben, ist dem Folgendes zu entgegnen: Umweltorganisationen haben zwar gemäß den einschlägigen Bestimmungen keine Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren, gemäß den §§ 3 Abs. 9 iVm 40 Abs. 3 UVP-G 2000 aber eine Beschwerdelegitimation gegen negative UVP-Feststellungsbescheide. Auch wenn eine weitgehende Beteiligung der Öffentlichkeit in Umweltverfahren nicht zuletzt aufgrund der Aarhus-Konvention bzw. deren Umsetzung in der UVP-RL geboten ist und Umweltorganisationen aufgrund dessen auch in Feststellungsverfahren eine Rechtschutzmöglichkeit einzuräumen war, ist unbestritten, dass die Ausgestaltung des Gerichtszugangs im Rahmen der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten unter Beachtung des unionsrechtlichen Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes Beschränkungen unterworfen werden kann. Ein Recht auf Teilnahme am behördlichen Feststellungsverfahren als Partei folgt weder aus der Aarhus-Konvention, noch dem Unionsrecht. Die eingeräumte Anfechtungsbefugnis steht im Einklang mit Art. 11 Abs. 2 UVP-RL, der es den Mitgliedstaaten überlässt, in welchem Verfahrensstadium Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen, für die diese Richtlinie gilt, angefochten werden können (VwGH 27.07.2016, Ro 2014/06/0008; 25.06.2021, Ro 2019/05/0018). Wenn die Erstbeschwerdeführerin in diesem Zusammenhang eine Verletzung ihres Rechts auf ein faires Verfahren ins Treffen führt, übersieht sie, dass eine solche iSd Art. 6 EMRK nicht vorliegt, weil ihr der Zugang zu einem Gericht durch das hier ausgeübte Beschwerderecht offensteht. Eine Einsicht in die Projektunterlagen erhalten Umweltorganisationen im Übrigen insofern, als sie gemäß § 3 Abs. 9 UVP-G 2000 ab dem Tag der Veröffentlichung der behördlichen Entscheidung im Internet Einsicht in den Verwaltungsakt nehmen können.

Der Drittbeschwerdeführerin kommt als Umweltanwältin gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 das Recht zu, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

Die Fünft- bis Achtzigstbeschwerdeführer:innen bekämpfen den angefochtenen Bescheid als Nachbarn iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000. Als solche können sie gemäß § 3 Abs. 9 UVP G 2000 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben.

Sämtliche Beschwerden sind rechtzeitig und daher – weil auch sonst keine Prozesshindernisse hervorkamen – zulässig.

ZU SPRUCHPUNKT A)

3.3. Maßgebliche Rechtsvorschriften:

3.3.1. UVP-RL:

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. Nr. L 26, 28.01.2012, Seite 1, in der Fassung Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.04.2014, ABl. Nr. L 124, 25.04.2014, Seite 1, lauten auszugsweise wie folgt:

Art. 2 UVP-RL:

„Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.

[…]“

Art. 4 UVP-RL:

„Artikel 4

(1) Projekte des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

(2) Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand

a) einer Einzelfalluntersuchung oder

b) der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a und b genannten Verfahren anzuwenden.

(3) Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen.

[…]“

Anhang II zur UVP-RL:

„ANHANG II

IN ARTIKEL 4 ABSATZ 2 GENANNTE PROJEKTE

[…] 10. INFRASTRUKTURPROJEKTE […] c) Bau von Eisenbahnstrecken sowie von intermodalen Umschlaganlagen und Terminals (nicht durch Anhang I erfasste Projekte); […] h) Straßenbahnen, Stadtschnellbahnen in Hochlage, Untergrundbahnen, Hängebahnen oder ähnliche Bahnen besonderer Bauart, die ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung dienen; […] 12. FREMDENVERKEHR UND FREIZEIT a) Skipisten, Skilifte, Seilbahnen und zugehörige Einrichtungen; […]“

3.3.2. UVP-G 2000:

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 26/2023, lauten unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmung in § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 (zur Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung im Beschwerdefall vgl. unten Pkt. II.3.5.1.) auszugsweise wie folgt:

§ 1 UVP-G 2000:

„Aufgabe von Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung

§ 1. […]

(2) Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. Nr. L 26 vom 28.1.2012 S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2014/52/EU, ABl. Nr. L 124 vom 25.04.2014 S. 1, umgesetzt und werden begleitende Bestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 347/2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 713/2009, (EG) Nr. 714/2009 und (EG) Nr. 715/2009, ABl. Nr. L115 vom 25.4.2013, S. 39, erlassen.“

§ 3 UVP-G 2000:

„Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind § 3a Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z 1 lit. d, § 7 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 20 Abs. 5 und § 22 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des § 3a Abs. 3, § 7 Abs. 3 und § 12a anzuwenden. (2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 5 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, die Abs. 7 und 8 sind anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(3) Wenn ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, sind die nach den bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde (§ 39) in einem konzentrierten Verfahren mit anzuwenden (konzentriertes Genehmigungsverfahren). Ausgenommen davon sind Vorhaben der Z 18 lit. a bis d und f des Anhanges 1. (4) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 ein Schwellenwert in bestimmten schutzwürdigen Gebieten festgelegt ist, hat die Behörde bei Zutreffen dieses Tatbestandes im Einzelfall zu entscheiden, ob zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum (Kategorie B des Anhanges 2) oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhanges 2) festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird. Bei dieser Prüfung sind schutzwürdige Gebiete der Kategorien A, C, D oder E des Anhanges 2 nur zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2) aufgenommen sind. Ist mit einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 5 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 und 8 sind anzuwenden. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(4a) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 andere als in Abs. 4 genannte besondere Voraussetzungen festgelegt sind, hat die Behörde bei Zutreffen dieser Voraussetzungen unter Anwendung des Abs. 7 im Einzelfall festzustellen, ob durch das Vorhaben mit erheblichen schädlichen oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist. Stellt sie solche fest, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

5) Bei der Entscheidung im Einzelfall hat die Behörde folgende Kriterien, soweit relevant, zu berücksichtigen: 1. Merkmale des Vorhabens (Größe des Vorhabens, Nutzung der natürlichen Ressourcen, Abfallerzeugung, Umweltverschmutzung und Belästigungen, vorhabensbedingte Anfälligkeit für Risiken schwerer Unfälle und von Naturkatastrophen, einschließlich solcher, die wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge durch den Klimawandel bedingt sind, Risiken für die menschliche Gesundheit), 2. Standort des Vorhabens (ökologische Empfindlichkeit unter Berücksichtigung bestehender oder genehmigter Landnutzung, Reichtum, Verfügbarkeit, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen einschließlich des Bodens, der Fläche, des Wassers und der biologischen Vielfalt des Gebietes und seines Untergrunds, Belastbarkeit der Natur, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der in Anhang 2 angeführten Gebiete), 3. Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt (Art, Umfang und räumliche Ausdehnung der Auswirkungen, grenzüberschreitender Charakter der Auswirkungen, Schwere und Komplexität der Auswirkungen, erwarteter Zeitpunkt des Eintretens, Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen, Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen, Möglichkeit, die Auswirkungen wirksam zu vermeiden oder zu vermindern) sowie Veränderung der Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwirklichung des Vorhabens im Vergleich zu der Situation ohne Verwirklichung des Vorhabens.

Bei in Spalte 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist die Veränderung der Auswirkungen im Hinblick auf das schutzwürdige Gebiet maßgeblich. Der Bundesminister/die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kann mit Verordnung nähere Einzelheiten über die Durchführung der Einzelfallprüfung regeln. (6) Vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Einzelfallprüfung dürfen für Vorhaben, die einer Prüfung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 unterliegen, Genehmigungen nicht erteilt werden und kommt nach Verwaltungsvorschriften getroffenen Anzeigen vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung keine rechtliche Wirkung zu. Entgegen dieser Bestimmung erteilte Genehmigungen können von der gemäß § 39 Abs. 3 zuständigen Behörde innerhalb einer Frist von drei Jahren als nichtig erklärt werden.

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen, im Fall einer Einzelfallprüfung ist hiefür Abs. 8 anzuwenden. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. In der Entscheidung sind nach Durchführung einer Einzelfallprüfung unter Verweis auf die in Abs. 5 angeführten und für das Vorhaben relevanten Kriterien die wesentlichen Gründe für die Entscheidung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist oder nicht, anzugeben. Bei Feststellung, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ist in der Entscheidung auf allfällige seitens des Projektwerbers/der Projektwerberin geplante projektintegrierte Aspekte oder Maßnahmen des Vorhabens, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden oder verhindert werden sollen, Bezug zu nehmen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

(8) Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde für die Zwecke einer Einzelfallprüfung Angaben zu folgenden Aspekten vorzulegen: 1. Beschreibung des Vorhabens: a) Beschreibung der physischen Merkmale des gesamten Vorhabens und, soweit relevant, von Abbrucharbeiten, b) Beschreibung des Vorhabensstandortes, insbesondere der ökologischen Empfindlichkeit der geografischen Räume, die durch das Vorhaben voraussichtlich beeinträchtigt werden, 2. Beschreibung der vom Vorhaben voraussichtlich erheblich beeinträchtigten Umwelt, wobei Schutzgüter, bei denen nachvollziehbar begründet werden kann, dass mit keiner nachteiligen Umweltauswirkung zu rechnen ist, nicht beschrieben werden müssen, sowie 3. Beschreibung der voraussichtlich erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen, infolge der erwarteten Rückstände und Emissionen und gegebenenfalls der Abfallerzeugung und der Nutzung der natürlichen Ressourcen, insbesondere Boden, Flächen, Wasser und biologische Vielfalt.

Bei Vorhaben der Spalte 3 des Anhanges 1 hat sich die Beschreibung auf die voraussichtliche wesentliche Beeinträchtigung des schützenswerten Lebensraums (Kategorie B des Anhanges 2) oder des Schutzzwecks, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhanges 2) festgelegt wurde, zu beziehen. Der Projektwerber/die Projektwerberin kann hierbei verfügbare Ergebnisse anderer einschlägiger Bewertungen der Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigen. Der Projektwerber/die Projektwerberin kann darüber hinaus eine Beschreibung aller Aspekte des Vorhabens oder aller Maßnahmen zur Verfügung stellen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden oder verhindert werden sollen.

(9) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation oder ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation oder einem solchen Nachbarn/ einer solchen Nachbarin Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation der Umweltorganisation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß § 19 Abs. 7 ausgewiesene Zulassungsbereich maßgeblich.

(10) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kann durch Verordnung jene Gebiete (Kategorie D des Anhanges 2) des jeweiligen Bundeslandes festlegen, in denen die Immissionsgrenzwerte des Immissionsschutzgesetzes-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung wiederholt oder auf längere Zeit überschritten werden.“

§ 19 UVP-G 2000:

„Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis

§ 19. (1) Parteistellung haben 1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit; […]

(7) (Verfassungsbestimmung) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister/der Bundesministerin für Wirtschaft und Arbeit auf Antrag mit Bescheid zu entscheiden, ob eine Umweltorganisation die Kriterien des Abs. 6 erfüllt und in welchen Bundesländern die Umweltorganisation zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist.

[…]“

§ 46 UVP-G 2000:

„Inkrafttreten, Außerkraftreten, Übergangsbestimmungen

§ 46. […]

(29) Durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2023 neu gefasste oder eingefügte Bestimmungen treten mit XX. Monat 20XX (Anm.: formelles Inkrafttreten mit 23.3.2023) in Kraft. Abweichend gilt für das Inkrafttreten der näher bezeichneten durch das genannte Bundesgesetz neu gefassten oder eingefügten Bestimmungen sowie für den Übergang zur neuen Rechtslage Folgendes: […] 4. Auf Vorhaben, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren anhängig ist, sind die neugefassten oder eingefügten Änderungen im Anhang 1 sowie die Änderungen des § 3 Abs. 4a, Abs. 5 vorletzten Satz, Abs. 6 nicht anzuwenden, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin bei der Landesregierung die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des konzentrierten Genehmigungsverfahrens beantragt.“

Anhang 1:

„Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP-pflichtigen Vorhaben.

In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die ‚Neuerrichtung‘, der ‚Neubau‘ oder die ‚Neuerschließung‘ erfasst.

In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP-Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP-Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen.

Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert. Gebiete der Kategorien A, C, D und E sind für die UVP-Pflicht eines Vorhabens jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.

[…]

1a) Ein Schigebiet umfasst einen Bereich aus einzelnen oder zusammenhängenden technischen Aufstiegshilfen und dazugehörigen präparierten oder gekennzeichneten Schipisten, in dem ein im Wesentlichen durchgehendes Befahren mit Wintersportgeräten möglich ist und das eine Grundausstattung mit notwendiger Infrastruktur (wie z. B. Verkehrserschließung, Versorgungsbetriebe, Übernachtungsmöglichkeiten, Wasserversorgung und Kanalisation usw.) aufweist.

Begrenzt wird das Schigebiet morphologisch nach Talräumen. Bei Talräumen handelt es sich um geschlossene, durch markante natürliche Geländelinien und Geländeformen (z. B. Grate, Kämme usw.) abgrenzbare Landschaftsräume, die in sich eine topographische Einheit darstellen. Ist keine eindeutige Abgrenzung durch markante natürliche Geländelinien und Geländeformen möglich, so ist die Abgrenzung vorzunehmen nach Einzugs- bzw. Teileinzugsgebieten der Fließgewässer. Dieses Wassereinzugsgebiet ist bis zum vorhandenen Talsammler zu berücksichtigen.

[…]

4a) Öffentlich zugängliche Parkplätze sind solche, die ausschließlich für Parkzwecke (wie Parkhaus, Park- and Rideanlage) oder im Zusammenhang mit einem anderen Vorhaben errichtet werden (wie Kundenparkplätze zu einem Einkaufszentrum, Besucherparkplätze eines Freizeitparks etc.), und ohne weitere Zugangsbeschränkung der Allgemeinheit zugänglich sind (auch beispielsweise wenn eine Parkgebühr zu entrichten ist oder Parkplätze auf Dauer an jedermann vermietet werden). Parkplätze, die hingegen nur einem von vornherein eingeschränkten Nutzerkreis zugänglich sind (etwa für Lieferanten/Lieferantinnen oder Beschäftigte des Betriebes – d.h. es muss eine Zugangsbeschränkung vorgesehen sein, die die Allgemeinheit von der Benutzung dieses Parkplatzes ausschließt), sind demnach nicht öffentlich zugängliche Parkplätze.

[…]“

Mit der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 wurde der Tatbestand Z 10 lit. i neu in die Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 aufgenommen, sodass Z 10 Anhang 1 zum UVP-G 2000 seither lautet:

Anhang 2 zum UVP-G 2000:

„Einteilung der schutzwürdigen Gebiete in folgende Kategorien:

3.3.3. Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 19. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Döbling):

Die im vorliegenden Fall relevante Bestimmung der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 19. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Döbling), LGBl. Nr. 21/1990, lautet wie folgt:

§ 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 19. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Döbling):

„§ 1. (1) Die in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan mit einer ununterbrochenen schwarzen Linie umgrenzten und durch Grünfärbung ausgewiesenen Teile des 19. Wiener Gemeindebezirkes werden zum Landschaftsschutzgebiet erklärt.

(2) Das Landschaftsschutzgebiet Döbling besteht entsprechend der unterschiedlichen Grünfärbung und Schraffierung in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan aus den Teilen

A (Wienerwald - Wald- und Wiesenbereiche des Kahlengebirges und des Neubergrückens) und

B (Wienerwaldrandzone - Weinbaugebiete Kahlenbergerdorf, Nußdorf/ Heiligenstadt, Grinzing, Grinzing/Hungerberg, Sievering/Hackenberg und Neustift/Salmannsdorf).“

3.3.4. Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 21. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Floridsdorf):

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 21. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Floridsdorf), LGBl. Nr. 21/2015 in der Fassung LGBl. Nr. 15/2017, lauten (auszugsweise) wie folgt:

§ 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 21. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Floridsdorf): „Geltungsbereich

§ 1. Die in den eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plänen (in der Folge ‚Plänen‘) mit einer ununterbrochenen roten Linie umgrenzten und durch unterschiedliche Färbung ausgewiesenen Teile des 21. Wiener Gemeindebezirkes werden zum Landschaftsschutzgebiet erklärt.“

§ 3 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 21. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Floridsdorf):

„Zonen

§ 3. Das Landschaftsschutzgebiet Floridsdorf besteht entsprechend der unterschiedlichen Färbung in den Plänen aus den Zonen:

[…] 6. F – Donauinsel Nord.“

3.3.5. Wiener Biosphärenparkgesetz:

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des Gesetzes über den Wiener Teil des Biosphärenparks – Wienerwald (Wiener Biosphärenparkgesetz), LGBl. Nr. 47/2006, lauten (auszugsweise) wie folgt:

§ 1 Wiener Biosphärenparkgesetz:

„§ 1. (1) Ziel dieses Gesetzes ist die Errichtung, Erhaltung und Entwicklung eines ‚Biosphärenparks Wienerwald‘.

[…]“

§ 3 Wiener Biosphärenparkgesetz: „Fläche und Zonierung des Biosphärenparks Wienerwald

§ 3. (1) Der Biosphärenpark Wienerwald umfasst Teile des 13., 14., 16., 17., 18., 19. und 23. Wiener Gemeindebezirkes. Der genaue Grenzverlauf des Biosphärenparks Wienerwald ist durch eine Verordnung der Landesregierung festzulegen. In dieser Verordnung ist der Biosphärenpark Wienerwald – nach Anhörung der Wiener Landwirtschaftskammer und der Wiener Umweltanwaltschaft – in Kernzonen, Pflegezonen und Entwicklungszonen einzuteilen, wobei auch weitere Schutzmaßnahmen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der jeweiligen Zone festgelegt werden können.

(2) Die Kernzonen und die Pflegezonen umfassen Teile folgender, auf Grund des Wiener Naturschutzgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 45/1998 in der jeweils geltenden Fassung, ausgewiesener Schutzgebiete: […] 7. Landschaftsschutzgebiet Döbling sowie […]

(3) Zu Kernzonen können jene Gebiete des Wienerwaldes erklärt werden, die dem Schutz von Ökosystemen, Tier- und Pflanzenarten dienen und eine ausreichende Größe und Qualität zur Erfüllung der Schutzziele aufweisen. In den Kernzonen ist jede land- und forstwirtschaftliche Nutzung verboten. Hat die Einbeziehung eines Grundstückes in die Kernzone eine Ertragsminderung des betroffenen Grundstückes zur Folge, so gelten die Bestimmungen des § 12 Abs. 1 und 3 und des § 14 des Wiener Nationalparkgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 37/1996 in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß. Die Geltendmachung vermögensrechtlicher Nachteile auf dem Zivilrechtsweg bleibt davon unberührt.

(4) Zu Pflegezonen können jene Gebiete erklärt werden, die 1. der Abpufferung oder funktionalen Verbindung der Kernzonen oder 2. der Erreichung der in § 1 Abs. 2 genannten Zielsetzungen in der Kulturlandschaft durch gezielte Nutzung

dienen. Ziel in den Pflegezonen ist die für den Wienerwald und die Wienerwaldrandzone typische Kulturlandschaft einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung in ihrem Bestand zu erhalten und weiter zu entwickeln.

(5) Zu Entwicklungszonen können jene Gebiete des Biosphärenparks erklärt werden, die weder als Kernzonen noch als Pflegezonen ausgewiesen sind. Ziel in den Entwicklungszonen ist es modellhafte Nutzungsweisen zu entwickeln, die den Ansprüchen von Mensch und Natur gleicher Maßen gerecht werden. In den Entwicklungszonen sind daher Maßnahmen zur ökologisch, ökonomisch und soziokulturell nachhaltigen Entwicklung und schonenden Nutzung natürlicher Ressourcen auf regionaler Ebene zu entwickeln und zu fördern. Bei der Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne gemäß §§ 1 ff der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der jeweils geltenden Fassung ist auf die Zielsetzungen des § 1 Abs. 2 und dieses Absatzes Bedacht zu nehmen.“

3.3.6. Wiener Biosphärenparkverordnung:

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung des Wiener Teiles des Biosphärenparks Wienerwald (Wiener Biosphärenparkverordnung), LGBl. Nr. 29/2009, lauten wie folgt:

§ 1 Wiener Biosphärenparkverordnung: „Grenzverlauf des Biosphärenparks Wienerwald

§ 1. Die im eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan (Detailansicht 1 bis 5) mit einer ununterbrochenen schwarzen Linie umgrenzten und durch unterschiedliche Färbungen ausgewiesenen Teile werden als der Wiener Teil des Biosphärenparks Wienerwald festgelegt.“

§ 2 Wiener Biosphärenparkverordnung: „Zonen des Biosphärenparks Wienerwald

§ 2. Das Gebiet des Biosphärenparks Wienerwald besteht aus folgenden Zonen: 1. Kernzonen sind im Plan die dunkelgrün gekennzeichneten Flächen; 2. Pflegezonen sind im Plan die hellgrün gekennzeichneten Flächen; 3. Entwicklungszonen sind im Plan die hellbraun gekennzeichneten Flächen.“

3.4. Einschlägige Gesetzeserläuterungen:

3.4.1. RV 648 BlgNR 22. GP, Seite 16 (UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 153/2004):

„Zu Z 59 und 60 (Anhang 1 Z 10):

Z 10 wird an die Änderungen in § 23b Abs. 2 angepasst und auch hier sicher gestellt, dass auch für Nicht-Hochleistungsstrecken die Anforderungen der UVP-Richtlinie und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Bezug auf Vorhaben in schutzwürdigen Gebieten erfüllt werden, wobei die Anti-Stückelungsregelung der Z 9 auch für diese Linienvorhaben Anwendung findet (lit. d). Zwar ist im Fall, dass das Kriterium der lit. d (neu) erfüllt ist, eine Einzelfallprüfung durchzuführen, der Tatbestand soll jedoch dennoch in Spalte 2 und nicht in Spalte 3 aufgenommen werden, da diese Spalte gemäß § 3 Abs. 4 für Vorhaben in schutzwürdigen Gebieten vorgesehen ist. Es handelt sich somit um den einzigen Tatbestand des Anhanges 1, der sich in Spalte 2 findet, für den aber dennoch eine Einzelfallprüfung vorgesehen ist.

Die lit. e bis h entsprechen den Tatbeständen in § 23b Abs. 2. Ausgenommen von diesen Tatbeständen sollen jedoch Straßenbahnen, U-Bahnen und andere städtische schienengebundene Massenverkehrsmittel (der Wortlaut wurde aus Anhang I Z 10 lit. h der UVP-Richtlinie übernommen) werden, soweit sie in geschlossenen Siedlungsgebieten (vgl. Anhang 1 Z 20 und 23 UVP-G 2000 und die Judikatur des Umweltsenates dazu) errichtet werden. Werden solche Strecken (auch) außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete errichtet und berühren diese dort ein schutzwürdiges Gebiet, so unterliegen sie den Z der Spalte 3. In jedem Fall UVP-pflichtig sind solche Bahnen weiterhin, wenn sie die Schwellenwerte nach Z 1 erreichten.

Der Grund für die – begrenzte – Ausnahme dieser Bahnen von den Tatbeständen der Spalte 3 liegt darin, dass diese Bahnen schon ihrem Wesen nach in Siedlungsgebieten errichtet werden, um zu einer Verbesserung der Umweltsituation beizutragen.“

3.4.2. RV 1901 BlgNR 27. GP, Seite 17 (UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023)

„Zu Z 91 und Z 92 (Anhang 1 Z 10):

Gemäß der UVP-Richtlinie ist der Projekttyp Seilbahnen sowohl aufgrund seiner Nennung in Anhang II Z 10 lit. h) („Straßenbahnen, Stadtschnellbahnen in Hochlage, Untergrundbahnen, Hängebahnen oder ähnliche Bahnen besonderer Bauart, die ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung dienen“) als auch in Z 12 lit. a) („Skipisten, Skilifte, Seilbahnen und zugehörige Einrichtungen“) hinsichtlich einer möglichen UVP-Pflicht zu prüfen. Damit sind sowohl Seilbahnen in Schigebieten als auch außerhalb von Schigebieten von der UVP Richtlinie erfasst.

Gemäß § 2 Abs. 1 Seilbahngesetz 2003 idgF sind Seilbahnen de lege Eisenbahnen. Seilbahnen in Schigebieten sind im UVP-G 2000 unter Anhang 1 Z 12 geregelt. Für Seilbahnen zur Personenbeförderung außerhalb von Schigebieten wird nun ein spezifischer Tatbestand mit Z 10 lit. i) eingeführt, da die sonstigen Tatbestände der Z 10 (hinsichtlich Eisenbahnstrecken) hiefür nur bedingt geeignet erscheinen. Die Bestimmungen der Z 10 sind somit ausschließlich für Seilbahnen zur Personenbeförderung außerhalb von Schigebieten anzuwenden.

Der Neubau von Seilbahnen zur Personenbeförderung außerhalb von Schigebieten sowie außerhalb von geschlossenen Siedlungsgebieten soll – sofern in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A oder B gelegen – ab einer schrägen Länge von 3 km einer Einzelfallprüfung hinsichtlich erheblicher Auswirkungen auf das Schutzgebiet unterzogen werden. Durch die Konzeption als ausschließlicher Tatbestand für Neubauten wird der Ersatz von Seilbahnen zur Personenbeförderung auf bestehenden Trassen nicht erfasst. Das gilt auch für Ersatzanlagen oder größere Umbauten mit lediglich geringfügiger Änderung des Trassenverlaufes oder der Stationsstandorte, auch wenn sich dadurch das Seilbahnsystem in seiner Einteilung gemäß § 2 Abs. 2 SeilbG 2003 ändert. Eine nur geringfügige Änderung liegt beispielsweise vor, wenn ein Stationsstandort um bis zu 20 bzw. 50 Meter, abhängig von den örtlichen Gegebenheiten (zu berücksichtigen ist dabei z.B. die Lage in verbautem Gebiet oder in freiem bzw. alpinem Gelände, die Auswirkungen auf die Verkehrssituation, die Schallimmissionen oder die Wildbach- oder Lawinengefahrenzone), versetzt wird.

Schließen einzelne Seilbahnen unmittelbar aneinander an, so sind diese – bei Beantragung in enger zeitlicher Nähe – als ein Vorhaben anzusehen und die jeweiligen Längen zusammenzurechnen. Darüber hinaus kommt – sofern im räumlichen Zusammenhang andere derartige Seilbahnen bereits bestehen (oder beantragt bzw. genehmigt sind) – die Kumulationsbestimmung des § 3 Abs. 2 zur Anwendung.

Zum Parameter der ‚schrägen Länge‘: Die schräge Länge einer Seilbahn ist die Summe ihrer schrägen Feldlängen. Die schräge Feldlänge ist die Distanz zwischen den Sehnenschnittpunkten an den Seilfeldenden.“

3.4.3. RV 274 BlgNR 16. GP, Seite 4 (SeilbG 2003-Novelle BGBl. I Nr. 79/2018)

„Zu Z 19 (§§ 23 und 24):

In § 23 wird die Zuverlässigkeit des Konzessionswerbers als weiteres Kriterium für die Erteilung der Konzession ergänzt.

Die dem Konzessionsantrag beizulegenden Unterlagen gemäß § 24 Abs. 1 zur Prüfung des öffentlichen Interesses und allenfalls entgegenstehender Interessen werden aktualisiert. Es erfolgt eine Unterteilung in jene Unterlagen, welche immer erforderlich sind und jene, die gemäß Abs. 2 in begründeten Fällen nicht vorgelegt werden müssen (z.B. kein Lawinenschutzkonzept bei urbanen Seilbahnen).

Hinsichtlich der nächstgelegenen öffentlichen Seilbahnen sind nur diejenigen (samt Name des Konzessionärs und vollständiger Adresse) anzuführen, die sich nicht im Eigentum des Antragstellers befinden.

Das öffentliche Interesse ist anhand der Befassung der betroffenen Gemeinden und des Landes zu prüfen.“

3.5. Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung:

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss ausgegangen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zu dieser Bestimmung aus, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Behörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommt, „wenn die Verwaltungsbehörde jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat“ (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Gleiches gilt, wenn „das Verwaltungsgericht eine andere Rechtsauffassung als die Verwaltungsbehörde vertritt und sich daraus erst die Notwendigkeit zu Ermittlungen in eine andere Richtung oder zu sonstigen Maßnahmen ergibt“ (VwGH 19.12.2022, Ra 2022/03/0062; vgl. im Zusammenhang mit dem UVP-G 2000: VwGH 29.03.2022, Ro 2020/05/0022; 28.02.2018, Ra 2016/04/0061).

Wie im Folgenden gezeigt wird (vgl. dazu Pkt. II.3.5.1. und II.3.5.2.), vertritt das Bundesverwaltungsgericht andere Rechtsauffassungen als die belangte Behörde, woraus sich erhebliche Ermittlungslücken ergeben, die das Bundesverwaltungsgericht zur Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde ermächtigen.

3.5.1. Tatbestände Z 10 lit. e und h des Anhanges 1 zum UVP-G 2000:

Gegenstand eines Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ist die Klärung der Frage, ob ein und gegebenenfalls welcher Tatbestand des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 durch das Vorhaben verwirklicht wird und ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (VwGH 20.10.2022, Ro 2019/06/0021).

Gemäß Anhang 1 zum UVP-G 2000 finden sich in den Spalten 1 und 2 des Anhangs jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP-Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 zum UVP-G 2000 definiert.

Die belangte Behörde untersuchte zunächst zwei Tatbestände der Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000: Die Erfüllung des Tatbestandes Z 10 lit. e des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 schloss sie mit der Argumentation aus, dass die normierte Ausnahme nur auf typische städtische schienengebundene Massenverkehrsmittel abstelle und damit nicht für Seilbahnen gelte. Betreffend den Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 nahm die belangte Behörde an, dass dieser nicht einschlägig sei, weil die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 greife, und sohin Anhang 1 zum UVP-G 2000 in der Fassung vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 zur Anwendung gelange, der den Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 nicht kenne. Für die belangte Behörde war zudem keine Unionsrechtswidrigkeit der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 erkennbar, zumal die Rechtslage vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 im Einklang mit der UVP-RL, die eine mögliche Umweltverträglichkeitsprüfung nur für Seilbahnen in Verbindung mit Schipisten vorsehe, stehe. Mangels Verwirklichung eines Tatbestandes der Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 sah sich die belangte Behörde daher nicht zur Durchführung einer Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 veranlasst.

Die Rechtsanschauung der belangten Behörde ist nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts verfehlt:

Voranzustellen ist, dass im Beschwerdefall unstrittig ist, dass das geplante Vorhaben vom neu eingeführten Tatbestand Z 10 lit. i des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 erfasst und einer Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 zu unterziehen wäre, wenn es nach Anhang 1 zum UVP-G 2000 in der Fassung der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 zu beurteilen wäre. Die projektierte Seilbahn, die neu gebaut werden und der Personenbeförderung außerhalb von Schigebieten dienen soll, weist nämlich eine schräge Länge von über 3 km auf und tangiert schutzwürdige Gebiete der Kategorie A. Die im Schlusssatz der Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 festgelegte Ausnahme vom Tatbestand wäre nicht erfüllt, weil die Seilbahntrasse auch außerhalb von geschlossenen Siedlungsgebieten verlaufen soll.

§ 46 Abs. 29 UVP-G 2000 sieht vor, dass die Regelungen dieser Novelle mit „XX. Monat 20XX“ in Kraft treten. Abweichend davon sind gemäß Z 4 leg. cit. auf Vorhaben, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren anhängig ist, die neugefassten oder eingefügten Änderungen im Anhang 1 nicht anzuwenden, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin bei der Landesregierung die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des konzentrierten Genehmigungsverfahrens beantragt.

Mangels eines Hinweises, dass der Gesetzgeber ein anderes Datum als den der Veröffentlichung folgenden Tag normieren wollte, ergibt sich der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle aus Art. 49 Abs. 1 B-VG, demzufolge, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, Gesetze mit Ablauf des Tags ihrer Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Die UVP-G-Novelle 2023 trat daher am 23.03.2023 in Kraft [vgl. Baumgartner, Die UVP-G-Novelle 2023 (Teil II), RdU 4/2023, 141 (146); sowie BVwG 06.04.2023, W102 2265376-1, und BVwG 19.06.2024, W118 2291938-1].

Unbestritten ist, dass fallbezogen die Voraussetzungen der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 gegeben sind, denn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 (= 23.03.2023) war ein für den Bau und Betrieb des geplanten Vorhabens erforderliches Rodungsverfahren anhängig (seit 2016; jedenfalls aber seit dem 22.03.2023) und wurde die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht von der Projektwerberin, sondern von der BMK begehrt.

Die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 bestimmt, dass u.a. die neu gefassten oder eingefügten Änderungen im Anhang 1 zum UVP-G 2000, die mit der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 einhergingen, nicht anzuwenden sind.

Die Beschwerden bringen nun in diesem Kontext vor, dass die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 unangewendet zu bleiben habe, weil sie einer unionrechtswidrigen nationalen Rechtslage zur Anwendung verhelfe, die für Seilbahnen außerhalb von Schigebieten keine UVP-Pflicht regle, obwohl diese von der UVP-RL eingeschlossen seien (Erstbeschwerdeführerin: vom Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL; Zweitbeschwerdeführerin: keine Angabe; Drittbeschwerdeführerin: vom Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL; Fünft- bis Achtzigstbeschwerdeführer: vom Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL). Es sei folglich die UVP-RL unmittelbar (Erst-, Zweit- und Fünft- bis Achtzigstbeschwerdeführer) bzw. die neue Rechtslage anzuwenden (Drittbeschwerdeführerin). Die Drittbeschwerdeführerin macht alternativ geltend, dass die alte nationale Rechtslage richtlinienkonform interpretiert werden könne.

Demgegenüber vertreten die belangte Behörde und die Projektwerberin den Standpunkt, dass Seilbahnen außerhalb von Schigebieten nicht unter die UVP-RL fallen würden und deshalb die bisherige nationale Rechtslage nicht rechtwidrig gewesen bzw. die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 nicht unionsrechtswidrig sei. Selbst unter der Annahme, dass Seilbahnen außerhalb von Schigebieten von der UVP-RL erfasst seien, sei daraus nichts zu gewinnen, weil die UVP-RL die Mitgliedsstaaten betreffend die in Anhang II zur UVP-RL aufgezählten Projekte nicht zur obligatorischen Anordnung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichte; eine unmittelbare Anwendung der UVP-RL sei damit ausgeschlossen.

Um die Problematik, ob die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 unangewendet zu bleiben hat, zu klären, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob Seilbahnen außerhalb von Schigebieten von der UVP-RL erfasst sind (vgl. dazu Pkt. II.3.5.1. (i)). Diesfalls ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob eine adäquate Umsetzung der UVP-RL im nationalen Recht bereits vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 gegeben war bzw. ob die alte nationale Rechtslage einer unionsrechtskonformen Auslegung zugänglich ist (vgl. dazu Pkt. II.3.5.1. (ii)). Sollte dies nicht der Fall sein, hätte das Bundesverwaltungsgericht jedes innerstaatlichen Rechts, das unmittelbar anwendbarem Unionsrecht zuwiderläuft, unangewendet zu lassen.

(i) Seilbahnen in der UVP-RL

Durch das UVP-G 2000 wird gemäß § 1 Abs. 2 UVP-G 2000 die UVP-RL umgesetzt. Bei der Auslegung der Tatbestände des Anhanges II zur UVP-RL ist zu berücksichtigen, dass die UVP-RL einen ausgedehnten Anwendungsbereich und einen sehr weitreichenden Zweck hat (VwGH 11.12.2019, Ra 2019/05/0013).

Explizite Erwähnung findet der Begriff „Seilbahnen“ im Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL, allerdings wird dieser in einem Zug mit Skipisten sowie Skiliften („Skipisten, Skilifte, Seilbahnen und zugehörige Einrichtungen“; englische Sprachfassung: „Ski runs, ski lifts and cable cars and associated developments“) und unter der Rubrik „FREMDENVERKEHR UND FREIZEIT“ verwendet. Aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich demnach zweifelsfrei, dass sich Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL nur auf Seilbahnen in Schigebieten bezieht.

Seilbahnen außerhalb von Schigebieten sind dem Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL zuzuordnen. Sie sind nämlich als „ähnliche Bahnen [wie Straßenbahnen, Stadtschnellbahnen in Hochlage, Untergrundbahnen, Hängebahnen] besonderer Bauart“, die ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung dienen, zu qualifizieren. Mit der Formulierung „ähnliche Bahnen besonderer Bauart“ sollen, wie aus der vorangehenden Aufzählung an Bahnarten zu schließen ist, auch alle anderen (durch Schienen, Seile oder Magnetfelder etc.) spurgebundenen Verkehrsmittel für den Personentransport, deren Fahrtrichtung durch eine Fahrspur vorgegeben ist, erfasst werden.

Der Auslegungsleitfaden der Europäische Kommission aus dem Jahr 2017 bemerkt im Hinblick auf den Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL und die dortige Begrifflichkeit „ähnliche Bahnen besonderer Bauart“, dass dazu etwa städtische Seilbahnen und Standseilbahnen zu zählen sind. Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL soll Verkehrsmittel, die ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung dienen und die gewisse Infrastrukturarbeiten erfordern – im Fall von Seilbahnen, damit sie an einem Seil betrieben werden können – erfassen. Seilbahnen in Schigebieten handelt der Auslegungsleitfaden demgegenüber unter dem Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL ab (Europäische Kommission, Generaldirektion Umwelt, Die Auslegung der Definitionen der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projektkategorien, Seiten 59 f und 62 f; https://data.europa.eu/doi/10.2779/403098). Aus einer Antwort zu einer Parlamentarischen Anfrage betreffend das Seilbahnprojekt „Forte Begato“ in der Stadt Genua aus Oktober 2023 ist ableitbar, dass die Europäische Kommission auch aktuell an der Position festhält, dass Seilbahnen außerhalb von Schigebieten unter den Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL fallen können („Forte Begato cable car project in Genoa“, Written answer P-003106/2023; https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/P-9-2023-003106-ASW_DE.html).

Die BMK ist – wie den Gesetzesmaterialien zur UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 (RV 1901 BlgNR 27. GP, Seite 17) entnommen werden kann – ebenfalls der Ansicht, dass sowohl Seilbahnen in Schigebieten (Tatbestand Z 12 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL), als auch außerhalb von Schigebieten (in Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL) aufgrund ihrer Nennung in der UVP-RL hinsichtlich einer möglichen UVP-Pflicht zu prüfen sind. Zum Zeitpunkt der Einführung der Ausnahme vom Tatbestand Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 im Jahr 2004 ging sie zwar noch davon aus, dass Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL nur auf schienengebundene Massenverkehrsmittel abzielt (RV 648 BlgNR 22. GP, Seite 16), allerdings wahrscheinlich bloß deshalb, weil sie nicht an die Möglichkeit von Seilbahnen, die bis dahin nur in Verbindung mit Schigebieten geläufig waren, als Verkehrsmittel im urbanen Raum dachte. Das mangelnde Bewusstsein der BMK für Seilbahnen außerhalb von Schigebieten wird etwa auch im Zusammenhang mit dem SeilbG 2003 deutlich. Bis zur SeilbG 2003-Novelle BGBl. I Nr. 79/2018 sah § 24 Abs. 1 SeilbG 2003, der die dem Konzessionsantrag für eine Seilbahn beizulegenden Unterlagen regelt, vor, dass stets alle im Gesetz genannten Unterlagen – unterschiedslos der Situierung der Seilbahn – vorzulegen waren (so war zum Beispiel auch ein Lawinenschutzkonzept bei urbanen Seilbahnen erforderlich; RV 274 BlgNR 16. GP, Seite 4).

Die UVP-RL kalkuliert damit Seilbahnen in Schigebieten (Tatbestand Z 11 lit. a des Anhanges II zur UVP-RL) und außerhalb von Schigebieten (Tatbestand Z 10 lit. h des Anhanges II zur UVP-RL) ein.

Angesichts der klaren unionsrechtlichen Rechtslage sieht das Bundesverwaltungsgericht keinen Anlass, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu stellen. Abgesehen davon ist das Bundesverwaltungsgericht kein letztinstanzliches, vorlagepflichtiges Gericht (VwGH 21.06.2021, Ra 2018/04/0078).

(ii) Seilbahnen außerhalb von Schigebieten im UVP-G 2000 vor der UVP-G 2000 Novelle BGBl. I Nr. 26/2023

Bei Projekten des Anhanges II zur UVP-RL bestimmen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 2 UVP-RL, ob das Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss; anders als für Projekte des Anhanges I zur UVP-RL wird damit keine „unbedingte“ UVP-Pflicht statuiert. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand einer Einzelfalluntersuchung oder der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien. Dabei können die Mitgliedstaaten – wie in der Republik Österreich erfolgt – entscheiden, beide Verfahren anzuwenden. Den Mitgliedstaaten wird mit dieser Bestimmung ein Ermessensspielraum eingeräumt, der durch die in Art. 2 Abs. 1 der UVP-RL festgelegte Pflicht begrenzt ist, die Projekte, bei denen u.a. aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor der Erteilung einer Genehmigung einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen zu unterziehen. Hierbei würde ein Mitgliedstaat, der diese Schwellenwerte bzw. Kriterien so festlegte, dass in der Praxis alle Projekte einer bestimmten Art von vornherein von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen wären, seinen Wertungsspielraum überschreiten, es sei denn, aufgrund einer Gesamtbeurteilung aller ausgenommenen Projekte wäre davon auszugehen, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei (VwGH 07.03.2023, Ra 2021/05/0162).

Der Einzelne kann sich in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat. Damit setzt die unmittelbare Wirkung einer Richtlinie jedenfalls deren fehlende oder mangelhafte Umsetzung durch den Mitgliedstaat, die inhaltliche Unbedingtheit und die hinreichende Bestimmtheit der jeweils im konkreten Konfliktfall in Rede stehenden Regelung der Richtlinie voraus (VwGH 24.09.2014, 2012/03/0165).

Gesetzliche Bestimmungen, die in Umsetzung einer unionsrechtlichen Richtlinie erlassen wurden, sind – so weit wie möglich – im Lichte des Wortlautes und des Zwecks dieser Richtlinie auszulegen und anzuwenden, um das mit ihr angestrebte Ziel zu erreichen. Im Zweifel ist daher ein Tatbestand des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 richtlinienkonform auszulegen (VwGH 29.03.2022, Ro 2020/05/0022). Ist es nicht möglich, die volle Wirksamkeit des Unionsrechtes im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts sicherzustellen, so hat ein innerstaatliches Gericht für die volle Wirksamkeit dieser unionsrechtlichen Normen im Wege des Anwendungsvorrangs Sorge zu tragen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt (VwGH 20.12.2023, Ro 2021/03/0032).

Aus dem Blickwinkel des Bundesverwaltungsgerichtes waren bereits vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 Seilbahnen außerhalb von Schigebieten unter gewissen Umständen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen und wurde damit der UVP-RL im ausreichenden Maß nachgekommen:

Tatbestand Z 10 lit. e des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 in der Fassung vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 umfasst nach seinem Wortlaut alle neu erbauten Eisenbahnstrecken, die schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B, C oder E berühren. Aus der normierten Ausnahme im Anschluss an die Tatbestände Z 10 lit. e bis h des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 folgt im Umkehrschluss („Ausgenommen von lit. e bis h sind Straßenbahnen, Stadtschnellbahnen in Hochlage, Untergrundbahnen, Hängebahnen und ähnliche Bahnen besonderer Bauart, die ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung dienen, innerhalb geschlossener Siedlungsgebiete, sowie Anschlussbahnen;“), dass auch Neubauten von Trassen ähnlicher Bahnen besonderer Bauart – wozu Seilbahnen außerhalb von Schigebieten gehören – in schutzwürdigem Gebiet der Kategorien A, B, C oder E, sofern sie ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung dienen und nicht (ausschließlich) innerhalb geschlossener Siedlungsgebiete liegen, unter den Tatbestand Z 10 lit. e des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 fallen und eine Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 auslösen. Bei der Formulierung der Ausnahme wurde auf den genauen Wortlaut aus dem Tatbestand Z 10 lit. h Anhanges II zur UVP-RL zurückgegriffen (RV 648 BlgNR 22. GP, Seite 16).

Hervorzuheben ist, dass auch der BMK die bisherigen Tatbestände der Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 nicht völlig ungeeignet für Seilbahnen außerhalb von Schigebieten erscheinen (RV 1901 BlgNR 27. GP, Seite 17). Die nunmehrige Schaffung eines spezifischen Tatbestandes ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass aus Sicht der BMK im alten Tatbestand Z 10 der Anlage 1 zum UVP-G 2000 die Eigenständigkeit des Seilbahnwesens zu wenig Berücksichtigung fand; aufgrund der Entwicklung des Seilbahnwesens zu einem eigenständigen Bereich wird beispielsweise auch seit dem Jahr 2003 die Genehmigung des Baues und Betriebes von Seilbahnen zur Gänze außerhalb des EisbG in einer separaten Rechtsvorschrift, dem SeilbG 2003, geregelt. Weiters sind in der UVP-RL gleichsam der „Bau von Eisenbahnstrecken sowie von intermodalen Umschlaganlagen und Terminals (nicht durch Anhang I erfasste Projekte)“ und „ähnliche Bahnen besonderer Bauart“ in zwei unterschiedlichen Ziffern geregelt (Tatbestand Z 10 lit. c und h des Anhanges II zur UVP-RL).

Dafür, dass die bisherige nationale Rechtslage dem Unionsrecht nicht zuwiderlief, spricht auch, dass im Ministerialentwurf mit keinem Wort erwähnt wird, dass Seilbahnen außerhalb von Schigebieten bis dahin unionsrechtwidrig keinen Eingang in das UVP-G 2000 gefunden hätten (RV 1901 BlgNR 27. GP, Seite 17), und wurde in den Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich der Tatbestand Z 10 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 bzw. eine fehlende Regelung für Seilbahnen außerhalb von Schigebieten nicht beanstandet.

In Ermangelung einer fehlenden oder unzulänglichen Umsetzung der UVP-RL tritt mithin ihre unmittelbare Anwendbarkeit nicht in den Blick bzw. kann die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 vom Bundesverwaltungsgericht nicht als unionsrechtswidrig erkannt werden; diese trägt gerade nicht dazu bei, dass ein Vorhaben, das möglicherweise einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte, nun ohne einer solchen zu verwirklichen wäre.

(iii) Conclusio

Gegenständlich führt die Anwendung der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 29 Z 4 UVP-G 2000 dazu, dass zu prüfen ist, ob das geplante Vorhaben einer Ziffer des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 in der Fassung vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 unterliegt.

Da das geplante Vorhaben ein Neubau einer ähnlichen Bahn besonderer Bauart in schutzwürdigem Gebiet der Kategorie A, die ausschließlich der Personenbeförderung dienen und (auch) außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete liegen soll, darstellt, ist der Tatbestand Z 10 lit. e des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 in der Fassung vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 erfüllt und im Rahmen einer Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 zu klären, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Aufgrund der aus der Warte des Bundesverwaltungsgerichtes verfehlten Rechtsansicht der belangten Behörde wurden noch keine Ermittlungen zu der Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 angestellt. Eine Zurückverweisung der Angelegenheit nach der diesbezüglich restriktiven Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist sohin gerechtfertigt.

Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 wird die belangte Behörde zu prüfen haben, ob zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der Schutzzweck, für den die vom geplanten Vorhaben betroffenen schutzwürdigen Gebiete festgelegt wurden, wesentlich beeinträchtigt wird und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Bei der Prüfung zu berücksichtigen sind bei Anwendung der Z 10 lit. e Anhang 1 UVP-G 2000 schutzwürdige Gebiete der Kategorien A, B, C oder E. Konkret handelt es sich dabei hinsichtlich der Kategorie A Anhang 2 UVP-G 2000 – unbestritten – um das Landschaftsschutzgebiet XXXX sowie das Landschaftsschutzgebiet XXXX . Entgegen der Ansicht der belangten Behörde handelt es sich aber auch beim Biosphärenpark XXXX um ein schutzwürdiges Gebiet nach Kategorie A Anhang 2 UVP-G 2000. Beim Biosphärenpark XXXX handelt es sich um ein genau abgegrenztes Gebiet, das durch einen Verwaltungsakt ausgewiesen wurde ( XXXX Biosphärenparkverordnung). Er ist zudem ein im Bereich der Naturschutzkompetenz der Länder ausgewiesenes Schutzgebiet (vgl. Schmelz/Schwarzer, UVP-G 2011, Anhang 2 UVP-G, insb. Rz. 25).

3.5.2. Tatbestand Z 21 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 iVm § 3 Abs. 2 UVP-G 2000:

Die belangte Behörde prüfte im bekämpften Bescheid auch den Tatbestand Z 21 lit. b des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 und kam zum Schluss, dass das Vorhaben für sich selbst betrachtet den dort normierten Schwellenwert nicht erreicht, jedoch eine Kapazität von mehr als 25 % dieses Schwellenwertes aufweist, weshalb sie dem Kumulierungstatbestand nach § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 nachging. Hinsichtlich der Voraussetzung, ob der Schwellenwert des Tatbestandes Z 21 lit. b des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 gemeinsam mit anderen Vorhaben überschritten wird, berücksichtigte die belangte Behörde bei der Addition alle ihr von der Projektwerberin in einer Stellungnahme vom 18.12.2023 bekannt gegebenen öffentlich zugänglichen Stellplätze für Kraftfahrzeuge im Umfeld der „Park Ride-Anlage XXXX “. Im Hinblick auf den Maßstab für ihre Prüfung verwies die belangte Behörde im Rahmen der Aktenvorlage auf das Urteil des BVwG vom 01.02.2022, W118 2237586-1/39E.

Die Rechtsanschauung der belangten Behörde ist verfehlt:

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 29.08.2024, Ra 2022/07/0025, wurde das angeführte Urteil des BVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. In seinem Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof nach Verweis auf VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0012 bis 0014, zur Frage der Kumulation im Wesentlichen auszugsweise aus: „[…] 25 Auch im hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2023, Ra 2023/04/0109, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Einzelfallprüfung nicht auf betreffend das zu prüfende Vorhaben und nach dem maßgeblichen Tatbestand des Anhangs 1 zum UVP- G 2000 gleichartige Projekte einzuschränken ist. Vielmehr sind grundsätzlich Vorhaben zu berücksichtigen, die insofern schutzgutbezogen im räumlichen Zusammenhang mit dem zu prüfenden Vorhaben stehen, als Wechselwirkungen ihrer Auswirkungen mit den Auswirkungen des zu prüfenden Vorhabens auf einzelne Schutzgüter im für die Umwelt erheblichen Ausmaß nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. 26 Diese Rechtsprechung ist mit der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach Vorhaben, bei denen die Umweltauswirkungen gleich bzw. im Wesentlichen gleich mit denen des beantragten Vorhabens seien, deshalb nicht zu kumulieren seien, weil deren Schwellenwerte in den Tatbeständen des Anhanges 1 UVP-G 2000 in unterschiedlichen Maßeinheiten angegeben sind, nicht in Einklang zu bringen. […] 28 Denn anhand des Schwellenwertes des Tatbestandes der Z 25 lit. a) des Anhanges 1 der Spalte 1 UVP-G 2000, der in dem Flächenmaß Hektar angegeben ist, kann - allenfalls unter Einbeziehung eines Sachverständigen - durch entsprechende Ermittlung der Fläche, auf der Grabungen stattfinden, und der Grabungstiefe das Volumen des Kies- und Sandaushubmaterials in Kubikmeter berechnet werden, was zur Möglichkeit der Zusammenrechenbarkeit der so erhaltenen Menge von Aushubmaterial in Kubikmetern mit dem geplanten zu deponierenden Material ebenso in Kubikmeter führt. Alternativ vorstellbar wäre eine Ermittlung des Aushubmaterials des Kies- und Sandabbaus in Tonnen und eine darauffolgende Umrechnung dieser Gewichtsmaßeinheit anhand der Dichte des Aushubmaterials in die Volumenmaßeinheit Kubikmeter. […] 34 Der oben dargestellten Ansicht, dass bei der Möglichkeit der Umrechnung von verschiedenen Maßeinheiten der Schwellenwerte unter Ermittlung eines Faktors die Vorhaben dieser unterschiedlichen Tatbestände des Anhanges 1 UVP-G 2000 zu kumulieren sind, steht auch der Umstand nicht entgegen, dass die oben herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Rn. 24f), wie auch die darin zitierte Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur Rechtssache Marktgemeinde Straßwalchen u.a., eine Konstellation betraf, bei der - anders als vorliegend - eine Einzelfallprüfung der UVP-Pflicht durchgeführt wurde. 35 Denn diese Judikatur ist auf den gegenständlichen Revisionsfall, bei dem das Bundesverwaltungsgericht - als der Einzelfallprüfung vorgelagerten Schritt - das Erreichen des Schwellenwertes prüfte und das Verfahren aufgrund einer Verneinung dieses Erreichens vor einer Einzelfallprüfung beendete, sinngemäß zu übertragen. Es steht außer Frage, dass die Vorhaben, die bei der Einzelfallprüfung zu berücksichtigen sind, unter den nachfolgenden Voraussetzungen bei dem Prüfschritt des Erreichens der Schwellenwerte einzubeziehen sind: Dies entweder, wenn unter Ermittlung eines zusätzlichen Faktors (wie beispielsweise der Dichte) ein Wert berechnet werden kann, der sich in weiterer Folge aufgrund der gleichen Maßeinheit des Schwellenwertes des zu prüfenden Vorhabens nach Anhang 1 UVP-G 2000 zur Kumulation eignet, oder wenn die Möglichkeit der - direkten - Umrechnung der Maßeinheiten der Schwellenwerte besteht. […]“

Conclusio

Die belangte Behörde wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens nach den o.a. Kriterien, zu prüfen haben, ob neben den bisher im Rahmen der Kumulation geprüften Vorhaben weitere Vorhaben zu berücksichtigen sind.

Sollte so der Schwellenwert des Tatbestandes Z 21 lit. b des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 überschritten werden, wird eine Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 durchzuführen sein. Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung wird die belangte Behörde zu prüfen haben, ob zu erwarten ist, dass aufgrund einer Kumulierung der Auswirkungen anderer gleichartiger und in einem räumlichen Zusammenhang stehender Vorhaben mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

ZU SPRUCHPUNKT B)

3.6. Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob Seilbahnen außerhalb von Schigebieten von der UVP-RL erfasst sind, und bejahendenfalls, ob eine ausreichende Umsetzung der UVP-RL im UVP-G 2000 durch den österreichischen Gesetzgeber bereits vor der UVP-G 2000-Novelle BGBl. I Nr. 26/2023 erfolgte, wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bisher nicht behandelt.

Rückverweise