6R248/25x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richter Dr. Pscheidl und MMag. Klaus in der Rechtssache der Antragstellerin Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen , **, gegen den Antragsgegner A* , geboren am **, **, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Insolvenzeröffnung, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 25.6.2025, **-8, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 6.6.2025 stellte das Erstgericht die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners fest, sprach aus, dass das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet werde und wies den Antrag der Antragstellerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragsgegners ab. Dieser Beschluss wurde in der Insolvenzdatei am 10.6.2025 bekannt gemacht und dem Antragsgegner ohne Rückschein zugestellt (ON 6).
Mit ERV-Eingabe vom 25.6.2025 beantragte der Antragsgegner die Zustellung des Insolvenzantrags, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung eines Vermögensverzeichnisses und erhob gegen den Beschluss ON 6 Rekurs. Inhaltlich brachte er – soweit hier wesentlich – vor, dass er auf Grund einer fehlerhaften Zustellung des Erstgerichts den Insolvenzantrag nicht erhalten habe. Den Beschluss ON 6 habe er erst am 18.6.2025 erhalten (ON 7).
Mit dem nun angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht den Rekurs und den Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners zurück und den Antrag auf neuerliche Zustellung des Insolvenzantrags ab. Begründend führte es aus, dass, wenn neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben sei, gemäß § 257 Abs 2 IO die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung eintreten würden. Der Rekurs sei daher wegen Verspätung zurückzuweisen. Der Wiedereinsetzungsantrag sei gemäß § 259 Abs 4 IO unzulässig. Da der Rekurs verspätet sei, komme eine neuerliche Zustellung des Insolvenzantrags nicht in Betracht.
Gegen die Zurückweisung des Rekurses wendet sich der vorliegende Rekurs mit dem Antrag, den Beschluss ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1.1Für die Prüfung des Umfangs der Anfechtung kommt dem Rechtsmittelantrag und den Rechtsmittelgründen auch dann Bedeutung zu, wenn im Rechtsmittel zwar eine Anfechtungserklärung enthalten ist, diese aber mit dem Rechtsmittelantrag und den Rechtsmittelgründen nicht im Einklang steht (vgl RS0043624). Teilanfechtung und damit Teilrechtskraft treten nur ein, wenn die Teilanfechtung zweifelsfrei nach objektiven Auslegungskriterien erklärt ist, wobei der gesamte Inhalt des Rechtsmittels heranzuziehen ist (RS0036653). Sonst gilt die Entscheidung als zur Gänze angefochten (RS0036653 [T1]).
1.2 Der vorliegende Rekurs enthält zwar inhaltlich lediglich Ausführungen zur Zurückweisung des Rekurses, nicht jedoch zum Wiedereinsetzungsantrag. Da sich aber sowohl die Anfechtungserklärung als auch der Rekursantrag gegen den gesamten angefochtenen Beschluss richten, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Entscheidung zur Gänze angefochten wird.
2.Der Rekurswerber macht geltend, dass nach § 257 Abs 2 IO die Folgen der Zustellung durch die öffentliche Bekanntmachung eintreten würden, wenn neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben sei. Eine besondere Zustellung sei hier jedoch nicht vorgeschrieben, weshalb § 257 Abs 2 IO nicht anzuwenden sei. Der Rekurs sei daher nicht verspätet, weshalb dessen Zurückweisung zu Unrecht erfolgt sei.
3.1Nach § 257 Abs 2 IO treten, wenn neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben ist, die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung ein, auch wenn die besondere Zustellung unterblieben ist. Daher wird die Rechtsmittelfrist bereits mit der öffentlichen Bekanntmachung durch Aufnahme in die Insolvenzdatei in Lauf gesetzt, unabhängig davon, ob und wann eine individuelle Zustellung erfolgt ist (RS0065237; RS0110969).
3.2Dementsprechend ist – entgegen den Rekursausführungen – gerade auch dann, wenn keine individuelle Zustellung vorgeschrieben ist, § 257 Abs 2 IO anzuwenden.
3.3Der Beschluss über die Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrags mangels kostendeckenden Vermögens ist gemäß § 71b Abs 1 IO durch Aufnahme in die Insolvenzdatei öffentlich bekannt zu machen.
Die Rekursfrist im Insolvenzverfahren beträgt gemäß § 260 Abs 1 IO 14 Tage. Ihre Berechnung beginnt gemäß § 252 IO iVm § 125 ZPO am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung, dieser ist der erste Tag der Rechtsmittelfrist (RS0065237 [T27]).
3.4 Der Beschluss über die Abweisung des Insolvenzantrags wurde am 10.6.2025 in der Insolvenzdatei veröffentlicht. Der dagegen vom Antragsgegner am 25.6.2025 erhobene Rekurs war verspätet. Die Zurückweisung des Rekurses durch das Erstgericht erfolgte daher zu Recht.
4.Soweit das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und den Antrag auf Zustellung des Insolvenzantrags abgewiesen hat, kann auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Beschluss verwiesen werden, dem der Rekurs keine Argumente entgegensetzt (§ 252 IO iVm §§ 526 Abs 3, 500a ZPO).
5. Der Rekurs erweist sich daher als unberechtigt.
6.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 252 IO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.