JudikaturOLG Wien

13R3/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
15. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Häckel als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Wieser und den Richter Mag. Wessely in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Mag. Paul Wolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei B*, **, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr. in Simone Metz, LL.M., Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 27.170,-- s.A. und Feststellung (Streitwert EUR 10.000,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29.10.2024, F**-49, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den Beschluss gefasst:

Spruch

Das angefochtene Urteil des Erstgerichts wird dahin berichtigt, dass in seinem Spruchpunkt 1. das Zahlungsbegehren in Höhe von EUR 27.170,-- samt 4% Zinsen seit 10.1.2023 abgewiesen wird.

Die Durchführung der Berichtigung in der Urschrift und in den Ausfertigungen obliegt dem Erstgericht;

II. zu Recht erkannt:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.665,52 (darin EUR 610,92 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin verletzte sich im Jänner 2021 in C* bei einem Sturz das Handgelenk, weshalb sie am 2.1.2021 das UKH C* aufsuchte, wo ein Bruch der Speiche links konservativ behandelt wurde. Am 9.1.2021 begab sie sich in das Traumazentrum ** (D*) Standort E* und später in das Traumazentrum (D*) Standort F*, deren Rechtsträgerin die Beklagte ist. Im D* F* wurden am 25.3.2021, 26.3.2021 und 29.3.2021 Operationen durchgeführt.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin EUR 27.170,-- s.A., bestehend aus EUR 17.500,-- Schmerzengeld, EUR 8.670,-- für Haushaltshilfe und EUR 1.000,-- pauschale Unkosten, sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftige nachteilige Schadensfolgen aus der ab 11.1.2021 erfolgten mangelhaften Heilbehandlung und Aufklärung.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, der nach dem Speichenbruch angelegte Gips sei zunächst zu eng, danach zu locker und dann wieder zu eng – sohin nicht lege artis – gewesen, sodass der Bruch schief zusammengewachsen sei. Wegen der Fehlstellung – welche die folgenschwere Kausalkette ausgelöst habe - sei zwar zunächst eine sofortige operative Korrektur empfohlen, nach einem verbesserten Röntgenbefund jedoch nicht mehr als unumgänglich beschrieben worden. Infolge sich verschlechternder Beschwerden sei nach einem weiteren Röntgenbefund eine Korrekturoperation dringend angeraten und für den 25.3.2021 geplant worden. Dabei habe aber nur eine unzureichende Aufklärung, insbesondere über eine durchgeführte Stoßwellentherapie, stattgefunden. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie sich dem Eingriff nicht unterzogen. Der Stoßwellenapparat sei direkt an der Wunde und nicht – wie vorgesehen – auf der Rückseite des Armes angesetzt worden. Danach habe sie an unaushaltbaren Schmerzen gelitten und es habe sich eine massive Blutung entwickelt. Weiterführende klinisch diagnostische Maßnahmen seien jedoch zunächst unterlassen worden, ihre Angaben unzureichend ernst genommen worden. Kritisch niedrige Laborwerte seien erst am folgenden Tag beachtet worden. Da es bei der Operation am 25.3.2021 – wohl ausgelöst durch den Druck des falsch angesetzten Stoßwellenapparats - zu einer Schädigung einer Arterie (Riss der Arteria radialis) gekommen sei, habe am 26.3.2021 eine Akutoperation vorgenommen werden müssen, wobei die Indikation zur Operation verzögert gestellt und eine Blutsperre verspätet errichtet worden sei. Auch sei sie über die Operation vom 26.3.2021, die viel weitwendiger als angekündigt gewesen sei, nicht aufgeklärt worden, weshalb wiederum keine wirksame Einwilligung gegeben worden sei. Zudem sei es dabei – infolge des zu späten Erkennens des Arterienrisses - zu einer Komprimierung des Nervus medianus gekommen. Auch eine dritte Operation am 29.3.2021, bei der die Wunde verschlossen worden sei, habe nicht den gewünschten Erfolg gebracht, weil die Klägerin nach wie vor an Dysästhesien (Missempfindungen) im Versorgungsgebiet der Nervus medianus gelitten habe; sie habe keinerlei Gefühle und Kraft mehr in ihren Fingern verspürt. Im Herbst 2021 sei ihr zu einer erneuten Operation geraten worden, um den „Nervendruck“ zu entlasten. Am 19.10.2021 sei eine offene Karpalkanalspaltung durchgeführt worden, welche ebenso nicht das gewünschte Ergebnis gebracht habe, da sie Sensibilität der Finger weiterhin gestört geblieben sei. Am 19.11.2021 habe noch eine Wundrandglättung sowie eine Fremdkörperentfernung durchgeführt werden müssen.

Für all diese nachteiligen Folgen hafte die Beklagte infolge der Fehlbehandlungen und mangelhaften Aufklärung. Spät- und/oder Dauerfolgen seien nicht auszuschließen.

Die Beklagte wandte ein, die Klägerin habe den Gipsverband selbständig abgenommen, was – ohne dass es dem D* E* angelastet werden könne - zu einer Fehlstellung geführt habe. Eine daher am 14.1.2021 angeratene und medizinisch indizierte operative Versorgung habe die Klägerin jedoch – gegen Revers – abgelehnt, auf ihren ausdrücklichen Wunsch sei die konservative Behandlung fortgesetzt worden. Auch am 15.2.2021 habe sie eine Korrekturosteotomie abgelehnt. Erst am 4.3.2021 habe sie das D* F* mit dem Wunsch nach einer Operation aufgesucht. Diese habe nach umfassender Aufklärung am 25.3.2021 stattgefunden. Das nachfolgende Auftreten sei eine schicksalshafte Komplikation gewesen, ebenso die Druckschädigung oder Schädigung durch Verwachsung eines Nervs. Beiden verwirklichten Komplikationen sei in entsprechender Weise chirurgisch oder medizinisch begegnet worden. Weder liege ein Kunst- oder Behandlungsfehler noch ein Aufklärungsfehler vor.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab (wobei es das abgewiesene Zahlungsbegehren mit EUR 27.100,-- s.A. bezifferte). Neben dem eingangs dargestellten außer Streit stehenden Sachverhalt traf es die auf den Seiten 4 bis 13 der Urteilsausfertigung enthaltenen Feststellungen, auf die verwiesen wird, und folgerte daraus in rechtlicher Hinsicht, dass nach dem zwischen den Streitteilen bestehenden Behandlungsvertrag der Arzt eine fachgerechte, dem objektiven Standard des Fachs entsprechende Behandlung, aber keinen Erfolg schulde. Für die nachteiligen Folgen einer diesem Sorgfaltsstandard entsprechenden Behandlung hafte der Arzt nicht, wenn er über das Risiko ihres Eintritts aufgeklärt habe oder sich der Patient bei entsprechender Aufklärung ebenso der Behandlung unterzogen hätte. Der Arzt habe zunächst Diagnose und Befund zu erheben. Ein weiterer ebenso bedeutsamer Teil der ärztlichen Pflichten umfasse die vor der eigentlichen Behandlung durchzuführende Aufklärung des Patienten iSd Selbstbestimmungsaufklärung, also die Vermittlung all jener Informationen, die den Patienten in die Lage versetzen solle, ausreichend informiert über die von ihm gewünschte Behandlungsmethode zu entscheiden. Er sei über Behandlungsmethoden und -alternativen, Diagnosen, Behandlungsverlauf, -folgen, mögliche Gefahren und schädliche Folgen der Behandlung aufzuklären, um auf Basis eines ausreichenden Kenntnisstandes seine Zustimmung zur Behandlung abzugeben oder diese abzulehnen. Zentrale Verpflichtung sei die lege artis Behandlung.

Konkret stehe fest, dass die gesamte Behandlung der Klägerin lege artis durchgeführt worden sei und kein Behandlungsfehler vorliege.

Betreffend den behaupteten Aufklärungsmangel gelte, dass eine ausreichende Aufklärung, die als Rechtsfrage nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sei, so umfangreich sein müsse, dass der Patient in die Lage versetzt werde, in Kenntnis der wesentlichen Umstände und Folgen der in Aussicht genommenen Behandlung die Tragweite seiner Entscheidung zu überschauen. Es gelte das Gebot der möglichst gesundheitsschonenden Behandlung. Die ärztliche Aufklärungspflicht reiche umso weiter, je weniger der Eingriff aus Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder gar geboten sei. Sei der Eingriff zwar medizinisch empfohlen, aber nicht eilig, sei grundsätzlich eine umfassende Aufklärung notwendig. Eine Aufklärung sei dann nicht erforderlich, wenn die Schäden nur in äußerst seltenen Fällen auftreten würden und anzunehmen sei, dass sie bei einem verständigen Patienten nicht ernsthaft ins Gewicht fielen. Ein Arzt sei nicht verpflichtet, den Patienten auf alle Möglichkeiten, die infolge einer in Aussicht genommenen Operation oder Schockbehandlung eintreten könnten, aufmerksam zu machen. Es werde vielmehr maßgebend sein, ob aufgrund gewissenhafter ärztlicher Übung und Erfahrung eine solche Aufklärung geboten sei.

Die Korrekturoperation am 25.3.2021 sei eine Standard-Operation, die relativ medizinisch indiziert gewesen sei, gewesen. Das diesbezügliche Aufklärungsgespräch vom 4.3.2021 habe Prof.Dr. G* umfassend durchgeführt und über die später aufgetretenen Komplikationen, nämlich Verletzungen von Blutgefäßen oder Nerven sowie Blutungen, unter Nutzung des elektronischen Aufklärungsbogens, in dem die typischen Gefahren aufgelistet seien, aufgeklärt. Er habe auch weitere Gefahren vermerken lassen, nachdem er diese besprochen habe. Die Klägerin habe sich somit in Kenntnis der wesentlichen Umstände und möglichen Folgen der in Aussicht genommenen Operation befunden und die Tragweite ihrer Erklärung erkennen können.

Zur Operation am 26.3.2021 habe eine dringliche und absolute Operationsindikation aufgrund der aufgetretenen Nachblutung bestanden. Die Operation betreffend den Wundverschluss am 29.3.2021 sei ebenso notwendig gewesen. Bei beiden habe keine Behandlungsalternative bestanden. In den Aufklärungsgesprächen am 26.3.2021 und am 29.3.2021 habe eine fachgerechte Aufklärung unter abermaliger Nutzung des elektronischen Aufklärungsbogens, ergänzt durch Anmerkungen des aufklärenden Arztes, stattgefunden. Aufgrund der dringenden Notwendigkeit dieser Operationen sei an die Aufklärungspflicht kein so hohes Maß anzulegen wie bei nicht dringlichen Operationen. Es liege auch hier kein Aufklärungsfehler vor.

Für die medizinisch indizierte Operation am 19.10.2021 sei das Aufklärungsgespräch am 3.9.2021 erfolgt. Der aufklärende Arzt habe eigene Vermerke in den herangezogenen elektronischen Aufklärungsbogen gesetzt, die Klägerin habe diesen unterzeichnet. Auch hier sei die Aufklärung fachgerecht und sorgfältig erfolgt. Für die dringlich indizierte Restnahtentfernung am 19.11.2021 habe keine Alternative bestanden. Es liege weder ein Behandlungs- noch Aufklärungsfehler vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag dahin, der Klage vollinhaltlich stattzugeben. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

I. Zur Berichtigung:

Nach § 419 Abs 1 ZPO kann das erkennende Gericht jederzeit Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten einer Entscheidung berichtigen. Eine Berichtigung kann nach § 419 Abs 3 ZPO auch in höherer Instanz angeordnet werden. Unter „Anordnung“ ist nicht eine Weisung an das ursprünglich erkennende Gericht zu verstehen, einen Berichtigungsbeschluss zu fassen, sondern die Berichtigung durch das Gericht höherer Instanz selbst; nur der Vollzug der Berichtigung obliegt dem erkennenden Gericht (4 Ob 34/08s; 5 Ob 14/18x ua).

Im angefochtenen Urteil wird der abgewiesene Klagsbetrag mit EUR 27.100,-- (s.A.) beziffert, jedoch sollte zweifellos das gesamte, auf EUR 27.170,-- (s.A.) lautende Zahlungsbegehren abgewiesen werden, sodass der im Spruch genannte Betrag auf einem offenbaren Irrtum bzw Schreibfehler beruht. Hierüber war ein Berichtigungsbeschluss gemäß § 419 ZPO zu fassen.

II. Zur Berufung:

1. Tatsachenrüge:

1.1. Bekämpft werden folgende Feststellungen:

(A) „ Aufgrund anhaltender Beschwerdesymptomatik kam die Klägerin am 4.3.2021 erneut ins D* Standort F* und ersuchte, die Fehlstellung zu korrigieren. Ihr wurde erneut von Prof.Dr. G* zur Operation geraten und sie wünschte diese auch.

(B) „Prof .Dr. G* klärte die Klägerin am selben Tag über die Risiken der Operation auf. Dies tat er unter Nutzung eines elektronischen Aufklärungsformulars, in welchem typische Komplikationen angeführt sind.

Aufklärungsgespräche des Prof.Dr. G* liefen immer gleich ab: Er saß mit seinem jeweiligen Patienten vor dem Computer und eine Sekretärin füllte das Aufklärungsformular am Computer nach seinen Anweisungen aus. Erst nachdem er die jeweiligen Risiken und Gefahren des Eingriffs erklärt hatte, setzte die Sekretärin ein Hakerl neben das jeweilige Risiko im Dokument. Weiters diktierte der aufklärende Arzt den Text unter der Überschrift ‚Spezielle Gefahren‘, nachdem er diese mit der Patientin gesprochen hatte. (…) Die Klägerin als auch der aufklärende Arzt unterschrieben das ausgedruckte Aufklärungsformular. Die Klägerin wusste, dass es bei einer derartigen Operation zu Komplikationen wie einer ‚Wundinfektion‘ oder ‚Verletzung der Blutgefäße‘ kommen kann. Ihr war auch bewusst, dass man die Platte unter Umständen wieder entfernen muss.

(C) „ Korrekturoperationen, wie am 25.3.2021 bei der Klägerin durchgeführt, sind Standardverfahren. Zu diesem Zeitpunkt bestand keine andere Behandlungsalternative. Aufgrund der Bewegungseinschränkung in Zusammenschau mit der Fehlstellung, unabhängig allfälliger Schmerzen, war zum 4.3.2021 die Umstellungsoperation jedenfalls indiziert. Eine absolute Indikation zur Operation lag nicht vor, weil bei Unterlassen der Operation keine lebensbedrohlichen Zustände eingetreten wären, sondern mit einer Zunahme von Schmerzen und Bewegungseinschränkung zu rechnen gewesen wäre.

1.2. Anstelle der Feststellung (A) wird begehrt ersatzweise festzustellen: „ Am 4.3.2021 suchte die Klägerin bei Schmerzfreiheit, aber anhaltenden Bewegungseinschränkungen, das D* F* auf. Ihr wurde von Prof. G* erneut zur Operation geraten.“

In eventu wird anstelle des Passus „bei Schmerzfreiheit, aber anhaltenden Bewegungseinschränkungen“ eine Negativfeststellung über bestehende Beschwerden der Klägerin angestrebt.

1.2.1. Das Erstgericht legte nachvollziehbar und gänzlich unbedenklich dar, dass sich aus der Krankengeschichte (Beilage ./1, Blatt 7 bis 9) ergebe, dass die Klägerin am 4.3.2021 über Schmerzen geklagt habe und es nicht glaubhaft sei, wenn sie jetzt behaupte, operiert worden zu sein, ohne Beschwerden gehabt zu haben.

Wenn die Klägerin in der Beweisrüge nun meint, aus der Krankengeschichte ergäben sich betreffend die fragliche Zeit keine Schmerzen, so ist zu erwidern, dass die gerügte Feststellung richtigerweise von „anhaltender Beschwerdesymptomatik“ spricht und sich genau diese Formulierung auf dem Fortsetzungsblatt 9 der Krankengeschichte ./1 findet. Die Argumentation, die Klägerin habe in ihrer Parteieneinvernahme nicht von Schmerzen gesprochen, geht mangels Feststellung von Schmerzen ins Leere.

Die unbestritten bestehenden Bewegungseinschränkungen, das dokumentierte Knarren bei bestimmten Bewegungen und die Prognose künftiger Schmerzen rechtfertigt ohne weiteres die Feststellung einer „anhaltenden Beschwerdesymptomatik“.

Darüber hinaus ist es zweifellos plausibel, dass die Klägerin aufgrund dieser Umstände am 4.3.2021 um Korrektur der Fehlstellung ersuchte und die Operation wünschte.

Die Ausführungen in der Beweisrüge überzeugen daher nicht.

1.2.2. In Ansehung des Operationswunsches der Klägerin sowie der weiteren laut (A) festgestellten Tatumstände werden überdies keine abweichenden Konstatierungen angestrebt. Die Beweisrüge ist insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Da nämlich die bekämpften Feststellungen ersetzt werden sollen, müssen zwischen ihnen und den ersatzweise begehrten Feststellungen inhaltliche Gegensätze oder Widersprüche bestehen (vgl RS0041835 [T2]).

1.2.3. Letztlich ist die rechtliche Relevanz der angestrebten Konstatierung nicht ersichtlich. Ein ins Treffen geführter bedeutend strengerer Maßstab an Aufklärungsintensität wäre auch unter der Annahme, die Operation habe lediglich der Sanierung der Fehlstellung und Hintanhaltung möglicher zukünftiger Schmerzzustände gedient, nicht zu fordern.

1.3. Anstelle der Feststellungen (B) sei festzustellen: „ Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin am selben Tag über die Risiken der Operation aufgeklärt wurde. Prof.Dr. G* nannte zwar die allgemeinen Komplikationen, dessen Folgen erklärte er jedoch nicht.

1.3.1. Wiederum wird zu einem Teil der bekämpften Feststellungen (etwa betreffend den Ablauf des Gesprächs und das verwendete Aufklärungsformular sowie die Unterfertigung) keine anderslautende Ersatzfeststellung begehrt. Insoweit liegt keine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge vor.

1.3.2. Dass sich das Erstgericht auf die Aussagen des als Zeugen vernommenen Prof.Dr. G* stützte, obwohl sich dieser an die Klägerin nicht mehr konkret erinnern konnte, ist keineswegs zu beanstanden. Zum einen belegt auch das von der Klägerin unterfertigte Protokoll (./A), dass am 4.3.2021 ein Aufklärungsgespräch mit dem darin ersichtlichen Inhalt stattgefunden hat, zum anderen war die Erstrichterin aufgrund des vom Zeugen hinterlassenen unmittelbaren Eindrucks (insbesondere seiner zunächst leicht empörten, dann sachlich erläuternden Reaktion auf das Hinterfragen seiner Arbeit) davon überzeugt, dass die von ihm geschilderte Vorgehensweise auch tatsächlich gewählt worden war. Die Behauptungen der Klägerin wurden demgegenüber in unbedenklicher Weise als nicht glaubhaft qualifiziert, zumal es bereits am 15.2.2021 eine ausführliche Befundbesprechung gegeben hatte, worauf sich die Klägerin eine Operation noch überlegen wollte (UA S 14).

Diese nach sorgfältiger Abwägung iSd § 272 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung vermag die Klägerin nicht zu widerlegen: Weshalb die Zeugenaussage, das jeweilige „Hakerl“ werde von der Sekretärin erst dann gemacht, wenn der jeweilige Punkt durchbesprochen worden sei (s Protokoll ON 47.1, 3), unrichtig sein soll, wird nicht dargestellt. Dass keine Beweisergebnisse für diese Tatsache vorliegen würden, trifft nicht zu.

Dass die Klägerin bei ihrer Parteieneinvernahme eine detaillierte Aufklärung der Risiken und Komplikationen verneinte, erweckt keine konkreten Zweifel an der getroffenen Feststellung. Ob Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen ermöglicht hätten oder ob bei bestimmten Beweisergebnissen einer von mehreren logisch denkbaren Sachverhalten wahrscheinlicher ist als der andere, obliegt gemäß § 272 ZPO der freien Überzeugung des erkennenden Gerichtes. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine erfolgreiche Bekämpfung der vom Erstgericht aufgrund seiner Überzeugung oder des persönlichen Eindruckes von den beteiligten Personen vorgenommenen Beweiswürdigung erst dann angenommen werden kann, wenn stichhältige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung rechtfertigen ( Klauser/Kodek ZPO 18 § 467 E 39/1, E 40/1, E 40/3). Solches ist hier nicht anzunehmen.

1.3.3. Der genaue Umfang der Erläuterungen zu den jeweiligen Punkten (im Sinne einer wörtlichen Wiedergabe des Gesprächs) wurde nicht festgestellt, weshalb fehlende Beweise hiezu den festgestellten Sachverhalt nicht in Frage zu stellen vermögen. Dass die Punkte besprochen wurden, konnte das Erstgericht in unbedenklicher Weise aus den Beweisergebnissen ableiten.

Inwiefern über das Risiko einer durch die Blutung verursachten Spaltung des Karpalkanals gesondert aufzuklären gewesen wäre, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (siehe dort).

1.4. Die Feststellung (C) wird in der Berufung als widersprüchlich bezeichnet und es wird – im Ergebnis – der Entfall des Satzes „Zu diesem Zeitpunkt bestand keine andere Behandlungsalternative.“ angestrebt.

1.4.1. Für eine gesetzmäßige Ausführung der Beweisrüge genügt es jedoch nicht, den ersatzlosen Entfall einer Feststellung anzustreben (RS0041835 [T3, 5]).

1.4.2. Darüber hinaus sind die monierten Feststellungen ganz unzweifelhaft so zu verstehen, dass eine alternative Behandlung (iSe medizinischen Maßnahme) nicht zur Verfügung stand. Die Alternative „ Unterlassen der Operation “ bzw „ Zuwarten “ bestand naturgemäß, so wie dies auch – unter Verneinung einer „absoluten Indikation“ – ausdrücklich festgestellt wurde. Eine maßgebliche Widersprüchlichkeit liegt somit nicht vor.

2. Rechtsrüge:

2.1. Um den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gesetzmäßig auszuführen, muss der Berufungswerber zuallererst von den getroffenen Feststellungen ausgehen. Tut er dies nicht, liegt in Wahrheit keine Rechtsrüge vor, sodass die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils nicht überprüft werden darf ( Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 ZPO Rz 16 mwN).

Indem die Klägerin betreffend das Vorliegen einer ausreichenden Selbstbestimmungsaufklärung mit einer bestehenden „non-liquet-Situation“ argumentiert, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Danach steht die Tatsache des stattgefundenen Aufklärungsgesprächs mit dem im Protokoll dokumentierten Inhalt im konkreten Fall fest. Ein non liquet bestünde nur beim Fehlen eines Beweisergebnisses (RS0039872 [T3]).

2.2. Die Regeln über die Beweislastverteilung greifen nur dann ein, wenn das Beweisverfahren ohne subsumtionsfähiges Sachverhaltsergebnis geblieben ist. Wer eine Tatsache beweisen muss, ist nur solange von Bedeutung, als diese Tatsache nicht bewiesen ist; steht die zu beweisende Tatsache fest, so spielt es keine Rolle mehr, wen die Beweislast trifft (RS0039872, insbes [T1]; RS0039903).

Es trifft demzufolge nicht zu, dass bei korrekter Anwendung der Beweislastverteilungsregel eine bestimmte Feststellung – konkret: die zu (B) ersatzweise begehrte Negativfeststellung - getroffen hätte werden müssen, können doch Feststellungen ausschließlich aufgrund von (aussagekräftigen) Beweisergebnissen getroffen werden. Von einem Missachten der Beweislastverteilungsregeln kann keine Rede sein.

Die Argumentation iSd RS0108185 [T1], wonach die Beweislast eines non liquet beim Arzt liegt, auf dessen Aufklärungspflichtverstoß die Ungewissheit über den wahrscheinlichen Verlauf, das heißt die real nicht mehr reproduzierbare Willensbildung des Patienten ja schließlich zurückzuführen sei, geht demnach ins Leere.

2.3. Weitere angebliche Unrichtigkeiten des angefochtenen Urteils zeigt die Rechtsrüge nicht auf. Insoweit genügt es daher, auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts (§ 500a ZPO) zu verweisen.

2.4. Zu ergänzen ist lediglich, dass der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht, der in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Wohles des Patienten abzugrenzen ist, auch nicht überspannt werden darf (RS0026362). Wollte man nicht nur die Aufklärung über typische Operationsrisiken verlangen, sondern jeweils auch Hinweise auf typische Komplikationen bei Verwirklichung solcher Risiken fordern, würde dies die Aufklärungspflicht in unvertretbarer Weise ausdehnen. Den Patienten müsste oftmals eine derartige Fülle von Informationen gegeben werden, dass ihnen eine Einschätzung der Lage nicht ermöglicht, sondern erschwert würde ( Nigl , Arzthaftung 4 S 141 mwN; insbes 4 Ob 184/17p). So wurde etwa die Pflicht zur Aufklärung über eine allenfalls notwendige Folgebehandlung im Fall eines typischen Operationsrisikos (Wundinfektion) in der Entscheidung 5 Ob 290/08w verneint.

Hier verwirklichte sich bei der Operation vom 25.3.2021 das Risiko eines Arterienrisses, der zu einer Nachblutung führte. Diese Komplikation war vom Aufklärungsgespräch für diese Operation umfasst (s UA S 7: „Verletzung von Blutgefäßen, Blutung während und nach dem Eingriff – mögliche Folgen: Eventuell ist/sind eine gefäßchirurgische Versorgung und/oder Fremdblutgabe erforderlich“). Erklärt wurde weiters das Risiko von Nervenverletzungen und daraus folgende Gefühlsstörungen (welche sodann eingetreten sind). Die Pflicht zur sorgfältigen Aufklärung wäre damit selbst dann erfüllt, wenn – wie in der Beweisrüge zu (A) argumentiert wird – mangels aktueller Schmerzen der Klägerin der Eingriff de facto prophylaktisch erfolgt wäre.

Die darauf folgende Operation vom 26.3.2025 war eine aufgrund der massiven Nachblutung notwendige und alternativlose Akutoperation. Bei solchen sind – wie vom Erstgericht zutreffend dargelegt – die Anforderungen an die Aufklärung weniger streng (vgl RS0026772, RS0026313). Indem die Klägerin auch hier anhand des Aufklärungsformulars aufgeklärt wurde, liegt ein Aufklärungsmangel nicht vor. Dass über die mögliche Notwendigkeit einer Karpalkanalspaltung keine explizite Aufklärung erfolgte, schadet angesichts der Dringlichkeit des Eingriffs und des Umstandes, dass über eine mögliche „operative Revision“ aufgeklärt wurde und diese beispielsweise eine Spaltung des Karpalkanals beinhaltet, nicht.

Der Berufung musste ein Erfolg versagt bleiben.

3. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO.

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruht auf § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO, wobei die Bewertung durch die Klägerin unbedenklich ist.

Die Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil sich für das Berufungsgericht keine Rechtsfrage der dort genannten Qualität stellte.