15R187/24s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Schaller als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidentin Mag. Köller-Thier und die Richterin Mag. Schmied in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft Kolarz – Augustin – Mayer in Stockerau, gegen die beklagte Partei B* C* , geboren am **, **, vertreten durch Nikodem Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen (eingeschränkt auf) Kosten, über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 80.375,05 s.A.) gegen die in Urteilsform ergangene Kostenentscheidung des Landesgerichtes Korneuburg vom 16.10.2024, **-125, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.843,44 (darin EUR 307,24 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung
Mit der zunächst gegen ihre Schwester D* C* gerichteten Klage begehrte die klagende Partei die Zahlung ihres Pflichtteils in der Höhe von EUR 26.254,10. Die klagende Partei und ihre Schwester D* C* (vormalige beklagte Partei), waren die Töchter der am 17.06.2018 verstorbenen E*. D* C* wurde aufgrund des unbestritten gebliebenen Testaments der Nachlass nach E* zur Gänze eingeantwortet.
Am 19.12.2019 verstarb D* C*, das Verfahren wurde zunächst gegen die Verlassenschaft nach ihr, vertreten durch den Sohn B* C* und zuletzt gegen diesen als eingeantworteten Erben weitergeführt. Zur besseren Lesbarkeit wird in der Folge B* C* als beklagte Partei bezeichnet.
Mit Klage vom 9.7.2019 begehrte die klagende Partei EUR 26.254,10 und brachte dazu vor, dass es sich dabei um ihren Pflichtteilsanspruch nach ihrer verstorbenen Mutter E* handele.
Die beklagte Partei wendete ein, ihr gebühre ein Pflegevermächtnis für die von D* C* gegenüber der Erblasserin erbrachten Pflegeleistungen.
Im ersten Rechtsgang sprach das Erstgericht mit Urteil vom 13.9.2022 einen Betrag von EUR 14.298,75 zu und wies das Mehrbegehren in der Höhe von EUR 11.955,35 ab. Es ging dabei von einem Reinnachlass in der Höhe von EUR 82.182,12 aus.
Das von beiden Seiten angerufene Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes mit Berufungsurteil vom 20.12.2023 dahin ab, dass es der Klage im Umfang von EUR 25.684 stattgab und das Mehrbegehren von EUR 569,47 abwies. Das Berufungsgericht ging von einem Reinnachlass in der Höhe von EUR 105.016,41 aus und errechnete daraus die Pflichtteilsansprüche der klagenden Partei sowie ihrer Schwester mit jeweils EUR 26.254,10. Die klagende Partei müsse daher eine Kürzung ihres Pflichtteils hinnehmen, weil der übrige Reinnachlass nach der Mutter in der Höhe von ebenfalls EUR 52.508,20 durch das Pflegevermächtnis zugunsten D* C* von EUR 53.647,13 mehr als aufgezehrt werde. Der Ausfall in der Höhe der Differenz, das seien EUR 1.138,93, sei von beiden Pflichtteilsberechtigten, damit hier im Ergebnis von beiden Streitteilen verhältnismäßig und mit je EUR 569,46 zu tragen. Damit verbleibe der klagenden Partei ein Anspruch von EUR 25.684,63.
In diesem Berufungsurteil wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Dagegen richtete sich der mit der ordentlichen Revision verbundene Abänderungsantrag der beklagten Partei vom 9.2.2024.
Mit Beschluss des Berufungsgerichtes vom 29.2.2024 wurde diesem Antrag stattgegeben und der Zulassungsausspruch dahin abgeändert, dass die ordentliche Revision zugelassen wurde.
Bereits am 31.1.2024 bezahlte die beklagte Partei den vom Berufungsgericht zugesprochenen Betrag in der Höhe von EUR 25.684,83 samt 4 % Zinsen.
In weiterer Folge hob der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 28.5.2024 die Entscheidungen der Vorinstanzen in ihrem nicht rechtskräftig erledigten Teil, somit im Umfang der zugesprochenen EUR 25.684,63 s.A. auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung. Er führte aus, dass im weiteren Verfahren von einem Reinnachlass in der Höhe von EUR 82.182,12 auszugehen sei. Der von den Vorinstanzen gewählte Ansatz zur Bemessung des Pflegevermächtnisses sei insofern verfehlt, als er in Widerspruch zur höchstgerichtlichen Rechtsprechung auf der dem Gepflegten verschafften Nutzen im Sinne der Aufwandsersparnis als Ausgangspunkt und nicht darauf abstelle, wie hoch der angemessene Lohn des Pflegenden gewesen wäre.
Mit Schriftsatz vom 10.7.2024, vorgetragen in der Verhandlung vom 6.9.2024, schränkte die klagende Partei die Klage auf Kosten ein und brachte dazu vor, dass die beklagte Partei durch Zahlung von EUR 25.684,63 samt Zinsen das Urteil des Berufungsgerichtes vom 20.12.2023 vollständig erfüllt habe. Diese Zahlung sei als schlüssiges Anerkenntnis zu werten. Die Bezahlung einer Nichtschuld liege darin nicht, weil Pflichtteilsansprüche – in welcher Höhe auch immer – jedenfalls gerechtfertigt gewesen seien. Da die Rechtsunkenntnis des Beklagtenvertreters der beklagten Partei zurechenbar sei, liege weiters eine wissentliche Zahlung einer Nichtschuld vor, die nicht zurückgefordert werden könne.
Die beklagte Partei wendete ein, die Zahlung des Betrages sei aufgrund einer irrtümlich unrichtigen Auskunft ihrer Rechtsvertretung erfolgt. Der Beklagtenvertreter sei irrtümlicherweise davon ausgegangen, dass das Urteil des Berufungsgerichts vollstreckbar sei und habe die beklagte Partei aufgefordert, die Zahlung zu tätigen. Da es auf den Irrtum der zahlenden Partei selbst ankomme und nicht darauf, wie dieser Irrtum zustande gekommen sei, sei von der irrtümlichen Zahlung einer Nichtschuld und nicht von einem Anerkenntnis auszugehen. Zudem habe die klagende Partei zum Zeitpunkt der Klagseinschränkung Kenntnis vom Irrtum der beklagten Partei gehabt. Die klagende Partei sei im Prozess vollständig unterlegen.
Mit dem angefochtenen Kostenurteil sprach das Erstgericht der klagenden Partei vollen Prozesskostenersatz in der Höhe von EUR 35.376,95 (darin enthalten EUR 5.105,46 USt und EUR 4.744,20 an USt-freien Barauslagen) zu.
Dabei ging es von den auf Seite 3 bis 8 der Kostenurteilsausfertigung wiedergegebenen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird.
Folgende für das Rekursverfahren wesentliche Feststellungen werden hervorgehoben:
Das Berufungsurteil im ersten Rechtsgang, mit dem die ordentliche Revision (noch) als nicht zulässig beurteilt wurde, wurde beiden Parteienvertretern am 12.1.2024 zugestellt.
Am 24.1.2024 erteilte der Beklagtenvertreter der beklagten Partei per E-Mail die Auskunft, dass diese der klagenden Partei den vom Berufungsgericht mit Urteil vom 20.12.2023 zugesprochenen Betrag von EUR 25.684,63 s.A. vorerst zahlen müsse, diesen aber im Falle des Obsiegens im Revisionsverfahren wieder zurückverlangen könne. Der Beklagtenvertreter ging dabei davon aus, dass ein mit einer ordentlichen Revision verbundener Abänderungsantrag nach § 508 ZPO die Vollstreckbarkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht hemmen würde. Dabei orientierte er sich rechtsirriger Weise an den für eine außerordentliche Revision geltenden Bestimmungen. Die beklagte Partei stellte die Auskunft des Beklagtenvertreters nicht in Frage und überwies aufgrund dieser Auskunft am 31.1.2024 EUR 31.463,67 (Kapital zuzüglich Zinsen) an die klagende Partei. Einen ausdrücklichen Vorbehalt, dass die Zahlung nur für den Fall der Rechtskraft erfolge, erklärte sie nicht. Zwischen den beiden Rechtsvertretern fand im Vorfeld der Überweisung ein Telefonat statt, in dem der Beklagtenvertreter den Klagevertreter bat, auf den Zahlungseingang zu warten und noch nicht Exekution zu führen. Am 9.2.2024 brachte die beklagte Partei den Abänderungsantrag verbunden mit der ordentlichen Revision ein, woraufhin mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 28.2.2024 die ordentliche Revision zugelassen wurde. Der Klagevertreter erlangte erst durch die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Abänderung des Zulassungsausspruches Kenntnis von der eingebrachten ordentlichen Revision, weil ihm die Rechtsmittelschrift der beklagten Partei zuvor weder durch das Erstgericht, noch durch die beklagte Partei zugestellt worden war. Die Revision der beklagten Partei wurde dem Klagevertreter am 18.3.2024 zugestellt. Mit E-Mail vom 21.3.2024 ersuchte der Klagevertreter den Beklagtenvertreter unter dem Betreff „** des LG Korneuburg A*/B* C*“ um Stellungnahme, ob der überwiesene Betrag zurücküberwiesen werden solle oder als Anerkenntnis zu werten sei. An dieselbe Adresse sandte der Klagevertreter am 11.4.2024 ein Erinnerungs-Mail, in dem er auf das erste Schreiben Bezug nahm. Die E-Mail-Adresse wurde vom Beklagtenvertreter zumindest bis zum Vollmachtswechsel am 17.5.2024 benutzt. Beide E-Mails blieben unbeantwortet, weil der Beklagtenvertreter deren Zugang übersah.
Nachdem die klagende Partei mit Schriftsatz vom 10.7.2024 die Klage auf Kosten eingeschränkt hatte, wendete sich der Beklagtenvertreter am selben Tag per E-Mail an den Klagevertreter und erklärte, dass die Überweisung der beklagten Partei auf einem Irrtum beruht habe. Aufgrund eines Urlaubs des Klagevertreters blieb diese E-Mail unbeantwortet. Am 26.8.2024 forderte der Beklagtenvertreter den Klagevertreter per E-Mail auf, den Betrag zurückzuzahlen. Mit E-Mail vom 2.9.2024 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, dass eine Rückzahlung nicht erfolgen werde, woraufhin der Beklagtenvertreter seinerseits mit E-Mail vom 4.9.2024 seine gegenteilige Rechtsansicht erläuterte und die klagende Partei neuerlich aufforderte, den Betrag zurückzuzahlen.
Rechtlich gelangte das Erstgericht in seiner, den Gegenstand dieses Rekursverfahrens bildenden Kostenentscheidung zu folgendem Ergebnis:
Aufgrund der Einschränkung der Klage auf Kosten sei für die Entscheidung über das Kostenersatzbegehren hypothetisch zu klären, ob das ursprüngliche Klagebegehren berechtigt gewesen sei.
In einem ersten Schritt sei jedoch zuerst zu prüfen, ob die Zahlung des nicht rechtskräftig und nicht vollstreckbar zugesprochenen Betrages als schlüssiges Anerkenntnis zu werten sei oder als irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld. Im ersten Fall würde dies einem Obsiegen der klagenden Partei im gesamten Verfahren entsprechen und zur Kostenersatzpflicht der beklagten Partei führen. Im zweiten Fall aber wäre durch die Zahlung die Klagsforderung nicht beglichen worden, ein Rückschluss auf die Berechtigung der ursprünglichen Klagsführung ließe sich daraus nicht ziehen. In diesem Fall würde sich die Prozesskostenforderung der klagenden Partei als unberechtigt erweisen, weil die Klagsforderung – wie noch gezeigt werde – zu Unrecht erhoben worden sei.
Voraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruches nach § 1431 ABGB sei unter anderem, dass die Leistung auf einem Irrtum beruhe, der die zu zahlende Schuld betreffe. Dies sei hier der Fall gewesen. § 1432 ABGB schließe die Kondiktion nur aus, wenn der Zahlende bewusst eine Nichtschuld tilgen habe wollen. Habe die Zahlung aus der Sicht des Empfängers als Anerkenntnis verstanden werden dürfen, sei die Rückforderung ebenfalls nicht mehr zulässig.
Wie bei der Beurteilung jeglichen Verhaltens als schlüssige Willenserklärung nach § 863 ABGB sei es entscheidend, ob die Handlung oder Unterlassung nach der Verkehrssitte oder nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in eine Richtung zu verstehen sei. Sie müsse also den zwingenden Schluss zulassen, dass die Parteien einen Vertrag schließen, ändern oder aufheben haben wollen.
In der Zahlung durch die beklagte Partei sei im gegenständlichen Fall kein schlüssiges Anerkenntnis zu erblicken. Zwar habe sie keinen Vorbehalt der Rückforderung für den Fall einer erfolgreichen Zulassungsrevision im Verwendungszweck angegeben, aus diesem Faktum könne alleine im Sinne des Vorgesagten jedoch nicht auf ein schlüssiges Anerkenntnis geschlossen werden. Es sei auch aufgrund der Umstände ein vernünftiger Grund vorgelegen, daran zu zweifeln, dass die beklagte Partei mit der Zahlung die Schuld tatsächlich anerkennen habe wollen. Im Zeitpunkt der Zahlung am 31.1.2024 sei für die klagende Partei durchaus erkennbar gewesen, dass die Zahlung auch aus dem Bestreben geleistet worden sein könnte, eine fälschlicherweise als vollstreckbar angenommene Judikatsschuld zu begleichen. Dies gehe auch aus der Korrespondenz der Parteienvertreter zwischen Urteilsfällung des Berufungsgerichts und Überweisung des Betrages klar hervor.
Im gegenständlichen Fall sei ein Abänderungsantrag gemäß § 508 ZPO gestellt worden, dieser habe – wie eine ordentliche Revision – aufschiebende Wirkung. Es habe daher zu keinem Zeitpunkt eine Judikatschuld bestanden, die beklagte Partei sei aber irrtümlich vom Bestehen einer solchen ausgegangen. Die beklagte Partei sei durch die irrtümliche Annahme der Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils einem Rechtsirrtum unterlegen, aufgrund dessen sie bezahlt habe. Ein Verschulden der beklagten Partei bzw ihres zuzurechnenden Vertreters sei bedeutungslos. Auf ein allfälliges Wissen-Müssen oder eine Sorglosigkeit komme es bei einem Fall nach § 1431 ABGB nicht an. Zusammengefasst sei in der Zahlung der beklagten Partei kein konstitutives Anerkenntnis der Klagsforderung vorgelegen und die klagende Partei habe von einem solchen auch nicht ausgehen dürfen.
Zur Beurteilung, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, müsse in einem weiteren Schritt das ursprüngliche Klagebegehren beurteilt werden und der hypothetische Prozesserfolg vor Einschränkung auf Kosten geprüft werden. Der beklagten Partei gebühre aufgrund der Pflegeleistungen ein Pflegevermächtnis. Die Höhe des Pflegevermächtnisses sei von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig, sodass letztlich nur eine Ermittlung nach richterlichem Ermessen gemäß § 273 ZPO sachgerechte Ergebnisse ermögliche. Ausgehend von den Feststellungen und unter Berücksichtigung von 2 Ob 63/21k sei bei 2924 Stunden ein Pflegevermächtnis von EUR 40.936 angemessen. Anders als in der OGH Entscheidung 2 Ob 63/21k seien jedoch im vorliegenden Fall professionelle Pflegeleistungen von einer diplomierten Krankenpflegerin erbracht worden, die nicht in den selben Räumlichkeiten wie die zu pflegende Person gewohnt habe. Es sei daher bei der Ermittlung des angemessenen Lohns der Pflegenden die für die Heimhilfe bezahlten Bruttogehälter von EUR 44,60 heranzuziehen. Dieser Ansatz stelle jedoch eine bloße Orientierungshilfe dar, bei der Abschätzung der Angemessenheit seien nur die Nettobeträge vergleichbar und auch die familiären Aspekte hätten Berücksichtigung zu finden.
Insgesamt erscheine daher ein Betrag von EUR 28 pro Stunde Pflege durch eine ausbildete Krankenpflegerin zur Ermittlung des Anspruchs aus dem Pflegevermächtnis angemessen. Damit errechne sich das angemessene Pflegevermächtnis mit EUR 81.872. Der Pflichtteilsanspruch beider Töchter habe ausgehend von dem vom OGH festgestellten Reinnachlass von EUR 82.182,12 jeweils EUR 20.545,53 betragen. Da damit der Nachlass nahezu erschöpft worden wäre, blieben für die Begleichung beider Pflichtteile lediglich EUR 310,12 übrig. Auch in diesem Fall wäre die klagende Partei gemäß § 43 Abs 2 ZPO zum vollen Kostenersatz zu verpflichten gewesen. Damit sei die klagende Partei kostenersatzpflichtig in der Höhe der zu Recht von der beklagten Partei verzeichneten Kosten von EUR 35.376,95.
Gegen dieses Kostenurteil richtet sich der Kostenrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der klagenden Partei Kostenersatz von EUR 44.998,10 zugesprochen werde.
Die beklagte Partei beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin erhebt einzig den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.
Der Kostenrekurs wendet sich ausschließlich gegen die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Zahlung durch die beklagte Partei nach Zustellung des Berufungsurteils weder als wissentliche Zahlung einer Nichtschuld noch als konstitutives Anerkenntnis gewertet worden sei.
Die Kostenrekurs wendet sich hingegen nicht gegen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes im Zusammenhang mit dem Pflegevermächtnis.
Bezieht sich die Rechtsrüge nur auf eine von mehreren selbständigen rechtserzeugenden Tatsachen, hat die rechtliche Überprüfung der Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht nur insoweit zu erfolgen, als das Rechtsmittel Ausführungen zu diesen Rechtsfragen enthält (RIS-Justiz RS0043338 [T20]). Das Rechtsmittelgericht darf nicht von sich aus eine rechtliche Beurteilung in Bezug auf eine selbständige Einwendung vornehmen, wenn die diesbezügliche Rechtsansicht des Erstgerichts nicht bekämpft wird (RS0043338 [T32]). Die rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts zum Bestehen des Pflegevermächtnisses werden im Kostenrekurs nicht angesprochen, sind damit nicht Inhalt der Rechtsrüge. An diese Beschränkung der Rechtsrüge durch die Rechtsmittelwerberin ist das Rechtsmittelgericht gebunden ( Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 Rz 16).
Die Rekurswerberin argumentiert, dass die Zahlung vom 31.1.2024 mit dem Verwendungszweck „Pflichtteil A*“ durch die beklagte Partei auf dem Anderkonto des Klagevertreters eingelangt sei und zwar ohne jeglichen Vorbehalt. Es handele sich dabei um eine Zahlung ohne Vorbehalt und in Kenntnis des Umstandes, dass ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung eingebracht worden sei und daher eine Nichtschuld bezahlt werde. Zum Zeitpunkt der Zahlung durch die beklagte Partei habe für die klagende Partei kein Anhaltspunkt dafür bestanden, davon auszugehen, dass mit der Zahlung nicht die Erfüllung des Berufungsurteils gewollt sei und eine Rückforderung zu erwarten sei. Eine Rückforderung wegen irrtümlich geleisteter Zahlung setze voraus, dass sich der Leistende über das Bestehen der Schuld geirrt habe. Jedoch schließe das Wissen über das Nichtbestehen der Verpflichtung die Rückforderung aus. Dass die von der beklagten Partei eingebrachte Revision aufschiebende Wirkung entfalte, ergebe sich aus der Zivilprozessordnung und sei zum Zeitpunkt der Zahlung gesichert bekannt gewesen. Objektiv betrachtet könne daher kein Zweifel daran bestehen, dass die beklagte Partei mit ihrer vorbehaltslosen Zahlung eine Nichtschuld abgedeckt habe, sodass gemäß § 1432 ABGB eine Rückforderung nicht in Frage komme. Darüber hinaus sei ein schlüssiges Anerkenntnis der beklagten Partei vorgelegen. Die beklagte Partei habe, bezogen auf den ursprünglichen Klagsbetrag in der Höhe von EUR 26.254,10 s.A. eine vorbehaltlose Zahlung in der Höhe von EUR 25.684,83 geleistet. Der Beklagtenvertreter habe als berufsmäßiger Parteienvertreter Kenntnis davon, dass die von ihm erhobenen Rechtsmittel (zunächst Berufung und anschließend die Zulassungsvorstellung verbunden mit der ordentlichen Revision) aufschiebende Wirkung entfalten würden. Trotz dieser Kenntnis sei von der beklagten Partei, der das Wissen des Beklagtenvertreters zurechenbar ist, Zahlung geleistet worden und damit der Prozess beendet worden. Demzufolge wären der klagenden Partei die verzeichneten Kosten vermindert um den Betrag von EUR 1.508,88 zuzusprechen gewesen.
Zu dieser Rechtsrüge hat das Rekursgericht Folgendes erwogen:
Die Rekurswerberin weicht mit ihren Ausführungen vom festgestellten Sachverhalt ab, in dem sie wiederholt behauptet, dass die von der beklagten Partei geleistete Zahlung in Kenntnis des Umstandes, dass ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung eingebracht wurde, erfolgt sei und dass auf Beklagtenseite die Kenntnis vorgelegen sei, dass die von ihr erhobenen Rechtsmittel aufschiebende Wirkung entfalten.
Genau gegenteilig wurde vom Erstgericht festgestellt, dass der Beklagtenvertreter davon ausging, dass ein mit einer ordentlichen Revision verbundener Abänderungsantrag nach § 508 ZPO die Vollstreckbarkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht hemmen würde und dass sich der Beklagtenvertreter dabei rechtsirriger Weise an den für die außerordentliche Revision geltenden Bestimmungen orientiert habe.
Damit wird die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, sodass die rechtliche Beurteilung des Ersturteils betreffend den bereicherungsrechtlichen Anspruch wegen irrtümlicher Zahlung einer Nichtschuld gar nicht überprüft werden darf (RIS-Justiz RS0043605; RS0043312; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5, § 471 ZPO Rz 16).
Der Vollständigkeit halber sei aber dennoch angemerkt, dass unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhalts das Erstgericht zu Recht davon ausging, dass die infolge des rechtlichen Irrtums über die sofortige Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils erfolgte Zahlung gem § 1431 ABGB rückforderbar ist, weil für den Rückforderungsanspruch bedeutungslos ist, ob der Zuwendende seinen Irrtum verschuldet hat. Hat der Leistende über das Bestehen der Schuld aus Fahrlässigkeit geirrt, so ist das kein ausreichender Grund dafür, dem Empfänger gegen den Willen des Irrenden einen unentgeltlichen Vorteil zu belassen (RIS-Justiz RS0033607). Dass die Zahlung rechtsgrundlos erfolgte, wurde im Ersturteil ausführlich dargelegt. Die eingewendeten Ansprüche aus dem Pflegevermächtnis führen dazu, dass der Pflichtteilsanspruch der klagenden Partei sich lediglich auf EUR 155 beläuft, weshalb die darüberhinausgehende Zahlung der beklagten Partei auf keiner Rechtsgrundlage basierte und damit der Leistungskondiktion gemäß § 1431 ABGB unterliegt (RIS-Justiz RS0107938).
Soweit im Kostenrekurs erwähnt wird, dass es sich bei der Zahlung um ein schlüssiges Anerkenntnis gehandelt habe, ist darauf zu verweisen, dass die Rechtsrüge auch in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt wird, weil der Rekurs keine Darlegungen enthält, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint. Es wird in dem Zusammenhang lediglich ausgeführt, dass die Zahlung vorbehaltslos erfolgt sei, was für sich alleine nicht ausreicht. Vielmehr ergibt sich aus den vom Klagevertreter an den Beklagtenvertreter übersendeten Nachrichten, dass er selbst davon ausging, die Zahlung könnte irrtümlich erfolgt sein.
Weitere Erwägungen dazu, weshalb die Zahlung während eines noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Zivilverfahrens entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes als Anerkenntnis gewertet werden solle, werden im Rekurs nicht angestellt.
Insgesamt ist dem Kostenrekurs daher der Erfolg zu versagen, weil die klagende Partei mit ihrem Klagsanspruch nur im minimalen Umfang (EUR 155) durchgedrungen wäre und auch die während des laufenden Verfahrens erfolgte irrtümliche Zahlung durch die beklagte Partei nicht dazu führte, dass die Klage im wesentlichem Umfang zu Recht erhoben wurde.
Die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, wobei die Kostenrekursbeantwortung nur gem TP 3 A zu honorieren war (TP 3A I 5.b. RATG).
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.