5R8/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schrott-Mader als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Böhm und den Kommerzialrat Mag. Würfl in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Freudemann Vaptsarova Rechtsanwältinnen GmbH in Wien, wegen (zuletzt) EUR 286.362 sA über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 279.239,09) gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31.10.2024, **-94, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 4.573,32 (darin EUR 762,22 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin führte im Auftrag der Beklagten Erd- und Baumeisterarbeiten für die Neuerrichtung des Fernwärmenetzes in ** durch.
Sie begehrte zuletzt EUR 286.362,00 sA an restlichem Werklohn. Sie habe die beauftragten Leistungen fach- und sachgerecht erbracht und das Gewerk am 21.12.2020 übergeben. Sie habe ordnungsgemäß Rechnung gelegt und alle Rechnungsbeilagen übermittelt, sodass die Rechnungen jedenfalls überprüfbar und schlüssig gewesen seien. Die Beklagte habe den vereinbarten Werklohn nicht vollständig bezahlt. Die vorgenommenen Abzüge seien nicht zu Recht erfolgt, die Klägerin habe der Rechnungsprüfung widersprochen. Die Schlussrechnung umfasse alle von der Beklagten beauftragten Leistungen, welche von der Klägerin nicht in Regie durchgeführt worden seien. Sie umfasse die Leistungen aus dem Leistungsverzeichnis, wobei für die beauftragten breiteren Künetten ein eigener Abrechnungsschlüssel verwendet worden sei, Leistungen, welche die Klägerin mit den Nachtragsangeboten 1. bis 6. angeboten habe und die von der Beklagten ausdrücklich in Auftrag gegeben worden seien sowie weiters das Verlegen von Fernmeldekabeln. Das von der Beklagten erstellte Leistungsverzeichnis habe sich für das Bauvorhaben als (zumindest teilweise) ungeeignet herausgestellt. Die Klägerin habe die Beklagte mehrfach auf die anfallenden Mehrkosten aufmerksam gemacht.
Die Beklagte bestritt und beantragte die Klagsabweisung. Die Rechnungen seien nicht fällig. Aufgrund fehlender und nicht nachvollziehbarer Belege habe die Beklagte Rechnungen nicht überprüfen können. Die Akontozahlung der Teilrechnungen stelle kein Anerkenntnis von Teilpositionen dar. Die ÖNORM B 2110 und die Allgemeinen Einkaufsbedingungen der Beklagten seien Vertragsinhalt geworden. Ein begründeter und zeitgerechter Widerspruch gemäß Punkt 10 der AEB sei von der Klägerin nicht erfolgt, dadurch seien von der Klägerin die von der Beklagten korrigierten Teilrechnungen sowie die Schlussrechnung und die von der Beklagten erhobenen Einwendungen anerkannt worden. Nachforderungen seien gemäß dem Werkvertrag ausgeschlossen. Die Beklagte habe die strittigen Nachtragsangebote nicht beauftragt, sodass diese nicht verrechnet werden könnten. Da den Rechnungen entgegen der Vereinbarung kein bestätigtes Aufmaß beigelegen sei, seien sie ungültig. Verkehrsführungsmaßnahmen und Pölzungen seien vom Einheitspreis umfasst. Die Klägerin habe in ** bereits Leitungsverlegungsarbeiten durchgeführt und daher Ortskenntnisse sowie Kenntnisse über Einbauten gehabt. Alle Mehrleistungen habe die Klägerin in ihrem Angebot einzukalkulieren gehabt, diese könnten nun nicht extra verrechnet werden.
Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 279.239,09 sA. Das Mehrbegehren von EUR 7.122,91 sA ist rechtskräftig abgewiesen.
Das Erstgericht stellte die auf den Seiten 4 bis 36 dargestellten Tatsachen fest, worauf verwiesen wird. Die Regierechnungen Beilagen ./T, ./V, ./W, ./X und ./AB wurden dem Urteil angeschlossen.
Rechtlich führte das Erstgericht (zusammengefasst) im wesentlichen aus, dass die Parteien bereits bei der Telefonkonferenz eine Einigung über das herzustellende Werk (die essentialia negotii) erzielt haben und dass Nebenbedingungen nicht besprochen wurden. Man könne sich, auch wenn man schon abschließen wolle, damit der Bau begonnen werden könne, vorbehalten, von den essentialia negotii nicht betroffene Details nachzuverhandeln. Bei nachträglicher Einigung über diese Details komme es zu einer Änderung bzw Ergänzung des Vertrags, bei nachträglicher Nichteinigung über die nachverhandelten Details werde die Geltung dispositiven Rechts in Kauf genommen (6 Ob 55/23s). Die Klägerin habe durch die Unterfertigung des von der Beklagten entworfenen schriftlichen Werkvertrags am 10.6.2020 ihr Einverständnis mit den darin enthaltenen Nebenbedingungen erklärt. Es seien daher sowohl die neuen Einkaufsbedingungen, die der Klägerin am 27.4.2020 übersandt wurden, als auch die Vertragsgrundlagen der Ausschreibung Vertragsinhalt geworden. Die Klägerin habe im zum Werkvertragsinhalt gewordenen Anbot Nr ** die Ausschreibungsunterlagen anerkannt und damit auch die dort genannten Vertragsbedingungen.
Im weiteren ging das Erstgericht von der Anwendbarkeit der ÖNorm B 2110 aus und prüfte die Voraussetzungen eines ausreichenden schriftlichen Vorbehalts gegen die Rechnungskürzungen der Beklagten. Im Anschluss an die Darstellung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, dass die Forderungen der Klägerin nicht präkludiert sind:
Die Klägerin habe schriftlich und mündlich die Vollzahlung ihrer Rechnungen eingefordert und deutlich gemacht, dass sie nicht gedenkt, auf die gestrichenen bzw gekürzten Positionen zu verzichten, wenngleich sie grundsätzlich vergleichsbereit gewesen sei. Während die Klägerin bei der Schlussrechnung ihre Forderungen mit umfangreichen Unterlagen belegt habe – Aufmaßblätter, Skizzen zu allen Abschnitten, Fotos – unterlasse es die Beklagte in ihrer Rechnungsprüfung, die Kürzungen aufzuschlüsseln. Soweit sie fordere, die Klägerin möge (nochmals) darlegen, warum sie auf andere Massen komme, verunmögliche sie ein solches Vorgehen selbst, weil sie der Beklagten gar nicht darlege, welche Streckenabschnitte sie kürze. Von der Übermittlung der in der Baubranche üblichen Rechnungsprüfung mit handschriftlichem Abhaken, Streichen und Ausbessern der Einzelpositionen, so wie der gerichtlich bestellte Sachverständige dies nun durchgeführt habe, habe die Beklagte Abstand genommen, sodass der Klägerin ein detaillierterer Vorbehalt nicht möglich gewesen sei. Soweit die Beklagte immer wieder fordere, dass die Klägerin eben nur die Standardkünette verrechne bzw die Rechnung anhand ihrer Kürzungen neu ausstelle, könne sie nicht erwarten, dass die Klägerin dem nachkomme. Die Klägerin verweise auf ihre Schlussrechnung, wo die Herleitung ihrer Massen dargestellt ist, eine neuerliche Darstellung schulde sie nicht. Die dargestellte Rechtsprechung könne auch auf den in den Allgemeinen Einkaufsbedingungen der Beklagten geforderten Vorbehalt angewendet werden.
Ausführungen der Beklagten, dass Mehrbreiten in die Standardkünette einzukalkulieren wären, könne nicht gefolgt werden. Die ausgeschriebenen Künetten hätten eine exakt definierte Breite, ein redlicher Erklärungsempfänger müsse keinesfalls damit rechnen, dass auch andere Breiten mit umfasst seien.
Auch die nach der Bauarbeiterverordnung ab einer Tiefe von 1,25 m zwingend erforderliche Pölzung sei nicht im Einheitspreis enthalten, da bei der Standardkünette nur eine Tiefe von maximal 1,20 m ausgeschrieben sei. Der redliche Erklärungsempfänger aus dem Verkehrskreis der Erdbauer verstehe die Ausschreibungsunterlagen nicht dahin, dass in der Position „Mehrtiefe“ die Pölzung mitzukalkulieren ist, finde sich doch nirgends ein Hinweis, dass mit Tiefen über 1,25 m zu rechnen ist. Da die Ausschreibung nur von einer durchschnittlichen Mehrtiefe von 2 cm ausgehe, sei die Postion „Mehrtiefe“ an sich noch kein ausreichender Hinweis, ebensowenig wie die allgemeine Aussage, dass Arbeitnehmerschutzmaßnahmen einzuhalten sind.
Die Beklagte fordere, dass die Klägerin aufgrund der von ihr vertraglich zugesagten „Ortskenntnis“ die Bodenbeschaffenheit an jeder Stelle der (dann anders als geplant verlaufenden) Trasse sowie die Höhe und den genauen Verlauf der in keinem Plan dargestellten Einbauten kenne. Dies sei keinesfalls vom Bedeutungsgehalt der Formulierung über die „Kenntnis der örtlichen Verhältnisse“ umfasst. Die Klägerin habe nicht wissen können und müssen, wo sie auf „rolligen“ Untergrund oder auf Fels stoßen würde und wo Einbauten auftauchen würden, die unterfahren werden müssen. Es sei nicht jede Eventualität in die Standardkünette einzupreisen, vielmehr wären Aufpreis-Positionen durch die Beklagte vorzusehen gewesen, so wie dies teilweise auch geschehen sei.
Vom Einheitspreis umfasst seien Verkehrsleitmaßnahmen wie die auch als Beispiel angeführten Verkehrsschilder oder eine Ampel, nicht jedoch eine aufwendige händische Verkehrsregelung, wie sie im gegenständlichen Fall von der Behörde angeordnet worden sei. Zum Zeitpunkt der Einigung über die essentialia negotii bzw bei Angebotslegung habe die Klägerin noch gar nicht wissen können, dass ein solcher Aufwand entstehen werde und ihn daher auch nicht einpreisen können.
Die Leistung „Abdeckung der Künette“ mit Stahlplatten sehe die Beklagte als unter „sonstige Verkehrsführungsmaßnahmen“ enthalten. Tatsächlich seien aber Leistungen für den Rohrbauer (im Auftrag der Beklagten) zu erbringen gewesen und sei die Trasse tatsächlich weit länger im Verkehrsbereich geführt worden.
In Position 010102 der Ausschreibung sei geregelt, dass der Rohrbauer die Koordination mit der Tiefbaufirma und dem Auftraggeber über habe. Er sei daher derjenige, der vor Ort zu entscheiden gehabt habe, ob das Rohr für den Düker gekürzt werde oder nicht. Der Klägerin sei gar nichts anderes übrig geblieben, als die Künette so auszuheben, dass das fertige Rohr hineinpasst. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, rechtzeitig den Rohrbauer anzuweisen, das Rohr zu ändern. Dass ein paar Stunden vor dem Einbau des Rohrs die Künette schon weitgehend ausgehoben ist, habe der Beklagten bekannt sein müssen. Der notwendige Mehraushub sei daher zu entlohnen.
Bei einem als (technischer) Bauleiter bezeichneten Angestellten eines Bauunternehmens, der weder dessen organschaftlicher Vertreter noch Prokurist ist, sei davon auszugehen, dass er gemäß § 54 UGB zu allen Geschäften und Rechtshandlungen bevollmächtigt ist, die die Vornahme der Geschäfte eines solchen Bauleiters gewöhnlich mit sich bringen (vgl RS0019707; 8 Ob 60/21p). C* sei daher sowohl bevollmächtigt gewesen, Erklärungen der Klägerin über Mehrkosten entgegen zu nehmen als auch erforderliche Mehrarbeiten zum erfolgreichen Abschluss der Baustelle anzuordnen.
Zur rechnerischen Ermittlung des Zuspruchs kann auf das Urteil verwiesen werden (S 43f).
Gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, die Klage zur Gänze abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Zur Tatsachenrüge:
1. Vorweg ist festzuhalten:
Um die Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss der Berufungswerber nach ständiger Rechtsprechung angeben, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835; A. Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 471 Rz 15 mwN).
Die Beweiswürdigung kann nur erfolgreich angefochten werden, indem dargetan wird, dass sie auf einem Denkfehler beruht, objektiv nachgewiesene Tatsachen außer Acht geblieben sind oder sonst stichhaltige Gründe gegen ihre Richtigkeit sprechen und der Verhandlungsrichter den ihm durch § 272 ZPO eingeräumten Bewertungsspielraum überschritten hat. Eine Beweisrüge muss eindeutig erkennen lassen, auf Grund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RS0041835 [T2]). Dabei ist darzustellen, warum das Erstgericht bei richtiger Beweiswürdigung gerade die begehrte Feststellung (und nicht etwa aufgrund anderer vorliegender Beweismittel andere Feststellungen) hätte treffen müssen (6 Ob 177/21d).
Es genügt daher nicht, die Beweiswürdigung der ersten Instanz pauschal als unrichtig zu bezeichnen, einzelnen Feststellungen lediglich Gegenbehauptungen entgegenzusetzen (RS0041830) oder aufzuzeigen, dass auch Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen. Erforderlich ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit sämtlichen Beweisergebnissen und der Argumentation der erstgerichtlichen Beweiswürdigung. Nur die „ersatzlose“ Streichung einer Feststellung zu begehren, ist nicht hinreichend (RS0041835 [T3]). Dem anlässlich der Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck des Richters von der Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen kommt in Hinblick auf die von der Prozessordnung vorgesehene Unmitttelbarkeit der Beweisaufnahmen maßgebliche Bedeutung zu. Daher reicht der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, allein noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen, gehört es doch gerade zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich der Richter für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen auf Grund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (stRsp RS0043175 [T1]).
2. Beweisrüge der Beklagten
2.1. Die Berufungswerberin beanstandet die Feststellung zur Rechnungsprüfung der Beklagten vom 01.07.2021 (Beilage ./17 und Beilage ./31), dass eine Aufstellung, welche Einzelleistungen akzeptiert oder nicht akzeptiert wurden, sohin eine Darstellung, wie sich die einzelnen Positionsmassen der Korrektur zusammensetzen, fehlt (SV- GA ON 39.1). Angestrebt werden folgende Ersatzfeststellungen:
„Eine Aufstellung, welche Einzelleistungen akzeptiert oder nicht akzeptiert werden, ergibt sich aus der der Rechnungsprüfung vom 01.07.2021 der klagenden Partei übermittelten Beilage 2 (Beilage ./31). In dieser Beilage 2 hat die beklagte Partei die Aufmaße zu den einzelnen Streckenabschnitten verzeichnet und diese Summen dem von der klagenden Partei verrechneten Aufmaß in der Beilage 1 zur Rechnungsprüfung gegenübergestellt und die Differenzen bzw. Abzüge in der Beilage 1 zur Rechnungsprüfung angeführt (Beilage ./17).“
Das Gericht sei unreflektiert dem Gutachten gefolgt, der Sachverständige habe sich mit den Beilagen der Beklagten nicht auseinandergesetzt, insbesondere das Vorbringen in ihrer Äußerung vom 14.07.2023 und die vorgelegten 38 Urkunden zur Rechnungsprüfung der beklagten Partei vom 01.07.2021 (Beilage ./17 und Beilage ./31) unberücksichtigt gelassen und lediglich pauschal die Aufstellung der beklagten Partei negiert.
Der Sachverständige hat zu der ihm laut dem Vorbringen der Beklagten (ON 37) von dieser vor seiner Gutachtenserstattung übermittelten Äußerung samt der Beilage ./31 unter Bezugnahme auf die Unterlagen Stellung bezogen (GA ON 39.10), der Vorwurf, er hätte die Äußerung unberücksichtigt gelassen, trifft so nicht zu. Auch für den Sachverständigen war letztlich nicht nachvollziehbar, wie die Abzüge und Korrekturen der Beklagten im einzelnen zuzuordnen sein sollen.
Die beanstandeten Feststellungen sind somit - entgegen der Ansicht der Berufung - aus dem Gutachten sowie aus der vom Sachverständigen im weiteren Verfahren vorgelegten eigenen Schlussrechnungsprüfung herzuleiten. Das Berufungsgericht vermag hingegen den Darlegungen in der Berufung, die eine Nachvollziehbarkeit der Aufstellungen behaupten, nicht zu folgen. Die Berufungswerberin meint im übrigen, die Ausführungen des Sachverständigen seien im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung, ob ein begründeter Vorbehalt vorliegt oder nicht, aber ohnehin nicht von Relevanz und verweist auf Ausführungen in ihrer Rechtsrüge unter Punkt I.3.1. Mit Rechtsausführungen kann eine Beweiswürdigung jedoch nicht erfolgreich bekämpft werden. Die Beweisrüge bleibt in diesem Punkt somit erfolglos.
2.2. Unrichtige Feststellungen zu den Mehrtiefen und Pölzungen:
Die Beklagte bekämpft die folgenden Feststellungen:
a) „Bei den anzubietenden 50 m³ Mehrtiefen bei rund 700 Laufmetern Künette mit 1,10 m Tiefe und rund 2.270 Laufmetern Fernwärmekünette mit 1,20 m Tiefe ist nicht zwingend davon auszugehen, dass Künettentiefen von über 1,25 m zu erwarten sind und mit dieser Position abge- golten werden sollen.” (US 15, 1. Absatz)
Ersatzfeststellung:
„Bei den anzubietenden 50 m³ Mehrtiefen bei rund 700 Laufmetern Künette mit 1,10 m Tiefe und rund 2.270 Laufmetern Fernwärmekünette mit 1,20 m Tiefe ist bei einem Baulos dieser Größenordnung mit Mehrtiefen zu rechnen.“
b) „Die Klägerin musste daher eine Pölzung in den Einheitspreis der „Mehrtiefe“ nicht einkalkulieren sondern stellt dies eine notwendige Zusatzleistung dar (SV-GA ON 39.1). ” (US 15, 1. Absatz)
Ersatzfeststellung:
„Es war im Vertrag eine Aufpreis für Mehrtiefen vorgesehen.”
c) „Mangels Hinweis auf eine Künettentiefe von über 1,25 m in der Ausschreibung musste die Klägerin nicht damit rechnen, dass solche Künettentiefen erforderlich werden und musste die dann erforderliche Pölzung daher auch nicht einkalkulieren.” (US 15, 3. Absatz)
Ersatzfeststellung:
„Im Leistungsverzeichnis war gemäß der Position 03 05 03 „Aufpreis Mehrtiefen“ eine Abrechnung für Mehrtiefen ausgeschrieben, sodass die klagende Partei bei einem Baulos dieser Größenordnung Mehrtiefen zu erwarten hatte.“
d) „Eine Pölzung war überhaupt nicht ausgeschrieben und ist daher eine Zusatzleistung, die nicht im Einheitspreis der Künette oder im Aufpreis Mehrtiefe enthalten ist (GA-Erörterung ON 57.3, S 6).” (US 15, 3. Absatz)
Ersatzfeststellungen:
„Eine Pölzung war nicht ausgeschrieben. Es gibt aber einfach Stellen, wo wegen des Untergrundes eine Pölzung erforderlich ist.“
Die Beklagte trägt dazu aber keine Beweisrüge im eingangs dargelegten Sinn vor, sondern verweist auf ihre Rechtsrüge und wirft dem Erstgericht im wesentlichen vor, die Feststellungen seien in Verkennung der Rechtslage getroffen worden, obwohl diese Thematik, wie oben ausgeführt, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu würdigen gewesen wäre. Eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Erstgerichtes in seiner Beweiswürdigung findet nicht statt. Somit liegt keine gesetzgemäß ausgeführte Beweisrüge vor.
2.3. Unrichtige Feststellungen zu den Rechnungen SR20-2091 (Beilage ./T) und SR22-0113 (Beilage ./AB):
2.3.1. Bekämpft werden folgende Feststellungen zur Regierechnung SR20-2091 (Beilage ./T):
„Die Rechnung ist nachvollziehbar aufgestellt und wurden alle verrechneten Regiestunden von der Beklagten bestätigt. Der verrechnete Werklohn ist angemessen (SV-GA ON 39.1).”
Ersatzfeststellungen:
„Die Aufmaßblätter wurden von der beklagten Partei nicht unterfertigt und vom Bauleiter der beklagten Partei nicht genehmigt. Eine vorherige schriftliche Genehmigung der Regiestunden durch die beklagte Partei erfolgte nicht. (Beilage ./T) ”
2.3.2 Betreffend die Regierechnung SR ** (Beilage ./AB) werden folgende Feststellungen bekämpft:
„Alle diesbezüglichen Bautagesberichte sind von der Beklagten abgezeichnet. Tatsächlich steht der Klägerin nur ein Betrag von EUR 4.175,88 netto, sohin EUR 5.011,06 brutto zu (GA Erörterung ON 57.3, S 7).“ (US 36, 2. Absatz).
An Ersatzfeststellungen wird angestrebt:
„Die Aufmaßblätter wurden von der beklagten Partei nicht unterfertigt und vom Bauleiter der beklagten Partei nicht genehmigt. Eine vorherige schriftliche Genehmigung der Regiestunden durch die beklagte Partei erfolgte nicht. (Beilage ./AB.)“
Die zu 2.3.1. wiedergegebene bekämpfte Feststellung entspricht den vom Erstgericht zitierten Ausführungen des Sachverständigen in der Gutachtenserörterung vom 7.12.2023 (ON 57,3). Aus welchen Gründen diese Ausführungen unrichtig sein sollen, erschließt sich aus den unklaren Ausführungen (die auf die zeitlich früheren gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen hinweisen) nicht. Auf die unbekämpft gebliebenen Feststellungen auf S 9 und 10 des Urteils über die zwischen den Parteien gepflogene Abwicklung des Bauvorhabens und die Behandlung von Regieleistungen in den Bautagesberichten ist hinzuweisen.
Es wird auch nicht dargelegt, aus welchen Beweismitteln sich die Ersatzfeststellungen ergeben sollen. Mit Rechtsausführungen kann eine Beweiswürdigung nicht widerlegt werden.
2.4. Händische Verkehrsregelung
Die angestrebten Ersatzfeststellungen korrespondieren nicht mit den bekämpften Feststellungen, die Beweisrüge ist daher nicht gesetzgemäß ausgeführt.
3. Beweisrüge der Klägerin:
Die Berufungsbeantwortung rügt im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der ÖNorm B 2110 die Feststellung, dass die Klägerin aus der Ausschreibung wusste, dass die Beklagte auf der Geltung der ÖNorm B 2110 besteht und sich nicht dagegen aussprach. Sie sei durch kein Beweisergebnis hinreichend gedeckt. Auf die beanstandete Formulierung der Feststellung kommt es allerdings nicht an. Aus der unstrittigen Urkunde Beilage ./A selbst ergeben sich die Ausschreibungsgrundlagen, auf die für den Inhalt des Angebotes abzustellen ist.
4. Das Berufungsgericht erachtet die vom Erstgericht dargestellte Bewertung der Überzeugungskraft der im Verfahren aufgenommen Beweismittel insgesamt als nachvollziehbar und plausibel. Die Beweisrügen hingegen vermögen dem keine Argumentation gegenüberzustellen, die diese Überlegungen nachhaltig in Zweifel ziehen konnte. Die bekämpften Feststellungen werden daher vom Berufungsgericht übernommen und der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt.
II. Zur Rechtsrüge:
1. Strittig ist die Anwendbarkeit der ÖNorm B2110. Die Beklagte bestreitet in ihrer Berufungsbeantwortung die Anwendbarkeit mit dem Argument, der festgestellte Umstand, dass dem Werkvertrag ./D zwar die Allgemeinen Einkaufsbedingungen der Beklagten, das Verhandlungsprotokoll vom 10.03.2020 und das (korrigierte) Angebot Nr ** vom 06.02.2020 angeschlossen waren, nicht aber das ursprüngliche Ausschreibungs-Leistungsverzeichnis, in dem der Verweis auf die ÖNorm B 2110 enthalten war, könne von einem redlichen Erklärungsempfänger nur so verstanden werden, dass als Auftragsgrundlage nur das gelte, was in dem nach Abschluss der Verhandlungen übermittelten Werkvertrag auch ausdrücklich als solches bezeichnet wird.
Allerdings ergibt sich aus unbekämpften Feststellungen, dass sich die Streitteile mündlich im Rahmen einer Telefonkonferenz auf Basis der vorliegenden Ausschreibung darauf einigten, dass die Klägerin den Auftrag übernimmt und zeitnah mit den Arbeiten beginnt. Dem Ausschreibungs-Leistungsverzeichnis Beilage ./A (= ./3) ist zu entnehmen, dass die Bestimmungen der ÖNORMEN in der am Angebotsstichtag (vorgeschriebener Abgabetermin) gültigen Fassung gelten sollen, „insbesondere gelten als Grundlage folgende Vertragsnormen:
B 2061 Ermittlung von Baupreisen
B 2110 Allgemeine Vertragsbestimmungen
B 2112 Vertragsbestimmungen für Regieleistungen [...]“
Daraus folgt, dass sich die Klägerin bereits durch ihre Angebotslegung der ÖNorm B 2110 unterworfen hat, da nach den Feststellungen kein Widerspruch gegen die Anwendung der ÖNorm erfolgt ist. Im Werkvertrag selbst bedurfte es keiner erneuten Anführung der Norm, da für den relevanten Stichtag auf den Zeitpunkt der Angebotslegung abgestellt war. Zu der von der Beklagten in der Berufungsbeantwortung beanstandeten Feststellung ist festzuhalten, dass es aus den eben dargelegten Gründen auch unter Zugrundelegung der begehrten Ersatzfeststellung zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung kommt. Es ist daher von der Anwendbarkeit der ÖNorm B 2110 auszugehen.
2. Somit ist auf den Einwand der Verfristung der Forderungen mangels eines im Sinne des Punktes 8.4.2 der ÖNorm B 2110 ordnungsgemäßen Vorbehalts gegen die Abzüge von der Schlussrechnung einzugehen. Das Berufungsgericht teilt die vom Erstgericht mit eingehender rechtlicher Ableitung dargestellte Beurteilung (§ 500a ZPO), wonach die Klägerin bei grundsätzlicher Vergleichsbereitschaft schriftlich und mündlich die Vollzahlung ihrer Rechnungen eingefordert und deutlich gemacht hat, dass sie nicht gedenkt, auf die gestrichenen bzw gekürzten Positionen zu verzichten. Während die Klägerin bei der Schlussrechnung ihre Forderungen mit umfangreichen Unterlagen belegt habe (Aufmaßblätter, Skizzen zu allen Abschnitten, Fotos), habe es die Beklagte in ihrer Rechnungsprüfung unterlassen, die Kürzungen aufzuschlüsseln. Soweit sie fordere, die Klägerin möge (nochmals) darlegen, warum sie auf andere Massen komme, verunmögliche sie ein solches Vorgehen selbst, weil sie der Beklagten gar nicht darlege, welche Streckenabschnitte sie kürzt. Von der Übermittlung der in der Baubranche üblichen Rechnungsprüfung mit handschriftlichem Abhaken, Streichen und Ausbessern der Einzelpositionen, so wie der gerichtlich bestellte Sachverständige dies nun durchgeführt habe, habe die Beklagte Abstand genommen, sodass der Klägerin ein detaillierterer Vorbehalt nicht möglich gewesen sei. Soweit die Beklagte immer wieder fordert, dass die Klägerin eben nur die Standardkünette verrechne bzw die Rechnung anhand ihrer Kürzungen neu ausstelle, könne sie nicht erwarten, dass die Klägerin dem nachkommt. Die Klägerin verweise auf ihre Schlussrechnung, wo die Herleitung ihrer Massen dargestellt ist, eine neuerliche Darstellung schulde sie nicht.
Der Beklagten waren die Streitpunkte aus der detaillierten Rechnungslegung klar, während die Beklagte der ordnungsgemäßen Rechnungslegung ihre Abstriche nicht für die Klägerin nachvollziehbar darstellte, sodass auch das Gericht erst einen Sachverständigen beauftragen musste, eine nachvollziehbare Schlussrechnungsprüfung zu erstellen. Daher blieb der Klägerin aber auch keine andere Möglichkeit, als die Berechtigung der Kürzungen insgesamt zu bestreiten, da ein konkretes Eingehen nicht möglich war.
Bei der Verpflichtung, den Vorbehalt schriftlich zu begründen, dürfen keine unnötigen, vom Normzweck nicht verlangten Hürden aufgebaut und die Anforderungen an den Werkunternehmer nicht überspannt werden, zumal der Grund seiner Forderung schon aus der gelegten Rechnung hervorgeht.
Es reicht, wenn der Vorbehalt die vorbehaltenen Ansprüche in erkennbarer Weise individualisiert und – zumindest durch schlagwortartigen Hinweis – den Standpunkt des Werkunternehmers erkennen lässt. Daher kann auch im schriftlichen Vorbehalt auf frühere, dem Erklärungsempfänger bekannte schriftliche Unterlagen Bezug genommen werden (9 Ob 111/06y). Demnach bewirkt eine fehlende schriftliche Begründung des Vorbehalts dann keine Verfristung des Werklohnanspruchs, wenn dem Werkbesteller klar ist, dass und warum der Werkunternehmer auf seiner Restforderung besteht (vgl 8 Ob 60/21p; 3 Ob 157/13d; 8 Ob 164/08p).
3. Zur Regierechung SR ** (./W = ./20)
Die Berufungswerberin meint, wenn die Klägerin aufgrund des ihr zur Verfügung stehenden Trassenplans davon habe ausgehen müssen, dass die Leistungen für das Bauvorhaben erforderlich sein werden, hätte sie diese im Angebot einzukalkulieren gehabt. Das Kalkulationsrisiko treffe gemäß Punkt 7.2.2. der ÖNORM B 2110 die Auftragnehmerin. Eine zusätzliche Verrechnung dieser Leistungen, unabhängig davon, ob sie erforderlich waren und erbracht wurden, sei unzulässig. Zudem seien die Aufmaßblätter von der Beklagten nicht bestätigt, somit nicht freigegeben worden, sodass die zusätzlichen Forderungen aus der Regierechnung SR ** nicht berechtigt seien. Die Rechnung sei somit unrichtig und gemäß Art 10 AEB nicht fällig, sodass die Klage auch aus diesen Gründen im Ausmaß von EUR 13.423,25 brutto abzuweisen gewesen wäre.
Diese Ausführungen entsprechen nicht dem festgestellten Sachverhalt:
„Damit wird das laufende Abheben und später wieder Verlegen von Stahlplatten der Künette, bzw ähnliche Arbeiten (Holztreppe), verrechnet, das für die Aufrechterhaltung der Verkehrsführung außerhalb der Arbeitszeiten an der L128 entsprechend dem Verkehrsbescheid der BH D* für Montagearbeiten und Isolierungsarbeiten an der Rohrleitung nötig war. Die Abdeckplatten waren erforderlich, um die offenen Künetten in der Landesstraße über Nacht und am Wochenende befahrbar und die Gehsteige begehbar zu halten. Die Künetten in der Fahrbahn wurden mit Stahlplatten abgedeckt, die Gehwege mit Holzplatten. Dabei durfte die Klägerin aufgrund des ihr zur Verfügung stehenden Trassenplans durchaus davon ausgehen, dass diese Leistung für das Bauvorhaben erforderlich sein wird, da diese Auflage im Verkehrsbescheid eine „Standardauflage“ für Straßen mit zwei Fahrstreifen ist.
Die tatsächlich ausgeführte Trasse liegt aber in wesentlich längeren Abschnitten in der Verkehrsfläche. Im Vergleich Trassenplan zu Bestandsplan kann festgehalten werden, dass sämtliche 6 geplanten Querungen auch errichtet wurden, aber statt der zu erwartenden rund 55 m mit Abdeckung etwa 200 m, also rund 145 m mehr Künette mit Abdeckung erforderlich waren. Zum Teil wurden auch Leistungen für den Rohrbau erbracht. Die am 18.08.2020 verrechneten Mehrstunden für „Hilfsarbeiter“ und „Bagger“, sowie die am 25.08.2020 beziehungsweise am 26.08.2020 verrechneten Mehrstunden „Hilfsarbeiter“ ergeben sich aus dem Umstand, dass an diesen Zeitpunkten an mindestens vier Stellen gleichzeitig gearbeitet wurde.
Nicht nachvollziehbar sind die 10,5 Mehrstunden vom 11.09.2020 für Hilfsarbeiter für die „Wiederverlegung von Holztreppen nach Isolierarbeiten“ sowie die 16 Stunden vom 27.10.2020 für „Künette unter bereits verlegter FW-Leitung händisch nachgraben, da der vereinbarte Abstand nicht eingehalten wurde“, sodass 26,5 Stunden á EUR 35,97, sohin EUR 953,21 netto bzw. EUR 1.143,85 brutto von der Rechnungssumme abzuziehen sind. Die anderen verrechneten Leistungen waren jedoch für die erfolgreiche Bauausführung notwendig und wurden auch erbracht.“
Es stellt sich - wie aus diesen Feststellungen ersichtlich – somit nicht die Frage eines Kalkulationsrisikos, wie sich schon aus dem Vergleich zwischen dem Trassenplan und dem Bestandsplan ergibt, sondern der Abrechnung von Zusatzleistungen, die nicht im Leistungsverzeichnis vorgesehen waren. Weiters übersieht die Berufung, dass nicht die gesamte Rechnungssumme zugesprochen wurden.
Zur Behauptung, die Aufmaßblätter seien nicht freigegeben worden, ist auf folgende Feststellungen des Erstgerichtes hinzuweisen:
„ Auf den Aufmaßblättern wurden von beiden Parteien Anmerkungen angebracht, solche zur Nachvollziehbarkeit seitens der Klägerin bzw solche zur eigenen Rechnungskontrolle seitens der Beklagten. Die Klägerin wollte die Aufmaßblätter von der Beklagten gerne unterschrieben haben, der Zeuge C* ersuchte aber stattdessen darum, die Aufmaßblätter im Nachhinein per Mail zu erhalten und kam die Klägerin diesem Wunsch nach. Die Beklagte beanstandete kein einziges Aufmaßblatt und keine einzige Aufmaßskizze.“
Die Rechtsrüge geht somit an den festgestellten Tatsachen vorbei und ist daher nicht gesetzgemäß ausgeführt.
4. Sekundäre Feststellungsmängel
4.1. Fehlende Feststellungen zur Rechnungsprüfung der beklagten Partei vom 01.07.2021 (Beilage ./17 und Beilage ./31):
Die Beklagte möchte den Inhalt ihrer Beilagen ./17 und ./31 zu Feststellungen erhoben sehen und daraus ableiten, dass ihre Kürzungen nachvollziehbar gewesen seien. Allerdings hat das Erstgericht ohnehin Feststellungen zur Übermittlung des Prüfergebnisses getroffen (ON 94.1.34) die auch zT mit Beweisrüge bekämpft wurden.
Das Erstgericht hat sich mit den Urkunden der Beklagten befasst und die Rechnungsprüfung auch zum Gegenstand des Sachverständigengutachtens gemacht. Dazu führte es in seiner Beweiswürdigung aus, dass der Sachverständige die Rechnungslegung der Klägerin als nachvollziehbar und prüfbar, das Prüfergebnis der Beklagten aber als nicht nachvollziehbar beurteilt, weil nur Summen aufscheinen und nicht erkennbar ist, welche Streckenabschnitte gekürzt werden. Dem Gutachter waren die Ausführungen der Beklagten in ihrer Äußerung vom 14.7.2023 noch vor der Gutachtenserstattung übermittelt worden, sie haben ihn dennoch nicht zur Beurteilung veranlasst, dass die Anmerkungen in ./17 und ./31 nachvollziehbar wären.
Wurden - wie hier - zu einem bestimmten Thema ohnehin Feststellungen getroffen, mögen diese allenfalls auch von den Vorstellungen der Rechtsmittelwerber abweichen, kann der Vorwurf eines Feststellungsmangels nicht mehr erfolgreich erhoben werden (vgl RS0043320 [T18]; RS0043480 [T15]; RS0053317 [T1, 5]).
Somit liegen keine Feststellungsmängel iS der in der Berufung angestrebten Ausführungen vor. Das Erstgericht ist vielmehr unter Berücksichtigung des Vorbringens und der Beilagen aufgrund seiner Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, andere Feststellung als die angestrebten zu treffen.
4.2. Fehlende Feststellungen zum Mahnschreiben der klagenden Partei vom 30.08.2021 (Beilage ./Y)
Das Erstgericht hat in seinen Feststellungen ohnehin auf dieses Schreiben verwiesen und dessen Inhalt somit in seiner rechtlichen Beurteilung herangezogen/berücksichtigt. Es liegt daher kein Feststellungsmangel vor.
4.3. Widersprüchliche Feststellungen zu den Mehrtiefen/Pölzungen
Soweit die Berufung zur Ausführung dieses Berufungsgrundes auf ihre Beweisrüge verweist, ist die Rechtsrüge nicht gesetzgemäß ausgeführt. Beide Berufungsgründe haben aus dogmatischer Sicht völlig unterschiedliche Voraussetzungen, sodass Querverweise auf die Argumentation zum jeweils anderen Berufungsgrund nicht erfolgreich sein können. Eine Fehlerhaftigkeit in der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts kann logischerweise nur ausgehend vom dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt (und nicht ausgehend von dem mit Beweisrüge angestrebten abweichenden, vom Erstgericht aber nicht zu Grunde gelegten Wunschsachverhalt) erfolgreich aufgezeigt werden.
Die Berufung behauptet, das Erstgericht habe widersprüchliche Feststellungen zur Vorhersehbarkeit der Mehrtiefen getroffen: Zunächst stelle es richtig fest, dass Mehrtiefen bei einem Baulos dieser Größenordnung zu erwarten gewesen seien (US 13, letzter Absatz). In der Folge stelle es im Widerspruch dazu fest, dass mit einer Künettentiefe von über 1,25 Meter nicht zwingend zu rechnen gewesen sei. Diese widersprüchlichen Feststellungen würden eine abschließende Beurteilung der Rechtsfrage, ob die Pölzungen vom Vertrag umfasst sind oder nicht, nicht zulassen.
Der behauptete Widerspruch liegt jedoch nicht vor. Die beanstandeten Feststellungen lassen sich denklogisch in Einklang bringen. Zum einen hat das Erstgericht ausgeführt:
„Mehrbreiten und Mehrtiefen sind bei einem Baulos dieser Größenordnung zu erwarten, da auch keinerlei Detailplanung, Einbautenerhebung etc durch die Beklagte stattgefunden hat. Diese zu erwartenden Mehrbreiten und Mehrtiefen stellen ein Baugrundrisiko dar. Gründe dafür waren gegenständlich Rohrverlegung im Bogen, Dehnungsschenkel, Schächte, bestehende Einbauten, Notwendigkeit einer Pölzung etc, welche anhand der Bilder in der Schlussrechnung gut nachvollzogen werden können (SV-GA ON 39.1, GA-Erörterung ON 57.3).“
Schon daraus ergibt sich, dass die Ansicht der Beklagten, aus der Feststellung ergebe sich, dass die Klägerin diese in ihrem Angebot zu berücksichtigen gehabt hätte, nicht tragfähig ist, zumal die Beklagte keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, die eine Abschätzung des Aufwandes ermöglicht hätte.
Weiters ist festgestellt wie folgt:
„ Bei den anzubietenden 50 m³ Mehrtiefen bei rund 700 Laufmetern Künette mit 1,10 m Tiefe und rund 2.270 Laufmetern Fernwärmekünette mit 1,20 m Tiefe ist nicht zwingend davon auszugehen, dass Künettentiefen von über 1,25 m zu erwarten sind und mit dieser Position abgegolten werden sollen. Gerade die ausgeschriebene Menge von 50 m³ ist bei einer ausgeschriebenen Leitungslänge von 2.975 Laufmetern sehr gering, umgerechnet ergibt dies eine zu kalkulierende durchschnittliche Mehrtiefe (2.975 Laufmeter mit einer mittleren Künettentiefe von 0,75 m) von etwa 2 cm. Die Klägerin musste daher eine Pölzung in den Einheitspreis der „Mehrtiefe“ nicht einkalkulieren sondern stellt dies eine notwendige Zusatzleistung dar (SV-GA ON 39.1). Diese weitere Schlussfolgerung verwirklicht den behaupteten Widerspruch daher nicht. Im übrigen sind auch dazu, wie weit die Klägerin über das Vorliegen von Einbauten Bescheid wusste, Feststellungen getroffen worden, die den in der Rechtsrüge angestrebten „ergänzenden“ Feststellungen widersprechen:
„Der Klägerin wurde von der Beklagten der Trassenplan zur Bauführung im Maßstab 1:1000 auf Grundlage des Katasterplanes (nur Grundstücke samt Gebäuden und Grundstücksnummer sind ersichtlich) zur Verfügung gestellt. Ausführungsdetails zu den Künetten, deren Breite oder deren Tiefe sind nicht angegeben. Eine exakte Ausführung „nach Plan“ ist damit nicht möglich. Es ist weiters nur die bestehende Ortswasserleitung eingetragen, sonst keinerlei Einbauten, Randsteine, Einlaufgitter, Gehsteige etc. Ein Vergleich des Trassenplanes mit dem vermessenen Bestandsplan zeigt so gut wie keine Übereinstimmung der geplanten und der neu errichteten Trasse der Fernwärmeleitung. Zum Teil lassen sich Abweichungen von bis zu 5 m feststellen (SV-GA ON 39.1).“
Die Behauptung einer Vereinbarung, wonach mangelnde Ortskenntnisse nicht eingewendet werden, ändert demnach nichts.
Das Erstgericht hat folgende Vertragsbestimmung festgestellt:
SONSTIGES MONTAGE [...]
Sie erklären verbindlich, sich an Ort und Stelle von der Lage, Beschaffenheit und Zustand der Baustelle, dem Umfang der zu leistenden Arbeiten, von den örtlichen Gegebenheiten, Lagermöglichkeiten, Transportverhältnissen und allen Einzelheiten für die ordnungsgemäße Erfüllung volle Klarheit verschafft zu haben.
Sie verzichten ausdrücklich darauf, zB aus Unkenntnis der örtlichen Verhältnisse, Lage, Beschaffenheit der Baustelle usw, Preiserhöhungen, Verminderung der Gewährleistung, Verlängerung der Termine oder Nachforderungen irgendwelcher Art abzuleiten.“
Mangels von der Beklagten zur Verfügung gestellter Unterlagen kann daraus aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers nicht erschlossen werden, dass die Klägerin Kenntnisse über die genaue Bodenbeschaffenheit und die genaue Lage von Einbauten in der jeweiligen Grabungstiefe im konkreten Trassenverlauf zusagen wollte und sich im Zusammenhang mit nicht vorhersehbaren und damit nicht kalkulierbaren Umständen einer Verlagerung des Baugrundrisikos unterwirft.
Nimmt der Werkbesteller eine bestimmte Leistung nicht in das Leistungsverzeichnis auf, muss der Werkunternehmer diese auch nicht einkalkulieren. Die ausgeschriebene Leistung, also das Bausoll, ergibt sich aus dem Leistungsverzeichnis, das die Beklagte dem Auftrag zugrunde gelegt hat. Im Leistungsverzeichnis waren ganz konkret Künetten mit einer Breite von 0,70 m und einer Tiefe von 1,10 m sowie einer Breite von 0,80 m und einer Tiefe von 1,20 m ausgeschrieben. Die Beklagte hat die Künetten auf den Zentimeter genau vorgegeben. Somit war die Klägerin nicht verhalten, beliebige Mehrtiefen oder Mehrbreiten zu kalkulieren und in den Einheitspreis einzupreisen. Hätte die Beklagte das Risiko von Mehrtiefen und Mehrbreiten auf die Klägerin überwälzen wollen, hätte es dazu einer klaren Bestimmung im Ausschreibungs-Leistungsverzeichnis oder spätestens im von der Beklagten erstellten Vertragsentwurf bedurft. Es wäre also Sache der Beklagten gewesen, das Leistungsverzeichnis so zu formulieren, dass dem Anbieter erkennbar wird, dass auch breitere oder tiefere Künetten mit dem Einheitspreis abgegolten sind.
4.4. Fehlende Feststellungen zur Verletzung der Anzeigepflicht der klagenden Partei betreffend Mehrkosten
Das Erstgericht hat auf den Seiten 9 und 10 Feststellung zur Abwicklung des Bauvorhabens getroffen:
„Es fanden wöchentliche Baubesprechungen an der Baustelle vor Ort statt. Dabei wurden von der Klägerin im Beisein und unter Kontrolle des Bauleiters der Beklagten, dem Zeugen C*, Aufmaßskizzen angefertigt. Von der Klägerin wurde dem Zeugen C* dabei im Anlassfall immer wieder erklärt, dass und warum unvorhergesehene Mehrbreiten und/oder Mehrtiefen notwendig sind und dass dies zu höheren Kosten führen wird (PV F*, ON 87.5, S 8; ZV C* ON 57.3, S. 8). Das wurde von ihm vorbehaltlos akzeptiert. Schon beim gemeinsamen Anzeichnen vor dem Aufgraben konnte der Zeugen C* sehen, wenn eine breitere Künette als die ausgeschriebene Künette geplant wurde und sprach sich nicht dagegen aus. Auf den Aufmaßblättern wurden von beiden Parteien Anmerkungen angebracht, solche zur Nachvollziehbarkeit seitens der Klägerin bzw. solche zur eigenen Rechnungskontrolle seitens der Beklagten. Die Klägerin wollte die Aufmaßblätter von der Beklagten gerne unterschrieben haben, der Zeugen C* ersuchte aber stattdessen darum, die Aufmaßblätter im Nachhinein per Mail zu erhalten und kam die Klägerin diesem Wunsch nach. Die Beklagte beanstandete kein einziges Aufmaßblatt und keine einzige Aufmaßskizze. Sie führte auch keine eigenen Aufzeichnungen. Die Klägerin fertigte zu jedem Bauabschnitt eine Fotodokumentation an (ZV C* ON 57.3, S. 8; ZV E* ON 57.3, S.1; PV F*, ON 87.5, S 7 und 12). Die Klägerin übergab der Beklagten laufend Bautagesberichte, in denen die geleisteten Regiearbeiten verzeichnet waren. Auf Basis dieser Bautagesberichte erstellte die Beklagte eine Tabelle (Beilage./S), aus der sämtliche bereits erbrachten Regieleistungen ersichtlich sind und die der Klägerin regelmäßig in aktualisierter Form übergeben wurde. Der Bauleiter der Beklagten C* markierte dabei jene Leistungen, die er als nicht rechtmäßig ansah. Die unmarkierten Positionen wurden zur Verrechnung freigegeben. Diese Korrektur wurde von der Klägerin durchwegs akzeptiert und wurden ausschließlich jene Regieleistungen in Rechnung gestellt, die von C* zuvor auf der Tabelle freigegeben wurden.“
Weiters ist festgestellt:
„Am 23.7.2020 legte die Klägerin die 2. Teilrechnung über weitere EUR 71.225,91 brutto (./AQ), die die Beklagte bezahlte. Am 25.8.2020 legte die Klägerin die 3. Teilrechnung über weitere EUR 265.917,42 brutto (./AR), die die Beklagte bezahlte. Aus der 2. und 3. Teilrechnung bzw den angeschlossenen Aufmaßblättern konnte man bereits ersehen, dass die Klägerin die Pölzung zusätzlich verrechnete und ab Aufmaßblatt 0008 bei den Künetten immer wieder ein (wechselnder) Multiplikator angesetzt wurde. Da die von der Klägerin geforderten Beträge aber noch im Gesamtauftragsvolumen Deckung fanden, gab die Beklagte die Zahlungen frei ohne diesen Umständen nachzugehen. Davon ausgehend liegen die gerügten Feststellungsmängel nicht vor. Die Beklagte will vielmehr abweichende Tatsachenfeststellungen erreichen, ohne jedoch die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Beweisrüge darzulegen.
Rohrdüker
Zur geänderten Ausführung des Rohrdükers ist auf die Feststellungen auf S 16 des Urteils zu verweisen. Unter anderem ist dort festgestellt, dass der Mehraufwand mit der Beklagten besprochen wurde und sie damit einverstanden war. Davon ausgehend ist die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes nicht zu beanstanden, wonach in Position 010102 der Ausschreibung geregelt ist, dass der Rohrbauer die Koordination mit Tiefbaufirma und Auftraggeber über hat und daher dieser vor Ort zu entscheiden hatte, ob das Rohr für den Düker gekürzt wird oder nicht. Der Klägerin sei nichts anderes übrig geblieben, als die Künette so auszuheben, dass das fertige Rohr hineinpasst. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, rechtzeitig den Rohrbauer anzuweisen, das Rohr zu ändern. Der notwendige Mehraushub ist daher zu entlohnen.
Haftrücklass
Da der Rechtsstandpunkt der Beklagten, die Forderungen der Klägerin seien „verjährt“, nicht zutrifft, besteht der Haftrücklass unter der vom Erstgericht vorgenommenen Anrechnung der Zahlung von EUR 40.726,83 zu Recht.
Die Berufung bleibt daher insgesamt ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung gründet in den §§ 41,50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage im Berufungsverfahren beträgt richtig EUR 279.239,09.
Die Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, da keine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfragen zu beurteilen sind.