Rückverweise
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Huemer-Steiner in der Strafsache gegen A*und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufungen des A* und der Staatsanwaltschaft je wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis zu GZ Hv*-56 sowie die damit implizierten bzw verbundenen Beschwerden gegen die nach § 494a StPO gefassten Beschlüsse nach der in Anwesenheit der Staatsanwältin Dr. Kristina Steinwender als Vertreterin des Leitenden Oberstaatsanwalts, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Dr. Poferl durchgeführten Berufungsverhandlung am 30. September 2025
I./ zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II./ beschlossen:
Den Beschwerden wird nicht Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 9. Juli 2025, das auch einen unbekämpft geblieben Schuld- und Freispruch betreffend den Zweitangeklagten enthält, wurde – soweit hier relevant - der ** geborene Erstangeklagte A* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG und des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB schuldig erkannt und hierfür unter unter Anwendung der §§ 28 Abs 1, 39 Abs 1 und 1a StGB nach § 143 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt (ON 56).
Nach dem Schuldspruch hat er
I./ am 22. Februar 2025 in B*
1./ mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines 30 cm langen Feldmessers, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, C* und D* fremde bewegliche Sachen weggenommen bzw. abgenötigt, indem er sie aufforderte, sie sollen alles auspacken, was sie dabei haben und sich sofort hinsetzen, er den beiden in der Folge eine Ohrfeige versetzte und C*, der im Begriff war aufzustehen, an dessen Pullover packte, mehrmals gegen die Couch drückte, ihm eine weitere Ohrfeige gab und anschließend das Messer gegen ihn mit der Äußerung richtete, warum sein Kollege ruhig bleiben könne und er die Klappe so aufreißen müsse, woraufhin A* von C* einen Bargeldbetrag von EUR 200,00 und ein Zippo-Feuerzeug im Wert von EUR 60,00 und von D* einen Bargeldbetrag von EUR 20,00 sowie eine E-Zigarette entgegennahm;
2./ E* am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt, indem er sie an den Händen oder Armen festhielt, am Hals packte und gegen eine Wand drückte, wodurch E* zumindest an den Armen Hämatome erlitt;
II./ von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 28. Februar 2025 in B* und andernorts eine Waffe, nämlich ein 30 cm langes Kampfmesser der Marke ** mit einer dolchartigen Klinge und einer Klingenlänge von 16 cm besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG aufgrund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft B* vom 14. Februar 2019 zu RI/0003/2019 verboten ist;
III./ am 21. September 2024 in F* mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, G* durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, ihm bei einem späteren Treffen am selben Tag am Hauptbahnhof F* fünf Gramm Marihuana zu übergeben, zu einer Handlung, und zwar zur Herausgabe eines Bargeldbetrages von EUR 50,00, verleitet, welche G* im genannten Betrag an seinem Vermögen schädigte.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die erlittene Vorhaft auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
Mit Beschlüssen nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde vom Widerruf der vom Landesgericht Ried im Innkreis zu AZ Hv1*, AZ Hv2* und AZ Hv3* gewährten bedingten Strafnachsichten und der vom selben Gericht zu AZ BE* gewährten bedingten Entlassung abgesehen und gemäß Abs 6 leg cit die Probezeit zur zuletzt genannten bedingten Strafnachsicht auf 5 Jahre verlängert.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Erstangeklagten gegen den Ausspruch über die Strafe, mit der eine Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafe angestrebt wird und eine Beschwerde gegen den die Probezeit verlängernden Beschluss impliziert ist (ON 59). Die Berufung der Staatsanwaltschaft zielt auf eine Anhebung der Sanktion ab. Mit ihrer gleichzeitig erhobenen Beschwerde bekämpft die Anklagebehörde das Absehen vom Widerruf der dem Angeklagten gewährten bedingten Strafnachsichten und Entlassung (ON 58).
Die erhobenen Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd die geständige Verantwortung des Erstangeklagten, erschwerend hingegen seine Vorstrafenbelastung und das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen. Im Rahmen allgemeiner Strafzumessungsüberlegungen berücksichtigte es schuldaggravierend die hohe Bereitschaft des Angeklagten zur Begehung von Gewalttaten, seine jeglichen Respekt gegenüber der Privat- und Freiheitssphäre anderer vermissen lassende Haltung, den enormen sozialen Störwert der Taten, die Begehung während mehrerer offener Probezeiten und den raschen Rückfall.
Dieser Strafzumessungskatalog bedarf insofern einer Präzisierung, als der rasche Rückfall seinem Gehalt nach den im § 33 StGB (nur beispielsweise) aufgezählten besonderen Erschwerungsgründen gleichwertig ist (RIS-Justiz RS0091041; vgl Riffel in WK 2StGB § 33 Rz 11).
Ergänzend schuldaggravierend zu werten ist entsprechend dem Rechtsmittelvorbringen der Staatsanwaltschaft die Begehung einer Straftat (III./) während des Strafvollzug im Zuge eines Freigangs (vgl ON 26.2.2), die Opfermehrheit beim Verbrechen des schweren Raubes (I./1./; RIS-Justiz RS0091114), die Erfüllung beider Varianten des § 142 Abs 1 StGB (Gewalt und gefährliche Drohung; RIS-Justiz RS0118774) sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB nebeneinander (vgl OLG Linz 9 Bs 298/24y). In Zusammenhang mit dem Handlungs- und Gesinnungsunwert besonders hervorzuheben ist weiters, dass der Erstangeklagte die Anwesenheit in der Wohnstätte eines anderen zur Begehung eines schweren Raubes gegen dort ebenfalls aufhältige Personen nutzte, was für eine verfestigte kriminelle Energie und gesteigerte Aggressionsbereitschaft spricht.
Entgegen dem Berufungsvorbringen der Anklagebehörde bleibt ausgehend vom konkreten Schuldspruch kein Raum für die Annahme des Erschwerungsgrunds einer „Tatbegehung in Gesellschaft“ eines weiteren Mittäters (vgl RIS-Justiz RS0090930 und RS0089622).
Ein – im Rechtsmittel des Erstangeklagten behaupteter – Rauschzustand infolge Suchtgiftgenusses wäre schon deshalb nicht mildernd, da ein Suchtmittelkonsum regelmäßig nur deliktisch verwirklicht werden kann und damit an sich vorwerfbar ist (RS0091038). Dem Milderungsgrund nach § 35 StGB steht bereits das Wissen des mehrfach wegen Gewaltdelikten vorbestraften (ON 41) Erstangeklagten um seine erhöhte Aggressivität nach Alkoholkonsum entgegen (vgl ON 45, S 1). Für ein „ernstliches Bemühen der Schadenswiedergutmachung“ fehlen Anhaltspunkte im Akteninhalt.
Der Begehung von Vermögensdelikten unter Einsatz von Waffen wohnt eine beträchtliche kriminelle Energie inne. Der Erstangeklagte brachte durch diese (von weiteren Vergehen flankierte) Tat seine Ablehnung rechtlich geschützter Werte anderer sowie die Verwerflichkeit seiner inneren Einstellung überdeutlich zum Ausdruck. Dies gilt umso mehr mit Blick auf das durch sechs einschlägige Vorstrafen getrübte, einen Hang zu Gewalttätigkeit zum Ausdruck bringende Vorleben des Angeklagten, der selbst von wiederholter Hafterfahrung unbeeindruckt blieb und seine Delinquenz praktisch nahtlos fortsetzte. Sein nunmehr geäußerter Wunsch nach einer stationären Drogentherapie und Aufnahme einer Beschäftigung vermag diese Einschätzung nicht relevant zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Ebenso wenig trägt das Argument, den eigenen Lebenswandel im Interesse der Kinder zu ändern, hat ihn doch seine Rolle als Vater auch in der Vergangenheit nicht von (schwerer) Delinquenz abgehalten. Die vom Erstgericht ausgemittelte Freiheitsstrafe erwies sich somit insgesamt als nicht reduzierbar, aber - insbesondere mit Blick auf den konkreten Erfolgsunwert - auch nicht anhebungsbedürftig. Mit dieser Sanktion kann zum einen dem Angeklagten ein hinlängliches Zeichen gesetzt werden, um ihn so künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Zum anderen wird diese Freiheitsstrafe auch generalpräventiven Anforderungen gerecht (vgl Jerabek/Ropper in WK 2 § 43 Rz 18).
Die vom Erstgericht nach § 494a StPO gefassten Beschlüsse sind nicht zu kritisieren. Mit Blick auf die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe war der Widerruf der bedingten Strafnachsichten und Entlassung nicht angezeigt, zur längeren verhaltenssteuernden Wirkung jedoch die Probezeit soweit noch möglich auf fünf Jahre zu verlängern.
Keine Verweise gefunden