JudikaturOLG Linz

12Rs66/25z – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
17. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Barbara Jäger als Vorsitzende sowie Dr. Dieter Weiß und Mag. Nikolaus Steininger, LL.M. als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, Rentner, D-**, **, nunmehr vertreten durch die Verfahrenshelferin Dr. Eva Meusburger-Streicher, MBA, Rechtsanwältin in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. März 2025, Cgs*-22, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen .

Die klagende Partei hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 2. Mai 2024 entzog die Beklagte dem Kläger die Invaliditätspension ab 31. Oktober 2023 und forderte den Übergenuss zurück. Der Kläger habe ohne triftigen Grund eine ärztliche Untersuchung verweigert.

Dagegen richtet sich die Klage vom 15. August 2024 (Postaufgabe) mit dem erkennbaren Begehren auf Weitergewährung der Invaliditätspension.

Nach umfangreichen Erhebungen zum Zustellzeitpunkt ging das Erstgericht von einer Zustellung des Bescheids durch Hinterlegung am 7. Mai 2024 aus und wies mit dem angefochtenen Beschluss die Klage wegen Ablaufs der dreimonatigen Klagsfrist des § 67 Abs 2 ASGG gemäß § 73 ASGG wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück (ON 22).

Dieser Beschluss wurde dem Kläger am 2. April 2025 zugestellt und er erwuchs nach Ablauf der zweiwöchigen Rekursfrist am 16. April 2025 in Rechtskraft.

Gegen die Zurückweisung seiner Klage richtet sich der als Einspruch bezeichnete, persönlich verfasste Rekurs des Klägers . Er wurde am 9. April 2025 zur Post gegeben, aber an die Beklagte adressiert. Diese leitete ihn am 17. April 2025 an das Erstgericht weiter (ON 23).

Gemäß § 84 ASGG kann der Versicherte in einer Sozialrechtssache wie der vorliegenden die Klage bei dem Versicherungsträger einbringen, der den Bescheid erlassen hat. Die Klage gilt dann als beim zuständigen Gericht eingebracht. Für eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Rechtsmittel besteht aber keine Grundlage (RIS-Justiz RS0085940).

Damit war die Einbringung des Rekurses bei der Beklagten nicht fristwahrend. Bei unrichtig adressierten Rechtsmitteln zählt nicht der Zeitpunkt der Postaufgabe, sondern das Einlangen beim zuständigen Erstgericht (RIS-Justiz RS0041695, RS0060177). Dieser persönlich verfasste Rekurs war daher verspätet.

Das Erstgericht forderte den Kläger dennoch zur Verbesserung durch Anwaltsfertigung binnen vier Wochen auf und der Kläger beantragte innerhalb dieser Frist die Bewilligung der Verfahrenshilfe (ON 25). Das Erstgericht bewilligte die Verfahrenshilfe (ON 26) und die bestellte Verfahrenshelferin brachte binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bestellungsbescheids und der bekämpften Entscheidung (Vfg ON 30) den nunmehr dem Rekursgericht zur Entscheidung vorgelegten verbesserten Rekurs ein.

Die Beklagte beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Der Rekurs der Verfahrenshelferin ist zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

1.1Ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe unterbricht gemäß § 464 Abs 3 ZPO iVm § 521 Abs 3 ZPO die zweiwöchige Rekursfrist.

1.2 Diese Unterbrechungswirkung tritt aber nur ein, wenn die Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist und nicht nach deren Ablauf einen Antrag auf Verfahrenshilfe stellt. Ein außerhalb der Rechtsmittelfrist gestellter Antrag vermag unabhängig davon, ob das Erstgericht in der Folge über diesen Verfahrenshilfeantrag inhaltlich entschied, dem Rechtsmittelwerber einen Rechtsanwalt beigab und diesem das Urteil zustellte, die bereits eingetretene Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung nicht zu beseitigen ( Pimmer in Fasching/Konecny³§ 464 ZPO Rz 12; RIS-Justiz RS0036235, insb [T6, T11]).

1.3Wurde der Antrag auf Bewilligung des Armenrechtes erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist – wenn auch innerhalb der vom Gericht nach § 85 ZPO wegen mangelnder rechtsfreundlicher Fertigung gesetzten Verbesserungsfrist – gestellt, dann ist er verspätet (RIS-Justiz RS0036235). Ein Verfahrenshilfeantrag ist nur dann rechtzeitig im Sinne des § 464 Abs 3 ZPO, wenn er innerhalb einer gemäß § 85 Abs 2 ZPO vom Richter gesetzten Frist zur Verbesserung des rechtzeitigerhobenen Rechtsmittelschriftsatzes gestellt wird (RIS-Justiz RS0036235 [T8]).

Die Erteilung einer Verbesserungsfrist zur Behebung eines Formmangels durch das Erstgericht für ein bereits verspätet eingebrachtes Rechtsmittel saniert nicht diese Verspätung (RIS-Justiz RS0036281).

2 Daraus folgt, dass aufgrund des um einen Tag verspätet eingelangten, vom Kläger persönlich verfassten Rekurses der Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts vom 25. März 2025 in Rechtskraft erwachsen ist. Es bedurfte daher keines Verbesserungsverfahrens durch Anwaltsfertigung. Der dennoch eingebrachte anwaltlich verfasste Rekurs vermag die einmal eingetretene Rechtskraft nicht mehr zu beseitigen. Er ist daher als verspätet zurückzuweisen.

3Der Kostenentscheidunng gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit trotz Unterliegens fehlt es schon an den tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens.

4Der ordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 1 ZPO mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zuzulassen. Zur Unterbrechung der Rechtsmittelfrist bei einem Auftrag zur Verbesserung durch anwaltliche Fertigung kann auf die zitierte Rechtsprechung zurückgegriffen werden.