6R76/25a – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Mag. Hermann Holzweber und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache der Klägerin und gefährdeten Partei A* GmbH , FN **, **gasse **, **, vertreten durch Mag. Milan Glisic, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei B* GmbH , FN **, **straße **, **, vertreten durch die Barovsky Köhler Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Widerruf (Streitwert EUR 469.656,17) und Erlassung einer einstweiligen Verfügung , über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 25. April 2025, **-3, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Die Beklagte hat die Kosten ihres Rekurses endgültig selbst zu tragen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
Mit Generalunternehmervertrag vom 28.8.2023 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit den gesamten Arbeiten zur vollständigen, schlüsselfertigen und funktionstüchtigen Errichtung eines Neubaus zum Pauschalfestpreis in Höhe von EUR 4.086,125,-- abzüglich 3% Generalnachlass zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Im Generalunternehmervertrag ist unter anderem geregelt, dass von jeder auf Grund von Teilrechnungen nach Baufortschritt zu leistenden Abschlagszahlung 10% Deckungsrücklass einzubehalten ist, der durch eine Bankgarantie ablösbar ist.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten den Widerruf der Inanspruchnahme der von der C* D* AG ausgestellten Bankgarantien vom 21.11.2024 und 11.02.2025. Mit dem gleichzeitig mit der Klage gestellten Sicherungsantrag begehrt die Klägerin, der Beklagten jede weitere Verfügung über diese Bankgarantien und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung des Garantiebetrages von insgesamt EUR 469.656,17 zu untersagen, und der C* D* AG bis auf weitere gerichtliche Anordnung zu verbieten, den Betrag von EUR 469.656,17 aus der Inanspruchnahme der vorgenannten Bankgarantien gänzlich oder teilweise auszubezahlen oder sonst etwas zu unternehmen, was die Durchsetzung des Widerrufanspruches der Klägerin vereiteln oder erheblich erschweren könnte.
Dazu brachte die Klägerin zusammengefasst vor, die Beklagte habe die Bankgarantien am 27.3.2025 abgerufen, obwohl sie bereits am 10.3.2025 angekündigt habe, dass sie das Bauvorhaben spätestens mit 31.3.2025 im Wege der Ersatzvornahme durch Dritte fertigstellen lassen und am Generalunternehmervertrag nicht festhalten werde. Zu diesem Zeitpunkt sei die Baustelle bereits geräumt gewesen, weil sich die Beklagte geweigert habe, die Mehrkosten der Klägerin anzuerkennen. Die Beklagte habe mündlich mitgeteilt, dass sie mit dem Geld des Deckungsrücklasses die Ersatzvornahmen finanzieren werde. Mit dem am 2.4.2025 per E-Mail übermittelten Schreiben habe der Rechtsvertreter der Beklagten bekannt gegeben, dass der Generalunternehmervertrag mit sofortiger Wirkung beendet sei; in diesem Schreiben sei auch festgehalten worden, dass der Vertrag bereits durch die Räumung der Baustelle durch die Klägerin aufgelöst worden sei. Da zwischen den Streitteilen schon seit 10.3.2025 kein Vertragsverhältnis mehr bestehe, sei der Beklagten bei Inanspruchnahme der Garantie am 27.3.2025 bewusst gewesen, dass keine vertragliche Grundlage mehr für einen Deckungsrücklass bestehe und der Garantiefall nicht eintreten könne. Die Teilrechnungen, hinsichtlich derer der Deckungsrücklass gegen Vorlage der Bankgarantie an die Klägerin ausbezahlt worden sei, seien von der Beklagten in technischer, wirtschaftlicher und rechnerischer Hinsicht überprüft und mit dem Rechnungsbetrag anerkannt worden. Aufgrund der Freigabe der Rechnungen gebe es gar keine Unsicherheiten mehr über eine etwaige Abrechnungsungenauigkeit. Die Inanspruchnahme der Garantien durch die Beklagte sei daher rechtsmissbräuchlich erfolgt.
Mit dem angefochtenen Beschluss erließ das Erstgericht ohne Anhörung der Beklagten die beantragte einstweilige Verfügung.
Über den eingangs wiedergegebenen bescheinigten Sachverhalt hinaus, legte das Erstgericht seiner Entscheidung die auf den Seiten 3 und 4 der Beschlussausfertigung ersichtichen Feststellungen zu Grunde, auf welche gemäß § 526 Abs 3 iVm 500a ZPO verwiesen wird. Folgender auszugsweise wiedergegebener bescheinigter Sachverhalt ist für das Rekursverfahren noch wesentlich:
„Die 14. Teilrechnung 2024-0031 vom 11.11.2024 wurde von der Beklagten am 12.11.2024 in technischer, wirtschaftlicher und rechnerischer Hinsicht überprüft und mit dem Rechnungsbetrag anerkannt. Als Information für die Buchhaltung wurde von der Beklagten auf dieser Teilrechnung festgehalten, dass der (Teil)Betrag von EUR 172.749,24 am 26.11.2024 anweisbar ist. Die Klägerin beauftragte die C* mit der Übernahme der Bankgarantie zugunsten der Beklagten. Als Haftungsgrund wurde die Besicherung des Deckungsrücklasses betreffend die Teilrechnung Nr.: ** mit einem Garantiebetrag von EUR 402.814,63, zum Inhalt gemacht.
Die 17. Teilrechnung ** vom 21.1.2025 wurde von der Beklagten am 31.1.2025 in technischer, wirtschaftlicher und rechnerischer Hinsicht überprüft und mit dem Rechnungsbetrag anerkannt. Als Information für die Buchhaltung wurde von der Beklagten auf dieser Teilrechnung festgehalten, dass der (Teil)Betrag von EUR 203.234,40 am 6.2.2025 anweisbar ist. Die Klägerin beauftragte die C* mit der Übernahme der Bankgarantie zugunsten der Beklagten. Als Haftungsgrund wurde die Besicherung des Deckungsrücklasses betreffend die Teilrechnung Nr.: R25-00008 mit einem Garantiebetrag von EUR 66.841,54, zum Inhalt gemacht.
Mit Schreiben vom 27.3.2025, welches am 4.4.2025 bei der Vertreterin der C* eingelangt ist, betreibt die Beklagte – unter anderem – die Inanspruchnahme der Bankgarantien Nr. ** vom 11.2.2025 und Nr. ** vom 21.11.2024.
Bereits mit E-Mail vom 10.3.2025 kündigte die Beklagte an, dass bei Nichteinhaltung des vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermins mit 31.3.2025 – unter anderem – eine Ersatzmaßnahme eingeleitet wird.
Mit E-Mail vom 2.4.2025 wurde der Klägerin mittels Schreiben der Rechtsvertretung der Beklagten (datiert mit 9.1.2025) die sofortige Vertragsauflösung aus wichtigem Grunde kundgetan. Gleichzeitig hielt die Rechtsvertretung der Beklagten fest, dass die Arbeiten durch die Klägerin bereits vor Wochen eingestellt wurden.
Am 13.3.2025 waren die Arbeiten auf der Baustelle eingestellt und die Baustelle verschlossen.
Die Garantiesumme wird nicht zur Sicherung von Abrechnungsungenauigkeiten verwendet.
In seiner rechtlichen Beurteilunggab das Erstgericht zunächst (erkennbar) Teile der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 1 Ob 44/24p wieder und kam zum Schluss, durch den Wegfall des Generalunternehmervertrages bestehe keine vertragliche Grundlage mehr für den Einbehalt eines Deckungsrücklasses. Mit den Bankgarantien seien ausschließlich die Deckungsrücklässe betreffend der beiden Teilrechnungen besichert worden, was der Beklagten bei Inanspruchnahme der Bankgarantien bewusst gewesen sei. Es bestehe daher am rechtsmissbräuchlichen Vorgehen der Beklagten kein Zweifel. Da die Gefährdung der Klägerin offenkundig sei, sei dem Sicherungsantrag stattzugeben gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Beklagten aus den Gründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Abweisung des Sicherungsantrages gerichteten Abänderungsantrag.
In ihrer Rekursbeantwortung beantragt die Klägerin, dem Rekurs der Beklagten keine Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Tatsachenrüge
1.1.Um die Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (vgl RS0041835; 9 ObA 262/99s; 10 ObS 129/02x; Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 471 ZPO Rz 15).
Aufgrund der Beweisergebnisse kann das Gericht zu einem rechtlich relevanten Beweisthema eine positive Feststellung, eine negative Feststellung oder die Feststellung des Gegenteils treffen. Ausgehend von diesen drei Möglichkeiten hat der Berufungswerber darzutun, welche Ersatzfeststellung er begehrt (vgl. Pochmarski/Lichtenberg/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO 4S. 175). Es genügt nicht die "ersatzlose" Streichung einer Feststellung anzustreben (RS0041835 [T3]).
1.2. Die Beklagte bekämpft die Feststellungen „Die 14. Teilrechnung ** vom 11.11.2024 wurde von der Beklagten am 12.11.2024 in technischer, wirtschaftlicher und rechnerischer Hinsicht überprüft und mit dem Rechnungsbetrag anerkannt.“ (...) „Die Klägerin beauftragte die C* mit der Übernahme der Bankgarantie zugunsten der Beklagten. Als Haftungsgrund wurde die Besicherung des Deckungsrücklasses betreffend die Teilrechnung Nr.: ** […] mit einem Garantiebetrag von EUR 402.814,63, zum Inhalt gemacht.“ und begehrt stattdessen die Feststellung „Infolge der Pauschalvereinbarung (Beilage ./A) gelangten mit der Teilrechnung geleistete und zukünftig zu leistende Arbeiten zur Abrechnung und wurde von der Klägerin zur Sicherung der Beklagten die verfahrensgegenständliche Garantie begeben um Abrechnungsungenauigkeiten abzusichern.“.
Die Tatsachenrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil von der Beklagten im Rekurs nicht dargelegt wird, weshalb die den getroffenen Feststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung des Erstgerichts, derzufolge sich die Feststellungen aus den in Klammer zitierten Urkunden ergeben – was auch tatsächlich der Fall ist – unrichtig sein soll.
Zudem korrespondiert die von der Beklagten begehrte Ersatzfeststellung „Infolge der Pauschalvereinbarung (Beilage ./A) gelangten mit der Teilrechnung geleistete und zukünftig zu leistende Arbeiten zur Abrechnung.“ nicht mit den bekämpften Feststellungen, weil diese weder etwas darüber aussagen, aufgrund welcher Grundlage die Teilrechnung gelegt, noch was damit abgerechnet wurde. Auch die ersatzweise begehrte Feststellung „Die Garantie wurde von der Klägerin zur Sicherung der Beklagten begeben, um Abrechnungsungenauigkeiten abzusichern“korrespondiert nicht mit den bekämpften Feststellungen, da diese lediglich (neutral) Auskunft darüber geben, was als Haftungsgrund zum Inhalt der Bankgarantie gemacht wurde, nicht aber darüber, was die Intention der Klägerin war, als sie die Garantie in Auftrag gegeben hat. Nach der Rechtsprechung kommt es für die Auslegung des Begriffs „Deckungsrücklass“ auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl 6 Ob 107/17d). Hier geht aber ohnehin auch die Klägerin davon aus, dass es beim hier in Rede stehenden Deckungsrücklass (allein) „um die Sicherung von Abrechnungsungenauigkeiten geht“ (Seite 6 ff in ON 1); wie der Begriff Deckungsrücklass im Zusammenhang mit dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Generalunternehmervertrag zu verstehen ist, ist daher unstrittig.
Da keine gesetzmäßig ausgeführte Tatsachenrüge vorliegt, ist lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der Behauptung der Beklagten, die Verrechnung sei „dual“ – teils für bereits erbrachte Leistungen, teils für erst zukünftig zu erbringende Leistungen – erfolgt, bereits der Wortlaut der in den Abrechnungen enthaltenen Einleitungssätze „Folgende erbrachte Leistungen rechnen wir wie folgt ab:“ entgegensteht (Beilagen ./C und ./E).
Dem Argument der Beklagten, hätte die Beklagte die Rechnungssumme anerkannt, dann wäre sie nicht zum Einbehalt des Deckungsrücklasses berechtigt gewesen und wäre dieser wohl von der Klägerin gefordert worden anstatt eine Versicherungsgarantie zu begeben, steht der in den jeweiligen Rechnungskontrollen enthaltene Passus „Die Rechnung wurde in technischer, wirtschaftlicher und rechnerischer Hinsicht überprüft und mit dem Rechnungsbetrag anerkannt .“ (Beilagen ./C und ./E) entgegen; im Übrigen steht dieser Argumentation auch der Umstand entgegen, dass sich hier die Klägerin gegen die Inanspruchnahme der Bankgarantien gerade mit dem Argument wehrt, dass es gar keine Abrechnungsungenauigkeiten mehr geben könne, weil die Beklagten die Rechnungen anerkannt habe.
1.3. Da die Beklagte, soweit sie die Feststellungen „Die 17. Teilrechnung ** vom 21.1.2025 wurde von der Beklagten am 31.1.2025 in technischer, wirtschaftlicher und rechnerischer Hinsicht überprüft und mit dem Rechnungsbetrag anerkannt. (…) Die Klägerin beauftragte die C* mit der Übernahme der Bankgarantie zugunsten der Beklagten. Als Haftungsgrund wurde die Besicherung des Deckungsrücklasses betreffend die Teilrechnung Nr.: ** […] mit einem Garantiebetrag von EUR 66.841,54, zum Inhalt gemacht.“ bekämpft und ersatzweise die Feststellungen begehrt: „Infolge der Pauschalvereinbarung (Beilage ./A) gelangten mit der Teilrechnung geleistete und zukünftig zu leistende Arbeiten zur Abrechnung und wurde von der Klägerin zur Sicherung der Beklagten die verfahrensgegenständliche Garantie begeben um Abrechnungsungenauigkeiten abzusichern“ gleichermaßen argumentiert wie in ihrer der Beweisrüge betreffend die Feststellungen zur 14. Teilrechnung, ist die Beklagte um Wiederholungen zu vermeiden, sinngemäß auf die Ausführungen oben unter Punkt 1.2. zu verweisen.
1.4. Die Beklagte bekämpft die Feststellung „Bereits mit E-Mail vom 10.03.2025 kündigte die Beklagte an, dass bei Nichteinhaltung des vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermins mit 31.03.2025 eine Ersatzmaßnahme eingeleitet wird.“ und meint, das Erstgericht hätte im Zusammenhang mit der Beilage ./G lediglich die Feststellung zu treffen gehabt, dass die Klägerin bereits vor Ende der vertraglichen Frist in Verzug gewesen sei und daher eine Überzahlung der Klägerin jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könne.
Die Tatsachenrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Beklagte nicht einmal behauptet, dass sich die bekämpfte Feststellung nicht aus dem vom Erstgericht hiefür angegebenen Bescheinigungsmittel (der Urkunde Beilage ./G) ableiten ließe. Zudem ist die Tatsachenrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die bekämpfte Feststellung nicht mit der begehrten Ersatzfeststellung korrespondiert, sodass die Beklagte mit ihrer Beweisrüge im Ergebnis wiederum einen unzulässigen Entfall von Feststellungen anstrebt. Abgesehen davon deckt sich die bekämpfte Feststellung mit dem Inhalt der vom Erstgericht als Beleg angeführten Urkunde Beilage ./G.
1.5. Betreffend die Feststellung „Mit Email vom 02.04.2025 wurde der Klägerin mittels Schreiben der rechtsfreundlich vertretenen Beklagten die sofortige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund kundgetan. Gleichzeitig hielt die rechtsfreundliche Vertretung der Beklagten fest, dass die Arbeiten durch die Klägerin bereits vor Wochen eingestellt wurden.“ kritisiert die Beklagte, das Erstgericht lasse offenkundig die zeitlichen Zusammenhänge außer Acht und verschweige sich zur Frage, ob der erklärte Rücktritt berechtigt gewesen sei. Das Erstgericht hätte vielmehr festzustellen gehabt, dass der Rücktritt jedenfalls vor Inanspruchnahme der Garantie erfolgt sei.
Auch insoweit liegt keine gesetzmäßig ausgeführte Tatsachenrüge vor, weil die bekämpfte Feststellung nicht mit der begehrten Ersatzfeststellung korrespondiert und nicht dargelegt wird, weshalb sich die bekämpfte Feststellung nicht aus der vom Erstgericht zitierten Urkunde Beilage ./H ergeben soll. Daher lediglich der Vollständigkeit halber: Die bekämpfte Feststellung steht mit dem Inhalt der Urkunde Beilage ./H in Einklang.
1.6. Mit ihrer unsubstanziiert gebliebenen Behauptung, das Erstgericht habe die Feststellung „Die Garantiesumme wird nicht zur Sicherung von Abrechnungsungenauigkeiten verwendet“ohne einem konkreten Bescheinigungsergebnis getroffen, ist die Beklagte auf die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu verweisen (§ 526 Abs 3 iVm § 500a ZPO), wo gut nachvollziehbar darlegt wird, aus welchen Bescheinigungsmittel es die bekämpfte Feststellung ableitet; darauf ist die Beklagte auch mit ihren Ausführungen zu verweisen, mit denen sie die der bekämpften Feststellung zu Grunde liegende Beweiswürdigung wortwörtlich wiedergibt und unsubstanziiert behauptet, das Erstgericht habe „ lediglich aufgrund der o.a. unrichtigen Feststellungen zu der nunmehr bekämpften Beweiswürdigung gelangen“ können.
Zudem ist die Tatsachenrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sich die Beklagte einerseits nicht inhaltlich mit der Beweiswürdigung des Erstgerichts auseinandersetzt, und andererseits ausdrücklich den – unzulässigen – ersatzlosen Entfall der bekämpften Feststellung anstrebt.
1.7. Abgesehen davon, dass die Tatsachenrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, vermochten die Ausführungen der Beklagten keine Zweifel an der den bekämpften Feststellungen zu Grunde liegenden Beweiswürdigung zu erwecken; der Tatsachenrüge war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
2. Zur Rechtsrüge
2.1.Vorauszuschicken ist, das die Beklagte die Rechtslage verkennt, wenn sie meint, für sie gelte das Neuerungsverbot im Rekursverfahren nicht, weil das Erstgericht die Einstweilige Verfügung ohne ihre Anhörung erlassen hat (vgl RS0002445 [T4], zuletzt 3 Ob 139/20t).
2.2.Soweit die Beklagte daher im Rekursverfahren mit einer am 22.8.2022 unterfertigten Baubeschreibung argumentiert und die Einvernahme eines Zeugen als Beweis anbietet, verstößt sie nicht nur gegen das Neuerungsverbot, sondern ist die Rechtsrüge auch nicht gesetzmäßig ausgeführt, zumal diese nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (vgl RS0043312 ua).
2.3. Die Rechtsrüge ist auch nicht gesetzmäßig ausgeführt, wenn die Beklagte argumentiert, es sei rechtlich nicht vertretbar, von der Freigabe einer Zahlung auf die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme einer Garantie zu schließen, weil sie dabei die Feststellungen ignoriert, wonach die Beklagte die 14. und die 17. Teilrechnung mit dem Rechnungsbetrag anerkannt hat (US 3) und die Garantiesumme (von der Beklagten) nicht zur Sicherung von Abrechnungsungenauigkeiten verwendet wird (US 4), also die Beklagte die Garantie gar nicht wegen Abrechnungsungenauigkeiten betreffend die genannten Teilrechnungen in Anspruch nimmt.
2.4.1. Der Vortrag der Beklagten auf den Seiten 14 bis 16 ihrer Rechtsmittelschrift lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Klägerin habe bereits Anfang März 2025 die Arbeiten weitgehend eingestellt, obwohl der vertraglich vereinbarte Zustand bei Weitem nicht hergestellt gewesen sei. In den hierauf zwischen den Streitteilen geführten Gesprächen habe die Klägerin mitgeteilt, dass sie in finanzielle Schieflage geraten sei und die Baustelle nicht fertigstellen könne. Sie habe der Beklagten eine Aufstellung übergeben, derzufolge zur Fertigstellung des Projektes per März 2025 noch ein Aufwand von EUR 1.079.400,-- erforderlich wäre. Daraus, dass die Beklagte bis auf EUR 290.604,48 bereits den gesamten Werklohn laut Generalunternehmervertrag geleistet habe, ergebe sich, dass die Beklagte der Klägerin bereits um EUR 788.795,52 zu viel bezahlt habe. Da die Summe der Überzahlung die Garantien um gut EUR 400.000,-- übersteigen würde, und daher selbst im Falle des Abrufs der Garantien noch immer eine Überzahlung von rund EUR 400.000,-- bestehen bleibe, könne nicht von einer Rechtsmissbräuchlichkeit ausgegangen werden. Dieser Vortrag verstößt wiederum gegen das Neuerungsverbot und ist daher im Rekursverfahren unbeachtlich.
2.4.1. Dies gilt auch für die Ausführungen der Beklagten auf den Seiten 16 bis 18 des Rekurses, welche sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Die Klägerin habe mit einer am 17.3.2025 übermittelten Nachtragsrechnung zu Unrecht generierte Forderungen wegen Stehzeiten, Forcierungskosten und entgangenem Gewinn geltend gemacht. Dies offenkundig nur deshalb, um die per 4.4.2025 geltend gemachten Sicherstellungsansprüche gemäß § 1170b ABGB rechtfertigen zu können. Gleichzeitig habe die Klägerin den Vertragsrücktritt (gemeint: der Beklagten) bestritten, ein aufrechtes Vertragsverhältnis behauptet und für den Fall, dass die geforderte Sicherstellung nicht geleistet werde, den Vertragsrücktritt erklärt. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin zumindest am 4.4.2025 bis zum Ablauf des 18.4.2025 selbst von einem wirksamen Generalunternehmervertrag ausgegangen sei.
2.5. Im Rekursverfahren ist die Gefährdung der Klägerin nicht strittig; die Beklagte bestreitet allerdings erkennbar, dass die für die Annahme von Rechtsmissbrauch geforderten Voraussetzungen vorliegen.
2.6.Rechtsmissbrauch liegt ua dann vor, wenn die Bankgarantie vom Begünstigten für ein Ereignis in Anspruch genommen wird, für das sie nicht übernommen wurde (RS0018027 [T9]; RS0005092 [T5]). Die Schutzwürdigkeit des Begünstigten aus einer Bankgarantie ist dann nicht mehr gegeben und Rechtsmissbrauch anzunehmen, wenn er eine Leistung in Anspruch nimmt, obwohl schon eindeutig feststeht, dass er keinen derartigen Anspruch gegen den Dritten hat und daher das Erhaltene jedenfalls sofort wieder herauszugeben hätte (RS0018006 [T1]). Für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs kommt es auf den Wissensstand und die Beweislage im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Garantie an (RS0017042; zu allem: 1 Ob 44/24z).
2.7. Wie bereits oben unter Punkt 1.2. dargelegt wurde, gehen hier die Streitteile übereinstimmend davon aus, dass der Deckungsrücklass, dessen Besicherung in den Garantien ausdrücklich als Haftungsgrund in Bezug auf jeweils eine konkrete Teilrechnung genannt wurde, nur der Sicherung von Abrechnungsungenauigkeiten im Zusammenhang mit einer konkret genannten Teilrechnung dienen sollte. Dazu hat das Erstgericht disloziert in der rechtlichen Beurteilung festgestellt, dass dies der Beklagten bei Inanspruchnahme der Garantien bewusst war. Da die Beklagte die Garantiesumme nach dem bescheinigten Sachverhalt gar nicht wegen wegen Abrechnungsungenauigkeiten hinsichtlich der in den Garantien konkret bezeichneten Teilrechnungen, sondern – wie das Erstgericht in der Beweiswürdigung disloziert festgestellt hat – aus anderen Gründen abgerufen hat, ist die Inanspruchnahme der Garantien durch die Beklagte bereits aus diesem Grund als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren.
2.8.1. Auf den Umstand, dass die Inanspruchnahme der Garantien durch die Beklagte zwar bereits mit Schreiben vom 27.3.2025 erfolgt ist, die Beklagte jedoch bereits sechs Tage später am 2.4.2025 gegenüber der Klägerin die sofortige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund erklärt hat, braucht daher hier nicht mehr eingegangen zu werden. Ebenso wenig bedarf es hier einer Auseinandersetzung damit, dass die als einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung zu qualifizierende Inanspruchnahme der Garantien erst mit dem Zugang an die C* per 4.4.2025 und damit erst zu einem Zeitpunkt wirksam wurde, zu dem die Beklagten gegenüber der Klägerin bereits die sofortige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund erklärt hatte.
2.8.2.Lediglich der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 1 Ob 44/24p hinzuweisen:
Darin hat der Oberste Gerichtshof festgehalten, dass die dortige Werkbestellerin auf der Grundlage des bescheinigten Sachverhalts gemäß § 918 Abs 1 ABGB unter Setzung einer angemessenen Nachfrist berechtigt und wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei und dazu erläutert, dass dieser Rücktritt die Auflösung des Vertrags – allerdings mit obligatorischer Wirkung – zwischen den Vertragsparteien ex tunc zur Folge habe und die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem aufgehobenen Vertrag rückwirkend auf den Abschlusszeitpunkt erlöschen lasse. Erfüllungsansprüche bestünden nicht mehr; bereits erbrachte Leistungen, allenfalls ihr Wert seien bereicherungsrechtlich herauszugeben. Dazu, dass die dortige Werkunternehmerin die ihr von der Werkbestellerin in Form einer Bankgarantie geleistete Sicherstellung gemäß § 1170b ABGB im Zusammenhang mit einer erst (etwa drei Wochen) nach Vertragsrücktritt gelegten Schlussrechnung, deren Bezahlung von der dortigen Werkbestellerin verweigert wurde, abgerufen hatte, nahm der Oberste Gerichtshof nicht gesondert Stellung. Der Oberste Gerichtshof hat aber an anderer Stelle in der genannten Entscheidung betont, dass bei einer abstrakten Bankgarantie der Garantievertrag vom Bestand der gesicherten Hauptschuld grundsätzlich unabhängig sei, es gerade der Sinn einer solchen Garantie sei, dem Begünstigten eine sichere und durch Einwendungen nicht verzögerte Zahlung zu gewährleisten und Streitigkeiten erst nach der Zahlung abgewickelt werden sollten. Daraus kann geschlossen werden, dass die Auflösung eines (Werk)vertrages infolge eines Rücktritts gemäß § 918 Abs 1 ABGB weder den Bestand von aus diesem Vertragsverhältnis heraus gewährten Garantien berührt, noch dem aus der Garantie Begünstigten von vornherein die Berechtigung nimmt, diese abzurufen.
Umso mehr kann hier dahingestellt bleiben, ob auch die von der Beklagten am 2.4.2025 gegenüber der Klägerin erklärte Vertragsauflösung aus wichtigem Grund wie ein Rücktritt nach § 918 Abs 1 ABGB eine Auflösung des gesamten Vertrages mit obligatorischer Wirkung zwischen den Vertragsparteien ex tunc zur Folge hat und sämtliche gegenseitige Rechte und Pflichten aus dem aufgehobenen Vertrag rückwirkend auf den Abschlusszeitpunkt erlöschen hat lassen (vgl zu dieser Problematik allgemein Brandstätter , Zum Rücktrittsrecht vom Werkvertrag aus wichtigem Grund, JBl 2024, 504).
3. Dem Rekurs war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
4.Die Entscheidung über die Kosten der Rekursbeantwortung stützt sich auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten des Rekurses auf die §§ 402 Abs 4, 78 EO sowie 50 Abs 1 und 41 ZPO.
5. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes orientiert sich an den in den Garantieerklärungen angegebenen Garantiebeträgen.
6.Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses liegen nicht vor, weil die Entscheidung des Rekursgerichts von den Umständen des Einzelfalls und nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO abhing (vgl RS0017997 [T5]).