JudikaturOLG Linz

6R19/25v – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
20. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Dr. Karin Gusenleitner-Helm und Mag. Hermann Holzweber in der Rechtssache des Klägers A* , geboren am **, Programmierer, ***, **, vertreten durch die Dr. Paul Kreuzberger, Mag. Markus Stranimaier Mag. Manuel Vogler Rechtsanwälte Strafverteidiger OG in Bischofshofen, gegen die Beklagten 1. B* , geboren am **, Produktions- und Elektrohelferin, **, **, und 2. C* AG , FN **, **, **, beide vertreten durch die Linsinger Partner Rechtsanwälte GmbH in St. Johann im Pongau, wegen (zuletzt) EUR 35.810,05 s.A. und Feststellung (Interesse EUR 10.000,00) über die Berufung des Klägers (Berufungsinteresse EUR 8.787,84) gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23. Dezember 2024, Cg*-55, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich der unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen und der bestätigten Teile insgesamt zu lauten hat:

„1. Das Klagebegehren besteht mit EUR 34.985,25 zu Recht.

2. Die Gegenforderung besteht nicht zu Recht.

3. Die Beklagten sind daher zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen EUR 34.985,25 samt 4 % Zinsen aus EUR 32.807,95 vom 27. Oktober 2023 bis 28. Mai 2024, aus EUR 34.317,09 vom 29. Mai 2024 bis 1. Oktober 2024 und aus EUR 34.985,25 seit 2. Oktober 2024 zu bezahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten dem Kläger zur ungeteilten Hand für sämtliche zukünftige Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 2. Oktober 2023, aufgenommen zu GZ: ** der Polizeiinspektion D*., haften, wobei die Haftung der Zweitbeklagten mit der zum Unfallzeitpunkt bestehenden Haftpflichtversicherungssumme für das Fahrzeug PKW Renault Clio mit dem Kennzeichen ** begrenzt ist.

5. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 824,80 sowie das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.

6. Die Kostenentscheidung wird zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten.“

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt der Entscheidung des Erstgerichts nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache vorbehalten.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig.

Text

entscheidungsgründe:

Am 2. Oktober 2023 ereignete sich gegen 20:00 Uhr auf der B ** E* Straße in Fahrtrichtung F* ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fahrradfahrer und die Erstbeklagte als Lenkerin und Halterin des bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Pkw Renault Clio beteiligt waren. Durch den kollisionsbedingten Sturz wurde der Kläger schwer verletzt. Im Berufungsverfahren nicht mehr strittig ist der Umstand, dass die Erstbeklagte das Alleinverschulden zu vertreten hat.

Der Kläger begehrte zuletzt die Zahlung von EUR 35.810,05 s.A. (Schmerzengeld, Heilungskosten, Pflege- und Haushaltshilfekosten, Sachschäden, Fahrt- und Besuchskosten sowie pauschale Unkosten) sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden aus dem Verkehrsunfall. Zu den im Berufungsverfahren noch strittigen Positionen (Schmerzengeld, Massagekosten samt damit verbundener Fahrtkosten) brachte der Kläger im Wesentlichen vor, dass aufgrund der schweren und multiplen Verletzungen und damit einhergehenden massiven Schmerzen und psychischen Belastungen, des voraussichtlich langen Beschwerdezeitraums sowie der wahrscheinlichen bzw teilweise schon eingetretenen Spät- und Dauerfolgen ein Schmerzengeld von EUR 30.000,00 angemessen sei. Für fünf Massageeinheiten, für die keine Kostenerstattung durch die ÖGK erfolgt sei, seien dem Kläger EUR 640,00 und für die Fahrten zur Massagebehandlung EUR 184,80 (fünfmal EUR 36,96) entstanden.

Die Beklagten bestritten und wandten zu den noch strittigen Positionen ein, dass die Ansprüche des Klägers jedenfalls überhöht seien. Die fehlende Heilung des Armbruches sei auf die nicht ärztlich vorgegebene physiotherapeutische Behandlung sowie auf die vom Kläger in Anspruch genommene alternativmedizinische Massagebehandlung (Anpimomai-Therapie) zurückzuführen. Die angeordnete Physiotherapie sei nicht auf die Bedürfnisse des Klägers zugeschnitten worden und darüber hinaus in Eigenmacht und ohne ärztliche Anordnung durchgeführt worden.

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Klagsforderung mit EUR 26.985,25 als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete demgemäß die Beklagten zur Zahlung von EUR 26.985,25 s.A. Im Übrigen stellte es die Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftige Schäden aus dem Verkehrsunfall fest und wies das Mehrbegehren von EUR 8.824,80 ab.

Das Erstgericht stellte auf den Urteilsseiten 4 bis 12 über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus – soweit für das Berufungsverfahren noch wesentlich – zusammengefasst (§ 500a ZPO) folgendes fest:

Der Kläger erlitt durch den Unfall folgende Verletzungen: Schädelprellung mit Rissquetschwunde in der Hinterhauptsgegend, Zerrung der Halswirbelsäule, Trümmerbruch des körperfernen Oberarms rechts mit nachfolgender Bruchheilungsstörung, Bruch der äußeren Schienbeinrolle und des Wadenbeinkopfes links und Unterschenkelprellung beidseits mit Hautabschürfung.

Die Einrichtung des Bruches erfolgte in Allgemeinnarkose. Postoperativ wurde der Kläger für zwei Tage auf der Intensivstation beobachtet. Der weitere, insgesamt 10-tägige stationäre Aufenthalt war unter entsprechender medikamentöser Schmerztherapie im Wesentlichen komplikationslos. Bei der Entlassung aus der stationären Behandlung musste der Kläger für drei Wochen eine Schulterarmbandage tragen.

Am 23. Oktober 2023 wurde wegen anhaltender Schmerzen und Schwellung am linken Unterschenkel mittels Computertomographie ein Bruch des Wadenbeinkopfes sowie ein Bruch an der äußeren Rolle des linken Schienbeins am Kniegelenk festgestellt; diesbezüglich wurde eine schonende Mobilisierung bis zur Schmerzgrenze empfohlen.

Bei einer Kontrolluntersuchung am 18. Februar 2024 wurde bei einer Computertomographie eine fehlende Heilung am Oberarmhals zwischen Oberarmkopf und Oberarmschaft festgestellt. Ein geplanter Rehabilitationsaufenthalt Ende Februar 2024 musste aufgrund der Oberarmproblematik rechts und fehlender Erfolgsaussichten nach zwei Tagen abgebrochen werden. Am 20. Februar 2024 wurde ein operativer Rekonstruktionsversuch mit Erhaltung des Oberarmkopfes und Entfernung des Falschgelenkes vor einem prothetischen Gelenksersatz besprochen, zur weiteren Abklärung eine kernspintomographische Untersuchung empfohlen. Bei dieser am 2. April 2024 durchgeführten Untersuchung wurde die fehlende Knochenbruchheilung zwischen Oberarmkopf und Oberarmschaft bestätigt und zwei nicht durchblutete Knochenanteile im Oberarmkopf beschrieben.

Am 15. Mai 2024 wurde beim Kläger eine Gelenksspiegelung des rechten Schultergelenkes mit Durchtrennung der Bizepssehne mit Refixation und Stellungskorrektur des Oberarmknochens mit Stabilisierung mittels Platte durchgeführt. Der operative und unmittelbar postoperative Verlauf war komplikationslos, bei der Entlassung aus der stationären Behandlung waren das Tragen eines armfixierenden Schulterverbandes für vier Wochen sowie eine physikalische Therapie vorgesehen. Zirka sechs Wochen nach dem operativen Eingriff bestand noch eine eingeschränkte Schultergelenksbeweglichkeit, im Röntgenbefund wurde eine beginnende Knochenheilung beschrieben. Bei der Abschlussuntersuchung am 31. Juli 2024 wurden die Weiterführung der physikalischen Therapie vereinbart.

Die absolvierten Physiotherapien waren medizinisch indiziert, notwendig und dienten der Behandlung der unfallkausalen Oberarmverletzung. Die angeordnete Physiotherapie erfolgte lege artis und hatte positive Auswirkungen auf den Heilungs- und Schmerzverlauf.

Der Kläger erlitt aufgrund des Unfalls in komprimierter Form zwei bis drei Tage starke Schmerzen, drei Wochen mittelstarke Schmerzen und 16 bis 19 Wochen leichte Schmerzen, wobei auch zukünftige nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schmerzempfindungen berücksichtigt sind.

Es verbleiben aufgrund des Unfalles beim Kläger auffallende Narbenbildungen, wobei sämtliche Narben bland und nicht druckempfindlich sind.

Aufgrund der Verletzungen am rechten Oberarm ist beim Kläger mit einem Dauerschaden zu rechnen und Spätfolgen können nicht ausgeschlossen werden. Unfallkausale Spätfolgen, eventuell sogar mit Operationsnotwendigkeit, wie etwa das Auftreten einer zunehmenden Schultergelenksarthrose, aber auch Ernährungsstörung des Oberarmkopfes, sind für die Zukunft nicht auszuschließen, woraus sich letztlich auch die Notwendigkeit eines prothetischen Gelenksersatzes ergeben könnte. Auch eine Kniegelenksarthrose kann nicht ausgeschlossen werden.

Der Kläger nahm fünf Anpimomai-Massageeinheiten in Anspruch, die ihm nicht verordnet wurden. Diese Anpimomai-Therapien waren alternativ-medizinische Massagebehandlungen. Sie wurden zum Verarbeiten von Traumafolgen beim Kläger, vor allem Alpträumen, und zur Entspannung angewendet. Diese vom Kläger in Anspruch genommene Behandlung beeinflusste den Heilungsverlauf nicht negativ. Es handelte sich bei der Massagebehandlung um keine unfallchirurgische Standardbehandlung der vom Kläger erlittenen Verletzungen. Die Behandlung war eine Massageform der Akupunktur, die Behandlung verlief entlang der Meridiane. Dabei wurde von der Anpimomai-Therapeutin versucht, den Energiefluss des Körpers wieder in Gang zu bringen, wobei sie mit einem Stäbchen ganz leicht entlang der Meridiane strich. Die Behandlung war nicht medizinisch indiziert. Ob die Massagebehandlung erfolgversprechend war, kann nicht festgestellt werden. Weiters kann nicht festgestellt werden, ob die Behandlung beim Kläger erfolgreich war.

Für die fünf Anpimomai-Therapien musste der Kläger EUR 640,00 bezahlen. Für Fahrten zu den fünf Anpimomai-Therapien legte der Kläger gesamt 440 km zurück, wodurch ihm Fahrtkosten von EUR 184,40 anfielen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung stellte das Erstgericht noch (disloziert) fest, dass dem Kläger aufgrund der Bruchheilungsstörung und der nachfolgenden operativen Eingriffe (einschließlich der Stabilisierung mittels Platte) eine erhebliche Bewegungseinschränkung mit Kraftminderung verbleibt.

In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht nach Darstellung der ständigen Rechtsprechung zur Globalbemessung ein Schmerzengeld von EUR 22.000,00 als angemessen. Dagegen seien die Kosten von EUR 640,00 für die fünf Anpimomai-Massageeinheiten nicht zu ersetzen, da sie weder ärztlich verordnet, noch medizinisch indiziert gewesen seien. Die Massagebehandlung habe auch keinen unmittelbaren Bezug zu den konkreten Verletzungen des Klägers gehabt. Die Behandlung sei auf Grundlage einer alternativen Therapieform erfolgt, deren Wirksamkeit nicht habe nachgewiesen werden können, ebenso wenig habe ein Behandlungserfolg noch die Notwendigkeit festgestellt werden können. Die in diesem Zusammenhang aufgelaufenen Fahrtkosten seien daher ebenfalls nicht zu ersetzen.

Der Kläger bekämpft dieses Urteil im Umfang der Abweisung von EUR 8.787,84 (EUR 8.000,00 an Schmerzengeld, EUR 640,00 an Massagekosten und EUR 147,84 Fahrtkosten zur Massagebehandlung). Der Kläger macht die Berufungsgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung „infolge Aktenwidrigkeit und unrichtiger Beweiswürdigung“ und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf einen weiteren Zuspruch von EUR 8.787,84 geltend; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung des Klägers ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner Tatsachenrüge bekämpft der Kläger die Feststellungen, wonach nicht festgestellt werden kann, ob die Massagebehandlung erfolgsversprechend war und ob die Behandlung beim Kläger erfolgreich war.

Begehrt werden die Ersatzfeststellungen, dass die durchgeführte Massagebehandlung zur Verarbeitung der Traumafolgen förderlich war, der Kläger dadurch die unfallbedingten Alpträume bewältigen und wieder gut schlafen konnte, der unfallbedingte Stress abgebaut und der Kläger entspannter wurde. Weiters, dass sich die Schmerzsituation verbessert hat, für das psychische Wohlbefinden war die Massagebehandlung sehr förderlich.

Warum die vom Kläger bekämpften Negativfeststellungen aktenwidrig sein sollen, führt er nicht aus und ist auch nicht erkennbar. Eine Aktenwidrigkeit als Rechtsmittelgrund liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, dass heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegebenen und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde, nicht aber schon dann, wenn das aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Sachverhaltsbild bloß vom Parteienvorbringen abweicht. Erwägungen der Tatsacheninstanz, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen werden können, fallen in das Gebiet der Beweiswürdigung, können aber weder eine Aktenwidrigkeit bilden, noch gegen den Dispositionsgrundsatz verstoßen (RS0043347; auch RS0043289). Das Erstgericht hat die Beweisergebnisse richtig wiedergegeben, dass die daraus gezogenen Schlüsse nicht den Vorstellungen des Klägers entsprechen, belastet das Urteil nicht mit Aktenwidrigkeit.

Aber auch die vom Kläger gerügte unrichtige Beweiswürdigung liegt nicht vor. Abgesehen davon das die begehrten Ersatzfeststellungen weitgehend nicht mit den bekämpften Feststellungen korrespondieren und zum Teil ergänzende Feststellungen, aber auch der Entfall von Feststellungen begehrt wird, womit keine ordnungsgemäß ausgeführte Beweisrüge vorliegt (vgl RS0041835), halten die bekämpften Feststellungen der durchzuführenden Plausibilitätskontrolle stand.

So begehrt der Kläger im Ergebnis den Entfall der Negativfeststellung, wonach nicht festgestellt werden kann, ob die Massagebehandlung (Anpimomai-Therapien) erfolgsversprechend waren. Insofern liegt keine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge vor, da es nicht genügt, die „ersatzlose“ Streichung einer Feststellung anzustreben (RS0041835 [T3]). Abgesehen davon hat das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zutreffend darauf hingewiesen, dass kein objektiver Nachweis des Erfolgs und keine detaillierte medizinische Dokumentation vorliegen, sodass es nicht verwundern kann, dass das Erstgericht hinsichtlich der Erfolgsaussichten von Anpimomai-Massagen eine Negativfeststellung treffen musste.

Auch die Negativfeststellung zum Behandlungserfolg beim Kläger begründete das Erstgericht nachvollziehbar damit, dass die subjektiven Berichte des Klägers über eine Verbesserung seines Zustands kein objektiver Nachweis des Erfolgs dieser Behandlungsmethode für die vorliegenden Verletzungen des Klägers sind. Das sich der Kläger aufgrund der Massagen besser fühlte, weil diese sehr entspannend waren und er gut schlafen konnte, ein Umstand den auch die Zeuginnen G* und H* attestieren, bestätigen lediglich ein subjektives Wohlbefinden im Sinne einer Entspannung des Klägers, nicht aber die Kausalität dieser Behandlungsmethode hinsichtlich der Heilung der festgestellten unfallbedingten Verletzungen. Aus dem Sachverständigengutachten wiederum folgt, dass es sich bei dieser Methode um keine unfallchirurgische Standardbehandlung für die vom Kläger erlittenen Verletzungen handeltund medizinisch nicht indiziert waren. Auch der Sachverständige konnte einen objektiven Erfolg dieser Behandlungsmethode für die Heilung der erlittenen Verletzungen nicht bestätigen. Angesichts dieser Beweislage bestehen keinerlei Bedenken an der bekämpften erstgerichtlichen Feststellung. Ergänzend ist festzuhalten, dass die begehrte Ersatzfeststellung, wonach die durchgeführte Massagebehandlung zur Verarbeitung der Traumafolgen förderlich gewesen sei, schon daran scheitert, dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren das Vorliegen behandlungsbedürftiger Traumafolgen nicht vorbrachte.

Insgesamt erweist sich die Tatsachenrüge damit als nicht berechtigt.

Auch in der Rechtsrüge reklamiert der Kläger den Zuspruch der Massagebehandlungen samt zugehöriger Fahrtkosten im Wesentlichen mit der Begründung, dass es auf einen Behandlungserfolg nicht ankomme, also auch jene Kosten zu ersetzen seien, die für die versuchte Heilung bzw Linderung zweckmäßig und angemessen sind. Entscheidend sei, dass der Kläger die Massagen selbst als förderlich für seine Genesung empfunden habe.

Mit dieser Argumentation übersieht der Kläger, dass ein privatrechtlicher Schadenersatzanspruch für die Kosten einer alternativen Behandlungsmethode (Außenseitermethode) - wie hier die Anpimomai-Therapie - voraussetzt, das entweder eine zumutbare erfolgsversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst nicht zur Verfügung stand oder eine solche erfolglos blieb (RS0104903 [T5] = RS0102470 [T10]; 3 Ob 116/19h; 7 Ob 63/10f; 3 Ob 283/08a). Zudem muss die angewendete alternative Methode im Einzelfall erfolgreich oder doch erfolgversprechend gewesen sein (RS0104903 [T4]). Da diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind, hat das Erstgericht zutreffend die vom Kläger begehrten Kosten für die alternative Behandlungsmethode samt darauf entfallender Fahrtkosten nicht zuerkannt.

Der Kläger achtet angesichts der festgestellten Verletzungen samt schwerwiegender Verletzungsfolgen die Schmerzengeldbemessung des Erstgerichtes für zu niedrig. Er meint auch im Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen sei das Schmerzengeld global mit EUR 30.000,00 angemessen.

Wie das Erstgericht schon zutreffend darlegte, ist der Schmerzengeldanspruch nach ständiger Rechtsprechung nach Art, Dauer und Intensität der Schmerzen nicht in festen Tagessätzen, sondern als Globalsumme unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der physischen und psychischen Schmerzen auszumitteln. Schmerzengeld ist nach freier Überzeugung (§ 273 ZPO) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles für alles Ungemach, dass der Verletzte bereits erduldet hat und voraussichtlich noch zu erdulden haben wird, grundsätzlich global festzusetzen (RS0031307). Das Schmerzengeld ist umso höher zu bemessen, je bedeutender die körperliche Verletzung, je länger die Heilung oder Gesundheitsstörung, je intensiver die mit der Verletzung verbundenen Schmerzen und je empfindlicher die üblen Folgen für das Leben und die Gesundheit des Verletzten sind, wobei auch seelische Schmerzen zu berücksichtigen sind. Es ist nicht tageweise festzulegen (RS0031363). Tendenziell scheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen (RS0031040 [T5]; 2 Ob 59/17s). Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist also auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen, allerdings zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstab anzulegen, wobei der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt werden darf (RS0031075).

Die Bemessung des Schmerzengeldes hat nicht nach starren Regeln zu erfolgen, sodass es auch nicht nach Art eines Tarifs für einzelne Tage oder sonstige Zeiteinheiten aufgrund festgestellter Schmerzperioden berechnet werden kann. Vielmehr ist jede Verletzung in ihrer Gesamtauswirkung nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu betrachten und auf dieser Basis eine Bemessung vorzunehmen (RS0125618).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erachtet das Berufungsgericht das mit EUR 22.000,00 ausgemittelte Schmerzengeld als zu gering bemessen, berücksichtigt man neben den erlittenen Verletzungen vor allem auch den langwierigen Heilungsverlauf infolge der aufgetretenen Bruchheilungsstörung und die verbliebene Bewegungseinschränkung. Erst rund 10 Monate nach dem Verkehrsunfall und nach zwei Operationen setzte eine beginnende Knochenheilung mit Ende Juli 2024 ein. Beim Kläger musste letztlich eine Stellungskorrektur des Oberarmknochens mit Stabilisierung mittels Platte durchgeführt werden und hatte er insgesamt eine Schulterarmbandage für sieben Wochen (einmal drei Wochen nach dem Unfall und einmal vier Wochen nach der Zweitoperation) zu tragen. Neben zahlreichen Narben verblieben dem Kläger aufgrund der Bruchheilungsstörung und der Stabilisierung mittels Platte eine erhebliche Bewegungseinschränkung mit Kraftminderung im rechten Schultergelenk. Letztendlich ist der Kläger auch mit der Prognose konfrontiert, dass sich letztlich auch die Notwendigkeit eines prothetischen Gelenksersatzes ergeben könnte. Angesichts dieser Umstände erachtet das Berufungsgericht ein Schmerzengeld von insgesamt EUR 30.000,00 als angemessen.

Dies entspricht auch den Schmerzengeldzusprüchen in vergleichbaren Fällen. Das OLG Innsbruck erachtete etwa für eine Verrenkung des rechten Oberarms samt Verletzung des Kapselapparates und der umgebenden Weichteile, Hautabschürfungen im Gesicht, Zerrung der HWS samt Ausbildung einer sogenannten Schultersteife mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung des Schultergelenks verbunden mit fünf Tagen starken, zwei Wochen mittelstarken, zehn Tagen leichten und sechs bis acht Wochen leichten Schmerzen auf die noch zu erwartende Lebenszeit ein Schmerzengeld von EUR 16.715,00 (=ATS 230.000,00), was zum Stichtag Oktober 2024 einem valorisierten Betrag von rund EUR 29.100,00 entspricht, für angemessen (OLG Linz Innsbruck 2 R 231/01i). Ebenso sprach das OLG Innsbruck einer 51-jährigen Hausfrau, die eine Verrenkung der linken Schulter mit Oberarmfraktur mit endlagiger Bewegungseinschränkung und mittelgradiger Einschränkung der Kraft der linken Schulter, Prellungen und Hautabschürfungen im Gesicht und am linken Oberarm erlitt, verbunden mit fünf Tagen starken, 17 Tagen mittelstarken, sechs Wochen leichten und für die Zukunft drei bis vier Wochen leichten Schmerzen pro Jahr bereits im Jahr 2000 EUR 18.168,00 (= ATS 250.000,00) zu, was valorisiert zum Stichtag Oktober 2024 einen Betrag von rund EUR 32.900,00 entspricht (OLG Innsbruck 1 R 41/00i). Das OLG Innsbruck erkannte im Jahr 2002 einer Pensionistin für einen schweren Oberarmkopftrümmerbruch mit Belastungsbeeinträchtigungen etwa bei Überkopftätigkeiten und extremen psychischen Belastungen bei fünf Tagen starken, drei bis vier Wochen mittelstarken und 14 bis 16 Wochen leichten Schmerzen EUR 18.634,00 (valorisiert zum Stichtag Oktober 2024 rund EUR 31.900,00) zu (OLG Innsbruck 1 R 230/02m). Das OLG Innsbruck hielt zu 1 R 69/18h bei einer distalen Oberarmtrümmerfraktur verbunden mit vier Tagen starken, zwei Wochen mittelstarken und 12 bis 14 Wochen leichten Schmerzen den Zuspruch eines valorisierten Betrages von rund EUR 28.100,00 für angemessen.

Auch der Oberste Gerichtshof hat einem 65-jährigen Prokuristen für einen offenen Trümmerbruch des distalen Oberarms mit Gelenksbeteiligung, neun größeren Fragmenten und Falschgelenksbildung bei verbleibender Unbeweglichkeit des Armes und schwerster Behinderung in der Ausübung der täglichen Verrichtungen verbunden mit acht Tagen starken, 30 Tagen mittelstarken und 200 Tagen leichten Schmerzen bereits im Jahr 1980 EUR 13.081,11 (= ATS 180.000,00) zuerkannt, was einem valorisierten Betrag von rund EUR 42.300,00 entsprach (8 Ob 29/80). Zu 11 R 193/09x wiederum erkannte das OLG Wien für einen Trümmerbruch des rechten Oberarms, einem Bruch der Schulterblattpfanne samt deutlicher Einschränkung der Schulter und Armbeweglichkeit verbunden mit fünf Tagen starken, 36 Tagen mittelstarken, 112 Tagen leichten und für die Zukunft drei bis vier Tage leichten Schmerzen pro Jahr EUR 30.000,00 (valorisiert zum Stichtag Oktober 2024 EUR 45.120,00) zu.

Auch wenn bei den letztgenannten beiden Entscheidungen die Verletzungen bzw Verletzungsfolgen sowie die Schmerzperioden schwerer wiegen, so zeigt doch der Vergleich mit den zitierten Vergleichsentscheidungen, dass das vom Erstgericht mit EUR 22.000,00 ausgemittelte Schmerzengeld zu gering bemessen ist und angesichts der doch schwerwiegenden Verletzungen und insbesondere den bleibenden Verletzungsfolgen ein Schmerzengeld von EUR 30.000,00 als angemessen zuzuerkennen ist.

Ausgehend davon war in teilweiser Stattgabe der Berufung des Klägers das zuzusprechende Schmerzengeld um EUR 8.000,00 zu erhöhen und spruchgemäß zu entscheiden.

Da sich das Erstgericht die Kostenentscheidung vorbehalten hat, ist durch das Berufungsgericht gemäß § 52 Abs 3 ZPO keine Kostenentscheidung zu treffen.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig, da die Bemessung des Schmerzengeldes jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängt.