JudikaturOLG Graz

8Bs169/25a – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
05. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer als Vorsitzenden und die Richter Mag. Petzner, Bakk. und Mag. Koller in der Strafsache gegen A* und weitere Angeklagte wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten B* gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 28. April 2025, GZ **-15a, nach der am 5. August 2025 in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. a Dexer, des Angeklagten B* und seiner Verteidigerin Rechtsanwältin Mag. a Scheriau durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruchs über die Schuld wird nicht Folge gegeben.

In teilweiser Stattgebung der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird über B* in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB die Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je EUR 18,--, im Uneinbringlichkeitsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und die für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von vier Monaten verhängt .

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichts Leoben vom 28. April 2025, GZ **-15a, wurde der am ** geborene B* der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (I./) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB nach § 107 Abs 1 StGB in Anwendung des § 39 Abs 1a StGB (US 6 und 16) zur Geldstrafe von 600 Tagessätzen zu je EUR 18,--, im Uneinbringlichkeitsfall 300 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und zur für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten (§ 43a Abs 2 StGB) verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Demnach haben – soweit für das Berufungsverfahren relevant – am 5. Jänner 2025 in **

I./ B*, D* und D* den A* mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie anlässlich eines Telefongespräches sinngemäß ankündigten, dass sie den Graben (gemeint: **, da es nur eine Straße dorthin gibt) mit dem Traktor sperren werden, sodass A* ihnen nicht mehr davon komme, sie ihm das Genick umdrehen und ihn in die ** schmeißen werden, ihn erschlagen werden und umlegen wollen“ […], wobei der Bedeutungsinhalt der Äußerungen jeweils darin lag, A* zumindest Schläge und dadurch verursachte Prellungen, Hämatome und Schürfwunden in Aussicht zu stellen;

II./ C* und B* den A* am Körper verletzt, indem […] sie ihm gemeinsam die Brille und Haube vom Kopf rissen und ihn festhielten und dabei mit den Unterarmen gegen seinen Hals drückten, wodurch er keine Luft bekam und sodann […] C* ihn mit verschiedenen Griffen fixierte und mit der Faust vier bis fünf Mal heftig auf ihn einschlug, wodurch A* zwei münzgroße Beulen an der linken Stirn, eine Beule über dem Jochbein, Schmerzen über dem linken Brustmuskel (und beidseitige Hämatome am Hals, US 9) erlitt.

Zu den Feststellungen, den beweiswürdigenden Erwägungen und den rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsseiten 5ff verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten B* wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO iVm § 489 Abs 1 StPO) und wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe (ON 28.2).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt kein Erfolg zu.

Zur Reihenfolge der Behandlung der Berufungspunkte und Nichtigkeitsgründe ist voranzustellen, dass eine wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung einer Rüge wegen § 281 Abs 1 Z 5 StPO nachgeht, jedoch vor einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe zu behandeln ist ( Ratz,WK StPO § 476 Rz 9).

Die Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO) ist nicht berechtigt, da die unterlassene Aufnahme von Verletzungen des A* im Urteilsspruch (Referat der entscheidenden Tatsachen gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO) und deren bloße Feststellung in den Entscheidungsgründen keine entscheidende Tatsache anspricht (vgl. Ratz, WK StPO § 281 Rz 399; RIS-Justiz RS0122137 [zur Abgrenzung von Versuch und Vollendung]). Im Übrigen liegt fallaktuell (US 2 iVm US 9) kein innerer Widerspruch (in der Form, dass zwei Aussagen unter Einbeziehung von Erfahrungswerten als zueinander im Widerspruch stehend, somit als nach den Denkgesetzen unvereinbar zu bewerten sind; Ratz, WK StPO § 281 Rz 439) vor; vielmehr bilden Urteilsgründe und Urteilsspruch eine Einheit und können zur Auslegung und Verdeutlichung des anderen Teils herangezogen werden (RIS-Justiz RS0098795, RS0116587).

Auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ist nicht erfolgreich, zumal gegen die Richtigkeit der im Urteil erster Instanz enthaltenen Feststellungen keine Bedenken bestehen (zum Prüfungsumfang des Berufungsgerichts RIS-Justiz RS0132299). Nach Durchführung des Beweisverfahrens nahm die Erstrichterin auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse eine ausführliche und überzeugende Abwägung vor, die gemessen am Akteninhalt mit den Denkgesetzen der Logik in Einklang steht und unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Lebenserfahrung gut nachvollziehbar ist. Feststellungen zur Tatbegehung in objektiver Sicht und zu den eingetretenen Verletzungen konnte das Erstgericht in nicht zu beanstandender Weise auf die Aussagen des (freigesprochenen Mit-)Angeklagten A* (ON 2.13; ON 15.2, 3ff) in Verbindung mit den Angaben der Zeugen E* (ON 2.14; ON 15.2, 19ff), F* (zu II./; ON 2.15; ON 15.2, 22ff) und G* (insbesondere zu I./; ON 2.17; ON 15.2, 21ff) sowie medizinische Unterlagen (ON 2.24 [Hämatome am Hals beidseits; dabei entspricht die erstmalige Dokumentation von Hämatomen knapp zwei Tage nach der Tat der allgemeinen Lebenserfahrung], ON 2.20) stützen. Dabei durfte es den guten persönlichen Eindruck der Genannten ebenso ins Kalkül ziehen wie den schlechten Eindruck, den die Angeklagten B*, C* und D* hinterließen. Die Erstrichterin setzte sich eingehend und nachvollziehbar mit den leugnenden Einlassungen des Rechtsmittelwerbers sowie der (weiteren) Mitangeklagten C* und D*, darin enthaltenen Abweichungen zueinander sowie zwischen den jeweiligen Deponaten vor der Polizei und vor Gericht auseinander und sprach diesen in nicht zu beanstandender Weise die Glaubwürdigkeit ab. Aus dem objektiven Geschehen erschloss die Erstrichterin in nicht zu beanstandender Weise die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (RIS-Justiz RS0116882) sowie zum Bedeutungsinhalt der gefährlichen Drohungen (zugunsten des Rechtsmittelwerbers ohnedies als verbale Übertreibung und somit Drohung mit einer Verletzung am Körper). Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld vermag insgesamt keine Bedenken an den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen aufzuzeigen.

Teilweise Berechtigung kommt hingegen der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe zu. Die konkrete Strafbefugnis ergibt sich aus § 107 Abs 1 StGB in Verbindung mit § 39 Abs 1a StGB und beträgt Freiheitsstrafe bis zu eineinhalb Jahren oder Geldstrafe bis zu 1.080 Tagessätzen. Milderungsgründe liegen keine vor (§ 34 Abs 1 Z 19 StGB ist nicht erfüllt, da die Verletzung des B* [vgl Ambulanzbefund ON 2.21] keine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung [von etwa 14-tägiger oder darüberliegender Dauer; vgl Riffel , WK 2-StGB § 34 Rz 41] darstellt). Dem gegenüber wirken erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), der Umstand, dass der Angeklagte bereits zweimal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt wurde (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB; zur Verwertbarkeit bei Anwendung des § 39 StGB: RIS-Justiz RS0091527; Riffel , WK 2StGB§ 32 Rz 59ff, 67) und (zu I./) die Tatbegehung in Gesellschaft (RIS-Justiz RS0090930). Entgegen der Beurteilung des Erstgerichts wirkt die Alkoholisierung nicht erschwerend, schließt fallbezogen (da sich aus dem Urteil AZ ** des Landesgerichts Leoben, mit welchem B* [bedingt] in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher nach § 22 Abs 1 StGB eingewiesen wurde, seine Alkoholisierung bei früheren Tathandlungen ergibt und er daher wissen musste, dass er in alkoholisiertem Zustand zu aggressivem Verhalten neigt) aber die Annahme des Milderungsgrundes nach § 35 StGB aus (vgl Riffel , WK 2StGB§35 Rz 8). Abstellend auf diesen Strafzumessungssachverhalt ist die vom Erstgericht ausgemittelte Strafe (Strafenkombination nach § 43a Abs 2 StGB, offenkundig ausgehend von einer hypothetischen Freiheitsstrafe [vgl. Jerabek/Ropper, WK² - StGB § 43a Rz 9; 14 Os 29/19z] von 12 Monaten) zugunsten des Angeklagten korrekturbedürftig. Schuld- und tatangemessen wäre eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten. Entgegen dem Begehren des Rechtsmittelwerbers wäre eine bedingte Nachsicht der ganzen Strafe nicht geeignet, die spezialpräventiven Sanktionserfordernisse – bei erneuter Delinquenz trotz einschlägiger Vorverurteilungen – zu erfüllen. Es bedarf einer fühlbaren Sanktionierung, die fallaktuell durch eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen (im Uneinbringlichkeitsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) erzielt wird. Unter dieser Voraussetzung kann die restliche Freiheitsstrafe von vier Monaten für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen werden. Die Höhe des Tagessatzes entspricht den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz.

Die Kostenentscheidung ist eine Folge der Sachentscheidung und gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.