JudikaturOLG Graz

1Bs22/25g – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
21. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a. Schwingenschuh als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Wieland und Mag. Redtenbacher in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB nach öffentlicher Verhandlung am 21. März 2025 in Gegenwart des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Philipp Holzbauer, Anwärter des Rechtsanwalts Mag. Klaus Zotter, über die Berufungen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Jugenschöffengericht vom 10. Dezember 2024, GZ **-52, und seine Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 6 StPO

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

2. den

Beschluss

gefasst:

der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch Schuldsprüche zu zwei weiteren Angeklagten enthält, wurde der am ** geborene afghanische Staatsbürger A* des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt und nach dieser Bestimmung in Anwendung des § 19 Abs 4 Z 1 JGG und des § 39 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von 44 Monaten, auf die gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB die Vorhaft vom 1. November 2024, 20.20 Uhr, bis zum 10. Dezmeber 2024, 10.17 Uhr, angerechnet wurde, sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Strafverfahrenskostenersatz verurteilt.

Nach dem – soweit für die Berufungsentscheidung relevanten - rechtskräftigen Schuldspruch hat A* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit B* und in verabredeter Verbindung mit ihm und C* am 31. Oktober 2024 in ** D* mit Gewalt fremde bewegliche Sachen, und zwar 300 Gramm Cannabiskraut, das in einem an den Schultern des Opfers befindlichen Rucksack verwahrt war, mit dem Vorsatz weggenommen, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem vorerst A* das Opfer von hinten erfasste und an dessen Rucksack zerrte, in weiterer Folge beide Täter ihn durch Umfassen des Körpers festzuhalten versuchten, wobei schließlich durch das vehemente Zerren die Träger des Rucksacks rissen und B* diesen in den Händen hielt.

Mit dem aus Anlass dieser Verurteilung gefassten Beschluss sah das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der A* in den Verfahren AZ ** und AZ ** jeweils des Landesgerichts Klagenfurt gewährten bedingten Entlassungen ab, verlängerte jedoch zum AZ  ** die Probezeit auf fünf Jahre.

Gegen das Urteil richten sich die Berufungen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt mit dem Begehren der Anhebung des Strafmaßes (ON 61) und des Angeklagten mit dem Ziel der Herabsetzung der Strafe (ON 70). Die Berufung des Angeklagten impliziert die Beschwerde gegen die Probezeitverlängerung.

Rechtliche Beurteilung

Den Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu.

Infolge der Bindung des Berufungsgerichts (§ 295 Abs 1 StPO) an den Ausspruch über die Schuld (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und das anzuwendende Strafgesetz (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) ist ausgehend vom rechtskräftigen Schuldspruch die über A* zu verhängende Sanktion grundsätzlich innerhalb des Strafrahmens des § 142 Abs 1 StGB (Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren) auszumessen. Infolge der (auch) gegen Leib und Leben gerichteten Tat, entfällt gemäß § 19 Abs 4 Z 1 JGG die Mindeststrafdrohung des § 142 Abs 1 StGB nicht (RIS-Justiz RS0134087). Vielmehr noch erfährt diese gemäß § 39a Abs 1 Z 5, Abs 2 Z 4 StGB aufgrund der Ausführung der Straftat unter Anwendung von Gewalt in verabredeter Verbindung mit zwei weiteren Personen eine Erweiterung auf zwei Jahre. Die Höchststrafdrohung wiederum erweitert sich gemäß § 39 Abs 1 StGB (um die Hälfte) auf 15 Jahre, weil der Angeklagte die vom Bezirksgericht Klagenfurt im Verfahren AZ ** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe bis zum 30. Juli 2021 verbüßte, die dem Urteil des Landesgericht Klagenfurt vom 1. August 2023, AZ **, zugrundeliegenden Taten gegen die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und Freiheit innerhalb von fünf Jahren nach der Entlassung aus dem vorangegangenen Strafvollzug beging und die aktuelle Tat gegen Leib und Leben nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahrs und innerhalb von fünf Jahren nach seiner bedingten Entlassung am 31. Oktober 2023 aus dem Vollzug der im Verfahren AZ ** verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten ausgeführt hat. Demgemäß reicht der anzuwendende Strafrahmen von zwei bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe.

Erschwerend fallen dem Angeklagten nach § 33 Abs 1 Z 2 StGB drei vorangegangene Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten zur Last. Unter dem Aspekt des Gesinnungsunwerts aggravieren die Tatbegehung während offener Probezeiten (RIS-Justiz RS0111324) und in Gesellschaft die Schuld des Angeklagten. Das Doppelverwertungsverbot nach § 32 Abs 3 StGB steht der Berücksichtigung dieser Strafzumessungsaspekte nicht entgegen, verbietet es doch lediglich die nochmalige Berücksichtigung von subsumtionsrelevanten Tatsachen (die schon die Strafdrohung bestimmen) auch als schuldrelevante Strafzumessungsfaktoren, nicht aber von (bloß) für eine Strafrahmenvorschrift entscheidenden Tatsachen (RIS-Justiz RS0091527 [T3]; RS0133690).

Mildernd kommt dem Angeklagten nach § 34 Abs 1 Z 1 StGB die Tatausführung nach Vollendung des 18., jedoch vor Vollendung des 21. Lebensjahrs zugute. Ebenso wirkt sich nach § 34 Abs 1 Z 17 StGB das reumütige Geständnis mildernd aus. Die Sicherstellung der Beute mindert zwar geringfügig den Schuldgehalt der Tat unter dem Aspekt des Erfolgsunwerts, stellt allerdings den auf Vermögensdelikte eingeschränkten Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 13 StGB nicht her.

Wenngleich die Staatsanwaltschaft mit dem Hinweis auf die schuldsteigernde Wirkung des Bewährungsversagens des Angeklagten im Recht ist, übergeht sie doch die schuldmindernde Bedeutung seines zur Tatausführung unter 21 Jahren liegenden Lebensalters und der bloß geringfügigen Überschreitung der Unterschwelle strafbarer Gewaltanwendung. Die Behauptung bloß mittelbarer Gewaltausübung orientiert sich nicht an den auf der Verantwortungsübernahme des Angeklagten beruhenden Feststellungen der Tatrichter (ON 52, 5 und 7).

In Abwägung dieser Starfzumessungsumstände steht das nahezu das Doppelte der Mindeststrafdrohung ausschöpfende Strafmaß in angemessenem Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Tat und zur persönlichen Täterschuld des Angeklagten.

Folge der Sachentscheidung ist die auf § 390a Abs 1 StPO gegründete Verpflichtung des Angeklagten auch zum Ersatz der durch sein Rechtsmittel verursachten Kosten des Berufungsverfahrens.

Zum Beschluss:

In Anbetracht der Tatbegehung während offener Probezeiten und trotz zweimaliger Hafterfahrungen stellt die Verlängerung der im Verfahren AZ ** des Landesgerichts Klagenfurt bestimmten Probezeit auf fünf Jahre die gelindeste Maßnahme zur notwendigen Anleitung des Angeklagten zu hinkünftigem Wohlverhalten dar (§ 494a Abs 6 StPO). Demgemäß ist der implizierten Beschwerde des Angeklagten der Erfolg zu versagen.