6Ra10/25z – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende und die Richterinnen Mag a . Gassner und Dr in . Meier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fössl (Arbeitgeber) und Zimmermann (Arbeitnehmer) als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. B*, Rechtsreferent der Kammer für Arbeiter und Angestellte fürC*, Außenstelle **, **, gegen die beklagte Partei D* GmbH Co KG , **, vertreten durch die Fürlinger Langoth Obermüller Rachbauer Rechtsanwälte GmbH Co KG in Linz, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses (Streitwert nach GGG: EUR 750,00; nach RATG: EUR 2.000,00), über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Jänner 2025, GZ: **-33, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist binnen 14 Tagen schuldig, der Klagsvertretung, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für C*, den pauschalierten Aufwandersatz für das Berufungsverfahren in Höhe von EUR 680,00 binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war ab 26. Oktober 2020 bei der Beklagten als Produktionsmitarbeiterin vollzeitbeschäftigt. Sie wurde am 24. April 2024 gekündigt und der Kündigungstermin war der 30. Juni 2024.
1. Zur Tätigkeit und Einsetzbarkeit der Klägerin
Die Klägerin war bei der Beklagten ab 26. Oktober 2020 als Arbeiterin im Schichtbetrieb in der Organisationseinheit „Mechanische Bearbeitung“, Abteilung MEBA **, vollzeitbeschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Kollektivertrag für Arbeiter der eisen- und metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie anzuwenden. Die Klägerin erlernte diesen Beruf nicht, es handelt sich bei ihrer Tätigkeit um eine im Betrieb angelernte Tätigkeit. Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt der Klägerin in den Monaten April und März 2024 (abzüglich Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung) betrug EUR 3.099,50 .
Die Abteilung MEBA ** arbeitete zum Zeitpunkt der Kündigung der Klägerin im Dreischichtbetrieb. Aktuell erfolgt die Arbeit nicht mehr dreischichtig, weil Produkte eingestellt wurden. E* war der Teamleiter der mechanischen Bearbeitung. Die Klägerin war während ihres gesamten Arbeitsverhältnisses regelmäßig an der Maschine ** und auch als Schleiferin bei **, ** und ** eingesetzt. Die Maschine ** fertigte verschiedene Teile wie etwa Fersenbleche, Längsträger, Scharnierverstärkungen, an.
Die Klägerin konnte folgende Tätigkeiten laut Qualifikationsmatrix der Beklagten verrichten:
• ** Schleifen
• **
• ** + Montage + Lehren + Richten Fersenbleche
• ** + Montage + Lehren + Richten + Schleifen Federbein
Darüber hinaus konnte die Klägerin noch folgende Tätigkeiten verrichten:
• ** Schleifen
• ** Schleifen
• ** setzen
• ** Schleifen, Auflegen, Richten
Die Klägerin hatte grundsätzlich auch überall „Richten“ können. Jedoch wird diese Tätigkeit im Betrieb eher von männlichen Mitarbeitern ausgeführt, weil diese eine sehr schwere manuelle Tätigkeit darstellt. Die Klägerin hatte diese Tätigkeit aber bereits verrichtet. Die Klägerin war daher sehr vielseitig einsetzbar. Man hätte die Klägerin aber nach einer gewissen Anlernzeit überall einsetzen können. Die Klägerin hat alle ihr übertragenen Aufgaben selbständig erledigt . Die Klägerin verrichtete während ihres Arbeitsverhältnisses die angelernten Tätigkeiten in der MEBA ** stets unbeanstandet. Niemand kritisierte die Arbeit der Klägerin. Sie erbrachte ihre Stückzahl. Die Arbeitsleistung der Klägerin hat während ihres Arbeitsverhältnisses auch nicht abgenommen. Die Maschine ** ist auf einen gewissen Takt eingestellt, wodurch die Stückzahlen ohnedies von jedem Mitarbeiter erreicht werden (müssen).
2. Zum Krankenstand der Klägerin
Die Klägerin war in den Jahren 2022 bis 2024 insgesamt sechsmal im Krankenstand. Die Krankenstände von 21. Juni bis 23. Juni 2022, 15. Dezember bis 20. Dezember 2022 sowie 11. April bis 19. April 2023 und 13. Juli bis 14. Juli 2023 standen in Zusammenhang mit einer „gewöhnlichen“ Krankheit, beziehungsweise der Nachwirkung einer Impfung.
Der Krankenstand von 8. August bis 30. September 2022 und 1. August 2023 bis 1. März 2024 stand in Zusammenhang mit Problemen am Fuß der Klägerin . Die Klägerin leidet unter einem Spreizfuß, vor allem rechts. Durch diesen kam es zur Ausbildung eines sogenannten Hallux valgus. Dieser wurde erstmalig im Jahr 2007 operiert. Am 10. Oktober 2023 kam es zu einer Revisionsoperation mit einer Teilentfernung und Anlegen eines Gipsverbandes und am 19. Dezember 2023 zu einer neuerlichen Revisionsoperation mit einem kortikalen Span. Die Dauer des von der Klägerin in Anspruch genommenen Krankenstandes in Zusammenhang mit diesem Beschwerdebild und den Behandlungen ist medizinisch nachvollziehbar. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 20. April 2024 bestand keine Wahrscheinlichkeit weiterer Krankenstände. Die Arbeitsfähigkeit der Klägerin ist nach Abschluss der Operation wiederhergestellt. Auch ist in Zukunft nicht mit dem Auftreten weiterer Krankenstandshäufungen in diesem Zusammenhang zu rechnen. Die Klägerin kann nunmehr mit neuen speziellen Einlangen gut gehen, sowohl im Arbeitsschuh als auch im Privatschuh .
Während ihres Krankenstandes hat die Klägerin ihren direkten Vorgesetzten E* laufend über den Verlauf ihres Krankenstandes, die Operationen sowie die Rehabilitation informiert. Der Klägerin wurde damals mitgeteilt, dass nach der Operationen alles wieder gut werde und dass nach einer kurzen Therapie wieder alles gut werde und sie wieder normal arbeiten könne. Davon ging sie auch aus. Dies hat sie auch ihrem Vorgesetzten E* so weitergegeben. Weder ihr direkter Vorgesetzter E* noch der Bereichsleiter oder der Personalchef sprach eine Verwarnung aus oder kündigte Konsequenzen an. E* selbst war der Ansicht, dass die Situation mit der Klägerin wieder besser wird, wenn die Operation gut gelungen ist. Trotz allfälliger Probleme am Fuß konnte die Klägerin ihre Tätigkeit stets ausreichend ausführen, weil diese an einem statischen Platz ausgeführt wird. Die Fußverletzung hatte daher keine Auswirkung auf den Arbeitsalltag der Klägerin .
Die Klägerin wurde von der Beklagten nicht aufgefordert, sich vom Betriebsarzt untersuchen zu lassen. Ihr wurde dies auch nicht vorgeschlagen. Nach der Rückkehr aus dem Krankenstand konnte die Klägerin ihre Tätigkeit ohne Einschränkung wieder verrichten .
3. Zur Kündigung der Klägerin
Die Klägerin kehrte Anfang März 2024 aus ihrem Krankenstand zurück. Die Beklagte kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 24. April zum 30. Juni 2024. Die Kündigung ging der Klägerin am 24. April 2024 zu. Die Kündigung erfolgte im Büro des Bereichsleiters F*. Der Klägerin wurde keine Begründung für die Kündigung genannt, weshalb die Klägerin das Kündigungsschreiben nicht unterschrieb. Der Betriebsrat der Beklagten wurde über die beabsichtigte Kündigung verständigt und erhob Einspruch dagegen, kam aber dem Verlangen der Klägerin, die Kündigung anzufechten, nicht nach .
Die Klägerin hatte zuvor keine Weisung erhalten, sich weiterzubilden oder umzuschulen. Der Klägerin wurde auch kein anderer Arbeitsplatz oder eine Umschulung angeboten. Im Vorfeld zur Kündigung gab es keine Gespräche bezüglich einer Möglichkeit zur Umschulung. Der Klägerin wurde auch nicht – wie anderen Mitarbeitern der Beklagten – die Staplerschulung angeboten . Die Klägerin wäre bereit gewesen, sich umschulen oder in anderen Bereichen anlernen zu lassen. Sie hätte auch versucht, den Staplerschein zu machen, wenn ihr dies angeboten worden wäre .
Die Entscheidung über die Kündigung der Klägerin erfolgte nicht durch den direkten Vorgesetzten E*. Dieser war überhaupt nicht in die Entscheidung oder Entscheidungsfindung eingebunden. Er wurde auch im Vorhinein nicht über die Klägerin, deren Krankenstand oder deren Gesundheitsprognose befragt. Zeitgleich wurde kein weiterer Arbeiter in der Abteilung der Klägerin gekündigt. F* war als Bereichsleiter ebenfalls nicht direkt in die Entscheidung über die Kündigung der Klägerin involviert, sondern nahm diese lediglich vor. F* wusste auch nicht, warum gerade die Klägerin ausgewählt wurde. Er wusste aber um ihre vielen Abwesenheiten.
Zum Zeitpunkt der Kündigung der Klägerin kam es zu einem großen Rückgang in der Nachfrage und die Beklagte hatte zu viel Personal. Bereits zum Zeitpunkt der Kündigung der Klägerin war klar, dass gewisse Produkte Ende des Jahres 2024 auslaufen würden. Die Beklagte hatte daher zu viel Personal und versuchte, Kapazitäten durch natürlichen Abgang in Form von Mitarbeiterselbstkündigungen, Pensionen und Leiharbeiterrückstellungen zu verringern. In Summe schrumpfte die gesamte Abteilung um etwa 50 bis 55 Mitarbeiter von November 2023 bis November 2024.
Abteilungsleiter der Klägerin, und damit auch Vorgesetzter des Bereichleiters F* sowie des Teamleiters E*, war G*. Ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung macht wöchentlich Meetings mit den Bereichsleitern sowie mit dem Abteilungsleiter. Dort wird die wöchentlich aktuelle Personalsituation durchgegangen und dabei auch die Auftragslage, die Abrufsituation, die Krankenstände, die Urlaube und der jeweilige Bedarf durchgegangen.
In einem derartigen Meeting, bei dem der Mitarbeiter der Personalabteilung, H* sowie G* – nicht jedoch F* als Bereichsleiter für die Klägerin – anwesend waren, wurde die Kündigung der Klägerin beschlossen und dem Geschäftsführer I* weitergegeben. Die Entscheidungsträger der Beklagten unterließen es dabei, sich vor dem Ausspruch der Kündigung der Klägerin mit der Gesundheitsprognose der Klägerin ausreichend auseinanderzusetzen.
Auf Nachfrage des Geschäftsführers, warum die Wahl auf die Klägerin gefallen sei, antwortete der Personalist H*:
„Die Kandidaten wurden mir von Herrn G* persönlich bekannt gegeben. In meinem Büro, soweit ich informiert bin, hat Herr G* mit seinen Bereichsleitern die Entscheidung besprochen.“
I* wusste nicht, dass der Teamleiter dies mit der Klägerin nicht besprochen hatte. Über nochmaliges Nachfragen bei G* erfuhr I*, wie viel reduziert werden müsse und wer ein sogenannter „Low Performer“ sei. Diese Bezeichnung wird unter anderem Mitarbeitern mit Langzeitabwesenheiten verliehen. Die Klägerin wurde als „Low Performerin“ aufgrund ihrer Langzeitabwesenheit ausgewählt. Einer damals allenfalls angestellten Zukunftsprognose lagen jedenfalls keine fundierten Auskünfte eines Mediziners, der Klägerin, oder deren direkten Vorgesetzten E* zugrunde.
Zeitgleich mit der Klägerin wurden im gesamten Betrieb zehn Mitarbeiter gekündigt, welche jedoch in anderen Bereichen und Abteilungen tätig waren. Davor gab es keine Gespräche mit dem Betriebsrat. Dieser wurde vor vollendete Tatsachen gestellt und war sowohl über den Ausspruch der Kündigungen als auch über die Anzahl der gekündigten Mitarbeiter sehr überrascht. Der Betriebsrat führte dabei auch die Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes ins Treffen und verwies auf die Beschäftigung zahlreicher Leiharbeiter. Es gibt im Betrieb der Beklagten Differenzen zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat, welche bereits zu mehreren Gerichtsverfahren führten. Der Betriebsrat erhob Einspruch gegen die beabsichtige Kündigung .
4. Zu den Leiharbeitnehmern
Die Beklagte beschäftigte in der Abteilung MEBA ** vor dem sowie im Mai 2024 und über den 30. Juni 2024 hinaus mehrere Leiharbeitnehmer. Die Klägerin hätte unter anderem die nach dem 30. Juni 2024 weiter ausgeführten Arbeiten der Leiharbeitnehmer J*, K* L*, M*, N*, O* L*, P* und Q* ohne weitere Umschulungen erledigen können . Die Leiharbeitnehmer in der MEBA ** verfügen nicht über eine bessere Qualifikation, vielseitigere Einsetzbarkeit oder andere Zusatzfähigkeiten als die Klägerin.
Die Klägerin ist etwa flexibler einsetzbar als K* L*, welche nur auf einem Produkt angelernt ist. J* ist weder schlechter noch besser geeignet als die Klägerin. P* war nicht flexibler einsetzbar als die Klägerin. Vielmehr waren die Leiharbeitnehmer teilweise auf lediglich einen Arbeitsplatz eingeschult und es war nicht vorgesehen, dass diese für unterschiedliche Arbeitsplätze eingelernt werden. Die Klägerin war in dieser Hinsicht flexibler einsetzbar. Die Tätigkeit an der ** ist nicht weggefallen. Im unmittelbaren Arbeitsbereich der Klägerin sind aktuell (Stand Juli 2024) nach wie vor die bereits zum Zeitpunkt ihrer Kündigung beschäftigten Leiharbeitnehmer J*, N*, O* L*, P*, K* L*, R*, Q* und S* tätig. Die von diesen ausgeführten Arbeiten „** bestücken rechts“, „Schleifen ** rechts“ und „** Federstütze Montage“ konnte die Klägerin unter anderem erledigen und diese wurden von ihr auch bereits durchgeführt. An der von der Klägerin zumeist bedienten Maschine ** war ab Juli 2024 zumeist R*, eine Stammmitarbeiterin, tätig.
Mit Klage vom 14. Mai 2024 begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis zur Beklagten über den 30. Juni 2024 hinaus aufrecht fortbestehe; ein ursprünglich auf Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit gerichtetes Eventualbegehren wurde zurückgezogen. Dazu bringt sie vor, die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen § 2 Abs 3 AÜG nichtig. Im Betrieb der Beklagten würden zahlreiche überlassene Arbeitskräfte weiterbeschäftigt, deren Tätigkeiten die Klägerin übernehmen und ausüben könnte. Bei den in der Abteilung der Klägerin, aber auch in anderen Abteilungen beschäftigten Leiharbeitnehmern handle es sich um keine Fachkräfte mit Facharbeitertätigkeiten, sondern um typische Produktionsarbeiter, die nicht über eine bessere Qualifikation, vielseitigere Einsetzbarkeit oder Zusatzfähigkeiten verfügten, als die Klägerin. Die Klägerin wäre in der Lage und auch gewillt gewesen, sämtliche Tätigkeiten zu übernehmen, die von den weiterbeschäftigten Leiharbeitern erledigt würden. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, die Leiharbeiter zurückzustellen und der Klägerin deren Tätigkeiten zu übertragen. Die Klägerin habe durchgehend eine gute Stückzahl erreicht, es habe nie eine Beschwerde über ihre Arbeitsleistungen gegeben. Richtig sei, dass sie längere Krankenstände zu verzeichnen gehabt habe, die damit im Zusammenhang stehenden Beschwerden am Fuß, bedingt durch mehrfache Operationen, seien aber vollständig abgeklungen. Im Zeitpunkt der Kündigung sei der Krankenstand der Klägerin bereits beendet und klar gewesen, dass die Klägerin wieder vollständig arbeitsfähig sei, die Beklagte habe daher vor deren Ausspruch entweder keine oder eine falsche Prognose über künftige Krankenstände erstellt. Wirtschaftliche Verhältnisse der Beklagten seien für die Kündigung nicht von Relevanz, wenn vergleichbare Leiharbeitnehmer im Betrieb verblieben und stattdessen Stammarbeiter gekündigt würden.
Die Beklagte bestreitet und wendet ein, es lägen triftige personenbezogene Gründe vor, die Ausschlag für die Kündigung der Klägerin gegeben hätten. Sie habe nur unzureichende Arbeitsleistungen erbracht, ihre Zukunftsprognose sei negativ gewesen. Insbesondere die Krankenstandsdauer von über neun Monaten in den letzten zwei Jahren sei in Zusammenschau mit einer schwachen Arbeitsleistung nicht hinnehmbar gewesen. Ein Zusammenhang zu den im Betrieb der Beklagten beschäftigten Leiharbeitern bestehe nicht. Es liege keine Austauschkündigung vor. Die Klägerin sei an ihrem Stammarbeitsplatz (Bearbeitungsmaschine „**“) nicht durch einen Leiharbeiter ersetzt worden, sondern durch eine Stammmitarbeiterin. Im Arbeitsbereich der Klägerin seien seit ihrer Kündigung keine Leasingmitarbeiter mehr aufgenommen worden. Zudem mache der Umstand, dass ein Leiharbeiter weiterbeschäftigt werde, während ein Stammarbeitnehmer aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt werde, dessen Kündigung noch nicht nichtig, wenn der verbleibende Leiharbeiter deutlich besser qualifiziert sei. Die Beklagte leide als Automobilzulieferer massiv unter den negativen wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Monate, massive Auftrags- und Umsatzrückgänge hätten notwendige Anpassungen im Personalstand mit sich gebracht. Dabei sei die Beklagte keinesfalls gezwungen, Leasingarbeitskräfte, die in jeder Hinsicht deutlich besser abschneiden würden, als die Klägerin, zurückzustellen. Aufträge, für die die Klägerin einsetzbar gewesen sei, seien entweder überhaupt weggefallen oder massiv zurückgegangen. Es mache daher keinen Sinn, die Klägerin wieder einzustellen, weil es keine Arbeit für sie gebe. In Anbetracht der zum Kündigungszeitpunkt bereits erreichten Krankenstandsdauer sei die Prognose, dass wohl weitere Langzeitkrankenstände zu befürchten seien, in einer ex-ante-Betrachtung plausibel gewesen. Insgesamt sei die Kündigung der Klägerin daher sowohl durch in ihrer Person gelegene Gründe als auch durch betriebliche Interessen begründet gewesen.
Mit dem angefochtenen Urteil gibt das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Es trifft die eingangs wiedergegebenen, soweit im Berufungsverfahren strittig, kursiv dargestellten Feststellungen. Rechtlich kommt es nach ausführlicher Darstellung der Rechtslage, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, betreffend den vorliegenden Fall zum Ergebnis, eine Austauschkündigung im engeren Sinn liege nicht vor, weil nach der Kündigung der Klägerin keine neuen Leiharbeiter in der Abteilung MEBA ** aufgenommen worden seien. Allerdings habe die Beklagte in dieser Abteilung bis zum 24. April 2024 und auch nach 30. Juni 2024 weiterhin Leiharbeiter beschäftigt, die Tätigkeiten ausführten, welche die Klägerin ohne Weiteres (teilweise nach entsprechender Anlehrung) durchführen hätte können. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung zu GZ: 8 ObA 31/13m klargestellt habe, bedürfe die Kündigung eines Stammmitarbeiters bei weiterem Einsatz von Leiharbeitnehmern zu ihrer Rechtswirksamkeit eines triftigen Grundes. Ein solcher triftiger Grund liege nach den getroffenen Feststellungen nicht vor. Die Arbeitsleistung der Klägerin sei weder vor noch nach ihrem Krankenstand unzureichend gewesen. Personenbedingte Kündigungsgründe könnten zwar grundsätzlich auch durch lang andauernde oder häufig auftretende Krankenstände verwirklicht sein, bei der vorzunehmenden Interessenabwägung müsse der Arbeitgeber jedoch auch die zukünftige Entwicklung der Verhältnisse miteinbeziehen und eine Zukunftsprognose über die weitere Arbeitsfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers anstellen. Eine ungünstige Prognose könne aus der anhaltend steigenden Zahl der Krankheitstage bei regelmäßigen Krankenständen abgeleitet werden, allerdings könnten in der Vergangenheit aufgetretene Krankenstände nicht als persönliche Kündigungsrechtfertigungsgründe herangezogen werden, wenn sie für die künftige Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers nicht aussagekräftig seien, weil die zugrundeliegende Krankheit überwunden sei. Für das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes sei der Arbeitgeber beweispflichtig; wenn er sich bei Erstellung der Zukunftsprognose nicht mit der Art der Erkrankung und deren Ursachen auseinandersetze, trage er das Risiko, dass sich der von ihm angenommene Kündigungsgrund später im gerichtlichen Verfahren als nicht berechtigt erweise. Im Anlassfall hätten die bisherigen Langzeitkrankenstände allesamt mit den Fußbeschwerden der Klägerin im Zusammenhang gestanden, mit weiteren Krankenständen sei in diesem Zusammenhang seit der zweiten Operation jedoch nicht mehr zu rechnen. Die Beklagte habe es völlig unterlassen, sich mit der Art der Erkrankung und deren Ursachen auseinanderzusetzen und eine Zukunftsprognose zu erstellen. Weder habe sie sich mit dem direkten Vorgesetzten der Klägerin über Art und Ausmaß der Krankenstände ausgetauscht, noch habe sie von der Klägerin Informationen, wie Befunde oder Unterlagen zur Erstellung einer derartigen Prognose gefordert. Auch der Betriebsarzt sei nicht beigezogen worden. Da sich die Beklagte mit der Krankheit der Klägerin nicht auseinandergesetzt habe, könne aufgrund der Tatsache, dass sich die Krankheit im Zeitpunkt der Kündigung bereits als ausgeheilt erwiesen habe, dieser personenbezogene Kündigungsrechtfertigungsgrund nicht geltend gemacht werden. Auch im Zusammenhang mit der von der Beklagten ins Treffen geführten Einsetzbarkeit liege kein Grund für die Kündigung der Klägerin vor, weil diese äußerst flexibel, sogar flexibler als weiterbeschäftigte Leiharbeitnehmer, einsetzbar und auch zu einer allfälligen Umschulung bereit gewesen sei. Schließlich sei das Argument von Rationalisierungsmaßnahmen unter dem Aspekt der Schutzbestimmungen des AÜG hintanzustellen. Nach den Feststellungen sei die Klägerin die einzige Mitarbeiterin, die in ihrer Abteilung gekündigt worden sei, während zugleich Leiharbeitnehmer behalten worden seien. Sofern tatsächlich Rationalisierungsmaßnahmen erforderlich gewesen seien, hätten zunächst weniger geeignete Leiharbeitnehmer zurückgestellt werden müssen, anstatt die – weitaus besser und flexibler einsetzbare – Klägerin zu kündigen. Erhebliche Nachteile, die aus der Weiterbeschäftigung der Klägerin folgen könnten, seien nicht erkennbar. Nach den Feststellungen würden teilweise genau jene Tätigkeiten, die zuvor von der Klägerin verrichtet worden seien, nunmehr von Leiharbeitnehmern verrichtet. Zusammengefasst sei die Gefährdung des Arbeitsplatzes der Klägerin durch den Einsatz der Leiharbeiter offenkundig, die Beklagte habe keine ausreichenden anderen Motive für die Kündigung nachweisen können.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden war, ist nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht erachtet die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig und die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend, sodass auf deren Richtigkeit zu verweisen ist (§ 500a ZPO). Den Rechtsmittelausführungen ist in der gebotenen Kürze Nachstehendes zu entgegnen:
I. Mit ihrer formal unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung erhobenen Kritik rügt die Beklagte größtenteils fehlende Feststellungen (einerseits dazu, dass es im Zeitpunkt der Kündigung keine verfügbaren Arbeitsplätze im Betrieb der Beklagten gegeben habe, andererseits dazu, dass die Schicht der Klägerin gestrichen und nicht nachbesetzt worden sei, die Tätigkeit an der ** sei daher bloß „grundsätzlich“ nicht weggefallen), die der Rechtsrüge zuzuordnen und dort zu behandeln sind (RIS-Justiz RS0043304; RS0043283; Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 496 ZPO Rz 10 uva).
Auf Tatsachenebene bekämpft die Beklagte (nur) die auf Urteilsseite 6 getroffene Feststellung, „die Entscheidungsträger der Beklagten unterließen es dabei, sich vor dem Ausspruch der Kündigung der Klägerin mit der Gesundheitsprognose der Klägerin ausreichend auseinanderzusetzen.“, an deren Stelle sie festgestellt haben möchte: „Die Entscheidungsträger der Beklagten schätzten die Prognose der Klägerin aufgrund der ihnen vorliegenden Informationen, insb der lang anhaltenden Krankenstände im letzten Jahr, als negativ ein.“.
Begründend führt sie aus, grundsätzlich handle es sich wohl um eine dislozierte rechtliche Beurteilung, die aus Vorsichtsgründen bekämpft werde. Die Feststellung sei von keinen Beweisergebnissen getragen, die Beweiswürdigung des Erstgerichts gehe „schlichtweg an den betrieblichen Realitäten vorbei“. Die Beklagte als Arbeitgeberin könne vom Arbeitnehmer nicht verlangen, die Krankengeschichte offen zu legen oder sich einer Begutachtung zu unterziehen. In dem Zusammenhang habe der Personalleiter der Beklagten nachvollziehbar darauf verwiesen, man habe sich dabei bereits „die Finger verbrannt“. Eine Information, dass künftig nicht mehr mit Krankenständen zu rechnen sei, habe die Klägerin nie an die Beklagte übermittelt.
Für die gesetzmäßige Ausführung einer Tatsachen- und Beweisrüge muss der Rechtsmittelwerber deutlich zum Ausdruck bringen, a.) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, b.) infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung diese Feststellung getroffen wurde, c.) welche Tatsachenfeststellung stattdessen begehrt wird und d.) aufgrund welcher Beweisergebnisse und -erwägungen diese Ersatzfeststellung zu treffen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0041835; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 ZPO Rz 15 mwN).
Diesen Anforderungen genügt die Berufung nicht. Abgesehen davon, dass sich die Beklagte mit der die bekämpfte Feststellung ausführlich begründenden Beweiswürdigung (Urteilsseiten 9 bis 10) nicht auseinandersetzt, nennt sie kein Beweismittel für die begehrte Feststellung.
Zutreffend ist zwar der Hinweis, die bekämpfte Feststellung beinhalte auch eine rechtliche Bewertung; daraus ist für die Beklagte jedoch nichts zu gewinnen. Auch wenn es sich bei der Bewertung, ob sich aus dem Verhalten der Beklagten im Lichte der diesbezüglichen Rechtslage eine „ausreichende“ Erstellung einer Gesundheitsprognose ergibt, um eine rechtliche Beurteilung handelt: Der Schlussfolgerung des Erstgerichts, hier sei keine ausreichende Prognose erstellt worden, liegen zahlreiche (unbekämpfte) Feststellungen zugrunde, die diese Ansicht stützen. So steht fest, dass die Klägerin von der Beklagten nicht aufgefordert wurde, sich vom Betriebsarzt untersuchen zu lassen. Ihr wurde dies auch nicht vorgeschlagen (Urteilsseite 5, mittig). Die Entscheidung über die Kündigung der Klägerin erfolgte nicht durch den direkten Vorgesetzten E*, dem die Klägerin zuvor mitgeteilt hatte, dass sie nach der Operation nach kurzer Therapie wieder normal arbeiten könne (Urteilsseite 5, zweiter Absatz); dieser wurde im Vorhinein nicht über die Klägerin, deren Krankenstand oder deren Gesundheitsprognose befragt (Urteilsseite 6, zweiter Absatz). In einem wöchentlichen Meeting, in dem ua die aktuelle Personalsituation, Krankenstände sowie die Auftragslage durchgegangen werden, wurde die Kündigung der Klägerin beschlossen und dem Geschäftsführer mitgeteilt; auf dessen Nachfrage, warum die Wahl auf die Klägerin gefallen sei, wurde auf G* verwiesen, der die Klägerin als „Low Performerin“ aufgrund ihrer Langzeitabwesenheit ausgewählt habe, wobei einer damals allenfalls angestellten Zukunftsprognose keine fundierten Auskünfte eines Mediziners, der Klägerin oder deren direkten Vorgesetzten E* zugrunde lag (Urteilsseiten 6 f). Aus alldem folgerte das Erstgericht nachvollziehbar, dass es die Beklagte im Fall der Klägerin vor Ausspruch der Kündigung unterlassen habe, eine realistische Prognose für die Zukunft zu treffen, vielmehr nur die vergangenen Krankenstände betrachtet und die Klägerin in diesem Zusammenhang als „Low Performerin“ qualifiziert habe (vgl dazu die unmissverständlichen Ausführungen in der Beweiswürdigung auf Urteilsseite 9 f sowie im Rahmen der rechtlichen Beurteilung auf Urteilsseite 13, vorletzter Absatz).
All diese Feststellungen sind durch die vorliegenden Beweisergebnisse gedeckt und wurden vom Erstgericht nachvollziehbar begründet; sie werden in der Berufung ohnehin nicht bekämpft. Nur zur Vollständigkeit ist der Berufung daher, soweit sie dem Erstgericht vorwirft, die Beweiswürdigung gehe „schlichtweg an den betrieblichen Realitäten vorbei“ – ohne freilich auf konkrete Ausführungen des Erstgerichts Bezug zu nehmen und auszuführen, worin genau die vorgeworfene Realitätsferne begründet sein soll – zu antworten: Darauf, ob der Beklagten durchsetzbare Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, den Gesundheitszustand ihrer Arbeitnehmerin zu erforschen, worauf die Berufung Bezug nimmt, kommt es überhaupt nicht an. Entscheidend ist im Anlassfall, dass die Beklagte keinen Versuch unternommen hat, den künftig zu erwartenden Gesundheitszustand zu erheben, sei es auch nur durch Befragen der Klägerin oder ihres direkten Vorgesetzten, was ihr jedenfalls zumutbar gewesen wäre. Ausgehend davon entbehrt die Kritik der Beklagten in ihrer Berufung jeder Grundlage.
Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung daher den vom Erstgericht festgestellten, durch die Berufungsausführungen nicht erschütterten Sachverhalt zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
II. In rechtlicher Hinsicht hält die Beklagte ihren Standpunkt aufrecht, die Kündigung der Klägerin sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt und behauptet mehrere sekundäre Feststellungsmängel.
Die Beklagte vermisst zunächst Feststellungen zum konjunkturbedingt drastischen Auftragsrückgang und dem damit verbundenen Arbeitsplatzabbau. Sie begehrt die Feststellung, „Es gab zum Zeitpunkt der Kündigung keine verfügbaren Arbeitsplätze im Betrieb der Beklagten.“
Feststellungsmängel zum Auftragsrückgang und damit verbundenen Arbeitsplatzabbau haften dem Ersturteil nicht an. Es steht fest, dass die Abteilung der Klägerin im Zeitpunkt der Kündigung noch im Dreischichtbetrieb arbeitete, aktuell jedoch nicht mehr dreischichtig arbeitet, weil Produkte eingestellt wurden (Urteilsseite 3), weiters dass es zum Zeitpunkt der Kündigung zu einem großen Rückgang in der Nachfrage kam, dass klar war, dass gewisse Produkte auslaufen würden, daher zu viel Personal bestand, und dass versucht wurde, Kapazitäten durch natürlichen Abgang zu verringern und in Summe die gesamte Abteilung um etwa 50 bis 55 Mitarbeiter schrumpfte (Urteilsseite 6), wie es sich aus den in der Berufung zum Beweis der begehrten ergänzenden Feststellung angeführten Zeugenaussagen ergibt. Darauf bezieht sich die begehrte ergänzende Feststellung ihrem Wortlaut nach aber gar nicht, vielmehr will die Beklagte konkret festgestellt haben, dass es im Zeitpunkt der Kündigung keine verfügbaren Arbeitsplätze im Betrieb der Beklagten gegeben habe. Dies ist nicht mit dem relevierten Arbeitsplatzabbau gleichzusetzen (verfügbare Arbeitsplätze für den Einsatz der Klägerin könnte es theoretisch trotz Arbeitsplatzabbau gegeben haben). Abgesehen davon, dass Vorbringen, wonach es im Betrieb gar keine verfügbaren Arbeitsplätze gegeben habe, in der Allgemeinheit nicht erstattet wurde (dass es keine Arbeit für die Klägerin mehr gebe, wurde [nur] damit begründet, dass die Aufträge, für die sie einsetzbar gewesen sei, weggefallen seien) kommt es in rechtlicher Hinsicht darauf an, ob ein vergleichbarer Arbeitsplatz für die Klägerin bestand, der durch einen gleich oder schlechter qualifizierten Leiharbeitnehmer besetzt wurde, wozu das Erstgericht ohnehin Feststellungen traf. So steht – unbekämpft – fest, dass im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses in der Abteilung der Klägerin MEBA ** acht Leiharbeiter beschäftigt waren und noch immer beschäftigt sind, deren Arbeiten die Klägerin ohne weitere Umschulungen hätte erledigen können. Damit wäre die begehrte ergänzende Feststellung aber nicht vereinbar.
Auch betreffend die Tätigkeit an der Maschine „**“ haften dem bekämpften Urteil keine Feststellungsmängel an. Wurde ein bestimmter Sachverhalt nicht behauptet, dann bedeutet die Unterlassung entsprechender – wenn auch aufgrund von Beweisergebnissen allenfalls möglicher – Feststellungen keinen Feststellungsmangel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung ( Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 496 ZPO Rz 11). Dass die Schicht der gekündigten Klägerin gestrichen und nicht nachbesetzt wurde, wie sie es nun festzustellen begehrt – womit sie die erstgerichtliche Feststellung, die Tätigkeit an der Maschine „**“ sei nicht weggefallen, dahin relativieren möchte, die Tätigkeit sei nur „grundsätzlich“ nicht weggefallen – hat die Beklagte im Verfahren nicht behauptet. Vielmehr hat sie vorgebracht, dass die Klägerin an ihrem Stammarbeitsplatz (Bearbeitungsmaschine „**“) nicht durch einen Leiharbeiter, sondern durch die Stammmitarbeiterin R* ersetzt worden sei, was das Erstgericht auch festgestellt hat.
Soweit die Beklagte schließlich einen Feststellungsmangel zu der mit Langzeitkrankenständen verbundenen Belastung für die Organisation im Betrieb der Beklagten behauptet und damit im Ergebnis wohl darauf abzielt, die Kündigung der Klägerin sei durch längere Krankenstände gerechtfertigt, ist ihr entgegenzuhalten: Nach den getroffenen Feststellungen hat die Beklagte im Wesentlichen nur die vergangenen Krankenstände betrachtet und die Klägerin deswegen als „Low Performerin“ qualifiziert. Es steht auch fest, dass die längeren Krankenstände von August bis September 2022 und von August 2023 bis März 2024 mit Problemen am Fuß der Klägerin im Zusammenhang standen, die mittlerweile ausgeheilt sind; im Zeitpunkt der Kündigung war ihre Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt und bestand keine Wahrscheinlichkeit weiterer Krankenstände, was sie ihrem unmittelbaren Vorgesetzten E* auch mitgeteilt hat (Urteilsseite 4 und 5). Wie bereits das Erstgericht zutreffend darstellte, lag es am Arbeitgeber, eine Zukunftsprognose über die weitere Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers anzustellen, wobei in der Vergangenheit aufgetretene Krankenstände für die künftige Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers dann nicht aussagekräftig sind, wenn die zugrundeliegende Krankheit überwunden wurde. Ein personenbezogener Kündigungsgrund liegt nicht vor, wenn der grundsätzlich dienstfähige Dienstnehmer zwar in der Vergangenheit überdurchschnittlich lange im Krankenstand war, in der Zukunft aber nicht mehr mit überhöhten Krankenständen zu rechnen ist (8 ObA 53/11v; 9 ObA 117/21b). Für das Vorliegen des personenbezogenen Kündigungsgrundes ist der Dienstgeber behauptungs- und beweispflichtig; setzt er sich bei Erstellung der Zukunftsprognose nicht mit der Art der Erkrankung und deren Ursachen auseinander, trägt er das Risiko, dass sich der von ihm angenommene personenbezogene Kündigungsgrund – wie hier – später im gerichtlichen Verfahren als nicht berechtigt erweist. Ausgehend von dieser Rechtslage bedarf es der begehrten ergänzenden Feststellung zum mit Langzeitkrankenständen verbundenen Organisationsaufwand nicht, zumal die Beklagte den Beweis für einen Kündigungsgrund bildende überhöhte Krankenstände nicht erbracht hat. Eine Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigung ließe sich auch durch die begehrte ergänzende Feststellung unter Zugrundelegung der übrigen Feststellungen nicht argumentieren.
Insgesamt haften der angefochtenen Entscheidung daher keine Feststellungsmängel an.
In den weiteren Ausführungen in der Rechtsrüge vertritt die Beklagte zusammengefasst den Standpunkt, auch unter Zugrundelegung der erstgerichtlichen Feststellungen sei die Kündigung der Klägerin durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Sie begründet dies zunächst mit fehlender Verfügbarkeit der Klägerin, was sie aus der festgestellten Krankenstandsdauer (287 Tage) ableitet. Dabei ignoriert sie jedoch die Feststellungen, wonach im Zeitpunkt der Kündigung keine Wahrscheinlichkeit weiterer Krankenstände bestand und die Arbeitsfähigkeit der Klägerin wiederhergestellt war, was diese ihrem unmittelbaren Vorgesetzten auch so mitgeteilt habe, woraus sich die – von der Beklagten vermisste – Verfügbarkeit der Klägerin ergibt. Soweit die Beklagte also nach wie vor mit längeren Krankenständen argumentiert und dabei auch den Standpunkt vertritt, die Klägerin habe keine Information an die Beklagte übermittelt, wonach hinkünftig nicht mehr mit Krankenständen zu rechnen sei, ist dies mit den getroffenen Feststellungen nicht vereinbar und ihre Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (4 Ob 74/21t; RIS-Justiz RS0043312; RS0043603 [T 8]). Zudem ist ihre Argumentation auch in rechtlicher Hinsicht verfehlt: Die rechtliche Würdigung des Erstgerichts, dass sich die Beklagte nicht ausreichend mit der Gesundheitsprognose der Klägerin auseinandergesetzt habe, ist ausgehend von den getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden, wie bereits dargestellt wurde, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Hier hat sich das Risiko, dass sich der von der Beklagten angenommene Kündigungsgrund als nicht berechtigt erweist, verwirklicht. Darauf, ob dem Arbeitgeber durchsetzbare Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um den Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers zu erforschen, und ob der Sachverhalt allenfalls im Falle einer Verletzung einer Mitwirkungspflicht der Klägerin anders zu beurteilen wäre, kommt es im Anlassfall nicht an, weil die Beklagte die Klägerin gar nicht zur Mitwirkung an der Erhebung ihres Gesundheitszustandes aufgefordert und sich im Verfahren auch nicht darauf gestützt hat, die Klägerin hätte ihre Mitwirkung verweigert. Unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtslage kam das Erstgericht zutreffend zum Ergebnis, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung nicht erfolgreich auf den personenbezogenen Kündigungsgrund überhöhter Krankenstände berufen kann.
Die weitere Argumentation der Rechtsrüge betrifft den Schutzzweck des § 2 Abs 3 AÜG und vertritt im Wesentlichen den Standpunkt, dass die Beklagte im Hinblick auf die erforderliche Personaleinsparung nicht verpflichtet gewesen sei, der Klägerin den Vorzug gegenüber Leiharbeitnehmern zu geben. Auch diese Argumentation überzeugt nicht.
Nicht berechtigt ist der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, das Erstgericht habe einen „pauschalen“ Vergleich zwischen der Klägerin und namentlich genannten überlassenen Arbeitnehmern durchgeführt, was einem „gegeneinander ausspielen“ gleichkäme. Entsprechend den in der höchstgerichtlichen Entscheidung 8 ObA 31/13m aufgestellten Grundsätzen hat das Erstgericht bezogen auf den Arbeitsbereich der Klägerin geprüft, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht. Dabei war ein Vergleich mit dort weiterhin eingesetzten Leiharbeitnehmern vorzunehmen, um beurteilen zu können, ob die Kündigung der Klägerin allenfalls gerechtfertigt ist, beispielsweise weil – wie letztlich im zu 8 ObA 31/13m zu beurteilenden Fall – die Leiharbeitnehmer besser qualifiziert oder flexibler einsetzbar gewesen wären. Nach höchstgerichtlicher Judikatur und übereinstimmenden Lehrmeinungen bewirkt § 2 Abs 3 AÜG, dass die Kündigung von Stammarbeitnehmern nichtig ist, sofern im Unternehmen überlassene Arbeitskräfte mit vergleichbarer Tätigkeit weiterbeschäftigt werden, es sei denn, für die Kündigung eines Stammarbeitnehmers (statt einer überlassenen Arbeitskraft) bestehen wichtige Gründe (8 ObA 31/13m; Schindler in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3 § 2 AÜG [Stand 1.1.2018, rdb.at] Rz 16; Goricnik , Nichtigkeit der Kündigung eines Stammarbeitnehmers bei Leiharbeit im Betrieb, DRdA 2014/1, 44 ff; Tomandl, Arbeitskräfteüberlassung 4 Kap. 5 [Stand 1.12.2021, rdb.at] Pkt. 5.4.; OLG Wien 10 Ra 100/16y, ARD 6562/6/2017). Eine solche sachliche Rechtfertigung konnte hier nicht unter Beweis gestellt werden, vielmehr steht im Gegenteil fest, dass die Klägerin die von den Leiharbeitnehmern, die nicht über eine bessere Qualifikation, vielseitigere Einsetzbarkeit oder andere Zusatzfähigkeiten verfügten, ausgeführten Tätigkeiten hätte erbringen können. Dennoch werden bei der Beklagten (nicht besser qualifizierte) überlassene Arbeitskräfte in einer vergleichbaren Tätigkeit weiterverwendet, während die Klägerin als Stammarbeitnehmerin abgebaut wurde, was im Sinne der dargestellten Rechtslage zur Unwirksamkeit dieser Kündigung führt. Eine Unvereinbarkeit dieses Ergebnisses mit dem Schutzzweck des AÜG, das gleichrangig mit dem Schutz der überlassenen Arbeitskräfte auch den Schutz der Stammbelegschaften normiert (vgl dazu Schindler, aaO 2 AÜG Rz 5; Tomandl, aaO), besteht nicht.
Auch im konkreten Fall ist nach dem festgestellten Sachverhalt von einer „Verdrängung“ des Stammarbeitsplatzes der Klägerin durch den Einsatz von Leiharbeitskräften und damit von einem Verstoß der Kündigung gegen § 2 Abs 3 AÜG auszugehen. Die Befürchtung der Beklagten, aus dieser Rechtsansicht ergebe sich, dass es hinkünftig nicht mehr möglich wäre, Stammmitarbeiter zu kündigen, solange im Betrieb überlassene Arbeitskräfte beschäftigt seien, ist nicht berechtigt. Nach der dargestellten Judikatur sind Leiharbeiter den Stammarbeitnehmern nur dann vorzuziehen, wenn diese besser qualifiziert sind und flexibler eingesetzt werden können, was im konkreten Anlassfall zu verneinen ist. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus den in der Berufung zitierten Entscheidungen des OLG Wien zu 10 Ra 100/16y und des Obersten Gerichtshofs zu 8 ObA 31/13m sowie den Ausführungen von Lindmayr, ARD 6718/14/2020 (Besprechung der Entscheidung OLG Linz 25. Juni 2020, 12 Ra 26/20k, wo die Kündigung des Klägers – eines Stammarbeiters – trotz weiterem Einsatz eines Leiharbeitnehmers als wirksam beurteilt wurde, wobei sich der Sachverhalt vom hier zu beurteilenden deutlich unterscheidet: Dort wurden von 14 Stammarbeitern 4 Mitarbeiter und von 8 Leasingarbeitern 7 Mitarbeiter abgebaut und war der verbleibende Leiharbeiter deutlich besser qualifiziert, als der dortige Kläger).
Aus diesen Gründen muss die Berufung scheitern.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO iVm § 58a ASGG, das Aufwandersatzgesetz sowie die hiezu erflossene Verordnung (BGBl II Nr 379/2024).
Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt, zumal es eine im Einzelfall zu beantwortende Frage darstellt, ob sachliche Gründe die Kündigung eines Stammmitarbeitnehmers rechtfertigen und zur Nichtigkeitssanktion eines Verstoßes gegen § 2 Abs 3 AÜG auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 8 ObA 31/13m zurückgegriffen werden konnte.