Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely-Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. F*, und 2. C*, vertreten durch Dr. Michael Dyck und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Ing. Mag. Peter Huber, Rechtsanwalt in Hallein, wegen Feststellung einer Dienstbarkeit, Einverleibung und Unterlassung (AZ 1 C 1149/21p des Bezirksgerichts Hallein) sowie Beseitigung und Unterlassung (AZ 1 C 490/24f des Bezirksgerichts Hallein), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 4. September 2025, GZ 53 R 178/25w-42, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Beklagte wendet sich nicht mehr dagegen, dass zulasten ihrer Grundstücke und zugunsten des Grundstücks der Kläger ein Wasserbezugsrecht ersessen wurde. Sie steht aber nach wie vor auf dem Standpunkt, dass dieses Recht wegen Zwecklosigkeit sowie aufgrund einer außerordentlichen Kündigung erloschen sei. Außerdem wendet sie sich gegen das Verbot, den Quellbereich auf ihren dienenden Grundstücken mit einer Videokamera zu überwachen.
[2] In ihrer außerordentlichen Revisionzeigt sie dazu keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Zur behaupteten Zwecklosigkeit der Dienstbarkeit:
[3]1.1. Eine Dienstbarkeit erlischt, wenn sie für den Berechtigten völlig zwecklos oder ganz unwirtschaftlich wird (RS0011574 [T3]; RS0011582 [insb T2]). Dass der dem herrschenden Grundstück gewährte Nutzen auf andere Weise erreicht werden kann, führt noch nicht zu ihrem Erlöschen (RS0011582 [T3]), vielmehr genügt für ihre Aufrechterhaltung jeder nur einigermaßen ins Gewicht fallende Vorteil (RS0011701). Ob eine Servitut (völlig) zwecklos geworden ist, hängt jeweils vom Einzelfall ab und wirft daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl RS0011574 [T6]; RS0011582 [T6, T13]).
[4]1.2. Die Revisionswerberin leitet die Zwecklosigkeit des Wasserbezugsrechts der Kläger daraus ab, dass die Kosten der notwendigen Sanierung der Wasserversorgungsanlage in keinem Verhältnis zum Nutzen des Wasserbezugs stehen, zumal das herrschende Grundstück ohnehin an die Gemeindewasserleitung angeschlossen sei. Dass ein Grundstück an das öffentliche Wassernetz angeschlossen ist, lässt ein Wasserbezugsrecht aber nicht enden, wenn aufgrund dieses Rechts weiter (auch bloß vereinzelt) Wasser bezogen wird (RS0011761). Es wäre nur dann zwecklos, wenn aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen die Kosten der Wiederherstellung und des Betriebs der Versorgungsanlage in keinem Verhältnis zu dem bei Vorhandensein einer Gemeindewasserleitung in Betracht kommenden Verwendungszweck des Wassers stünden (RS0011606).
[5] 1.3. Nach den getroffenen Feststellungen ist für die Kläger, die auf ihrem Grundstück eine Landwirtschaft betreiben, schon der bloße Bezug von Nutzwasser ohne Trinkwasserqualität von Nutzen, wofür eine Sanierung der Wasserversorgungsanlage aber nicht notwendig wäre. Soweit die Beklagte das Gegenteil behauptet, übergeht sie, dass die Kläger aus der Quelle bis zuletzt – bis ihnen dies von der Beklagten verwehrt wurde – solches Nutzwasser bezogen. Sie legt auch nicht dar, in welcher Höhe Kosten für eine angeblich notwendige Sanierung der Wasserversorgungsanlage anfielen, um diese in einen (nur) für den Bezug von Nutzwasser geeigneten Zustand zu versetzen. Soweit sie sich darauf stützt, dass eine solche Sanierung auch eine weitergehende Bewirtschaftung ihrer (dienenden) Grundstücke ermöglichen würde, übergeht sie, dass ihr die von den Klägern angestrebten Bewirtschaftungsbeschränkungen (durch Befahren, Düngen oder Beweiden des Quellbereichs) gerade nicht auferlegt wurden. Soweit die Beklagte auch argumentiert, dass den Klägern ohnehin Wasser aus einer eigenen Quelle auf ihrem Grundstück zur Verfügung stehe, behauptet sie nicht, dass dadurch deren (landwirtschaftlicher) Wasserbedarf gedeckt wäre.
2. Zum behaupteten Kündigungsrecht :
[6]2.1. Nach ständiger Judikatur kann die Auflösung eines Servitutsverhältnisses nur „äußerstes Notventil“ sein. Die dafür in Betracht kommenden wichtigen Gründe müssen ein größeres Gewicht haben als jene, die allgemein für die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen genügen (RS0018813; RS0011519 [Wasserbezugsrecht]). Zur Auflösung ist nur derjenige berechtigt, der für den Eintritt des Auflösungsgrundes nicht zumindest überwiegend verantwortlich ist (1 Ob 210/15m [Pkt 6. mwN]). Ob ein zur Auflösung berechtigender Grund vorliegt, hängt jeweils vom Einzelfall ab und wirft regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0018813 [T2]).
[7] 2.2. Die Beklagte stützt ihr Kündigungsrecht auf eine „unerträgliche zwischenmenschliche Situation“ und „Zerrüttung“ zwischen den Parteien, wobei sie primär auf Auseinandersetzungen mit dem Sohn der Kläger Bezug nimmt. Fest steht aber, dass konkrete (verbale) Auseinandersetzungen der Beklagten mit diesem jeweils von ihr selbst ausgingen. Warum sie daher zur Kündigung des Servitutsverhältnisses berechtigt sein soll, erschließt sich nicht und wird in der Revision auch nicht nachvollziehbar dargelegt.
[8] 3. Zur Videoüberwachungder Wasserbezugsanlage argumentiert die Revisionswerberin im Wesentlichen, dass ihre berechtigten Interessen an einer solchen Überwachung im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl RS0008990; RS0008987; RS0128659 [T1]; siehe auch § 12 Abs 2 Z 4 DSG sowie Art 6 Abs 1 lit f DSGVO) nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Zu wessen Gunsten diese Abwägung ausschlägt, wirft aber regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl RS0008990 [T6]). Einen Korrekturbedarf im Einzelfall zeigt die Revision nicht auf.
[9]3.1. Eine Videoüberwachung des eigenen Grundstücks wird dann als grundsätzlich zulässig angesehen, wenn dieses – anders als hier – mit keinen Nutzungsrechten Dritter belastet ist (6 Ob 16/18y [Pkt 13.] zu einem Servitutsweg; vgl auch 5 Ob 95/20m [Pkt 5.1.]; siehe auch § 12 Abs 3 Z 1 DSG: „Liegenschaften, die ausschließlich vom Verantwortlichen genutzt werden“). Die Beklagte kann die Videoüberwachung des Servitutsbereichs daher nicht schon mit ihrem allgemeinen Interesse an der „Kontrolle ihres Eigentums“ rechtfertigen.
[10]3.2. Das Argument der Beklagten, dass eine Überwachung der Kläger auf ihren dienenden Grundstücken (bei dort vorzunehmenden Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an der Wasserversorgungsanlage) nicht deren höchstpersönlichen Lebensbereich beträfe (worauf die Revisionsausführungen zur „äußerst eingeschränkten Privatsphäre“ der Kläger auf den dienenden Liegenschaften abzielen), ist nicht zielführend. Ein Eingriff in den höchstpersönliche Lebensbereich ist regelmäßig nicht einmal einer Interessenabwägung zugänglich (RS0122148). Dass die Kläger auf den Liegenschaften der Beklagten ohnehin „immer mit Beobachtung“ (durch diese) rechnen müssten, kann eine Videoüberwachung schon im Hinblick auf die unterschiedliche „Beobachtungsintensität“ nicht rechtfertigen. Warum eine solche Überwachung zur Kontrolle einer schonenden Ausübung der Dienstbarkeit unbedingt erforderlich wäre, erschließt sich nicht und wird in der Revision auch nicht dargelegt.
[11] 3.3. Soweit die Beklagte ihr überwiegendes Interesse an der Videoüberwachung mit dem „Schutz ihrer persönlichen Sicherheit“ begründet, weil es in der Vergangenheit zu (verbalen) Auseinandersetzungen mit den Klägern (und deren Sohn, dem ein „Haus- bzw Liegenschaftsverbot“ erteilt worden sei) gekommen sei, übergeht sie auch in diesem Zusammenhang, dass diese Auseinandersetzungen jeweils von ihr ausgingen und eine Bedrohung durch den Sohn der Klägerin nicht festgestellt werden konnte. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, eine von diesen Personen ausgehende Gefährdung durch die Videoüberwachung abzuwehren oder zu dokumentieren, ist daher nicht ersichtlich.
[12] 3.4. Ihrem behaupteten Interesse an einer Beobachtung von Wildtieren steht schon die Feststellung entgegen, dass die Beklagte die Kamera aufstellte, um die Kläger und ihren Sohn zu filmen. Es wäre auch nicht ersichtlich, warum zum Zweck der Tierbeobachtung gerade der Servitutsbereich überwacht werden müsste.
[13] 4. Soweit die Beklagte auch kritisiert, dass der Feststellungsausspruch nicht auf ein Recht der Kläger zum Betreten und Befahren der dienenden Grundstücke (zu Wartungs- und Instandhaltungszwecken) nach Vorankündigung beschränkt worden sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Kläger gar nicht begehrt haben, diese Grundstücke (zu diesem Zweck) jederzeit ohne vorherige Ankündigung zu betreten oder zu befahren, sodass auch der Urteilsspruch nicht in diesem Sinn zu verstehen ist. Warum dieser insoweit „nicht der Rechtslage“ entsprechen soll, als die Dienstbarkeit durch Bezugnahme auf einen in das Urteil integrierten Planbeschrieben wurde, ist im Hinblick auf die Rechtsprechung, wonach die Art, das Ausmaß und der Umfang einer Servitut durch Bezugnahme auf einen solchen Plan bestimmt werden kann (vgl RS0004510 [insb T3; T5 zu einem Wasserbezugsrecht]), nicht ersichtlich.
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