JudikaturOGH

14Os61/25i – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
04. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Ebner in der Strafsache gegen * D* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, § 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 22. Jänner 2025, GZ 17 Hv 82/24m 171.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * D* – soweit hier von Bedeutung zu Punkt I/ – des Vergehens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, § 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in S* und an anderen Orten des Bundesgebiets

I/ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit und jene des Einzelunternehmens B* eU zu Handlungen verleitet, durch welche die Getäuschten im insgesamt 5.000 Euro übersteigenden Betrag von 272.806,66 Euro am Vermögen geschädigt wurden, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs 2 StGB) eine längere Zeit von zumindest einigen Monaten hindurch ein nicht bloß geringfügiges, nach jährlicher Durchschnittsbetrachtung monatlich 400 Euro übersteigendes fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und er (unter anderem) von Beginn an mehr als zwei weitere solche Taten schon im Einzelnen geplant hatte und mehr als zwei solche Taten begangen hat, und zwar

A/ Mitte 2016 * W* zur Zuzählung eines Darlehens von 11.500 Euro an ihn;

B/ * H* vom 16. Jänner 2016 bis zum 30. Juni 2023 zu im angefochtenen Urteil einzeln angeführten Darlehenszuzählungen im Gesamtbetrag von 94.649 Euro;

C/ 2018 oder 2019 * L* zur Zuzählung eines Darlehens von 3.500 Euro durch Überweisung auf sein Konto;

D/ vom 30. September bis Dezember 2019 Verfügungsberechtigte der V* GmbH zur Erbringung von Reisedienstleistungen im Gegenwert von 5.050 Euro;

E/ von November 2019 bis 2022 Verfügungsberechtigte der Bö* GmbH Co KG zur Lieferung von Verpackungsmaterial und Drucksorten im Betrag von insgesamt 6.126,62 Euro für das Unternehmen B* eU;

F/ von 2019 bis 2020 Verfügungsberechtigte der F* GmbH zur Schaltung von Werbeanzeigen für das Unternehmen B* eU im Gesamtbetrag von 11.279,42 Euro;

G/ im September 2020 * Br* zur Lieferung von Präsentationstechnik für eine Werbeveranstaltung für das Unternehmen B* eU im Betrag von 2.500 Euro;

H/ im September und Oktober 2021 * Z* zur Gewährung eines Darlehens von insgesamt 18.000 Euro durch Überweisung von drei Teilbeträgen auf sein Konto;

I/ zwischen November 2021 und März 2022 Verfügungsberechtigte der K* GmbH zur Erbringung von Speditions- und Transportleistungen für das Unternehmen B* eU im Ausmaß von 2.277,42 Euro;

J/ von Mitte 2021 bis 2023 Verfügungsberechtigte der U* GmbH zur Erbringung von Transportdienstleistungen für das Unternehmen B* eU im Gegenwert von 9.341,27 Euro;

K/ von Ende 2022 bis zum 15. März 2023 Dr. * Ho* zur Erbringung von Zahnarztleistungen im Ausmaß von 4.329,58 Euro;

L/ vom 10. bis zum 16. März 2023 Verfügungsberechtigte der R* GmbH zur Erbringung von Reisedienstleistungen im Betrag von 16.840,28 Euro;

M/ Mitte 2023 * G* zur Gewährung eines Darlehens von insgesamt 3.702 Euro durch Überweisung in Teilbeträgen auf sein Konto;

N/ von Juni bis zum November 2023 * Ra* als Verfügungsberechtigte der Gu* GmbH zur Leistung von drei Vorauszahlungen von insgesamt 34.275,07 Euro für vorgebliche Lieferungen im Zusammenhang mit einer Geschäftsbeziehung zum Unternehmen B* eU;

O/ im Juli 2023 * E* unter wahrheitswidriger Vorgabe, den Kaufpreis von 840.000 Euro zeitnah finanzieren zu können, zum Abschluss eines Liegenschaftskaufvertrags mit seiner damaligen Ehefrau * A* als Käuferin und zur Übergabe der Schlüssel zum Einfamilienhaus an ihn und A* sowie zur Überlassung dieses Wohnhauses zur Benutzung über einen Zeitraum von sieben Monaten im Wert von 10.500 Euro an Nutzungsentgelt;

P/ zwischen dem 14. Juli und November 2023 * N* zur Herstellung, Lieferung und zum Einbau eines TV-Schranks und einer Bibliothek für das zu Punkt O/ genannte Einfamilienhaus im Wert von 34.538 Euro;

Q/ von September bis zum 21. Oktober 2023 Dr. * Bi* zur Erbringung von Zahnarztleistungen für drei Zahnimplantate im Wert von 3.000 Euro;

R/ vom 29. bis zum 31. Jänner 2024 Ra* als Verfügungsberechtigte der Vo* GmbH Co KG zur Lieferung eines vorgeblich für einen im angefochtenen Urteil namentlich genannten Bekannten bestellten Küchengeräts im Wert von 1.400 Euro.

Rechtliche Beurteilung

[3]Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Entgegen der zu I/B/ ausgeführten Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter Fall, der Sache nach vierter Fall) sind die dazu getroffenen Feststellungen mit dem Verweis auf die Aussagen der Zeuginnen H* und A* sowie deren Aufzeichnungen (US 55 f) im Einklang mit den Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen (vgl RISJustiz RS0118317), demnach keineswegs offenbar unzureichend, begründet.

[5] Die Kritik zu I/I/ berücksichtigt prozessordnungswidrig nicht die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl aber RISJustiz RS0119370). Zudem war das Erstgericht mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten, sich mit dem ins Treffen geführten, ohnehin berücksichtigten (US 68) Schreiben der anwaltlichen Vertretung des geschädigten Unternehmens in allen Einzelheiten auseinanderzusetzen (RISJustiz RS0106642).

[6] Soweit die Mängelrüge zu I/J/ unterbliebene Erörterung von Verfahrensergebnissen moniert (Z 5 zweiter Fall), die schon nach dem Beschwerdevorbringen lediglich für die Schadenshöhe oder eine allfällige Schadensminderung relevant sind, spricht sie keine (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage) entscheidende Tatsache an, die allein den Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes bildet (RISJustiz RS0117499).

[7] Die zu I/K/ getroffenen Feststellungen sind nicht unvollständig begründet (Z 5 zweiter Fall), denn die Tatrichter setzten sich mit der Aussage der Zeugin A* und der Verantwortung des Angeklagten ohnehin auseinander (US 70). Soweit die Rüge Nichteinholung eines „medizinischen Sachverständigengutachtens“ beklagt, nimmt sie unter dem Aspekt einer – allenfalls gemeinten – Verfahrensrüge (Z 4) nicht auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag Bezug (RISJustiz RS0099244) und lässt als Aufklärungsrüge (Z 5a) gemeint die Darlegung vermissen, wodurch der Beschwerdeführer an darauf gerichteter Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RISJustiz RS0115823).

[8] Die Mängelrüge zu I/N/ bezeichnet angeblich unerörtert gebliebene Verfahrensergebnisse (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) nicht deutlich und bestimmt (vgl aber RISJustiz RS0118316 [T5]).

[9] Zu I/P/ wird nominell Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) eingewendet. Von dieser allein erfasste (erheblich) unrichtige Wiedergabe des Inhalts von Beweismitteln (RISJustiz RS0099431) behauptet die Rüge indes nicht.

[10]Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert das Fehlen von sogenannten „individuellen Feststellungen“ zu einzelnen der von Punkt I/ erfassten Betrugshandlungen, insbesondere zu den Tatbildmerkmalen der Täuschung und deren Kausalität für die selbstschädigenden Vermögensverfügungen sowie zur subjektiven Tatseite. Sie verfehlt damit schon deshalb die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts (RIS-Justiz RS0099810), weil sie die vom Erstgericht – das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) beachtend – für die bei allen Betrugstaten gleich gelagerten Aspekte (etwa die Täuschung über die Zahlungsfähigkeit undwilligkeit [US 13 und 14 f] sowie den vom Tatbestand geforderten Vorsatz [US 35 ff]) gemeinsam getroffenen Konstatierungen außer Acht lässt, die im Verein mit dem Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), auf das in den Entscheidungsgründen verwiesen wird (US 15), hinreichend deutlich sämtliche Tatbestandselemente abdecken. Weshalb die Tauglichkeit dieser Feststellungen allein durch deren Zusammenfassung für sämtliche Betrugstaten beeinträchtigt sei, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Davon abgesehen übergeht die Rüge die zu den einzelnen Betrugstaten getroffenen Konstatierungen und erklärt nicht, weshalb diese – im Zusammenhalt mit den allgemeinen Ausführungen – nicht ausreichten (vgl RISJustiz RS0099620).

[11] Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), welche die von ihr als fehlend kritisierten Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit ignoriert (US 37).

[12] Auf eine vom Beschwerdeführer selbst verfasste, direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachte „Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde“ war schon deshalb nicht Bedacht zu nehmen, weil das Gesetz nur eine Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht (RISJustiz RS0100152).

[13]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[14]Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[15]Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.