JudikaturOGH

7Ob197/24g – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Minderjährigen J* H*, geboren am * 2016, *, vertreten durch die Wiener Kinder und Jugendhilfe, 1030 Wien, Karl Borromäus Platz 3, Vater M* H*, geboren am * 1996, *, wegen Unterhaltserhöhung, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. September 2024, GZ 48 R 239/24p 46, womit sein Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 14. Juni 2024, GZ 4 Pu 47/23k 41, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]1. Nach ständiger Rechtsprechung erfasst § 62 AußStrG als „Revisionsrekurse“ alle Rekurse gegen „im Rahmen des Rekursverfahrens ergangene“ Beschlüsse des Rekursgerichts und damit auch die Zurückweisung mangels Parteistellung, Beschwer oder aufgrund des § 45 Abs 2 AußStrG (RS012056 5[T9, T16]). Ein Revisionsrekurs dagegen ist daher nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG abhängt (RS0007169). Dies ist hier nicht der Fall. Der Revisionsrekurs ist daher entgegen de n– den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 2 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts unzulässig.

[2] 2. Dem Unterhaltserhöhungs begehren des Kindes wurde vollinhaltlich stattgegeben. Für die Vergangenheit wurde der rückständige Unterhaltsbetrag im Spruch der Entscheidung als Gesamtbetrag ausgewiesen und der Vater zu dessen Leistung verpflichtet. Der vom Kind – ausschließlich gegen die nicht monatsweise (sondern als Gesamtbetrag) erfolgte Ausweisung des rückständigen Unterhalts – erhobene Rekurs wurde vom Rekursgericht mangels Beschwer zurückgewiesen. Die monatliche Erhöhung des Unterhaltsbetrags – auch für die Vergangenheit – sei ohnedies eindeutig aus der Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses ableitbar.

[3] Diese Beurteilung steht im Einklang mit der o berstgerichtlichen Rechtsprechung.

[4]3.1 Auch im Außerstreitverfahren ist nur diejenige Partei rechtsmittellegitimiert, die durch die bekämpfte Entscheidung (formell oder materiell) beschwert ist. Formelle Beschwer liegt vor, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Antrag des Rechtsmittelwerbers zu seinem Nachteil abweicht. Materielle Beschwer liegt vor, wenn die rechtlich geschützten Interessen des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt werden (RS0041868; RS0006641). Es muss ein subjektives Recht betroffen sein, nicht nur wirtschaftliche, ideelle oder sonstige Interessen (RS0006497 [T2 und T7]). Das ist nicht abstrakt, sondern bezogen auf die konkrete Stellung einer Verfahrenspartei in dem einzelnen zu entscheidenden Fall zu beurteilen (6 Ob 289/07 dmwN; 6 Ob 45/09z; 10 Ob 28/21x).

[5] 3.2 Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ist bei einer Unterhaltsfestsetzung für die Vergangenheit der rückständige Unterhalt als Gesamtbetrag auszuweisen, er wird bis zum Letzten des Monats der Beschlussfassung berechnet (vgl 10 Ob 58/13x; 9 Ob 2 3 /20b). Dies beruht auf folgenden Überlegungen: S oweit in der Entscheidung über den vom Kind begehrten Unterhalt für die Vergangenheit abzusprechen ist, ist zu beachten , dass im Unterhaltsfestsetzungsverfahren die vo m Unterhaltspflichtigen vor Schaffung des Titels geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen sind. Der Unterhaltspflichtige hat nämlich nach ständiger Rechtsprechung gerade im Hinblick auf § 35 EO Anspruch darauf, dass ihm keine höhere Unterhaltsverpflichtung auferlegt wird, als sich unter Berücksichtigung dieser Zahlungen ergibt, können doch im Exekutionsverfahren gemäß § 35 Abs 1 EO in der Vergangenheit geleistete Zahlungen nicht als Einwendungen gegen den Anspruchgeltend gemacht werden (RS0000588 [T2, T3]). Die vom Unterhaltsberechtigten bis zum Tag der gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung geleisteten Zahlungen und Naturalleistungen müssen daher auf den Unterhaltsanspruch in Anrechnung gebracht werden. Bei einer Unterhaltsfestsetzung für die Vergangenheit sind demnach alle Geldund Naturalleistungen mit Unterhaltscharakter in Anschlag zu bringen und vom (errechneten) tatsächlichen Unterhaltsbetrag in Abzug zu bringen. Nur dieser Rest ist dann in einem Gesamtbetrag als rückständiger Unterhalt zuzusprechen (10 Ob 58/13x; vgl auch Gitschthaler , Unterhaltsrecht 4 Rz 1056 Pkte 1, 6; Rz 1056a Pkt 4). Diese ursprünglich für den Ehegattenunterhalt entwickelten Grundsätze gelten auch für den Zuspruch von Kindesunterhalt im Außerstreitverfahren.

[6] 3.3 Da so mit die Ausweisung des rückständigen Unterhalts für die Vergangenheit als Gesamtbetrag der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entspricht, ist das Kind allein durch eine solche bezogen auf seine konkrete Stellung in einem – wie hier – ausschließlich zu entscheidenden Unterhaltsverfahren, nicht beschwert und zeigt der Rechtsmittelwerber daher keine erhebliche Rechtsfrage auf. Im Übrigen ist – entgegen der vom Kind herangezogenen Meinung Neuhausers (in Schwimmann/Kodek ABGB PK 5 Rz 517) – auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund diemonatsweise Zuordnung des Unterhaltserhöhungsbetrags bloß in der Begründung des Beschlusses einer Unterhaltsbevorschussung nach § 19 Abs 2 UVG entgegenstehen sollte.

[7]4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 71 Abs 3 AußStrG).