JudikaturLG Innsbruck

54 R 23/25s – LG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
13. März 2025

Kopf

Das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch Mag. Mühlegger als Vorsitzenden sowie Mag. Linder und Dr. Dietrich als weitere Mitglieder des Senats in der Erwachsenenschutzsache für A* , über den Rekurs des gerichtlichen Erwachsenenvertreters Mag. E* , Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 13.1.2025, **-48, in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

Text

BEGRÜNDUNG :

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 11.5.2023 wurde RA Mag. E* zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter für A* bestellt.

Mit Schriftsatz vom 21.11.2024, verbessert mit Eingabe vom 18.12.2024, erstattete der gerichtliche Erwachsenenvertreter den Lebenssituationsbericht, legte für den Zeitraum vom 1.9.2023 bis 31.8.2024 Rechnung und begehrte für diesen Zeitraum eine Entschädigung in Höhe von EUR 20.086,19 (ON 45) und eine Entlohnung von EUR 14.220,00 (ON 47).

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht (1.) den Lebenssituationsbericht pflegschaftsgerichtlich zur Kenntnis genommen und bestätigt, (2.) die Entschädigung mit EUR 10.444,34 bestimmt, (3.) das Mehrbegehren auf Bestimmung einer weiteren Entschädigung von EUR 9.641,85 abgewiesen, (4.) das Entgelt des gerichtlichen Erwachsenenvertreters mit EUR 9.480,00 bestimmt, (5.) das Mehrbegehren auf Bestimmung eines weiteren Entgelts von EUR 4.740,00 abgewiesen, (6.) den gerichtlichen Erwachsenenvertreter zur Entnahme des Betrages von EUR 19.924,34 aus den Mitteln der Betroffenen ermächtigt und (7.) dem Erwachsenenvertreter aufgetragen, die nächste Pflegschaftsrechnung und den Lebenssituationsbericht bis spätestens 30.9.2025 vorzulegen.

Im angefochtenen Beschluss traf das Erstgericht nachstehende Festellungen :

[Anmerkung: im Zuge der Pseudonymisierung entfernt]

Liegenschaftsvermögen:

Die Vertretene ist zu 79/10298-Anteilen und 105/10298-Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft in EZ ** KG **, mit welchen Wohnungseigentum an den Wohnungen W 2 und W 44a/b verbunden ist (Adresse: B*-Straße C*-** in D*).

Die Einheitswerte der Eigentumswohnungen berechnen sich zum Stichtag 13.9.2023 wie folgt:

• W 2 EUR 15.103,28 (3-facher Einheitswert: EUR 45.309,84)

• W 44 EUR 8.422,68 (3-facher Einheitswert: EUR 25.268,04)

Zudem ist die Vertretene zu 38/265-Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft in EZ ** KG **, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung W 5 verbunden ist (Adresse: H*straße I* in D*; Einheitswert EUR 3.188,83 - 3-facher Einheitswert: EUR 9.566,49) (Anmerkung: Aus der vom Erwachsenenvertreter vorgelegten Information (AS 115 in ON 47) ergibt sich ein Einheitswert betreffend 122 /265-Anteile von EUR 10.237,83; die Vertretene hat jedoch nur 38 /265-Anteile erworben, sodass sich der Einheitswert mit EUR 3.188,83 errechnet).

[Anmerkung: im Zuge der Pseudonymisierung entfernt]

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht – soweit für das Rekursverfahren relevant – darauf, dass beim Liegenschaftsvermögen vom 3-fachen Einheitswert auszugehen sei und zwar selbst dann, wenn – wie hier – der Verkehrswert der Liegenschaft aus dem Akt ersichtlich sei. Die Bemessungsgrundlage errechne sich daher mit EUR 351.483,88 (Geldvermögen EUR 271.339,51 + 3-facher Einheitswert der 3 Eigentumswohnungen EUR 80.144,37), wovon der Freibetrag von EUR 15.000,00 abzuziehen sei, sodass die Bemessungsgrundlage EUR 336.483,88 betrage. Ausgehen davon errechne sich die Entschädigung aus dem Vermögen mit EUR 6.729,68 (2 % von EUR 336.483,88).

Während Spruchpunkt 1., 2. und 4. bis 7. unbekämpft in Rechtskraft erwuchsen, richtet sich gegen Spruchpunkt 3. im Ausmaß der Abweisung des Mehrbegehrens von EUR 7.556,53 der fristgerechte Rekurs des Erwachsenenvertreters mit dem Antrag auf Abänderung in Richtung eines Zuspruchs einer weiteren Entschädigung von EUR 7.556,53.

Die Betroffene hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Rekurswerber richtet sich in seiner Rechtsrüge rein gegen die Berechnung der Entschädigung unter Zugrundelegung des 3-fachen Einheitswerts hinsichtlich der Liegenschaft B*-Straße C*. Er argumentiert, dass für diese Liegenschaft bereits ein gerichtliches Verkehrswertgutachten eingeholt worden sei, sodass bei der Berechnung der Vermögensentschädigung nicht der 3-fache Einheitswert heranzuziehen sei, sondern der im Verkehrswertgutachten ermittelte Wert. Für die Wohnung B*-Straße liege ein solches Gutachten vor, das den Verkehrswert mit EUR 395.000,00 beziffere. Unter Zugrundelegung des Verkehrswerts ergebe sich daher eine Bemessungsgrundlage von EUR 666.339,51 (EUR 271.339,51 an Geldvermögen + EUR 395.000,00 Verkehrswert), sodass sich abzüglich des Freibetrages eine Bemessungsgrundlage von EUR 651.339,51 errechne und die Vermögensentschädigung daher EUR 13.026,79 betrage.

Dazu hat der Rekurssenat erwogen:

Voranzustellen ist, dass im gegenständlichen Verfahren entgegen den Rekursausführungen nicht der Verkehrswert der Liegenschaft B*-Straße C* aktenkundig ist, sondern jener der 38/265 Anteile der Liegenschaft H*straße I*, D* (W 5).

1.Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates, dass – mit Ausnahme der (bereits erfolgten) Veräußerung der Liegenschaft - vom 3-fachen Einheitswert der Liegenschaft auszugehen ist, und zwar selbst für den Fall, dass der Verkehrswert der Liegenschaft aus dem Akt ersichtlich wäre (54 R 3/24y; 54 R 31/23i; 54 R 83/22k; 54 R 64/21i; 54 R 9/16v; 54 R 8/15w, 54 R 58/13w, 54 R 18/13p, 54 R 116/11x, 54 R 1/12m, EFSlg 134.561). Begründend wurde bereits zu 54 R 18/13p hervorgehoben, dass eine Differenzierung danach, ob ein Schätzwertgutachten vorliegt oder nicht, nach Ansicht des erkennenden Senates unsachgemäß wäre, weil in diesem Fall die Entschädigung des Erwachsenenvertreters von der Einholung eines Schätzwertgutachtens und damit von einem durch die Betroffenen und dem Erwachsenenvertreter nicht beeinflussbaren Umstand abhängen würde (so auch ausdrücklich 54 R 17/12m, 54 R 116/14x, 54 R 9/16v des LG Innsbruck). Diese Differenzierung erachten etwa auch Weitzenboeck in Schwimann/Kodek [Hrsg], ABGB Praxiskommentar 5[2018] § 276 ABGB Rz 14 und Entleitner, NZ 2022/91 als unsachlich. Dabei ist auch zu bedenken, dass es durch die Verpachtung und Vermietung der Liegenschaft ohnedies zu entschädigungserhöhenden Einkünften kommt. Diese Rechtsprechungslinie wurde vom erkennenden Senat erst kürzlich zu 54 R 3/24y, 54 R 31/23i, 54 R 83/22k, 54 R 20/22w und kurz davor zu 54 R 74/21k, 75/21g, 54 R 64/21i mit ausführlicher Begründung in Auseinandersetzung mit Lehre und Rechtssprechung (u.a. der Entscheidung des VfGH zu G 138/2019) aufrecht erhalten. Auch die Argumente im Rekurs veranlassen den Rekurssenat aus folgenden Gründen nicht von seiner Rechtsprechungslinie abzugehen.

2.So hat der Verfassungsgerichtshof bereits zu G 18/08 u.a. (VfSlg 18.838/2009) die Bestimmung des § 276 ABGB aF (vergleichbar dem § 276 Abs 2 ABGB idgF) deshalb als verfassungskonform erachtet, weil es bei Bemessung der Entschädigung aufgrund des 4. Satzes des § 276 Abs 1 ABGB möglich war, eine dem Pflegebefohlenen aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenssituation an sich zumutbare, aber aufgrund der Umstände unangemessen hohe Entschädigungsleistung auf das nach dem Grund des 4. Satzes Angemessene zu reduzieren. Es spreche nämlich nichts dagegen, einen besonderen Grund für eine Verminderung der Entschädigung im Sinne des § 276 Abs 1 letzter Satz ABGB jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Bemessung des Entgeltes des Sachwalters nach dem zweiten und dritten Satz dieser Bestimmung zwar nicht zu einer Gefährdung der Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen, jedoch zu einer unangemessen hohen Entschädigung führen würde. Dabei sei gleichgültig, ob sich die Unangemessenheit der Entschädigung etwa daraus ergebe, dass das Vermögen und damit die nach dem Vermögen bemessene Entgeltkomponente nach dem dritten Satz dieser Gesetzesstelle besonders hoch sei oder daraus, dass der Aufwand des Sachwalters wegen der Umstände des Einzelfalles oder wegen eines eingeschränkten Wirkungsbereiches entsprechend geringer gewesen sei. Auch eröffne der Begriff der besonderen Gründe dem Gericht die Möglichkeit der Bedachtnahme darauf, dass ein Vermögen nicht oder nur zum geringen Teil aus (leichter verwertbarem) Geldvermögen besteht und seine Verwertung zum Zwecke der Entschädigungsleistung an den Sachwalter dem Pflegebefohlenen ganz oder teilweise nicht zumutbar sei. Daher sind bei der Entscheidung über eine derartige Minderung die gesamten sachlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen der Sachwalterschaft zu berücksichtigen und ist eine differenzierende Bandbreite an zu beurteilenden Kriterien gegeben.

Weiters hat der VfGH zu G 27/2014 ua (VfSlg. 19.903) keine Gleichheitswidrigkeit des Anknüpfens an eine Regelung des AußStrG über die Bewertung unbeweglicher Sachen mit dem dreifachen Einheitswert bei der Ermittlung der Gerichtskommissionsgebühren erkannt und den - zulässigen - Gerichtsantrag auf Aufhebung dieser der Inventar-Errichtung im Verlassenschaftsverfahren dienenden Bewertungsvorschrift abgewiesen. Begründend verwies der VfGH auf das Fehlen von Bedenken gegen das System der Einheitsbewertung von Liegenschaften an sich (vgl VfSlg 18093/2007, 19487/2011, 19701/2012, 19705/2012) und die Rechtfertigung des Anknüpfens an Einheitswerte aus verwaltungsökonomischen Gründen (vgl insbesondere VfSlg 18419/2008).

Unter Hinweis auf obige Entscheidungen hat der VfGH noch 2019 zu G 138/2019 die Behandlung eines Antrags gestützt auf die Behauptung der Unsachlichkeit der Heranziehung des dreifachen Einheitswertes gemäß § 167 Abs 2 AußStrG als Bemessungsgrundlage für die Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wegen unzureichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt und begründend ausgeführt, dass die behaupteten Verfassungswidrigkeiten so wenig wahrscheinlich seien, dass keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gegeben sei: § 167 Abs 2 AußStrG verstoße - auch hinsichtlich der Bemessung der Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters - nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Aufgrund der notorisch hohen Verfahrenszahlen seien bei der Beurteilung insbesondere auch verfahrensökonomische Überlegungen mit in Betracht zu ziehen. Durch das Abstellen auf den dreifachen Einheitswert werde die regelmäßig kostenintensive gerichtliche Schätzung unbeweglicher Güter vermieden. An der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass dem Gesetzgeber andere Möglichkeiten offenstünden, die Bewertung unbeweglichen Vermögens vorzunehmen (iFamZ 2020/3).

Zwar hat der Verfassungsgerichtshof auch mehrere (unbeweglich) auf den 3-fachen Einheitswert abstellende Normen behoben (vgl. G 135/2014, G 78/12, G 77/12, G 34/11, G 54/06 usw), jedoch handelte es sich dabei stets um ein zwingendes Abstellen auf den 3-fachen Einheitswert und nicht wie im vorliegenden Fall um eine einzelfallbezogene Bemessung der Entschädigung unter Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen des Erwachsenenvertreters einerseits (z.B. Erhöhung bei besonderem Aufwand) und des Betroffenen andererseits (z.B. angemessene Minderung). Im Hinblick auf diese Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und die Beweglichkeit des Entlohnungssystems bestehen bei einer – wie hier - nach den Umständen des Einzelfalls gerechtfertigten Zugrundelegung des 3-fachen Einheitswertes bei Bemessung der Entschädigung des Erwachenenvertreters nach Überzeugung des erkennenden Senates auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes keine Bedenken gegen dessen ständige Rechtsprechungslinie. Vielmehr entspricht diese Flexibilität des Abstellens auf die sachgerecht erscheinende Bezugsgröße gerade einer verfassungskonformen Interpretation.

3. Dabei übersieht der erkennende Senat auch nicht, dass zur Frage, welcher Wert bei einer Liegenschaft heranzuziehen ist, in der Literatur und Rechtsprechung verschiedene Auffassungen bestehen:

Nach einem Teil der Lehre sollte "niemals" auf § 167 Abs 2 AußStrG zurückgegriffen werden (Barth/Ganner in Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts 3799: aktenkundiges Gutachten; Privatgutachten; Maklerbewertung; § 34 AußStrG (Immobilienpreisspiegel); im Ergebnis ebenso Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.04§ 276 Rz 14 (Heranziehung des BewG 1955).)

Auch betont Stabentheiner, dass zwar eine Bewertung des Vermögens durch einen Sachverständigen nur zu Zwecken der Entschädigungsbemessung nicht stattzufinden habe, andererseits aber bei Liegenschaften im Lichte der Aufhebung der an Einheitswerte anknüpfenden Abgabenvorschriften durch den VfGH auch nicht sachgerecht erscheine, ein Vielfaches des Einheitswerts zugrunde zu legen, wie dies von der Rsp gehandhabt werde; man es daher mit pauschalen Schätzungen – allenfalls anhand existierender Anhaltspunkte (zB Kaufverträgen) – bewenden lassen müsse (Stabentheiner in Rummel/Lukas, ABGB 4§ 276 ABGB Rz 7).

Weiters fordert Parapatits selbstverständlich auch die im Eigentum der betroffenen Person stehende Liegenschaft als Vermögen anzusehen und dabei grundsätzlichvom Verkehrswert auszugehen (Parapatits in Fenyves/Kerschner/Vonkilch (Hrsg), ABGB: Großkommentar zum ABGB - Klang-Kommentar 3(2020) zu § 276 ABGB Rz 18).

Auch Wolff in AnwBl 2020/284 befürwortet, insbesondere unter Heranziehung verfassungsrechtlicher Argumente die Abkehr vom 3-fachen Einheitswert, fordert jedoch, dass der Erwachsenenvertreter den Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung durch Vorlage entsprechender objektiver Unterlagen (vorrangig eine Bewertung nach der Grundstückswerteverordnung bzw. die Heranziehung des jährlich veröffentlichten Immobilienpreisspiegels) zu bescheinigen habe.

Entleitner, NZ 2022/91, fordert ebenso den Verkehrswert als Maßstab für die Bewertung von Liegenschaften zwecks Bemessung der Entschädigung des Erwachsenenvertreters bzw Kurators heranzuziehen und nicht den für rein steuerliche Zwecke maßgeblichen Grundstückswert.

Schilchegger/Hohensinn, NZ 2021/1 und 2021/2, monieren im Hinblick auf die uneinheitliche Rechtsprechung (Verkehrswert vs. 3-facher Einheitswert) die fehlende Klarstellung durch den Gesetzgeber des 2.ErwSchG und fordern maßgeblich aus verfassungsrechtlichen Überlegungen eine Abkehr vom Abstellen auf den 3-fachen Einheitswert. Sie verweisen aber auch auf die Behauptungs- und Bescheinigungslast des Antragstellers.

Hingegen verweist Pfurtscheller auf die nicht einheitliche Beantwortung der Frage in der Rechtsprechung, wie die Bewertung von Liegenschaftsvermögen zu erfolgen hat , wobei überwiegend der dreifache Einheitswert angesetzt werde. Er betont, dass die Ermittlung der Bemessungsgrundlage möglichst zweckmäßig und ohne größeren Aufwand an Kosten und Mühen zu erfolgen habe, weshalb die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Bewertung einer Liegenschaft des Betroffenen abzulehnen sei (Pfurtscheller in Schwimann/Neumayr (Hrsg), ABGB Taschenkommentar 5(2020) zu § 276 ABGB Rz 7).

Weitzenböck führt aus, dass die Neufassung des § 276 für die ebenso umstrittene wie schwierige Fragestellung der Bewertung von Liegenschaftsvermögen keine Hilfestellung für die Praxis bedeutet. Er legt dar, dass ein Teil der Rechtsprechung sich insoweit mit der analogen Anwendung des § 167 Abs 2 AußStrG beholfen habe und zur Bewertung den dreifachen Einheitswert herangezogen habe. Um – wegen der tendenziell geringen Höhe desselben – nicht zu gänzlich unbilligen Ergebnissen zu gelangen, seien in diesen Fällen aber Belastungen der Liegenschaft (ebenso wie damit verbundene Vermögenswerte wie Tilgungsträger) außer Acht gelassen worden. Höhere Kaufanbote seien unberücksichtigt geblieben, solange die Liegenschaft noch nicht tatsächlich verkauft war, nach einem tatsächlichen Verkauf sei aber der Kaufpreis – soweit noch vorhanden – herangezogen worden. Habe (auch aus anderen Verfahren) ein Sachverständigengutachten vorgelegen, habe man dessen Berücksichtigung als möglich angesehen, die Einholung eines solchen nur zwecks Ermittlung der Ansprüche nach § 276 sei aber nahezu einhellig abgelehnt worden. Die Höhe der Entschädigung sei in der Vergangenheit oft von vielen Zufälligkeiten abhängig gewesen, im Zusammenhang mit der Bewertung von Liegenschaften vor allem davon, ob der Verkehrswert (aus welchen Gründen auch immer) bekannt gewesen sei oder nicht. Teile der Rsp hätten – offenbar aus Gleichheitserwägungen – daraus die Konsequenz gezogen, den 3-fachen Einheitswert selbst dann zugrunde zu legen, wenn der Verkehrswert aus den Akten ersichtlich gewesen sei. Er verweist aber auch darauf, dass in jüngerer Zeit die Landesgerichte – den Grundsätzen des außerstreitigen Verfahrens, insbesondere seines § 34, durchaus entsprechend – wagemutiger würden (Weitzenboeck in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar 5(2018) § 276 ABGB Rz 13ff).

4.Das LG Feldkirch hält bereits 2013 bei bekannten Prämissen (also offenbar Lage, Ausmaß und Zustand der Liegenschaft) eine richterliche Schätzung iSd § 34 AußStrG für möglich, nur bei Unmöglichkeit sei auf den 3-fachen Einheitswert zurückzugreifen (Weitzenboeck in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar 5(2018) § 276 ABGB Rz 15 mwN; vgl. bspw. 2 R 90/13b, 2 R 124/08p, 1 R 273/11x, 1 R 332/11y jeweils des LG Feldkirch). Das LG Feldkirch hat zu 3 R 259/19i und 3 R 32/19g danach differenziert, ob sich der Verkehrswert bereits aus dem Akteninhalt ergibt oder nicht. Im letzteren Fall komme eine richterliche Betragsfestsetzung iSv § 34 AußStrG mangels Kenntnis der notwendigen Parameter nicht in Betracht, sodass der dreifache Einheitswert (unter Nichtberücksichtigung der Belastungen) maßgeblich sei (vgl. NZ 2022/91 und E2 und E 6 zu Pkt. B.2. in NZ 2021/2).

Mittlerweile hält es auch das LGZ Wien für möglich, sofern die Prämissen vom Antragsteller entsprechend dargetan würden, den Verkehrswert in Anwendung des § 34 AußStrG nach freier Überzeugung festzustellen. Der Senat 44 wiederum knüpft an die seit 1. 1. 2016 geltende Fassung des GrunderwerbsteuerG (§ 4 Abs 1) an und legt den nach der Grundstückswertverordnung, BGBl II 2015/442, zu erstellenden Immobilienpreisspiegel zugrunde. Der Senat 42 meint, das Pauschalwertmodell iSd § 4 treffe lediglich ein Aussage über den steuerlich relevanten Grundstückswert, der mit dem Verkehrswert einer Liegenschaft nicht ident sein müsse. Maßgeblich sei hier vielmehr die plausible und nachvollziehbare, wenn auch bloß grobe Schätzung des Verkehrswertes eines Sachverständigen (Weitzenboeck in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar 5(2018) § 276 ABGB Rz 15 mwN). So sah das LGZ Wien zu 44 R 104/13i sowohl das Abstellen auf den Verkehrswert als auch das Abstellen auf den 3-fachen Einheitswert als denkbar an. Weiters nimmt das LGZ Wien zu 44 R 455/08z die Bewertung einer Eigentumswohnung nach dem 3-fachen Einheitswert vor (EFSlg 119.842), geht dann aber zu 43 R 178/09w wieder vom Verkehrswert laut Gutachten aus (EFSlg 123.488). Zu 48 R 282/16z stellte das LGZ Wien auf den 3-fachen Einheitswert ab (EFSlg. 153.663; so auch zu 44 R 30/16m – vgl. AnwBl 2020/284). Zu 45 R 393/19f und 45 R 462/21f wandte sich das LGZ Wien aus verfassungsrechtlichen Überlegungen von einer Heranziehung des 3-fachen Einheitswertes ab (E 7 zu Pkt. B.2. in NZ 2021/2 und EFSlg 167.638). Zu 44 R 515/19i schloss das LGZ Wien eine analoge Anwendung des § 167 Abs 2 AußStrG unter Verweis auf den Immobilienpreisspiegel aus (EFSlg. 160.463; so auch schon zu 44 R 82/16h – vgl. AnwBl 2020/284). Auch zu 48 R 322/19m stellt das LGZ Wien auf den Immobilienpreisspiegel ab (E 9 zu Pkt. B.2. in NZ 2021/2).

Das LG Linz hält an der Ablehnung einer Schätzung einzig zum Zweck der Entschädigungsbemessung fest, was bedeutet, dass, wenn sich der Verkehrswert des unbeweglichen Vermögens nicht schon aus einem (gerichtlichen) Schätzgutachten ergibt, der Wert des unbeweglichen Vermögens gemäß § 34 AußStrG nach freier Überzeugung durch das Verlassenschaftsgericht festzusetzen sei (Weitzenboeck in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar 5(2018) § 276 ABGB Rz 15 mwN; LG Linz 15 R 57/17h, EFSlg 153.670 und 15 R 390/19g, EFSlg 160.461 unter Berufung auf die vom VfGH verneinte Verfassungswidrigkeit). Zu 15 R 196/17z erachtete das LG Linz die automatische Heranziehung des dreifachen Einheitswertes nicht als verfassungskonform und es als notwendig den Verkehrswert der Liegenschaft mit vertretbaren Bemessungsmethoden zu ermitteln, wobei ein Gutachten allein zur Ermittlung der Entschädigungshöhe nicht vertretbar sei (AnwBl 2020/284). Auch zu 15 R 175/19t lehnt das LG Linz ausdrücklich nur die ausschließliche und schematische Heranziehung des dreifachen Einheitswertsvon Liegenschaften zur Bemessung der Vermögensentschädigung nach § 276 ABGB aF als nicht verfassungskonform ab und verweist darauf, dass der Anspruch des Sachwalters unter Berücksichtigung seiner Bemühungen und Verantwortung entsprechend abzugelten sei (E 8 zu Pkt. B.2. in NZ 2021/2).

Auch das Landesgericht Innsbruck erkannte etwa zu 53 R 93/12b bzw. 53 R 7/12m, je des LG Innsbruck (unter Berufung auf den Wortlaut des § 276 Abs 1 ABGB „Wert des Vermögens”), dass auf den Verkehrswert abzustellen sei.

Hingegen stellte das LG Wels zu 21 R 212/11t und 21 R 170/10i auf den 3-fachen Einheitswert ab (EFSlg. 134.561, 126.997). Zwischenzeitlich sieht das LG Wels für die Bewertung von Liegenschaften im Erwachsenenschutzverfahren eine analoge Anwendung des § 167 AußStrG als überholt an und zieht § 4 Abs 1 GrEStG analog heran bzw. greift allenfalls im Rahmen der richterlichen Festsetzung gemäß § 34 AußStrG auf ebendiese Bestimmung zurück (LG Wels, 21 R 163/21a = NZ 2022/91 und 21 R 14/22s). Allerdings betont auch das LG Wels dabei, dass sachgerecht sei, den Grundsatz, dass die Wahl einer der in § 4 GrEStG bzw. der Grundstückswertverordnung angeführten Berechnungsarten für die Liegenschaftsbewertung dem Steuerpflichtigen obliegt, wobei er regelmäßig wohl jene Methode wählt die die geringste Steuerbelastung für ihn bedeutet, auch auf die Wahl der Berechnungsmethode für die Ermittlung der vermögensabhängigen Entschädigung des Erwachsenenvertreters anzuwenden, insbesondere zum Schutz der betroffenen Person bzw. ihres Vermögens.

Das LG Salzburg führte zu 21 R 132/10y aus, dass bei Bewertung des Liegenschaftsvermögens des Kuranden der ja unter besonderem Schutz der Gesetze steht, mit dem 3-fachen Einheitswert den Interessen des Kuranden entsprochen werde, und auch mit einer auf Basis des 3-fachen Einheitswertes des Liegenschaftswertes bemessenen Entschädigung den Tätigkeiten und den damit verbundenen Mühen und Lasten durchaus angemessen Rechnung getragen werde, weshalb dieser heranzuziehen sei. Entscheidend komme es auf den Stichtag und nicht auf später abgeschlossene Kaufverträge an (LG Salzburg, 21 R 132/10y; vgl. auch 21 R 142/13y und 21 R 252/10w, EFSlg 126.997). Auch zu 21 R 150/17f stellte das LG Salzburg noch auf den 3-fachen Einheitswert ab (EFSlg. 153.663). Zu 21 R 91/19g führte das LG Salzburg jedoch aus, in Anbetracht der VfGH-Judikatur und der Argumente von Lehre und Rechtsprechung den 3-fachen Einheitswert nicht mehr heranzuziehen, sondern den Verkehrswert der Liegenschaft abzüglich Belastungen, der erforderlichenfalls nach § 34 AußStrG zu schätzen sei (vgl. AnwBl 2020/284).

Das LG St. Pölten vertrat zu 23 R 244/21m; 23 R 112/20y, 23 R 52/20z und 23 R 373/19d die Meinung, dass unabhängig davon, ob der Verkehrswert des vorhandenen Liegenschaftsvermögens bereits aktenkundig ist, in analoger Anwendung des § 167 AußStrG immer der dreifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei (NZ 2022/91 und (E 11 zu Pkt. B.2. in NZ 2021/2; EFSlg 167.634 ).

5.Der Rekurssenat ist trotz Kenntnis obiger Entwicklungen in der Rechtsprechung immer noch der Auffassung, dass mit der auf Basis des 3-fachen Einheitswertes des Liegenschaftsvermögens bemessenen Entschädigung den mit dem Amt verbundenen Mühen und Lasten des Erwachsenenvertreters in einer Vielzahl von Fällen durchaus angemessen Rechnung getragen werden kann. Der Judikaturwechsel vieler Landesgerichte wird mit verfassungsrechtlichen Bedenken begründet, die der erkennende Senat im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung des VfGH, insbesondere im Hinblick auf die gerade vom VfGH betonte Flexibilität der Bestimmung des § 276 ABGB nicht als zwingend ansieht; vielmehr widerspräche gerade ein genereller Ausschluss eines Abstellens auf den dreifachen Einheitswert der vom VfGH betonten Flexibilität. So verwendet der VfGH zu G 18/08 u.a. (VfSlg 18.838/2009) selbst das Argument, dass Geldvermögen leichter verwertbar ist. Auch der Rekurssenat erachtet als maßgeblich, dass es sich bei Liegenschaftsvermögen im Gegensatz zu einem Sparguthaben gerade nicht um liquides Vermögen handelt, welches einfach nach und nach zur Abdeckung der Entschädigung des Erwachsenenvertreters herangezogen werden kann; vielmehr muss Liegenschaftsvermögen (das zudem nach der Intention des Gesetzgebers (vgl. § 258 Abs 5 ABGB iVm § 223 ABGB) dem Betroffenen zur Absicherung möglichst erhalten werden soll) häufig allein aufgrund der sich ansonsten anhäufenden Schulden beim Erwachsenenvertreter veräußert werden. So zeigt sich in vielen Fällen, dass im Falle einer längerdauernden Erwachsenenvertretung bei Zugrundelegung des Schätzwertes Kosten anfallen würden, die eine fortlaufende Verwertung eines erheblichen Teiles des Liegenschaftsvermögens unumgänglich machen würden. Auch darf nicht ganz unberücksichtigt bleiben, dass keine Klarstellung durch den Gesetzgeber des 2. ErwSchG erfolgte, die aber einfach möglich gewesen wäre, was insbesondere auch im Hinblick auf die aus dem Gesetz sonst ersichtlichen Wertungen (besondere Schutzwürdigkeit der betroffenen Person; Erhaltung von Liegenschaftsvermögen) bedeutsam erscheint. Zudem wurde für besondere Aufwendungen und Risiken des Erwachsenenvertreters vom Gesetzgeber ohnedies durch die Bestimmungen des § 276 Abs 4 ABGB Vorsorge getragen und erfordern auch diese Argumente kein Abgehen von der Rechtsprechungslinie des erkennenden Senates. Zudem muss auch berücksichtigt werden, dass es sich bei der Entschädigungsbemessung um jährlich in großer Zahl anfallende Verfahren handelt, die für die Gerichte auch mit zumutbarem Aufwand bewältigbar sein müssen. Dabei erachtet der Rekurssenat die neue Rechtsprechung des LG Wels wonach die Wahl einer der in § 4 GrEStG bzw. der Grundstückswertverordnung angeführten Berechnungsarten für die Liegenschaftsbewertung dem Steuerpflichtigen nach jener Methode zu erfolgen hat, die die geringste Belastung für ihn bedeutet, auch als höchst unökonomisch, müssten dann doch sämtliche Berechnungsvarianten vorgenommen und die geringste gewählt werden. Aus all diesen Gründen ganz maßgeblich auch aufgrund der auch vom VfGH zu G 27/2014 und zu G 138/2019 betonten verfahrensökonomischen Überlegungen (hohe Fallzahl von Vermögensentschädigungen bei Gericht) trotz anderer Möglichkeiten des Gesetzgebers, die Bewertung unbeweglichen Vermögens vorzunehmen, sieht es das Rekursgericht als sachgerecht an, an seiner ständigen Rechtsprechung festzuhalten und wenn im Einzelfall – wie hier – angemessen an der Bewertung des Liegenschaftsvermögens nach dem dreifachen Einheitswert festzuhalten.

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist der Revisionsrekurs über den „Kostenpunkt“ jedenfalls unzulässig (§ 62 Abs 2 Z 1 AußStrG). Dies umfasst auch alle Entscheidungen über die Kosten und Entschädigung eines Kurators bzw. (früher) Sachwalters (RS0007696; RS0008673 [T123]; RS0017311; RS0007695 [T23]) und gilt auch für die Belohnung bzw. Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters (1 Ob 149/21z; 6 Ob 202/20d mwN).