JudikaturJustiz9ObA200/90

9ObA200/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar Peterlunger und Walter Benesch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Werner G***, Angestellter, Niklasdorf, Proleb 198, vertreten durch Dr. Heinrich Hofrichter und Dr. Erwin Bajc, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei F*** F*** K*** Gesellschaft m.b.H.,

Kapfenberg, Deuchendorf, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 893.538,46 sA (im Revisionsverfahren S 319.179,48 sA), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.April 1990, GZ 7 Ra 23/90-31, womit infolge Berufung beider Parteien das Teilurteil des Kreisgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.September 1989, GZ 21 Cga 335/88-22, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Revisionen wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in ihrem noch streitverfangenen Teil aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird in diesem Umfang an das Prozeßgericht erster Instanz zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten S 301.538,46 brutto und S 592.000 netto jeweils sA. Er sei vom 2.Mai 1984 bis 24.Juni 1987 bei der F*** K*** Gesellschaft m. b.H. Co KG (kurz F***) als Geschäftsführer beschäftigt gewesen. Nach seinem mit dieser Gesellschaft abgeschlossenen Dienstvertrag habe er nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden können. Gemäß Punkt 8 dieses Dienstvertrages bemesse sich der Abfertigungsanspruch des Klägers mit einem Jahresbruttogehalt, wobei die Steuern und Abgaben vom Dienstgeber zu tragen seien. Dieses Dienstverhältnis habe die Beklagte entsprechend dem offengelegten Dienstvertrag am 25.Juni 1987 übernommen. Eine Änderung des Arbeitsbereiches des Klägers sei nicht erfolgt. Mit Schreiben vom 4. Mai 1988 habe ihn die Beklagte zum 30.September 1988 fristwidrig gekündigt. Die Kündigung hätte vereinbarungsgemäß frühestens zum 31. Dezember 1988 erfolgen dürfen.

Der Kläger habe daher Anspruch auf Kündigungsentschädigung bestehend aus dem Gehalt für Oktober bis Dezember 1988 in Höhe von S 120.000 brutto zuzüglich der anteiligen Sonderzahlungen von S 20.000 brutto. Weiters habe der Kläger noch einen vollen Urlaubsanspruch aus den Urlaubsjahren 1986/87, 1987/88 und aus dem am 2.Mai 1988 begonnenen Urlaubsjahr, woraus sich eine Urlaubsentschädigung von S 161.538,46 brutto errechne. Die ihm zustehende Abfertigung in Höhe eines Jahresbruttogehalts betrage S 560.000 netto. Im Kündigungsschreiben sei dem Kläger angeboten worden, daß er während der Kündigungsfrist an seinem Wohnort Tätigkeiten im Bereich Anlagenverkauf vornehmen solle. Es sei beabsichtigt gewesen, eine neue Gesellschtfr für diesen Geschäftsbereich zu gründen. Als Entschädigung für die Büroräumlichkeiten, Telefon, PKW u.dgl sei ihm ab Mai 1988 ein Betrag von monatlich S 16.000 zugesagt worden. Obwohl der Kläger die gewünschten Leistungen erbracht habe, habe man ihm keine Spesen ersetzt. Es hafte daher noch ein Spesenersatz für zumindest zwei Monate in Höhe von S 32.000 netto aus.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Das Dienstverhältnis des Klägers mit der F*** sei von der Beklagten nicht mit allen Rechten und Pflichten übernommen worden. Die Beklagte hafte auch nicht gemäß § 25 HGB oder § 1409 ABGB, da sie keine Vermögenswerte übernommen habe. Die F*** habe weiterbestanden und insbesondere Geschäfte mit der VEW weitergeführt. Bezüglich der Dienstnehmer sei vereinbart worden, daß nur ein Teil übernommen werden sollte; die Dienstverhältnisse des Klägers und seiner Gattin seien dabei von einer Übernahme ausdrücklich ausgeschlossen worden.

Weiters wendete die Beklagte für den Fall des Zurechtbestehens der Klageforderung umfangreiche Gegenforderungen ein, die aber nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in Höhe von S 233.333,33 sA mit Teilurteil statt, wies das Mehrbegehren im Betrag von S 660.205,13 sA ab und behielt die Entscheidung über die eingewendeten Gegenforderungen dem Endurteil vor. Es traf folgende Feststellungen:

Der Kläger war seit 2.Mai 1984 alleiniger Geschäftsführer der F***. Er bezog zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von S 40.000. Nach dem mit dieser Gesellschaft abgeschlossenen schriftlichen Dienstvertrag war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres vereinbart. Weiters wurde darin festgehalten, daß ihm zusätzlich eine Abfertigung in Höhe eines Jahresbruttogehaltes gebühre, falls infolge mehrheitlichen Besitzerwechsels die Kündigung des Dienstverhältnisses durch den oder die neuen Eigentümer bzw die Ablösung als Geschäftsführer unter Einhaltung der vereinbarten Frist vorgenommen werden sollte. Die Steuern und Abgaben seien diesbezüglich durch den oder die neuen Eigentümer zu tragen. Am 24.6.1987 verkaufte die F*** ihr gesamtes

Anlagevermögen bestehend aus Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Halbfertig- und Fertigfabrikaten an die W*** AG (Basel), einer ehemaligen Kundin der F***, und eine in Gründung befindliche F*** K*** Gesellschaft mbH (kurz FVK). Mit diesem Vertrag übertrug die F*** an FVK alle allfälligen Aufträge aus Tunesien, Bulgarien und der UdSSR sowie alle Benützungsrechte am Know-how betreffend Herstellung und Betrieb der verkauften Anlagen und entwickelten Produkte. FVK übernahm mit 25.Juni 1987 die gesamte Betriebsführung der F*** auf eigene Rechnung mit Ausnahme eines Auftrages der VEW, der von F*** noch auf eigene Kosten ausgeführt werden sollte. Weiters sollten alle nicht aus dem laufenden Betrieb ab 25.Juni 1987 sich ergebenden Kosten und Verpflichtungen, wie etwa auch Abfertigungs- und Urlaubsgeldansprüche von Dienstnehmern, bei F*** bleiben. FVK übernahm vereinbarungsgemäß die Dienstnehmer der F*** aus den Bereichen Produktion und Technik. FVK sollte von F*** 80 % der zum Übergabstag festzustellenden Abfertigungsansprüche der zu übernehmenden Dienstnehmer refundiert erhalten, während sonstige bis zum Übergabstag bestandenen Dienstnehmeransprüche oder Anwartschaften auf solche von F*** zu erfüllen sein sollten. FVK wurde "in der Folge" als F*** F*** K*** Gesellschaft mbH (Beklagte)

gegründet und setzte den Betrieb ab 25.Juni 1987 ohne Betriebsstillstand unverändert fort.

Der Kläger blieb auch nach dem 24.Juni 1987 weiterhin alleiniger Geschäftsführer der F***. Der dieser verbliebene VEW-Auftrag wurde unter seiner Leitung ausgeführt. Es war von Anfang an vorgesehen, daß der Kläger als Vertrauensperson in der neu zu gründenden Gesellschaft mitarbeiten solle. Etwa Anfang Juni hatte der Prokurist der W*** AG, Charles S***, dem Kläger erklärt, daß dieser als Geschäftsführer bei der neu zu gründenden Gesellschaft beschäftigt bleibe und zu den bisherigen Bedingungen weiterarbeiten könnte. Es wurde auch über eine allfällige Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft gesprochen; diese Gespräche führten aber zu keinem Ergebnis.

Der Kläger arbeitete ab 25.Juni 1987 bei der Beklagten. Er wurde mit 22.Juli 1987 als kollektivzeichnungsberechtigter Mitgeschäftsführer zum Handelsregister gemeldet und erhielt von der Beklagten ein Monatsgehalt von S 40.000. Er war weiterhin im technischen Bereich tätig. Zur Abfassung eines schriftlichen Dienstvertrages, den der für den kaufmännischen Bereich zuständige Geschäftsführer der Beklagten, Mag. Friedrich S***, ausarbeiten sollte, kam es nicht. Das Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und F*** wurde nicht gekündigt. Der Kläger legte allerdings seine dortige Geschäftsführerfunktion nach der Abwicklung des VEW-Auftrages mit Ende des Jahres 1987 zurück. F*** besteht unter anderer Geschäftsführung noch heute.

Mit Schreiben vom 4.Mai 1988 kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis des Klägers zum 30.September 1988. Er wurde in diesem Schreiben ersucht, seine Dienste für eine noch zu gründende Gesellschaft, die sich mit dem Verkauf von Anlagen befassen werde, zur Verfügung zu stellen. Zur Ausübung dieser Tätigkeit von seinem Wohnort aus erhalte er ab Mai 1988 monatlich eine Büroentschädigung von S 2.000, einen allgemeinen Spesenersatz inklusive Telefon von S 5.000 und für das Auto S 9.000. Als der Kläger erwiderte, daß ihm dies ohne (untersagte) Betriebsanwesenheit nicht möglich sei, forderte ihn S*** auf, kurzfristig eine Liste der benötigten Einrichtungen u.dgl. zu verfassen. Am 18.Mai 1988 schrieb der Kläger an S*** einen Bericht über seine bisherige Tätigkeit, in dem er festhielt, daß er nach seiner Beurlaubung Kontakt mit Tunesien aufgenommen und ein Anlagenkonzept und Angebot für die UdSSR ausgearbeitet habe, und gab die von ihm benötigten Gegenstände (Zeichenmaschine, elektrische Schreibmaschine, Prospekte, Anlagenofferte, Briefpapier u.dgl.) bekannt. Am 30.Juni 1988 teilte S*** dem Kläger mit, daß W*** keine Möglichkeit sehe, solche Anlagen zu verkaufen, und deshalb eine Weiterbeschäftigung des Klägers im Anlagenbau nicht sinnvoll sei.

Der Kläger hatte am 4.Mai 1988 noch ein Urlaubsguthaben von 90 Tagen. Bei Übergabe des Kündigungsschreibens an diesem Tag forderte S*** den Kläger zum Urlaubsverbrauch in der Kündigungsfrist auf. Der Kläger fragte ihn, wie er sich das vorstelle. Nach dem 4.Mai 1988 war der Kläger nicht mehr im Betrieb anwesend.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß das Dienstverhältnis des Klägers zur F*** von der Beklagten mit allen Rechten und Pflichten übernommen worden sei. Der Prokurist des "Unternehmenserwerbers" habe ausdrücklich erklärt, daß der Kläger zu denselben Bedingungen wie bisher weiterarbeiten könnte. Tatsächlich habe der Kläger bei der Beklagten als technischer Geschäftsführer dieselben Tätigkeiten wie bei der F*** verrichtet. Im Hinblick auf das Interesse der Beklagten, den Kläger als Geschäftsführer zu behalten, und der abgegebenen Zusage könnten auch Gespräche über den Abschluß eines neuen Dienstvertrages nur in dem Lichte gesehen werden, daß eine Verschlechterung der bei F*** bestandenen Bedingungen ausgeschlossen sein sollte. Es gelte daher die Kündigungsfrist von sechs Monaten und eine Vordienstzeit von über drei Jahren. Der Kläger habe demnach Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung samt anteiligen Sonderzahlungen in Höhe von S 140.000 und eine Abfertigung in Höhe von zwei Monatsgehältern (S 93.333,33). Der im Dienstvertrag vorgesehene Fall einer zusätzlichen Abfertigung sei nicht eingetreten, da der "Besitzerwechsel" im Betrieb nicht die Kündigung des Klägers zur Folge gehabt habe.

Eine Urlaubsentschädigung gebühre nicht; dem Kläger sei der Verbrauch des Urlaubs in der mehr als sechsmonatigen Kündigungsfrist (4.Mai bis 31.Dezember 1988) zumutbar gewesen. Spesenersatz stehe ihm ebenfalls nicht zu, da über das Anbot der Beklagten zur weiteren Dienstleistung des Klägers gegen Spesenersatz keine Einigung zustande gekommen sei.

Die Abweisung des Klagebegehrens im Umfang der zusätzlich begehrten Abfertigung und einer Urlaubsentschädigung für 60 Tage (insgesamt S 574.358,98 sA) wurde rechtskräftig.

Das Berufungsgericht änderte das Teilurteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren nur im Umfang eines Betrages von S 140.000 sA (Kündigungsentschädigung) stattgab und das darüber hinausgehende Mehrbegehren von insgesamt S 753.538,46 sA abwies. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß im Vertrag vom 24.Juni 1987 inhaltlich jene Dienstnehmer beschrieben werden, die übernommen werden sollten. Es ergebe sich bereits aus dem Vertragstext, daß der Kläger nicht darunter gefallen sei, da er als alleiniger Geschäftsführer der F*** nicht ein nur dem Bereich

Produktion und Technik angehörender Dienstnehmer gewesen sei. Es sei auch schon aufgrund der Aussage des Klägers selbst klar, daß er bei der Unterzeichnung dieses Vertrages anwesend gewesen sei. Auch bei einer Unternehmensübertragung sei davon auszugehen, daß die bestehenden Dienstverhältnisse mangels anderer Vereinbarung zwischen Veräußerer, Erwerber und Dienstnehmer beim Veräußerer verbleiben. Ohne Zustimmung auch nur eines der drei Beteiligten komme es zu keiner Dienstvertragsübernahme. Eine konkludente Zustimmung zur Dienstvertragsübernahme liege vor, wenn der Dienstnehmer beim Erwerber in gleicher Verwendung mit gleichem Entgelt eingesetzt und das alte Dienstverhältnis nicht beendet werde, demnach der Dienstnehmer aus diesem auch keine Abfertigung erhalte. In einem solchen Fall müsse der Erwerber, um dem Anschein der Dienstvertragsübernahme zu begegnen, im Zeitpunkt der Übernahme einen entsprechenden Vorbehalt machen. Werde der Vorbehalt nur gegenüber dem Veräußerer erklärt, wirke er gegenüber dem Dienstnehmer nur, wenn ihn dieser gekannt habe. Habe der Dienstnehmer allerdings auf Grund der vertraglichen Gestaltung nach der Unternehmensübertragung auch noch dem Veräußerer im Rahmen des bisherigen Dienstvertrages noch Dienste zu leisten, könne von einer Dienstvertragsübernahme nicht gesprochen werden. Ein Parallellauf des alten und des neuen Dienstverhältnisses schließe die Identität beider Dienstverhältnisse aus.

Der Kläger habe nach dem 24.Juni 1987 im alten Dienstverhältnis noch den beim Veräußerer verbliebenen VEW-Auftrag abgewickelt. Darüber hinaus sei er zum Teil bei den Verhandlungen und jedenfalls bei der Unterzeichnung des Vertrages vom 24.Juni 1987 zugegen gewesen. Da er den Inhalt des Vertrages gekannt habe, habe er gewußt, daß er als Geschäftsführer für alle Bereiche der F*** nicht zum Kreis der übernommenen Dienstnehmer gehöre. Obgleich dem Kläger am 24.Juni 1987 schon bekannt gewesen sei, daß er ab diesem Tag bei der Beklagten "zu gleichen Bedingungen wie bei F***" weiterarbeiten werde, könne diese Kenntnis im Hinblick auf das Vorliegen zweier Dienstverhältnisse und der Nichtübernahme seines Dienstverhältnisses durch den Erwerber die Konkludenz hinsichtlich der Dienstvertragsübernahme nicht herstellen. Diesbezüglich sei die Zusage des "Weiterarbeitens zu den gleichen Bedingungen" mehrdeutig; sie könne sowohl eine Weiterbeschäftigung im Rahmen einer Vertragsübernahme als auch einen neuen Vertragsabschluß zu den alten Bedingungen bedeuten. Die nach dem Klagevorbringen für den 25.Juni 1987 behauptete Vertragsübernahme könne somit nicht "festgestellt" werden. Eine nachträgliche Vertragsübernahme scheide ebenfalls aus, da es an einer ausdrücklichen Erklärung der Beklagten fehle und einer konkludenten Übernahme der im Vertrag vom 24.6.1987 erklärte Wille entgegenstehe, den Kläger nicht als Dienstnehmer zu übernehmen.

Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Anrechnung der im Dienstverhältnis zur F*** zurückgelegten Dienstzeit und somit keinen Abfertigungsanspruch. Anderes gelte für sein Begehren auf Kündigungsentschädigung. Der Kläger sei bei der Beklagten "zu den gleichen Bedingungen wie bisher" weiterbeschäftigt worden. Die Beklagte müsse daher die Bedingungen des Dienstvertrages des Klägers mit der F***, demnach auch die nicht unübliche

Kündigungsfrist von sechs Monaten, gegen sich gelten lassen. Urlaubsentschädigung stehe dem Kläger hingegen nicht zu. Abgestellt auf das Ende des Dienstverhältnisses am 30.September 1988 hätte der Kläger den gesamten offenen Urlaub von 90 Tagen verbrauchen können. Den Beweis, daß der Urlaubsverbrauch unzumutbar gewesen sei, habe der Kläger nicht angetreten. Es liege auch kein Fall des § 9 UrlG vor. Es könne dahingestellt bleiben, ob dem Kläger eine Urlaubsabfindung gebühre, weil der Kläger in der Berufung nur mehr einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen geltend mache und 60 Tage als in der Kündigungsfrist verbraucht gelten lasse. Er habe nämlich bis zum Ende des Dienstverhältnisses am 30.September 1988 ohnehin nur einen Urlaubsanspruch von 60 Tagen aus zwei Urlaubsjahren (25.Juni 1987/88 und 25.Juni 1988/89) erworben, der somit als innerhalb der Kündigungsfrist verbraucht anzusehen sei.

Das Begehren auf Spesenersatz bestehe schon deshalb nicht, weil das Angebot der weiteren Dienstleistung nicht von der Beklagten gekommen sei, sondern vom Prokuristen S*** der W*** AG, sohin von einem "Außenstehenden". Auch der Kläger habe sein Schreiben vom 18.Mai 1988 nicht an die Beklagte, sondern an den Prokuristen S*** der W*** AG und an einen Herrn W*** gerichtet. Es habe daher zwischen ihm und der Beklagten gar kein Vertrag über weitere Dienstleistungen und deren Abgeltung zustandekommen können.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien. Beide machen als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Der Kläger begehrt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne eines weiteren Zuspruches von S 179.179,48 sA an Abfertigung, Urlaubsentschädigung und Spesenersatz. Die Beklagte beantragt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Beide Teile beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Die Revisionen sind berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, stützt der Kläger sein Begehren nicht auf eine Haftung der Beklagten im Sinne des § 1409 ABGB, sondern ausschließlich auf eine (privative) Übernahme seines bestehenden Dienstvertrages durch diese. Es stellt sich daher primär die Frage, ob es mangels eines entsprechenden Vorbehalts zu einer Übernahme des Dienstvertrages des Klägers mit der F*** durch die Beklagte gekommen ist. Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser Frage in einigen Entscheidungen bereits allgemein ausgeführt, daß der Übergang eines Unternehmens samt Belegschaft unter Übernahme der bereits bestehenden Dienstverhältnisse nur ein Sonderfall der auch ohne Unternehmensübernahme möglichen rechtsgeschäftlichen Übernahme von Dienstverhältnissen ist. Nimmt daher der neue Dienstgeber dem Dienstnehmer gegenüber ein Verhalten ein, das sich bei Überlegung aller Umstände nicht anders als ein Angebot zur Übernahme des Arbeitsvertrages zu den bisherigen Bedingungen deuten läßt, und nimmt der Dienstnehmer dieses Anbot ohne Abwicklung des Dienstverhältnisses mit seinem bisherigen Dienstgeber und mit dessen Zustimmung schlüssig durch Fortsetzung seiner Tätigkeit für den neuen Dienstgeber an, dann ist mit diesem Zeitpunkt eine rechtsgeschäftliche Dienstvertragsübernahme wirksam zustandegekommen, sofern der neue Dienstgeber sich nicht sofort ausdrücklich gegen die Übernahme der beim Vorgänger erworbenen Anwartschaften verwahrt (Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte, Rz 236; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 209; Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I, 119 f, 299; Arb 10223, 9926 ua). Der Einwand Krejcis (Betriebsübertragung und Arbeitsvertrag, 210 ff, 211) gegen die Annahme einer zweifachen Konkludenz - schlüssige Auflösung des bisherigen Dienstverhältnisses und konkludenter Abschluß eines neuen Dienstverhältnisses mit dem Betriebsnachfolger - vermag nicht zu überzeugen. Der bisherige Dienstgeber, der den Dienstnehmer in Kenntnis der Beschäftigung durch den neuen Dienstgeber weder kündigt noch seine Dienste weiter in Anspruch nimmt, bringt damit ausreichend seine Zustimmung zur Vertragsübernahme durch den Betriebsnachfolger zum Ausdruck. Es ist daher insoferne Schwarz (Das Arbeitsverhältnis bei Übergang des Unternehmens, 100) beizupflichten, daß der Schwerpunkt bei der arbeitsrechtlichen Vertragsübernahme im rechtsgeschäftlichen Verhältnis des Dienstnehmers und des Betriebsnachfolgers liegt. Der einmal gesetzte Tatbestand der Vertragsübernahme kann später durch einseitiges Vorgehen des Dienstgebers nicht mehr beseitigt werden. Weder ein späterer Vorbehalt noch eine spätere Vorlage eines neuen Dienstvertrages vermögen diese Rechtslage zu ändern (vgl Migsch aaO, Rz 242 mwH; Arb 10788; auch DRdA 1990/32 [E.Bydlinski] = WBl 1988, 162 ua).

Geht man von diesen Grudsätzen aus, ist die Arbeitsrechtssache noch nicht spruchreif. Wie die Revisionswerber zu Recht rügen, erweisen sich die Feststellungen der Vorinstanzen in wesentlichen Punkten noch als ergänzungsbedürftig. Das Erstgericht nahm ohne Erörterung und Feststellung der Funktion des Prokuristen des "Unternehmenserwerbers" an, daß dieser auch für die Beklagte verbindliche Zusagen habe machen können. Das Berufungsgericht hielt dessen Zusage der Weiterarbeit zu den gleichen Bedingungen zwar für mehrdeutig, erkannte aber der Weiterbeschäftigung des Klägers "zu den gleichen Bedingungen" hinsichtlich der im Dienstvertrag (trotz der Ablehnung einer Vertragsübernahme) vorgesehenen Kündigungsfrist von sechs Monaten, nicht aber hinsichtlich der dienstzeitabhängigen Ansprüche auf Urlaubsentschädigung und Abfertigung Verpflichtungscharakter zu, wobei es dem Prokuristen Charles S*** im Hinblick auf das Angebot eines Spesenersatzes überdies als "Außenstehenden" ansah. Es bedarf somit noch einer Klärung, ob Charles S*** legitimiert war, für die Beklagte zu handeln. Eine Gesellschaft mbH wird durch den förmlichen Abschluß des Gesellschaft mbH-Gesellschaftsvertrages errichtet. Das Stadium zwischen der Errichtung und dem sogenannten Entstehen der Gesellschaft wird unter anderem als Vorgesellschaft bezeichnet. In diesem Stadium sind die Geschäftsführer zu bestellen, soweit sie nicht schon im Gesellschaftsvertrag bestellt wurden, sind die Bar- und Sacheinlagen zu leisten, die Gesellschaftssteuer zu zahlen und die errichtete Gesellschaft im Handelsregister anzumelden. Die werdende Gesellschaft mbH wird von den Geschäftsführern vertreten (vgl Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 66 ff). Bisher ist aber ungeklärt geblieben, aufgrund welcher Legitimation der Prokurist der W*** AG, Charles S***, die "werdende Beklagte" überhaupt vertreten und in ihrem Namen Zusagen machen konnte. Nach dem maßgeblichen Sachverhalt erklärte S*** bereits anfangs Juni 1987 dem Kläger, daß dieser bei der neu zu gründenden Gesellschaft mbH als Geschäftsführer beschäftigt bleibe. Auf die Frage des Klägers, zu welchen Bedingungen dies erfolgen solle, erwiderte S***, der Kläger könnte zu den "bisherigen Bedingungen weiterarbeiten". FVK setzte mit 25.Juni 1987 die gesamte Betriebsführung der F*** - mit Ausnahme eines noch abzuwickelnden Auftrags - ohne Unterbrechung fort und übernahm die Dienstnehmer der F*** aus den Bereichen Produktion und Technik. Der Kläger war ab diesem Zeitpunkt weiterhin im technischen Bereich nunmehr für die Beklagte tätig und wurde am 22.Juli 1987 als kollektivzeichnungsberechtigter Mitgeschäftsführer zum Handelsregister gemeldet. Sein Monatsgehalt in Höhe von S 40.000 erhielt er nunmehr ausschließlich von der Beklagten. Schon aus der nahtlosen Weiterarbeit des Klägers für die Beklagte und aus der Nichtabwicklung seines Dienstverhältnisses zu F*** könnte sohin auf eine anspruchsbegründende Vertragsübernahme durch die Beklagte geschlossen werden (vgl E.Bydlinski in DRdA 190, 304 f), sofern sich diese nicht sofort gegen die Übernahme der bei F*** erworbenen Anwartschaften und sonstigen dienstvertraglichen Rechte verwahrt hätte (vgl Martinek-Schwarz, AngG6 472 ff). Das Berufungsgericht sieht einen solchen Vorbehalt (Arb 8255) entgegen der Ansicht des Erstgerichtes im wesentlichen in der dem Kläger bekannten Vereinbarung vom 24.Juni 1987, wonach die Beklagte nur Dienstnehmer aus den Bereichen Produktion und Technik übernehme. Der Kläger als alleiniger Geschäftsführer für alle Belange der F*** falle demnach nicht unter die Übernahmevereinbarung. Dieser zwischen der F*** und der W*** AG sowie der in Gründung

befindlichen Beklagten abgeschlossenen Vereinbarung könnte allenfalls dann Beachtlichkeit zukommen, wenn sich der Kläger nicht auf die ausdrücklich ihm gegenüber abgegebene Zusage des Prokuristen S*** berufen könnte, da es bezüglich der Fortsetzung des Dienstverhältnisses - wie erwähnt - nicht so sehr auf die Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern der Unternehmensübertragung ankommt, sondern darauf, ob sich die Beklagte dem Kläger gegenüber zur Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter den gleichen Bedingungen wie bisher verpflichtet hat. Ein Widerruf der persönlichen Zusage S*** an den Kläger ist nämlich nicht festgestellt worden. Wäre daher die Zusage des Prokuristen S***, der Kläger könne als Geschäftsführer bei der neu zu gründenden Gesellschaft beschäftigt bleiben und zu den bisherigen Bedingungen weiterarbeiten, der werdenden Beklagten und somit in der Folge auch der Beklagten zuzurechnen (Reich-Rohrwig aaO, 68), müßte sie diese auch gegen sich gelten lassen. Der Kläger durfte die ihm persönlich gegebene Zusicherung dahin verstehen, daß die Beklagte ihm die Fortsetzung seines Dienstverhältnisses zu den gleichen Rechten und Pflichten anbiete. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist dabei hinsichtlich des von der Beklagten solcherart übernommenen Dienstverhältnisses nicht nur auf die vereinbarte und für einen Geschäftsführer nicht ungewöhnlich verlängerte Kündigungsfrist Bedacht zu nehmen, sondern vor allem auch auf die bei F*** bereits geleistete Dienstzeit, da gerade diese von der festgestellten Zusicherung S*** umfaßt war (vgl Arb 10223 ua).

Diesem Ergebnis steht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht entgegen, daß der Kläger vorerst (formell) noch Geschäftsführer der F*** blieb und die Abwicklung des sogenannten VEW-Auftrags leitete. Für die Annahme eines "Doppeldienstverhältnisses" fehlt es nämlich an entsprechenden Feststellungen über das Weiterbestehen arbeitsrechtlicher Beziehungen des Klägers zu F***. Die Funktion eines Geschäftsführers einer Geselschaft mbH ist grundsätzlich nicht auf die Tätigkeit in einem Dienstverhältnis beschränkt (vgl Kuderna, ASGG § 51 Erl.1). Dazu kommt, daß die F*** ihr gesamtes Anlagevermögen verkauft und die Dienstnehmer aus Produktion und Technik an die Beklagte abgegeben hat. Die Beklagte setzte den Betrieb der F*** unmittelbar fort. Das Berufungsgericht setzt sich zu diesen Feststellungen in Widerspruch, soweit es zwar eine weitere Tätigkeit des Klägers im Rahmen eines weiterbestehenden Dienstverhältnisses zu F*** annimmt, aber das Fehlen eines betrieblichen Substrats, das im wesentlichen auf die Beklagte übergegangen ist, unberücksichtigt läßt. Der Kläger bezog auch sein Gehalt nicht mehr von F***, sondern von der Beklagten. Die Abwicklung eines Auftrags lediglich noch auf Rechnung der F*** ist somit für die dienstrechtliche Stellung des Klägers zur Beklagten ohne Belang.

Die Klärung der Frage, ob eine Übernahme des Dienstverhältnisses des Klägers durch die Beklagte erfolgt ist, ist somit Voraussetzung für die Beurteilung der geltend gemachten dienstzeitabhängigen und dienstvertraglichen Ansprüche des Klägers auf die noch strittige Abfertigung, die Kündigungsentschädigung, die eingeschränkte Urlaubsentschädigung und auf den Spesenersatz. Wurde das Dienstverhältnis des Klägers bei F*** von der Beklagten mit allen Rechten und Pflichten übernommen, steht dem Kläger die geltend gemachte Kündigungsentschädigung und die noch streitverfangene Abfertigung zu.

Hinsichtlich der Möglichkeit des Urlaubsverbrauches ist entgegen der Ansicht des Erstgerichts darauf abzustellen, ob der Kläger in der Lage war, seinen Urlaub in der Zeit zwischen dem Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte und der Beendigung des Dienstverhältnisses (4.Mai 1988 bis 30.September 1988) zu verbrauchen (Arb 10409, 10334; WBl 1988, 372 ua). Der Kläger hat in seiner Berufung einen Urlaubsverbrauch von 60 Werktagen gegen sich gelten lassen und sein Begehren auf Entschädigung für 30 Urlaubstage eingeschränkt. Dieser restliche Anspruch hängt nicht nur davon ab, ob die Beklagte das Dienstverhältnis mit dem Kläger fortsetzte, sondern entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes auch davon, ob er in dieser Zeit die von der Beklagten angebotenen Tätigkeiten verrichtete. Die Beklagte ist mit ihrem in der Revisionsbeantwortung erhobenen Einwand, der Kläger habe dem Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist schon dadurch zugestimmt, weil er seit dem Erhalt des Kündigungsschreibens nicht mehr im Betrieb gewesen sei, darauf zu verweisen, daß der Kläger in diesem Schreiben aufgefordert wurde, die Diensträume der Beklagten nicht mehr zu betreten. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hielt der Kläger in seinem Schreiben vom 18.Mai 1988 an den Prokuristen S*** fest, daß er nach seiner "Beurlaubung" Kontakt mit Tunesien aufgenommen und ein Anlagenkonzept und ein Angebot für die UdSSR ausgearbeitet habe. Mit Tunesien müsse noch ein Termin vereinbart und ein Dolmetsch mitgenommen werden. Soweit der Kläger - was bisher ebenfalls nicht geprüft wurde - tatsächlich schon Arbeiten im Hinblick auf das Angebot der Beklagten, seine Dienste für eine noch zu gründende Gesellschaft, die sich mit dem Verkauf von Anlagen befassen werde, verrichtete, kann ihm nicht unterstellt werden, er habe das Angebot der Beklagten ausgeschlagen. Hat er schon Leistungen in der gewünschten Art erbracht, kann seiner Erklärung, eine Tätigkeit im Anlagenverkauf sei von seinem Wohnort nicht möglich, im Zusammenhalt mit dem Ersuchen um Arbeitsunterlagen und Behelfe nur dahin verstanden werden, daß er eben noch im Betrieb der Beklagten vorhandene Unterlagen und Arbeitsgeräte brauche. Eine bloße protestatio contra factum (vgl Koziol-Welser, Grundriß8 I 110) ist seinem Verhalten insgesamt nicht zu entnehmen. Es wird daher noch zu klären sein, welchen Arbeitsumfang seine allenfalls bereits geleisteten Tätigkeiten in Anspruch nahmen.

Das Angebot an den Kläger, seine Dienste weiter zur Verfügung zu stellen, ist Bestandteil des Kündigungsschreibens vom 4.Mai 1988, das vom Prokuristen S*** unterfertigt wurde. S*** übergab dem Kläger das Kündigungsschreiben und forderte ihn zum Urlaubsverbrauch in der Kündigungsfrist auf. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, das Schreiben des Klägers vom 18.Mai 1988 sei zwar als Anbotsannahme zu werten, der Prokurist S*** der W*** AG sei aber ein "Außenstehender" gewesen, so daß dieses Angebot gar nicht von der Beklagten oder deren Geschäftsführung gekommen sei, zeigt wiederum den der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegenden und entscheidenden Mangel, daß die Frage, ob S*** die Beklagte dem Kläger gegenüber vertreten konnte, überhaupt nicht geprüft worden ist. Wäre S*** ein "Außenstehender" gewesen, hätte er den Kläger auch nicht wirksam kündigen können.

Da sohin ein ganzer Fragenkomplex nicht oder nur zum Teil erörtert worden ist und daher der Umfang allenfalls notwendiger Beweisaufnahmen nicht abgesehen werden kann, ist es erforderlich, die Arbeitsrechtssache zur Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO begründet.

Rechtssätze
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