JudikaturJustiz9Ob55/01f

9Ob55/01f – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 10. Mai 1999 verstorbenen Martha M*****, zuletzt wohnhaft *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erbserklärten Testamentserbinnen Elsa F*****, Pensionistin, *****, und Trude S*****, Pensionistin, *****, beide vertreten durch Dr. Peter Schnabl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. Jänner 2001, GZ 42 R 526/00i-75, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Mai 2000, GZ 6 A 173/99w-32, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Erblasserin hinterließ das Testament vom 2. 3. 1982, in dem ihre Nachbarn - die beiden Revisionsrekurswerberinnen und Alois S***** - zu je einem Drittel als Erben ihres Nachlasses eingesetzt wurden. Ferner enthält das Testament die Anordnung, dass die Schwester der Erblasserin aus dem Nachlass nichts bekommen solle.

Alois S***** ist bereits im Jahre 1998 - und damit vor der Erblasserin - verstorben.

Die Schwester der Erblasserin ist am 14. 11. 1999 - und damit nach der Erblasserin - verstorben. Sie hinterließ keine Nachkommen.

An weiteren gesetzlichen Erben nach der Erblasserin ist bisher nur deren Cousine mütterlicherseits bekannt, welche am 28. 2. 2000 - also ebenfalls nach der Erblasserin - verstorben ist. Ob sie Nachkommen hinterlassen hat oder ob andere gesetzliche Erben vorhanden sind, ist nicht bekannt.

Die beiden Revisionsrekurswerberinnen gaben aufgrund des Testamentes vom 2. 3. 1982 je zur Hälfte des Nachlasses bedingte Erbserklärungen ab.

Mit Beschluss vom 10. 5. 1999 wies das Erstgericht die von den beiden Testamentserbinnen je zur Hälfte des Nachlasses abgegebenen bedingten Erbserklärungen zu je einem Sechstel zurück, nahm sie zu je einem Drittel zu Gericht an und erkannte das Erbrecht der Testamentserbinnen auf Grund des Testaments vom 2. 3. 1982 in diesem Umfang für ausgewiesen. Gleichzeitig bestellte es für "den damit unvertretenen Drittelanteil, welcher gemäß § 562 ABGB den gesetzlichen Erben zufällt", unter Hinweis auf § 78 AußStrG einen Verlassenschaftskurator.

In seiner Begründung führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass jede in der vorgeschriebenen Form abgegebene Erbserklärung vom Gericht anzunehmen sei, sofern nicht von vornherein feststehe, dass ein Erbrecht des Erbansprechers nicht bestehe. Die Erblasserin habe in ihrem Testament ihre drei Nachbarn zu je einem Drittel als Erben eingesetzt. Da Alois S***** vorverstorben sei, falle sein Anteil gemäß § 562 ABGB den gesetzlichen Erben zu. Das Erbrecht der beiden verbleibenden Testamentserbinnen bestehe daher nur zu je einem Drittel.

Soweit mit dem Beschluss des Erstgerichtes vom 17. 5. 2000 die Erbserklärungen der Testamentserbinnen zu je einem Drittel des Nachlasses angenommen wurden und ihr Erbrecht in diesem Umfang als ausgewiesen erachtet wurde, blieb dieser Beschluss des Erstgerichtes unangefochten. Im Übrigen wurde er vom Rekursgericht über Rekurs der beiden Testamentserbinnen dahin abgeändert, dass die von den Testamentserbinnen je zur Hälfte abgegebenen bedingten Erbserklärungen (nunmehr uneingeschränkt) zu Gericht angenommen wurden, ihr Erbrecht jedoch weiterhin nur zu je einem Drittel als ausgewiesen erkannt wurde.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

§ 562 ABGB bringe zum Ausdruck, dass es grundsätzlich kein Zuwachsrecht der - wie hier - zu bestimmten Teilen eingesetzten Testamentserben gebe. Der Nachweis eines abweichenden Willens des Erblassers, der die gesetzlichen Erben keinesfalls berufen wolle, könne aber geführt werden. Lasse sich kein abweichender Wille des Erblassers feststellen, bleibe es bei der Regelung des § 562 ABGB. Wer einen von den §§ 560 ff ABGB abweichenden Erblasserwillen behaupte, habe diese Behauptung zu beweisen. Die Klärung des vermuteten Erblasserwillens habe im streitigen Rechtsweg zu erfolgen.

Dessenungeachtet habe für die Zurückweisung der Erbserklärungen der Rekurswerberinnen zu je einem Sechstel kein Anlass bestanden. Gemäß § 122 AußStrG seien Erbserklärungen nur dann zurückzuweisen, wenn es außer Zweifel stehe, dass sie nicht zu einer Einantwortung führen werden. Hier gründeten sich die Erbserklärungen auf die testamentarische Einsetzung auf den bestimmten Erbteil. Das verbleibende Drittel könne bei Fehlen gesetzlicher Erben auch an die Quotenerben gelangen, weil nach § 726 ABGB zur Vermeidung der Kaduzität der "freie Rest" in diesem Fall letztlich ganz oder teilweise den bestimmt eingesetzten Erben anfallen würde. Da somit nicht zweifelsfrei feststehe, dass das Erbrecht der Rekurswerberinnen nicht zur Einantwortung führen könne, sei die Zurückweisung der Erbserklärung zu je einem Sechstel unzulässig. Im Hinblick auf § 562 ABGB könne jedoch das Erbrecht für den weiteren Sechstelanteil nicht für ausgewiesen erklärt werden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage der in § 14 Abs 1 AußStrG genannten Qualität nicht vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der erbserklärten Testamentserbinnen mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass ihr Erbrecht aufgrund des Testaments vom 2. 3. 1982 je zur Hälfte als ausgewiesen erkannt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur hier zu beurteilenden Konstellation jüngere höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht auffindbar ist und die Begründung der angefochtenen Entscheidung Anlass zu einer Klarstellung gibt. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Gegenstand des drittinstanzlichen Verfahrens ist nur mehr der Erbrechtsausweis betreffend jenen Teil des von den Revisionsrekurswerberinnen geltend gemachten Erbrechts, der das vom Rekursgericht ohnedies als ausgewiesen erachtete Erbrecht zu je einem Drittel des Nachlasses übersteigt.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Rekursgericht in seiner Entscheidung diesen noch strittigen Erbrechtsausweis nicht endgültig verneint hat, sondern nur davon ausgegangen ist, dass er derzeit nicht als erbracht angesehen werden kann.

Dagegen bringen die Revisionsrekurswerberinnen primär vor, dass die Annahme der Erbserklärung und der Erbrechtsausweis untrennbar seien und nicht aufgespaltet werden könnten. Dass dieser Einwand unzutreffend ist, ergibt sich schon aus der Bestimmung des § 122 AußStrG, in dessen zweitem und dritten Satz angeordnet wird, dass jede in der vorgeschriebenen Form ausgestellte Erbserklärung anzunehmen ist und dass der Beweis des Erbrechtstitels auch nachträglich beigebracht werden kann (Welser in Rummel, ABGB**2 Rz 20 zu §§ 799, 800).

Ebenso unzutreffend ist der Einwand der Revisionsrekurswerberinnen, wonach sie den Erbrechtsausweis hinsichtlich des noch strittigen Erbrechts ohnedies bereits erbracht hätten.

In diesem Zusammenhang haben die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, dass die Erbseinsetzung zu je einem Drittel eine solche mit Bestimmung des Erbteils ist (JBl 1992, 385 uva), sodass die Regel des § 562 ABGB zur Anwendung kommt, wonach bei Wegfall eines dieser Testamentserben den verbleibenden beiden kein Zuwachsrecht gebührt und der solcherart erledigte Teil grundsätzlich den gesetzlichen Erben zufällt. Ebenso zutreffend hat das Rekursgericht aber erkannt, dass die Regel des § 562 ABGB dem wie immer bewiesenen anderen Willen des Testators weicht und dass daher der Erbansprecher den Nachweis eines abweichenden Willens des Erblassers, der die gesetzlichen Erben keinesfalls berufen wollte, erbringen kann (SZ 57/157; JBl 1992, 385; zuletzt 1 Ob 208/98i). Ein solcher Wille der Erblasserin ist hier angesichts der im Testament verfügten Ausschließung ihrer Schwester vom Erbrecht nicht ausgeschlossen, aber keineswegs evident, umso mehr, als zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments zumindest eine weitere Verwandte der Erblasserin, die als gesetzliche Erbin in Betracht gekommen wäre, noch lebte. Der den Revisionsrekurswerberinnen obliegende Beweis, dass die Erblasserin entgegen der Vermutung des § 562 ABGB ihre gesetzlichen Erben keinesfalls berufen wollte, ist daher noch nicht erbracht, sodass sich die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dass das noch strittige Erbrecht der Revisionsrekurswerberinnen derzeit noch nicht ausgewiesen sei, als zutreffend erweist.

Im Übrigen ist dem Rekursgericht beizupflichten, dass im Normalfall der von der Regelung des § 562 ABGB abweichende Wille des Erblassers erst im Erbrechtsstreit, also im streitigen Rechtsweg, zu beweisen ist (JBl 1992, 385; zuletzt 1 Ob 208/98i). Dies kann aber dann nicht gelten, wenn - was hier derzeit noch nicht ausgeschlossen werden kann - mangels widersprechender Erbserklärungen die Erbringung des Nachweises in einem Rechtsstreit gar nicht möglich ist. In einem solchen Fall hat der Erbansprecher die entsprechenden Anträge und Bescheinigung dem Abhandlungsgericht zu erbringen, das dann nach amtswegiger Überprüfung zu entscheiden hat, ob das behauptete Erbrecht ausgewiesen ist (SZ 43/193).

Sollten sich daher im vorliegenden Fall die Bemühungen um die Ausforschung gesetzlicher Erben als erfolglos erweisen - die im Edikt zur Einberufung unbekannter Erben (ON 33) gesetzte Frist ist bereits abgelaufen - wird daher das Erstgericht den Revisionsrekurswerberinnen Gelegenheit zu geben haben, den ihnen obliegenden Nachweis eines von der Regelung des § 562 ABGB abweichenden Willens der Erblasserin im Verlassenschaftsverfahren zu erbringen.

Auf den Umstand, dass mittlerweile eine weitere Erbanwärterin aufgetreten ist, die ein zu ihren Gunsten errichtetes mündliches Testament behauptet, ist - da diese Erbanwärterin noch keine Erbserklärung abgegeben hat - derzeit noch nicht einzugehen.

Rechtssätze
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