JudikaturJustiz9Ob18/14h

9Ob18/14h – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei A***** W*****, vertreten durch Giesinger Ender Partner Rechtsanwälte in Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. C***** S*****, vertreten durch Mag. Johannes Luger, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Aufhebung und Einwilligung zur Löschung (5 C 163/11a, 5.000 EUR), 2. B***** L*****, vertreten durch Summer Schertler Stieger Kaufmann Droop Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, wegen Aufhebung und Einwilligung zur Löschung (5 C 155/11z, 5.000 EUR) und weiterer Aufhebung (5 C 25/13h, 15.000 EUR; 5 C 30/13v, 15.000 EUR), über die Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 7. Jänner 2014, GZ 2 R 1/14h-55, mit dem den Berufungen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bezau vom 15. November 2013, GZ 5 C 163/11a-49, verbunden mit den Rechtssachen GZ 5 C 155/11z, 5 C 25/13h und 5 C 30/13v, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen, und zwar die erstbeklagte Partei 447,98 EUR (darin 74,66 EUR USt), die zweitbeklagte Partei 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt).

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Alleineigentümerin des Grundstücks 1728/1 (landwirtschaftlich genutzt) der EZ ***** Grundbuch *****.

Der Zweitbeklagte hatte schon früher Interesse am Erwerb der Liegenschaft gezeigt und am 5. 1. 2005 als Käufer einen Antrag auf Genehmigung des Grundverkehrs hinsichtlich dieses und weiterer Grundstücke der Klägerin gestellt. Mit Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 10. 5. 2006 wurde die beantragte Genehmigung gemäß § 6 Abs 1 lit a iVm § 6 Abs 2 lit g Vbg Grundverkehrsgesetz (GVG) rechtskräftig versagt.

Im Jahr 2006 kam es zu weiteren Verhandlungen zwischen den Streitteilen, wobei die Verkaufsverhandlungen von der Tochter der Klägerin (Erstbeklagte) geführt wurden. Der Rechtsvertreter des Zweitbeklagten entwarf ein aus mehreren separaten Einzelverträgen bestehendes Vertragswerk. Am 30. 1. 2007 wurden von der Klägerin und den Beklagten, soweit sie jeweils Vertragsparteien waren, insgesamt fünf Urkunden unterfertigt, und zwar

1. „Kaufvertrag, Vertrag zur Einräumung eines Vorkaufsrechts“ zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagten, mit dem die Klägerin dem Zweitbeklagten am Grundstück ein Vorkaufsrecht für alle Veräußerungsarten einräumte.

2. „Vereinbarung über die Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes“ zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten, mit der die Klägerin dieser das Belastungs- und Veräußerungsverbot einräumte.

3. „Mietvertrag“ zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagten über das Grundstück 1728/1 in der Dauer von 99 Jahren, der auszugsweise lautete:

Zweck dieses Mietvertrags bildet ausschließlich die reine Miete der Grundfläche, ohne dass eine Bewirtschaftung derselben erfolgt oder eine Bebauung beabsichtigt ist. ...

Das Mietverhältnis beginnt am 1. 1. 2007 und wird auf die Dauer von 99 Jahren abgeschlossen. Es endet daher durch Ablauf der Zeit am 31. 12. 2106, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Vertragsteile kommen überein, dass eine vorzeitige Auflösung dieses Vertragsverhältnisses mit Ausnahme der in den §§ 1117, 1118 ABGB genannten Gründe unzulässig ist. ...

Die Vermieterin erklärt, dass sie den gesamten, auf die Bestandsdauer bezogenen Mietzins bereits bei Abschluss dieses Mietvertrags erhalten hat. Sie verzichtet daher für sich und ihre Rechtsnachfolger ausdrücklich und unwiderruflich, aus dem Titel des Mietzinses oder allfälliger Nebengebühren Ansprüche welcher Art auch immer gegen den Mieter geltend zu machen. ...

Dieser Vertrag gilt für die jeweiligen Rechtsnachfolger der Vertragsteile und sind diese verpflichtet, die Verpflichtungen aus diesem Vertrag vollinhaltlich auf die jeweiligen Rechtsnachfolger zu überbinden.

4. „Vereinbarung“ zwischen der Klägerin und beiden Beklagten, die auszugsweise lautete:

Präambel

Zur Sicherstellung der von Herrn B***** L***** bezahlten Beträge (Kaufpreis und „Mietzins“) wurde ob der Liegenschaft in EZ ***** Grundbuch ***** im Eigentum der C***** S***** … das Pfandrecht im Höchstbetrag von € 170.000,00 einverleibt.

I.

A ***** W***** … verpflichtet sich, für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft Gst. 1728/1... das von Herrn B***** L***** … gemietete Gst. 1728/1 … über dessen jederzeitiges Verlangen an diesen oder dessen Rechtsnachfolger ohne weiteres Entgelt ins Eigentum zu übertragen, sobald dies auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere der grundverkehrsbehördlichen Bestimmungen) möglich ist. …

II.

Im Gegenzug verpflichtet sich B ***** L***** … für sich und seine Rechtsnachfolger, von einer Fälligstellung des Forderungsbetrages von € 170.000,00 so lange Abstand zu nehmen, als er als Mieter die Liegenschaft Gst. 1728/1 … nutzen kann. Weiters erklärt er, dass der ihm zustehende Anspruch in jenem Zeitpunkt zur Gänze und unwiderruflich erlischt, in dem er oder seine Rechtsnachfolger grundbücherliche Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft werden.

Die Vertragsteile halten fest, dass B ***** L***** einen Betrag von € 170.000,00 … für die Nutzung bzw. den Erwerb der Gst 1728/1 … bezahlt hat.

Die Vertragsteile kommen überein, für jedes Jahr der Nutzung (beginnend mit 01.01.2007) vom vorangeführten Betrag einen Abschlag von 1/99 vorzunehmen.

5. „Schuld- und Pfandbestellungsvertrag“ zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten einerseits sowie dem Zweitbeklagten andererseits, wobei die wesentlichen Punkte lauten:

I.

A ***** W***** … bestätigt hiermit, B***** L***** … einen Betrag von € 170.000,00 … zu schulden.

II.

A ***** W***** … verpflichtet sich, den vorangeführten Betrag binnen 6 Monaten ab Fälligstellung durch B***** L***** zur Gänze an diesen zurückzubezahlen. …

IV.

Zur Sicherung dieser Forderung von € 170.000,00 … und aller wie immer gearteten, daraus erwachsenen und künftig erwachsenden Kosten, Gebühren und Auslagen, soweit das Pfandrecht für dieses Darlehen sich nicht ohnehin auf diese erstreckt, … bestellt C ***** S***** … die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft in EZ ***** Grundbuch ***** … zum Pfand. Sie erteilt ihre Einwilligung, dass auf Grund der Ausfertigung dieser vollstreckbaren Schulderklärung das Pfandrecht im Betrag von € 170.000,00 … ob der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft in EZ ***** Grundbuch ***** … einverleibt wird.

Sämtliche angeführten Vertragsurkunden wurden am 30. 1. 2007 unterzeichnet. Der Zweitbeklagte bezahlte den Betrag von 170.000 EUR, der in Teilbeträgen von der Erstbeklagten übernommen wurde. Ob der Liegenschaft ist hinsichtlich des Grundstücks 1728/1 zu C-LNR 3a das Vorkaufsrecht für den Zweitbeklagten und zu C-LNR 1a das Belastungs- und Veräußerungsverbot für die Erstbeklagte einverleibt.

Am 18. 1. 2011 beantragte der Zweitbeklagte die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Kauf des Grundstücks 1728/1. Mit Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 8. 4. 2011 wurde die Genehmigung gemäß § 6 Abs 1 lit a iVm § 6 Abs 2 lit b Vbg GVG erneut rechtskräftig versagt.

Über Antrag der Klägerin vom 4. 8. 2011 stellte die Grundverkehrs-Landeskommission mit Bescheid vom 10. 7. 2012 gemäß § 16 Abs 1 Vbg GVG fest, dass der mit Mietvertrag und der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Vereinbarung vom 30. 1. 2007 erfolgte Rechtserwerb am Grundstück 1728/1, *****, der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unterliegt. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom 4. 12. 2012 wurde der vom Zweitbeklagten erhobenen Berufung keine Folge gegeben, jedoch der Spruch des angefochtenen Bescheids insofern abgeändert, als der Feststellungsbescheid (gemeint: -antrag) als unzulässig zurückgewiesen wurde. Der UVS führte unter anderem aus:

„Aufgrund einer Gesamtbetrachtung ergibt sich, dass durch die geschlossene Vereinbarung und den Mietvertrag jeweils vom 30. 01. 2007 ein Umgehungsgeschäft vorliegt, welches absolut nichtig ist. Auf eine spezielle Umgehungsabsicht der Beteiligten kommt es nicht an. Bei einem nichtigen Umgehungsgeschäft liegt aber kein genehmigungspflichtiger Rechtserwerb vor, weshalb der Antrag nach § 16 Abs 1 GVG als unzulässig zurückzuweisen war.“

Der Zweitbeklagte hat schon seit seiner Jugend den Wunsch, Landwirt zu sein. Er äußerte sich vor Vertragsabschluss in diesem Sinne und hoffte, dass sich die Rechtslage hinsichtlich des Grunderwerbs für Nichtlandwirte ändern könnte, wobei er diesbezüglich keine konkreten Anhaltspunkte hatte. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatte er kein Vieh. Seit dem Jahr 2013 verfügt er über drei Rinder, ist bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern angemeldet und hat eine Betriebsnummer für einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das gemietete Grundstück 1728/1 in ***** hat er verpachtet.

Die Klägerin begehrte mit der am 26. 4. 2011 zu AZ 5 C 163/11a gegen die Erstbeklagte eingebrachten Klage die Aufhebung und Nichtigerklärung der Vereinbarung über die Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbots sowie die Einwilligung zur Einverleibung der Löschung.

Mit Klage vom 26. 4. 2011, AZ 5 C 155/11z, strebte sie gegenüber dem Zweitbeklagten die Aufhebung und Nichtigerklärung des eingeräumten Vorkaufsrechts sowie die Einwilligung zur Einverleibung der Löschung desselben im Grundbuch an.

Mit Klage vom 24. 1. 2013, AZ 5 C 25/13h, begehrte sie gegenüber dem Zweitbeklagten die Nichtigerklärung des Mietvertrags vom 30. 1. 2007.

Mit Klage vom 28. 1. 2013, AZ 5 C 30/13v, klagte sie den Zweitbeklagten auf Nichtigerklärung der „Vereinbarung vom 30. 1. 2007“.

Die Rechtssachen wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Soweit revisionsgegenständlich, brachte die Klägerin vor, die am 30. 1. 2007 abgeschlossenen Verträge seien als einheitliches Vertragswerk zu sehen und in ihrer Gesamtheit als unzulässiges Umgehungsgeschäft einzustufen, da damit die Bestimmungen des Vbg Grundverkehrsgesetzes umgangen worden seien. Die Verträge seien absolut nichtig, da der beabsichtigte Rechtserwerb tatsächlich nicht grundverkehrsbehördlich genehmigt worden sei.

Die Beklagten bestritten und wandten dazu ein, die „Vereinbarung vom 30. 1. 2007“ sei ein Vorvertrag, der nicht den Bestimmungen des Vbg GVG unterliege. Die Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots und die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts seien nicht genehmigungspflichtig. Da die Parteien die Absicht gehabt hätten, bei einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Situation die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu beantragen, sei das Rechtsgeschäft jedenfalls nicht nichtig, sondern befinde sich in einem Schwebezustand. Überdies habe der Zweitbeklagte bei Abschluss der Verträge bekundet, einen landwirtschaftlichen Betrieb führen zu wollen. Die vereinbarten 170.000 EUR seien in bar an die von der Klägerin bevollmächtigte Erstbeklagte ausbezahlt worden. Das auf der Liegenschaft der Erstbeklagten eingetragene Pfandrecht sei später infolge Verkaufs des Grundstücks gelöscht worden. 170.000 EUR würden nunmehr auf einem Treuhandkonto liegen und zur Sicherung des Zweitbeklagten dienen. Der Vertrag zur Einräumung des Vorkaufsrechts sei im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag grundverkehrsbehördlich genehmigt worden. Gegen das Erkenntnis des UVS sei Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben worden. Es werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Änderung des Vbg GVG in die Richtung kommen, dass auch Nichtlandwirte landwirtschaftliche Flächen erwerben könnten. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass der Zweitbeklagte in naher Zukunft Vollerwerbslandwirt werde .

Das Erstgericht folgte der Rechtsansicht der Klägerin und gab den Klagebegehren zur Gänze statt. Die Verträge seien als Einheit zu beurteilen und stellten ein Umgehungsgeschäft dar, das der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unterliege. Die Parteien hätten schon bei Abschluss der Verträge gewusst, dass diese grundverkehrsbehördlich nicht genehmigt würden. Es sei von einer anfänglichen Nichtigkeit auszugehen. Selbst bei Annahme eines Schwebezustands wäre dieser jedenfalls mit der Versagung der Genehmigung eines Kaufs vom 8. 4. 2011 beendet worden. Die Verträge seien in ihrer Gesamtheit nichtig. Eine Teilnichtigkeit scheide aus.

Das Berufungsgericht schloss sich dieser Ansicht an und gab den Berufungen der Beklagten keine Folge. Die Revision wurde zur Frage zugelassen, ob Vereinbarungen, die für sich allein gesehen nicht einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht unterliegen, aber im rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang mit einem grundverkehrsbehördlich nicht genehmigten Rechtserwerb stehen, ebenso wie die nicht genehmigten Vertragsteile nichtig sind. Dabei wurde ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt.

In ihren dagegen gerichteten Revisionen beantragen die Beklagten die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsabweisung; hilfsweise stellen sie jeweils Aufhebungsanträge.

Die Klägerin beantragt, die Revisionen zurückzuweisen, hilfsweise ihnen keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig , jedoch nicht berechtigt.

Die Beklagten bringen vor, es liege keine Nichtigkeit vor, wenn die Parteien aufgrund der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine grundverkehrsbehördliche Genehmigung beantragen wollen, sondern es ihre Absicht sei, bei einer Änderung dieser Verhältnisse die Genehmigung zu beantragen. In einem solchen Fall bestehe der Schwebezustand weiter, das Rechtsgeschäft bleibe aufrecht. Bei den Verträgen handle es sich nicht um ein einheitliches Vertragswerk, sondern um selbständige Rechtsgeschäfte, die nicht auf eine Umgehung abzielten und die keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht unterlägen. Anders als in den bisher entschiedenen Fällen sei überdies eine Regelung für den Fall einer Änderung der Rechtslage oder sonstiger Verhältnisse getroffen worden.

Dazu war Folgendes zu erwägen:

1. Der Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken bedarf in Vorarlberg ua dann der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn er eine Eigentumsübertragung zum Gegenstand hat (§ 4 Abs 1 Vbg GVG). Gemäß § 31 Vbg GVG hat die Behörde Schein- und Umgehungsgeschäfte nach ihrer wahren Beschaffenheit bzw dem beabsichtigten Rechtsgeschäft zu beurteilen. Diese unterliegen, so wie das wahre Rechtsgeschäft abgeschlossen worden ist, den Bestimmungen dieses Gesetzes.

2. Ein Umgehungsgeschäft liegt dann vor, wenn ein Rechtsgeschäft zwar nicht dem Buchstaben des Gesetzes nach gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, im Ergebnis aber doch den Zweck des Gesetzesverbots vereitelt. Es genügt daher, dass das

Umgehungsgeschäft objektiv den Sinn und Zweck der umgangenen Norm vereitelt; auf eine spezielle Umgehungsabsicht der Parteien kommt es nicht an. Ein

Umgehungsgeschäft liegt nicht nur dann vor, wenn die Umgehungsabsicht verschwiegen wird, zumal eine spezielle Umgehungsabsicht überhaupt nicht erforderlich ist, sondern auch wenn die Parteien offenlegen, dass sie wegen der (derzeitigen) Unmöglichkeit, eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erlangen, keinen

Kaufvertrag schließen, den Abschluss eines solchen Vertrags jedoch nach wie vor beabsichtigen. Es kommt immer nur darauf an, ob die Parteien ihre Rechtsverhältnisse so gestalten, dass sie den vom Gesetz verpönten Erfolg (weitgehend) erreichen. Erforderlich ist die Absicht (das Bewusstsein) der Parteien, die vom Gesetz gezogenen Grenzen oder Schranken zu umgehen (RIS-Justiz RS0016780 [T4, T8] ua).

3. Im Hinblick auf eine mögliche Umgehung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht hat der Oberste Gerichtshof in vergleichbaren Fällen auf 99 oder 100 Jahre abgeschlossene Mietverträge einem genehmigungspflichtigen Kaufvertrag gleichgesetzt (4 Ob 535/95; 10 Ob 257/99p; 6 Ob 251/01g; 9 Ob 106/04k). In der zuletzt genannten Entscheidung 9 Ob 106/04k war ein insofern vergleichbarer Sachverhalt zu prüfen, als die Parteien mangels der Möglichkeit, einen nach dem Grundverkehrsgesetz genehmigungsfähigen Kaufvertrag über eine Liegenschaft abzuschließen, einen Bestandvertrag auf die Dauer von 100 Jahren schlossen, der gesamte Bestandzins sofort zur Zahlung fällig war und vereinbart wurde, dass sich die Bestandgeber bei Änderung der grundverkehrsrechtlichen Lage verpflichten, den Bestandnehmern alle Erklärungen abzugeben, die für die grundbücherliche Übereignung der Liegenschaft erforderlich sein werden. Dazu führte der Oberste Gerichtshof aus: „ Auch im vorliegenden Fall kann ... keine Rede davon sein, dass der abgeschlossene Bestandvertrag von der Verpflichtung, künftig einen einverleibungsfähigen Kaufvertrag abzuschließen, getrennt werden könnte ... Auch sollte der als 'Mietzins' vereinbarte Betrag dem Kaufwert entsprechen, sodass im Falle eines möglichen schriftlichen Kaufvertrages kein Geld mehr fließen sollte. Von der Rechtsstellung eines Eigentümers unterschied sich daher diejenige der 'Bestandnehmer' nur dadurch, dass im Grundbuch kein Eigentumsrecht zu ihren Gunsten einverleibt wurde ... Ist das in Wahrheit beabsichtigte Geschäft genehmigungsbedürftig, sind seine rechtlichen Wirkungen solange in Schwebe, als nicht die Genehmigung erteilt oder versagt oder festgestellt wird, dass es keiner Genehmigung bedarf ... .

4. Dem ist die vorliegende Vereinbarung der Streitteile vergleichbar, weil der Zweitbeklagte das Grundstück für 99 Jahre mieten sollte, eine vorzeitige Auflösung des Vertrags unzulässig war und auch hier der „Mietzins“ schon nach Abschluss der Vereinbarung zur Gänze fällig sein und für den Fall einer Eigentumsübertragung kein Geld mehr fließen sollte. Die „mietvertragliche“ Bindung sollte auch für die jeweiligen Rechtsnachfolger gelten. Vergleichbar ist auch die Verpflichtung der Klägerin, das Grundstück „ohne weiteres Entgelt ins Eigentum zu übertragen, sobald dies auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere der grundverkehrsbehördlichen Bestimmungen) möglich ist,“ mit der der Entscheidung 9 Ob 106/04k zugrunde liegenden Pflicht jener Bestandgeber, bei Änderung der grundverkehrsrechtlichen Lage den Bestandnehmern alle für die grundbücherliche Übereignung der Liegenschaft erforderlichen Erklärungen abzugeben. Neben dem zugunsten der Erstbeklagten vereinbarten Belastungs- und Veräußerungsverbot wurde dem Zweitbeklagten wie auch den Mietern in den Entscheidungen 4 Ob 535/95 und 10 Ob 257/99p überdies ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Damit unterschied sich seine Rechtsstellung von jener eines Eigentümers aber auch hier nur dadurch, dass im Grundbuch kein Eigentumsrecht zu seinen Gunsten einverleibt wurde. Auch im vorliegenden Fall ist daher von einer Umgehung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht auszugehen.

5. Aus dem Argument, dass es sich um eine reine Grundflächenmiete gehandelt habe und keine Bewirtschaftung oder Bebauung beabsichtigt gewesen sei, ist für den Zweitbeklagten nichts zu gewinnen, weil das Rechtsgeschäft damit nicht zu einem genehmigungsfreien Rechtsgeschäft wird, sondern nur eine Genehmigungsvoraussetzung nicht erfüllt wäre (vgl § 6 Abs 2 lit a Vbg GVG: „wenn das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen … Nutzung entzogen würde“; § 6 Abs 2 lit d leg cit: „Bewirtschaftung ... nicht gesichert ist“).

6. Die Genehmigung eines Vertrags durch die Grundverkehrskommission ist eine Suspensivbedingung für die Wirksamkeit des Vertrags. Ein Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von einer behördlichen Genehmigung abhängig ist, bindet die Parteien so lange, bis die Genehmigung versagt wurde. Wird die grundverkehrsrechtliche Genehmigung rechtskräftig versagt, endet jede vertragliche Bindung. Es steht damit fest, dass das Rechtsgeschäft von Anfang an unwirksam war. Der Schwebezustand dauert solange, bis die Genehmigung erteilt oder versagt oder festgestellt wird, dass das Geschäft keiner Genehmigung bedarf (RIS Justiz RS0038627; RS0061101; RS0016469).

Auch wenn man den Revisionswerbern darin beipflichten will, dass die mit Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 8. 4. 2011 erfolgte Versagung der vom Zweitbeklagten am 18. 1. 2011 beantragten Genehmigung des Kaufs des Grundstücks den Schwebezustand hier nicht beenden konnte, weil sich dieser Antrag auf einen Kauf , nicht aber auf die Vereinbarungen der Streitteile bezogen hatte, ist für sie daraus nichts zu gewinnen. Denn die Klägerin hatte ihrerseits die Feststellung beantragt, dass der mit Mietvertrag und Vereinbarung vom 30. 1. 2007 erfolgte Rechtserwerb einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unterliegen. Der Antrag wurde unter Hinweis auf die Nichtigkeit des Umgehungsgeschäfts zurückgewiesen. Da die Grundverkehrs-Landeskommission damit aber zum Ausdruck gebracht hatte, dem Rechtserwerb keine grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erteilen, kann nicht fraglich sein, dass der Mietvertrag und die Vereinbarung vom 30. 1. 2007 spätestens dann mangels Genehmigung als unwirksam anzusehen waren.

7. Zur Frage der Reichweite der Nichtigkeit schließt sich der erkennende Senat zunächst der Beurteilung der Vorinstanzen an, dass die streitgegenständlichen Vereinbarungen hier eine vertragliche Einheit darstellen. Da dies bereits vom Erstgericht ausführlich und überzeugend begründet wurde (Ersturteil S 23 f), kann auf dessen Beurteilung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Maßgeblich dafür ist zusammenfassend, dass alle Vereinbarungen in Reaktion auf die Ablehnung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung als Gesamtpaket in dem Bestreben ausverhandelt und unterschrieben wurden, dem Zweitbeklagten eine dem Eigentumsrecht möglichst nahekommende Stellung zukommen zu lassen und ihn entsprechend abzusichern. Alleine das Vorkaufsrecht und/oder das Belastungs- und Veräußerungsverbot als selbstständige unentgeltliche Abrede zu erachten, ließe das Synallagma der wechselseitigen Leistungen aus der Gesamtheit der Vereinbarungen außer Acht und würde im Rückabwicklungsfall deren Äquivalenz erheblich stören.

8. Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Frage, ob Gesamt- oder

Teilnichtigkeit eines Vertrags oder auch nur eines Vertragspunktes vorliegt, vom Normzweck ab. Entscheidend ist nicht, ob die Parteien auch ohne verbotene Klauseln den Restvertrag geschlossen hätten, sondern welchen Schutzzweck die Verbotsnorm verfolgt. Bei zweiseitig verbindlichen Verträgen kann nicht nur der eine

Teil für

nichtig erklärt werden. Sind wesentliche Vertragsbestimmungen gesetzwidrig, ist der gesamte Vertrag

nichtig. Soweit allerdings der Verbotszweck weder für noch gegen Restgültigkeit bzw gänzliche Unwirksamkeit spricht, hängt es entsprechend § 878 S 2 ABGB doch vom hypothetischen Parteiwillen ab, ob der Vertrag

teilweise aufrecht bleibt oder nicht; dies gilt auch bei

teilweise unerlaubter Hauptleistung (RIS-Justiz RS0016417 [T4, T9]; RS0016431 [T15]; ebenso zB Graf in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.01 § 879 Rz 229 bis 231).

Ausgehend davon, dass die Einzelvereinbarungen ein einheitliches Vertragswerk darstellen, ist nicht zweifelhaft, dass der Mietvertrag und die Vereinbarung vom 30. 1. 2007 Kernelemente desselben sind, was nach der genannten Rechtsprechung schon für sich für eine Gesamtnichtigkeit spricht.

Selbst wenn man aber meint, dass sich die aus der versagten grundverkehrsbehördlichen Genehmigung resultierende Nichtigkeit eines Rechtserwerbs gegenüber einem zugleich vereinbarten Vorkaufsrecht wie auch Belastungs- und Veräußerungsverbot neutral verhält und weder zwingend die Restgültigkeit noch die Totalnichtigkeit einer eigenständigen Beurteilung erfordert, führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis: Es wäre zu fragen, ob die Streitteile redlicher- und vernünftigerweise auch nur die diesbezüglichen Vereinbarungen geschlossen oder aber den Vertragsschluss zur Gänze unterlassen hätten. Mangels anderer Anhaltspunkte im festgestellten Sachverhalt müssen aber auch dafür die für die vertragliche Einheit ins Treffen geführten Argumente maßgeblich sein. Wenn auch nicht zu übersehen ist, dass insbesondere das Vorkaufsrecht für den Zweitbeklagten einen eigenständigen Sinn ergäbe, so ist hier bei redlicher Betrachtung kein Grund ersichtlich, warum sich die Klägerin ohne Gegenleistung für das Vorkaufsrecht und das Veräußerungs- und Belastungsverbot entsprechend verpflichten und sich der unbeschränkten Verfügbarkeit über ihr Eigentum begeben hätte sollen. Auch dazu kann auf die Ausführung des Erstgerichts verwiesen werden, dass die Klägerin die Mietvorauszahlung rückerstatten müsste, aber dennoch das Vorkaufsrecht zu dulden hätte und durch das Belastungs- und Veräußerungsverbot, das wegen der Einschränkungen durch die restlichen Verträge nicht für die Erstbeklagte, sondern nur für den Zweitbeklagten von Nutzen war, blockiert wäre. Vergleichsweise wurde auch im Fall 4 Ob 535/95 bezüglich der Reichweite der Nichtigkeit nicht innerhalb des dortigen „Miet-, Options- und Pfandbestellungsvertrags“ differenziert, sondern dessen Gesamtnichtigkeit angenommen. Bei einem auf die Einheit eines Vertragswerks gerichteten Parteiwillen kann es aber keinen Unterschied machen, ob die jeweiligen Rechte und Pflichten formal in einer einzigen Vertragsurkunde oder in mehreren Einzelverträgen vereinbart werden.

Der erkennende Senat tritt daher der Ansicht der Vorinstanzen bei, dass die verfahrensgegenständlichen Vereinbarungen der Streitteile in ihrer Gesamtheit nichtig sind.

9. Der Revision der Beklagten ist danach ein Erfolg versagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, wobei als Bemessungsgrundlage von den jeweiligen Klagsangaben auszugehen war.