JudikaturJustiz9Ob120/99h

9Ob120/99h – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. September 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****GmbH, *****, vertreten durch Zamponi, Weixelbaum Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, gegen die beklagte Partei F*****GmbH Co KG, Stahlbau- und Industriemontagen, *****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Aufhebung eines Schiedsspruchs, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25. Februar 1999, GZ 6 R 4/99x-19, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, aus dem der Kläger sein Klagebegehren ableitet; den aus diesen Tatsachen abzuleitenden Rechtssatz muß er nicht angeben. Entscheidend ist daher nur, auf welche Tatsachen der Kläger seine Forderung stützt (WoBl 1998, 183; SZ 61/215; MietSlg 40.773 uva). Nur dann, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt ist, ist es dem Gericht verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben (WoBl 1998, 183; EFSlg 79.216 uva).

Nach den Feststellungen hat sich die nunmehrige Beklagte im Schiedsverfahren auf Ansprüche aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag und insbesondere aus der von ihrer Gegnerin zu vertretenden Verzögerung der Abwicklung des Werkvertrages berufen. Sie hat sich dabei rechtlich auf Schadenersatz, aber auch auf "alle erdenklichen Rechtsgründe" gestützt. Die Bezugnahme auf "alle erdenklichen Rechtsgründe" kann zwar allenfalls fehlendes Tatsachenvorbringen nicht ersetzen (RdW 1991, 261); sie stellt aber immerhin klar, daß sich der Kläger nicht auf den von ihm ausdrücklich genannten Rechtsgrund beschränken wollte. Damit hatte aber das Schiedsgericht die vom Kläger vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen in jeder Hinsicht rechtlich zu beurteilen. Daß das Schiedsgericht den Anspruch der nunmehrigen Beklagten anders rechtlich qualifiziert hat, als sie selbst, wäre daher nur dann von Bedeutung, wenn sich der vom Schiedsgericht bejahte Anspruch nicht aus den vorgetragenen Tatsachen ableiten ließe. Derartiges wurde im vorliegenden Verfahren aber weder konkret und schlüssig behauptet noch festgestellt, sodaß insofern weder von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs noch von einer Überschreitung der Aufgaben des Schiedsgerichtes ausgegangen werden kann.

Auch der Vorwurf, das Schiedsgericht habe das als Beurteilungskriterium herangezogene "Montagegerätebuch des Deutschen Stahlbau-Verbandes" nicht erörtert, rechtfertigt die Aufhebung des Schiedsspruches wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht. Aus diesem Grunde ist der Schiedsspruch nur dann anfechtbar, wenn der Partei das rechtliche Gehör überhaupt nicht gewährt wurde. Eine bloß lückenhafte Sachverhaltsfeststellung oder mangelhafte Erörterung rechtserheblicher Tatsachen bildet noch keine Grundlage für die Aufhebungsklage. Daher ist nur bei ganz groben Verstößen gegen die tragenden Grundsätze eines geordneten Verfahrens eine Anfechtung möglich (RdW 1991, 327; SZ 70/156; RIS-Justiz RS0045092). Eine in diesem Sinn relevante Hinderung der nunmehrigen Klägerin an der Geltendmachung ihrer Verteidigungsmittel durch das Schiedsgericht wurde im Zusammenhang mit dem Unterbleiben der Erörterung des genannten "Montagegerätebuches" in erster Instanz nicht schlüssig geltend gemacht, weil konkrete Behauptungen darüber fehlen, in welcher Weise das Schiedsgericht dieses "Montagegerätebuch" verwertet hat und ob bzw. inwieweit das Unterbleiben dieser Verwertung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

Die in der Revision vorgebrachten Hinweise auf Entscheidungen des EuGH oder auf Art 6 MRK können in erster Instanz unterbliebenes Tatsachenvorbringen nicht ersetzen und rechtfertigen daher weder im Zusammenhang mit der Verwertung des "Montagegerätebuches" noch im Zusammenhang mit dem Vorwurf, das Schiedsgericht habe der nunmehrigen Beklagten einen nicht geltend gemachten Anspruch zuerkannt, eine andere Beurteilung. Die Anregung auf Einholung einer Vorabentscheidung iS Art 177 EG-Vertrag entbehrt daher einer rechtfertigenden Grundlage.

Nach ständiger Rechtsprechung ist zwischen den "echten" und den "unechten" Kosten des Schiedsverfahrens zu unterscheiden. Unter den letzteren versteht man die Schiedsrichterkosten, also die Entlohnung der Schiedsrichter (WBl 1991, 402; SZ 25/252). Richtig ist, daß nach der Rechtsprechung die Schiedsrichter diese "unechten" Kosten nicht selbst bestimmen dürfen, was aber nur dahin zu verstehen ist, daß den Parteien die Pflicht zur Zahlung des Schiedsrichterhonorars an die Schiedsrichter nicht im Schiedsspruch auferlegt werden darf. Ein dennoch in diesem Sinne im Schiedsspruch enthaltener Ausspruch bildet keinen Exekutionstitel und ist daher nicht vollstreckbar (SZ 25/252; WBl 1991, 402; Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 2212). Wohl aber ist das Schiedsgericht berechtigt, über die (echten) Kosten des Schiedsverfahrens als Prozeßkosten zu entscheiden und den Ersatz dieser Kosten rechtswirksam zuzusprechen. Insoweit ist der Schiedsspruch vollstreckbar (WBl 1991, 402; SZ 25/252; Fasching, aaO). Die in den Schiedsspruch aufgenommene Kostenersatzentscheidung über die den Parteien erwachsenen Kosten kann aber nach der Rechtsprechung auch die von einer Partei dem Schiedsgericht geleisteten Kostenvorschüsse umfassen: Das Verbot, für die eigenen Honorare Exekutionstitel (zu ihren Gunsten) zu erlassen, hindert die Schiedsrichter nicht, in der zur Vollstreckung geeigneten Kostenentscheidung dem Unterlegenen aufzutragen, dem Obsiegenden den von ihm geleisteten, auch das Schiedsrichterhonorar betreffenden Kostenvorschuß zu ersetzen, weil es sich dabei nur um den Ersatz von Beträgen handelt, die der Obsiegende geleistet hat, um das Schiedsverfahren zu ermöglichen. Im Rahmen der Kostenentscheidung sind die Vorschüsse daher Barauslagen, die zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (WBl 1991, 402; 6 Ob 507, 508/90; für Sachverständigengebühren: SZ 25/252; Fasching, aaO; Fasching, Kostenvorschüsse zur Einleitung schiedsgerichtlicher Verfahren, JBl 1993, 545 ff [556]). Dem Einwand, daß die Schiedsrichter damit inhaltlich doch eine Entscheidung über Beträge treffen, die ihr eigenes Honorar enthalten, ist zu entgegnen, daß - im Gegensatz zur Meinung der Revisionswerberin - die Bestimmung der Höhe des zu ersetzenden Vorschusses nur eine vorläufige und nicht zugunsten der Schiedsrichter vollstreckbare ist. Die betroffene Partei kann noch immer eine Überprüfung des Honoraranspruchs der Schiedsrichter durch das ordentliche Gericht erreichen, wenn sie diese auf Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Übermaßes klagt; die vollstreckbare Kostenentscheidung ist kein Hindernis, weil sie Rechtskraftwirkung (§ 594 ZPO) nur zwischen den Parteien (und hier nur darüber, daß der Obsiegende den Betrag als Barauslage an die Schiedsrichter geleistet hat) schafft, nicht aber zwischen der betroffenen Partei und den Schiedsrichtern (Fasching, Kostenvorschüsse zur Einleitung schiedsgerichtlicher Verfahren, JBl 1993, 545 ff [556). Damit ist aber auch klargestellte, daß sich die Revisionswerberin zur Untermauerung ihres gegenteiligen Standpunktes nicht auf § 20 JN berufen kann, weil - wie gezeigt - die Schiedsrichter eben nicht mit Rechtskraftwirkung in eigener Sache entschieden haben.

Rechtssätze
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