JudikaturJustiz9Nd501/02

9Nd501/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Ulrike, geboren 22. Juni 1984 und Clemens F*****, geboren 9. August 1986, beide wohnhaft in *****, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Ablehnung des Ersuchens des Bezirksgerichtes Fürstenfeld vom 5. Februar 2002, GZ 2 P 67/96-102, um Gewährung der Rechtshilfe durch das Bezirksgericht Kirchberg am Wagram ist zu Recht erfolgt.

Text

Begründung:

Das Bezirksgericht Fürstenfeld ersuchte in der anhängigen Pflegschaftssache das Bezirksgericht Kirchberg am Wagram, einen ärztlichen Sachverständigen zu bestellen und diesem aufzutragen, ein Gutachten über die Arbeitsfähigkeit des Vaters Ing. Helmut F***** zu erstellen. Sollte der Vater aufgrund des ärztlichen Gutachtens nicht voll arbeitsfähig sein, ergehe das weitere Ersuchen, auch einen berufskundlichen Sachverständigen zu bestellen und diesen zu beauftragen, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob es dem Vater bei entsprechendem Einsatz und Entwicklung von Eigeniniative möglich bzw möglich gewesen wäre, einen Arbeitsplatz (Vollbeschäftigung) zu realisieren und welches Einkommen dabei ins Verdienen gebracht werden könnte.

Das ersuchte Bezirksgericht Kirchberg am Wagram mittelte das Ersuchen unentsprochen mit dem Hinweis zurück, dass die Bestellung eines Sachverständigen nicht in die Kompetenz eines Rechtshilfegerichtes falle. Hinzu komme im konkreten Fall, dass weder ein medizinischer noch ein allfälliger berufskundlicher Sachverständiger mit Wohnsitz/Ordination im Sprengel des ersuchten Gerichtes in Verwendung stehe.

Hierauf legte das Erstgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof zu Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Rechtshilfe vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Verweigerung der Rechtshilfe durch das Bezirksgericht Kirchberg am Wagram ist berechtigt.

Für Streitigkeiten zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Gericht über die Verweigerung der Rechtshilfe ist ein gerichtliches Verfahren nicht ausdrücklich vorgesehen. Da es sich aber bei der Gewährung der Rechtshilfe um einen Akt der Gerichtsbarkeit handelt, ist zur Entscheidung derartiger Streitigkeiten das beiden zunächst übergeordnete Gericht analog § 47 Abs 1 JN berufen (Ballon in Fasching I2 Rz 9 zu § 37 JN; 8 Nd 512/90, 4 Nd 511/89 = EvBl 1990/36, 5 Nd 584/82 = EfSlg 43.948 = ÖA 1984, 49 uva). Bei Streitigkeiten, die sich zwischen Gerichten verschiedener Oberlandesgerichtsprengel ergeben, hat der Oberste Gerichtshof zu erkennen (5 Nd 584/82 mwN). Das Ersuchen eines inländischen Gerichtes um Gewährung der Rechtshilfe ist dann abzulehen, wenn das ersuchte Gericht zu der betreffenden Handlung örtlich unzuständig ist (§ 37 JN). Aus § 37 Abs 2 JN geht hervor, dass für Rechtshilfeersuchen das Bezirksgericht zuständig ist, in dessen Sprengel die Amtshandlung vorgenommen werden soll.

Für einen Sachverständigenbeweis (- da die zivilprozessualen Vorschriften über den Sachverständigenbeweis auch im Außerstreitverfahren gelten [RIS-Justiz RS0006282], kann auch auf die zum streitigen Verfahren ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden -) ist das Rechtshilfegericht dann zuständig, wenn der Sachverständige in seinem Sprengel tätig werden soll, so zum Beispiel, wenn der Sachverständige zur Erhebung der finanziellen Verhältnisse die Betriebsunterlagen prüfen muss, die sich im Betrieb befinden, der im Sprengel des ersuchten Gerichtes liegt (8 Nd 512/90 unter Berufung auf EvBl 1965/221). Im vorliegenden Fall wurde das Rechtshilfegericht um die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in eventu eines berufskundlichen Gutachtens ersucht, weil der unterhaltspflichtige Vater seinen Wohnsitz im Sprengel des Rechtshilfegerichtes hat. Aus dem Akteninhalt ergibt sich keinerlei Beeinträchtigung der Reisefähigkeit des Vaters. Da im Sprengel des ersuchten Gerichtes kein Sachverständiger mit den gewünschten Fachgebieten seinen Sitz hat, muss angenommen werden, dass Befundaufnahmen außerhalb des Sprengels des Rechtshilfegerichtes stattfinden werden und demzufolge keine Amtshandlung im Sprengel des ersuchten Gerichtes vorzunehmen ist. Dieses ist daher unzuständig.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es dem Erstgericht unschwer möglich sein wird, durch Einsichtnahme in das vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien herausgegebene Sachverständigenverzeichnis (§ 7 SDG) geeignete Sachverständige zu finden und diese selbst zu bestellen.