JudikaturJustiz8ObS4/12i

8ObS4/12i – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juli 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Günter Steinlechner und Harald Kohlruss als weitere Richter in den verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Parteien 1) U***** G*****, und 2) H***** W*****, beide vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17 19, wegen Insolvenzentgelt (24.455 EUR netto sA bzw 8.080 EUR netto sA), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. März 2012, GZ 9 Rs 22/12i 18, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits und Sozialgericht vom 1. Juni 2011, GZ 4 Cgs 270/10f und 4 Cgs 271/10b 13, teilweise abgeändert wurde (Revisionsinteresse 24.455 EUR netto sA bzw 7.906 EUR netto sA), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten der Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerinnen waren als Angestellte bei einer GmbH beschäftigt. Am 3. 1. 2008 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Konkursverfahren eröffnet. Der Betrieb der Schuldnerin wurde von einer GmbH übernommen und fortgeführt. Beide Dienstverhältnisse endeten durch Austritt nach § 25 KO am 26. 4. 2008, und zwar während des Karenzurlaubs beider Klägerinnen. Gegen Ende der (im Anschluss an die Karenz samt Behaltefrist nach § 15 Abs 4 MSchG errechneten) fiktiven Kündigungsfrist gebaren die Klägerinnen ihr jeweils zweites Kind. Die erwähnte fiktive Kündigungsfrist endete für die Erstklägerin am 31. 12. 2009 (2 Monate zum Quartal) und für die Zweitklägerin (richtig) am 15. 10. 2009 (2 Monate zum 15. des Monats). Beginn des Wochengeldbezugs aus Anlass des zweiten Kindes war am 9. 10. 2009 (Erstklägerin) bzw 8. 9. 2009 (Zweitklägerin); das Ende dieses Wochengeldbezugs war am 29. 1. 2010 (Erstklägerin) bzw (richtig) 2. 1. 2010 (Zweitklägerin).

Die Beklagte erkannte den Klägerinnen das beantragte Insolvenzentgelt jeweils bis zum Beginn des Wochengeldbezugs für das zweite Kind zu. Die Klägerinnen begehrten darüber hinaus die Zuerkennung von Insolvenzgeld auch ab dem Ende dieses Wochengeldbezugs, wobei sie die Frist mit vier Monaten nach der Entbindung (§ 10 Abs 1 MSchG) zuzüglich der Kündigungsfrist (2 Monate zum Quartal bzw zum 15. des Monats) errechneten.

Die Klägerinnen begehrten restliches Insolvenzgeld in Höhe von 24.455 EUR netto (Erstklägerin) bzw 8.080 EUR netto (Zweitklägerin). Bei Ermittlung des Zeitraums für die Kündigungsentschädigung sei auch auf Umstände Bedacht zu nehmen, die im Austrittszeitpunkt noch nicht bekannt seien. Dies gelte für nachträgliche Veränderungen, wie etwa den Tod des Arbeitnehmers oder eine dauernde Betriebsstilllegung. Entgegen der Ansicht der Beklagten hätten zukünftig eintretende Ereignisse daher nicht außer Betracht zu bleiben. Es könne nicht der Billigkeit entsprechen, dass die Klägerinnen aufgrund des Eintritts einer zweiten Schwangerschaft nur einen verkürzten Anspruch auf Kündigungsentschädigung hätten.

Die Beklagte entgegnete, dass der jeweils zweiten Geburt der Klägerinnen keine verlängernde Wirkung hinsichtlich des Bezugszeitraums zukommen könne. Bei der Beurteilung sei auf den Austrittszeitpunkt abzustellen. Auf Umstände, die zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses noch nicht eingetreten seien, könne nicht Bedacht genommen werden.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Aufgrund der Dauer einer Schwangerschaft sei davon auszugehen, dass die Klägerinnen zum Zeitpunkt der Austrittserklärungen am 26. 4. 2008 mit dem zweiten Kind bereits im biologischen Sinn schwanger gewesen seien. Dieser Umstand sei bei Berechnung des Zeitraums der Kündigungsentschädigung daher zu berücksichtigen. Dies gelte auch dann, wenn die Arbeitnehmerin zum Austrittszeitpunkt von der Schwangerschaft noch nichts gewusst hätte.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten in Ansehung der Erstklägerin zur Gänze und in Ansehung der Zweitklägerin im Betrag von 7.906 EUR Folge und wies die Klagebegehren in diesem Umfang ab. Der Zuspruch an die Zweitklägerin von 174 EUR bezog sich auf restliche Urlaubsersatzleistung für insgesamt 8 Werktage. Aus den unstrittigen Austritts- und Geburtsdaten der Klägerinnen ergebe sich, dass diese am 26. 4. 2008 nicht schwanger gewesen seien. Auf die Entscheidung 8 ObS 9/08v könnten sich die Klägerinnen daher nicht stützen. Der Anspruch auf Kündigungsentschädigung entstehe bereits im Zeitpunkt der Beendigungserklärung. Aus diesem Grund seien Umstände, die sich nach der Austrittserklärung, aber vor dem fiktiven Ende des Arbeitsverhältnisses ereigneten, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Eine Ausnahme bestehe nur für die Begrenzung des Anspruchs auf Kündigungsentschädigung durch eine ex lege Beendigung, wie etwa den Tod des Arbeitnehmers oder den Entzug der Gewerbeberechtigung des Lehrherrn. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Eine im Zeitpunkt der Austrittserklärung noch nicht bestehende zweite Schwangerschaft der Klägerinnen sei nicht zu berücksichtigen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Verlängerung des Kündigungsentschädigungs-zeitraums durch eine weitere Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin nach Erklärung des vorzeitigen Austritts während des Karenzurlaubs höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerinnen, mit der sie die gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens anstreben.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Unstrittig ist, dass die Klägerinnen während der ersten Karenz begünstigt nach § 25 KO vorzeitig aus dem Dienstverhältnis zur Schuldnerin ausgetreten sind und ihnen aufgrund dieses begünstigten Austritts ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung zusteht, weiters dass sie im Zeitpunkt der Austrittserklärung nicht schwanger waren und kurz vor dem fiktiven Kündigungstermin (nach der Karenz ihres ersten Kindes) ihr zweites Kind geboren haben. Ebenso ist unstrittig, dass die Beklagte den Klägerinnen bis zum Beginn des Wochengeldbezugs für das zweite Kind die begehrte Kündigungsentschädigung zuerkannt hat. Im vorliegenden Verfahren begehren die Klägerinnen die Kündigungsentschädigung auch für die Zeit ab Beendigung des Wochengeldbezugs für das zweite Kind. Fraglich ist, ob in dieser Konstellation der Zeitraum für die Kündigungsentschädigung durch die Schwangerschaft mit dem jeweils zweiten Kind verlängert wurde. Das Berufungsgericht hat diese Frage verneint.

2.1 In den Rechtsfolgen unterscheidet sich der begünstigte Austritt des Arbeitnehmers nach § 25 KO (IO) nicht von einem begründeten Austritt nach allgemeinem Arbeitsrecht (vgl 8 ObS 16/04t; 8 ObS 8/06v). Der Arbeitnehmer hat daher gemäß § 25 Abs 2 KO (IO) auch Anspruch auf Schadenersatz in der Art der Kündigungsentschädigung (RIS Justiz RS0120259; 8 ObS 16/04t).

Dem Arbeitnehmer gebührt die Kündigungsentschädigung bis zum fiktiven Ende des Arbeitsverhältnisses durch ordnungsgemäße Arbeitgeber-kündigung . Er ist so zu stellen, als ob das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber ordnungsgemäß beendet worden wäre (8 ObS 9/08v). Innerhalb der ersten 3 Monate erfolgt keine Vorteilsanrechnung (RIS Justiz RS0120259; 8 ObS 16/04t).

2.2 Das begünstigte Austrittsrecht des Arbeitnehmers nach § 25 KO (IO) muss (bei Fortführung) innerhalb eines Monats nach Schließung des Unternehmens ausgeübt werden. Die Privilegierung des Arbeitnehmers ist also befristet, wobei es für die Fristwahrung auf die Abgabe der Austrittserklärung ankommt. Damit lässt sich dem Gesetz auch ein klarer Hinweis auf den relevanten Beurteilungszeitpunkt entnehmen. Die Anspruchsberechnung hat am Zeitpunkt der Austrittserklärung anzuknüpfen. Demnach sollen grundsätzlich alle zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Umstände Berücksichtigung finden. Dies steht mit dem Zweck der Kündigungsentschädigung im Einklang. Der Arbeitnehmer soll so wie bei ordnungsgemäßer Kündigung durch den Arbeitgeber behandelt werden. Auch in einem solchen Fall ist nach § 29 AngG stets an die Auflösungserklärung und das damit verbundene rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses anzuknüpfen.

Dieses Ergebnis wird durch die Judikatur gestützt, derzufolge bei der sogenannten „langen Kündigungsentschädigung“ eine Karenz (samt Behaltefrist nach § 15 Abs 4 MSchG und Kündigungsfrist) nur dann zu berücksichtigen ist, wenn zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung bereits eine entsprechende Karenzierungsvereinbarung vorgelegt wurde (8 ObS 297/01m). Das Berufungsgericht weist schließlich zutreffend darauf hin, dass nach dem der Entscheidung 8 ObS 9/08v zugrunde liegenden Sachverhalt die dortige Klägerin zum Zeitpunkt der Austrittserklärung bereits schwanger war. Auch diese Entscheidung stützt damit die Ansicht, dass grundsätzlich nur auf zum Zeitpunkt der Austrittserklärung eingetretene Umstände Bedacht zu nehmen ist.

3.1 Tritt ein besonders bestandgeschützter Arbeitnehmer nach § 25 KO (IO) aus, so stellt sich die Frage nach der sogenannten „langen Kündigungsentschädigung“, bei der die Ersatzleistung unter Berücksichtigung des gesamten bestandgeschützten Zeitraums gewährt wird (vgl dazu Glosse von Reissner zu 9 ObA 2070/96v in DRdA 1998/6). Nach der älteren Rechtsprechung wurde die „lange Kündigungsentschädigung“ auf alle Gruppen der besonders bestandgeschützten Arbeitnehmer angewendet. Nach Kritik in der Lehre ist dies nach der jüngeren Rechtsprechung nur mehr dann angebracht, wenn das geschützte Rechtsgut trotz der Lösung des Arbeitsverhältnisses weiter besteht, wie dies etwa beim Mutterschutz anerkannt ist (vgl Grillberger in Löschnigg , AngG 8 § 29 Rz 21). In diesem Fall gebührt die „lange Kündigungsentschädigung“ (8 ObS 15/07z). Tritt daher eine bestandgeschützte Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft nach § 25 KO (IO) aus, so gebührt (grundsätzlich) die Kündigungsentschädigung für den Zeitraum bis 4 Monate nach der Entbindung (§ 10 Abs 1 MSchG) bzw 4 Wochen nach Beendigung der Karenz (§ 15 Abs 4 MSchG) jeweils zuzüglich der individuellen Kündigungsfrist unter Beachtung des Kündigungstermins (9 ObA 2070/96v).

3.2 Auch bei der „langen Kündigungsentschädigung“ werden die Ansprüche aber nur bis zur fiktiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordnungsgemäße Arbeitgeberkündigung berechnet, wobei die Beurteilung wiederum am Zeitpunkt der Auflösungserklärung anzuknüpfen hat. In der Entscheidung 8 ObS 9/08v wurde dieses Ergebnis wie folgt ausgedrückt: „Die Bestimmungen des MSchG erlangen beim berechtigten, vom Arbeitgeber verschuldeten vorzeitigen Austritt der Arbeitnehmerin also überhaupt nur Bedeutung für die Frage der hypothetischen Vergleichsberechnung des Schadenersatzanspruchs nach § 29 AngG, wie lange es also 'hypothetisch' gedauert hätte, bis der Arbeitgeber durch ordnungsgemäße Kündigung das Arbeitsverhältnis hätte beenden können.“

Eine Verlängerung des Zeitraums der Kündigungsentschädigung durch eine weitere Schwangerschaft, die zum Zeitpunkt der Auflösungserklärung nicht bestanden hat, ergibt sich aus diesen Grundsätzen allerdings nicht. Es ist nicht zu fragen, was wäre, wenn die Klägerinnen nicht ausgetreten wären. Vielmehr muss die richtige Fragestellung dahin lauten, welche Ansprüche sie vom Arbeitgeber erhalten hätten, wenn anstelle ihrer Auflösungserklärung der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß gekündigt hätte. Es ist also nicht das Arbeitsverhältnis als aufrecht zu fingieren, sondern die Kündigungsentschädigung fiktiv zu berechnen, und zwar so, als ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der tatsächlichen Auflösungserklärung vom Arbeitgeber ordnungsgemäß aufgelöst worden wäre.

3.3 Soweit die Klägerinnen argumentieren, es sei mit rechtsdogmatischen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen, dass die Geburt des zweiten Kindes keine Auswirkungen auf die Kündigungsentschädigung haben solle, der damit im Zusammenhang stehende Wochengeldbezug aber schon, zumal die Beklagte ja davon ausgehe, dass ein Wochengeldbezug den Bezug von Kündigungsentschädigung (in jedem Fall) verhindere, sind sie nicht nur an ihr Begehren und das Gebot zur Vorteilsanrechnung nach § 29 Abs 2 AngG, sondern vor allem daran zu erinnern, dass der Arbeitnehmerin während des Wochengeldbezugs keine vertragsmäßigen Entgeltansprüche gegen den Arbeitgeber zustehen. Hat der gemäß § 25 KO (IO) austretende Arbeitnehmer im Zeitraum der Kündigungsentschädigung aus besonderen Gründen (zB § 15 Abs 1 und 3 MSchG) aber keine vertragsmäßigen Entgeltansprüche gegen den Arbeitgeber, so steht ihm auch eine Ersatzleistung aus dem Titel der Kündigungsentschädigung nicht zu (RIS Justiz RS0106046; 8 ObS 15/04w; 8 ObS 8/06v). Inwieweit dieser Grundsatz schon der Kündigungsentschädigung aus Anlass der ersten Geburt hätte entgegenstehen können, ist hier nicht zu prüfen.

4.1 In Lehre und Rechtsprechung ist nun anerkannt, dass bei den an sich bis zur fiktiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu berechnenden Ansprüchen auf Kündigungsentschädigung auf vorher ex lege eintretende Endigungsgründe, mit denen ein Verlust künftiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verbunden ist, Bedacht zu nehmen ist (8 ObS 299/00d; 8 ObS 2/05k). Dies gilt für die gesetzliche Endigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers oder durch Verlust der Gewerbeberechtigung samt Betriebseinstellung (9 ObA 297/92; 8 ObS 299/00d). In diesen Fällen gebührt für den restlichen Teil der fiktiven Kündigungsfrist keine Kündigungsentschädigung (8 ObS 8/06v). Dies gilt im Übrigen gleichermaßen für die Begrenzung der Ansprüche aus einem befristeten Arbeitsverhältnis. Hier ist nicht nur auf den Zeitablauf iSd § 19 Abs 1 AngG (§ 1158 Abs 1 ABGB), sondern ebenfalls auf vorher tatsächlich eingetretene Endigungsgründe Bedacht zu nehmen (RIS Justiz RS0028474). Der Grund für diese Begrenzung der Ansprüche aus dem Titel der Kündigungsentschädigung ist darin gelegen, dass der Dienstnehmer dadurch, dass er vorzeitig ausgetreten ist, nicht besser gestellt werden soll, als wenn das Dienstverhältnis noch bis zum Verstreichen der gesetzlichen Kündigungsfrist gedauert hätte. Aus §§ 29 AngG und 1162b ABGB ergibt sich klar, dass der Gesetzgeber eine Bereicherung des Dienstnehmers verhindern wollte (8 ObS 8/06v mwN).

4.2 Im Grundsatz ist also die Aussage durchaus zutreffend, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei der Berechnung der Ansprüche nach § 29 AngG auch nach dem Auflösungszeitpunkt eintretende Veränderungen bzw Ereignisse berücksichtigt werden. Wie zuvor dargestellt, ist dies aber nur insoweit der Fall, als sich daraus eine schon frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Ende der fiktiven Kündigungsfrist ergibt (8 Ob 2092/96x; 8 ObS 9/08v; vgl auch 9 ObA 207/93).

Eine Bedachtnahme auf künftige Ereignisse hat somit nur in Bezug auf eine sachgerechte Begrenzung der fiktiv berechneten Ansprüche auf Kündigungsentschädigung zu erfolgen, um eine ungerechtfertigte Bereicherung der Arbeitnehmerin zu verhindern. Ob das in dieser Hinsicht zu berücksichtigende künftige Ereignis bei Beendigung des Dienstverhältnisses bereits absehbar war bzw höchstwahrscheinlich eintreten wird, bleibt unerheblich (vgl 8 ObS 8/06v).

4.3 Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Reissner in seiner Glosse zu 9 ObA 2070/96v (DRdA 1998/6) die Ansicht vertreten hat, dass die Berücksichtigung von (bei einer Betrachtung im Austrittszeitpunkt ) späteren Ereignissen insofern gerechtfertigt sein könne, als sie mit höchster Wahrscheinlichkeit eintreten würden, wobei er als mögliches zukünftiges Ereignis auch eine weitere Schwangerschaft der Arbeitnehmerin erwähnte.

Soweit sich diese Ansicht auf zukünftige Umstände bezieht, die nicht den vorzeitigen Anspruchsverlust zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung betreffen, ist sie abzulehnen. Keinesfalls ist aber die über die Ansicht von Reissner hinausgehende Schlussfolgerung der Klägerinnen gerechtfertigt, dass das (tatsächliche und rechtlich beendete) Dienstverhältnis weiterhin aufrecht sei und daher sämtliche künftigen Ereignisse, die vor dem fiktiven Ende des Arbeitsverhältnisses eintreten, zu berücksichtigen seien.

5.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Der Zeitraum für die Kündigungsentschädigung ist grundsätzlich nach den im Zeitpunkt der Auflösungserklärung vorliegenden Umständen zu bestimmen. Eine Ausnahme besteht zur sachgerechten Begrenzung der fiktiv berechneten Ansprüche nur für nachträgliche Ereignisse, aus denen sich eine schon frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Ende der fiktiven Kündigungsfrist ergibt. Durch eine weitere Schwangerschaft einer nach § 25 KO (IO) begünstigt ausgetretenen Arbeitnehmerin, die zum Zeitpunkt der Auflösungserklärung noch nicht bestanden hat, wird der Zeitraum für die Kündigungsentschädigung nicht verlängert.

5.2 Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit diesen Grundsätzen im Einklang. Der Revision der Klägerinnen war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG. Gründe für einen Kostenersatzanspruch der Klägerinnen nach Billigkeit wurden nicht dargelegt.

Rechtssätze
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