JudikaturJustiz8ObA265/01f

8ObA265/01f – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ruth R*****, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Land Tirol, wegen Feststellung (Feststellungsinteresse EUR 10.900,93), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei und der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH, 6020 Innsbruck, Anichstraße 35, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. September 2001, GZ 13 Ra 33/01b-26, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. Juni 2001, GZ 16 Cga 27/98w-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das (nun) beklagte Land hat die Klägerin ab 21. 3. 1967 auf Grund Dienstvertrages vom 23. 10. 1969, geändert mit Nachtrag vom 10. 4. 1975, als diplomierte Krankenschwester in einem Landeskrankenhaus beschäftigt. Dem Dienstverhältnis wurden einvernehmlich die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 und seine Durchführungsbestimmungen zu Grunde gelegt.

Die (ursprünglich) beklagte Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH wurde 1990 gegründet. Sie führt seit 1991 das Landeskrankenhaus. Ihr alleiniger Gesellschafter ist das Land. Dieses hat mit Gesetz vom 15. Oktober 1990 über die Zuweisung von Landesbediensteten und die Übertragung von Aufgaben an die Landeskrankenanstalten-Gesellschaft mbH (Zuweisungsgesetz) mit Wirksamkeit vom 1. 1. 1991 Landesbedienstete, deren Dienststelle eine Landeskrankenanstalt ist, unter Wahrung ihrer Rechte und Pflichten als Landesbedienstete der Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH zur weiteren Dienstleistung zugewiesen. Gemäß § 1 Abs 3 dieses Gesetzes ist der für die Personalangelegenheiten zuständige Geschäftsführer Dienststellenleiter im Sinn der dienstrechtlichen Vorschriften und als solcher Vorgesetzter aller Landesbediensteten. Die Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH hat, von den im § 2 Abs 2 des Zuweisungsgesetzes näher geregelten Ausnahmen abgesehen, sämtliche Angelegenheiten des Dienst- und Besoldungsrechtes der Bediensteten, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land stehen und bei der Gesellschaft mbH Dienst versehen, gemäß § 2 Abs 1 des Zuweisungsgesetzes selbständig zu erledigen und zu entscheiden, wozu insbesondere auch die Aufnahme, die Kündigung und die Entlassung von Landesvertragsbediensteten gehören. Mit Schreiben der Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH vom 26. 1. 1998 wurde das Dienstverhältnis der Klägerin, welche zu dieser Zeit - bereits seit mehreren Jahren - als Stationsschwester auf der Geburtshilfe-Station beschäftigt war, unter Angabe bestimmter Gründe sowie unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30. 6. 1998 gekündigt.

Mit ihrer am 29. 1. 1998 überreichten Klage nahm die Klägerin die Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH als Beklagte in Anspruch und begehrte dieser gegenüber zuletzt die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 26. 1. 1998 und des aufrechten Weiterbestandes des Dienstverhältnisses über den 30. 6. 1998 hinaus. Die Klägerin brachte unter anderem vor, sie sei seit 1964 bei der Beklagten beschäftigt und seit 1984 als leitende Stationsschwester tätig gewesen. Sei fechte die Kündigung gemäß § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG an, weil diese nur wegen der Weigerung der Klägerin, einer unberechtigten Versetzung zuzustimmen, erfolgt sei. Auch lägen keine Kündigungsgründe nach dem VBG vor.

Die beklagte Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH wendete unter anderem ihre mangelnde Passivlegitimation ein, weil Dienstgeber der Klägerin nicht sie, sondern das Land sei.

Mit Antrag ON 14 begehrte die Klägerin die Richtigstellung der Parteibezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO von der Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH auf das Land. Obwohl beide Parteien verschiedene Rechtssubjekte seien, sei die Berichtigung zulässig, weil nach dem Inhalt der Klage unmissverständlich klar gewesen sei, dass sich diese gegen den Dienstgeber der Klägerin richte.

Die Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH sprach sich gegen die beantragte Berichtigung der Parteienbezeichnung aus, da diese einen unzulässigen Parteiwechsel darstelle.

Das Erstgericht wies den Antrag der Klägerin ab. Es liege eine Legitimationsfrage und nicht eine Frage der Parteibezeichnung vor. Nach Lehre und Rechtsprechung dürfe die Berichtigung der Parteibezeichnung grundsätzlich nicht dazu führen, dass ein Mangel der Sachlegitimation beseitigt werde und ein anderes Rechtssubjekt an die Stelle des bisher in Anspruch Genommenen trete. Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es die Bezeichnung der Beklagten auf das Land berichtigte und mit Ausnahme des Zwischenstreits über den Berichtigungsantrag der Klägerin und der in diesem Zwischenstreit ergangenen Entscheidung des Erstgerichts das über die Klage mit der Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH als Beklagte durchgeführte Verfahren (einschließlich der in diesem Verfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidungen) ab der Zustellung der Klage als nichtig aufhob. Die Rechtsprechung lasse die Berichtigung der Parteibezeichnung nach § 235 Abs 5 ZPO auf ein anderes Rechtssubjekt dann zu, wenn sich der Kläger in der Parteibezeichnung geirrt habe und die tatsächlich gemeinte Partei aus dem Inhalt der Klage in einer "jeden Zweifel ausschließenden Weise" zu erkennen sei. Die Berichtigung sei somit dann zulässig, wenn sich etwa durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis ergebe, wer der Beklagte sein sollte, sodass die in Anspruch genommene Partei habe wissen müssen, wen die Klage betreffen solle. Da die Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH durch das Zuweisungsgesetz nicht zur Empfangnahme einer gegen das Land gerichteten Klage über Angelegenheiten im Sinn des § 2 Abs 1 des Gesetzes und auch nicht zur selbständigen Prozessführung über solche Angelegenheiten ermächtigt sei, sei die Klage dem Land bisher nicht wirksam zugestellt worden. Das mit der Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH geführte Verfahren sei daher als nichtig aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs kommt keine Berechtigung zu. Der Oberste Gerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen einem Parteiwechsel und der Berichtigung der Parteienbezeichnung Stellung genommen und wiederholt ausgesprochen, dass die bloße Richtigstellung der nur falsch bezeichneten, aber eindeutig klar erkennbaren Partei selbst dann zulässig sei, wenn es durch die Richtigstellung zu einem Personenwechsel komme (ÖBl 1985, 82; RZ 1993/9; EvBl 1996/129; RdW 1998, 367; RdW 2000, 242; 9 ObA 144/99p; 4 Ob 267/00v; 8 ObA 64/01x ua). Eine Parteiänderung liege selbst im Fall der Einbeziehung eines anderen Rechtssubjekts nicht vor, wenn sich aus der Klagserzählung, etwa durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis, eindeutig ergebe, wer der Beklagte sein sollte, sodass der in Anspruch genommene Beklagte wissen musste, wenn die Klage betraf (GesRZ 1992, 287; RZ 1993/9; 4 Ob 267/00v; 8 ObA 64/01x ua).

Die von der Rechtsprechung für die Zulässigkeit der Berichtigung der Parteienbezeichnung herausgearbeiteten Kriterien liegen auch hier vor. Die Klägerin hat ihr Dienstverhältnis genau bezeichnet, sodass der vorerst als Beklagter in Anspruch genommenen Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH klar sein musste, gegen wen sich die Klage in Wahrheit richtete, wie sich dies auch unzweideutig aus dem vorbereitenden Schriftsatz ON 4 ergibt. Der Umstand, dass in einem zweiten, von der Klägerin wegen einer innerhalb der Kündigungsfrist ausgesprochenen Entlassung geführten Verfahren das gegen die Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH gerichtete Begehren rechtskräftig abgewiesen wurde und dieses Verfahren nur mehr gegen das dort ebenfalls beklagte Land geführt wird, ist für die Entscheidung über die Berichtigung der Parteibezeichnung ohne Bedeutung.

Der Revisionsrekurs zieht die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz, das Zuweisungsgesetz enthalte keine Ermächtigung der Landes-Krankenanstalten Gesellschaft mbH für das Land Klagen hinsichtlich der im § 2 Abs 1 genannten Dienstverhältnisse entgegenzunehmen oder Verfahren zu führen, nicht in Zweifel. Es reicht daher aus, auf die insoweit unbekämpfte Begründung des Rekursgerichtes zu verweisen. Die in den Prozess einbezogene, aber von der Klägerin tatsächlich nach ihrem Vorbringen nicht in Anspruch genommene Partei ist eine "Quasi-Partei". Die ihr gegenüber gesetzten Prozesshandlungen sind nichtig, weil sie, bezogen auf die wirkliche Partei, gegen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verstoßen (EvBl 1996/129; 1 Ob 236/97f; 9 ObA 144/99p).

Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

Rechtssätze
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