JudikaturJustiz8Ob4/12i

8Ob4/12i – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, durch den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht  vom 30. November 2011, GZ 2 R 208/11i 114, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Im Grundbuch ist auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft unter anderem eine Dienstbarkeit aus dem Jahre 1887 eingetragen, wonach „außer einem auf allen Seiten frei stehenden, von den Nachbargrenzen mindestens 2½ m entfernten, mit einem Vorgarten versehenen und höchstens zwei Stockwerke hohen Wohnhaus in Hinkunft kein zweites Gebäude je erbaut werden darf, ...“. Unstrittig ist danach die Errichtung eines Hauses mit Erdgeschoss samt zwei darüber liegenden Stockwerken und einem ausgebauten Dachgeschoss zulässig. Strittig ist aber, ob ein Bauvorhaben der Beklagten zulässig ist, das zwei Dachgeschossebenen und mehr als zwei Wohneinheiten enthält.

II. Der klagende Verein begehrt, der Beklagten jegliches Bauvorhaben auf dem Grundstück, insbesondere ein bereits bewilligtes, zu untersagen, das mehr als Erdgeschoss, zwei Obergeschosse und höchstens ein ausgebautes Dachgeschoss aufweist oder das mehr als zwei Wohnungen mit den entsprechenden Nebeneinrichtungen enthält. Das Berufungsgericht hat dieses Klagebegehren in Abänderung des Ersturteils abgewiesen.

III. Ob ein Vertrag bzw eine Servitut im Einzelfall richtig ausgelegt und den verwendeten Begriffen der richtige Inhalt beigemessen wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn wegen wesentlicher Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS Justiz RS0042936; RS0044358; RS0042871; RS0112106 ua). Ein solcher Mangel haftet der Berufungsentscheidung nicht schon dann an, wenn auch die Auslegung der Revisionswerberin rechtlich vertretbar wäre (RIS Justiz RS0112106; 6 Ob 244/01b).

IV. Soweit sich der klagende Verein darauf stützt, dass die Auslegung der in Rede stehenden Servitut deshalb eine erhebliche Rechtsfrage darstelle, weil diese Dienstbarkeit häufig eingetragen sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung ohnehin weitgehend auf den Ausführungen des erkennenden Senats im ersten Rechtsgang (8 Ob 50/07x) fußt und die Anwendung der dort dargelegten Rechtslage auf konkrete Bauprojekte naturgemäß nur im Einzelfall erfolgen kann.

V. In der zitierten Vorentscheidung hat der erkennende Senat als wesentlich und noch zu klären erachtet, was in der betroffenen Gegend zur Zeit der Begründung der Servitut im Jahr 1887 unter einem „zwei Stockwerke hohen Wohnhaus“ zu verstehen war. Ferner hat er ausgeführt, dass mit der vereinbarten Beschränkung offenbar - zumindest auch - eine Beschränkung der Höhe des Gebäudes beabsichtigt war, was aber nicht bedeute, dass nur zwei Wohnebenen im heutigen Sinne errichtet werden könnten. Als entscheidend wurde erachtet, welches Gesamtbild an Geschossebenen und welche Gesamthöhe damals durch die Bezugnahme auf ein „zwei Stockwerke hohes Wohnhaus“ festgelegt werden sollte.

Dennoch bezieht sich der klagende Verein in seinem Klagebegehren weiter auf die Anzahl der Wohneinheiten und Geschosse. Dem ist der erkennende Senat aber bereits in der Vorentscheidung nicht beigetreten. Das Berufungsgericht ist dieser Auffassung gefolgt und hat den hier geplanten Ausbau des Dachgeschosses mit den aus der Servitut abzuleitenden Höhenvorgaben noch als vereinbar erachtet. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung vermag die Revision in diesem Zusammenhang nicht darzustellen, weil sich nicht zwingend ergibt, dass durch das konkrete Vorhaben der Beklagten ein mit der Servitut nicht zu vereinbarendes Gesamtbild an Geschossebenen entsteht. Der nach wie vor von der Revision verfolgte Ansatz, es sei auf die Anzahl der Wohneinheiten abzustellen, wurde bereits in der Vorentscheidung nicht gebilligt. Zudem zeigt der Revisionswerber nicht schlüssig auf, inwieweit die Anzahl der Wohneinheiten für den Servitutsberechtigten von Bedeutung sein könnte (vgl auch RIS Justiz RS0016368; RS0015139).

VI. Insgesamt vermag daher der klagende Verein unter Berücksichtigung der Vorentscheidung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Rechtssätze
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