JudikaturJustiz8Ob11/19d

8Ob11/19d – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** H*****, vertreten durch Rech Kerschbaumer Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. R***** P*****, vertreten durch Dr. Georg Prantl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 65.000 EUR sA (Revisionsinteresse 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. November 2018, GZ 13 R 167/18a 18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Der Beklagte ist Hochschullehrer für Theologie und Priester. In dieser Funktion stand er in vertrautem Kontakt zu einer alten Dame aus seiner Pfarrgemeinde, die ihm im Juni 2012 anlässlich eines Krankenbesuchs 50.000 EUR in bar mit der Äußerung überreichte, dass dieses Geld für ihre eigenen Begräbniskosten und jene ihrer Nichte zur Verfügung stehen sollte. Nachdem der Beklagte sie darauf ansprach, dass die Summe dafür viel zu viel sei, meinte sie, dass sie so viel Vertrauen in ihn habe, dass er veranwortungsvoll mit Geld umgehen und dieses entsprechend einsetzen werde. Die Übergeberin wusste, dass der Beklagte als Theologe und Professor seinen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich der Ostkirchen hatte und dass er in diesem Zusammenhang immer wieder bedürftige Stipendiaten unterstützte. Es entsprach ihrem Willen – und wurde vom Beklagten auch so verstanden – dass das übrige Geld für diese Zwecke verwendet werden sollte. Der Beklagte besprach mit ihr, dass das Geld bis zu ihrem Tod unangetastet bei ihm bleiben würde.

Im Jahre 2015 forderte die Übergeberin 15.000 EUR mit der Begründung zurück, eine Sicherstellung für die Begräbniskosten sei nicht mehr nötig. Der Beklagte kam dieser Aufforderung umgehend nach. Bei seinem letzten Besuch vor ihrem Ableben sprach er die Übergeberin auch auf den bei ihm erliegenden Restbetrag an, worauf sie ihm mit Gesten deutete, darüber zu schweigen.

Der Kläger ist eingeantworteter Testamentserbe nach der Übergeberin. Er brachte vor, die Erblasserin habe dem Beklagten das Geld (ursprünglich begehrt: 65.000 EUR) mit dem Auftrag zur Verwahrung gegeben, davon für sie selbst und ihre Nichte die nötige Pflege und Behandlung im Krankheitsfall zu zahlen, falls sie selbst nicht dazu in der Lage wären. Der Betrag sei als eine „Art Altersvorsorge“ gedacht gewesen, aber nicht bestimmungsgemäß verwendet worden und daher zurückzuzahlen.

Das Erstgericht sprach dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens 35.000 EUR zu. Die Geldübergabe sei nach den festgestellten Umständen als Schenkung unter Auflage zu qualifizieren. Als Universalrechtsnachfolger der Geschenkgeberin sei der Kläger berechtigt, jenen Teilbetrag vom Beklagten zurückzufordern, dessen der Auflage entsprechende Verwendung dieser nicht nachweisen habe können.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Beklagten Folge, wies das Klagebegehren zur Gänze ab und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Die Geldübergabe an den Beklagten stelle keine Schenkung dar, weil das Geld dem Beklagten nicht dauerhaft übereignet worden sei. Es handle sich vielmehr um eine Spende, verbunden mit dem unbefristeten Auftrag zur treuhändigen Verwahrung und verantwortungsvollen Verwendung nach dem Ableben der Erblasserin. Ob der Kläger als Universalrechtsnachfolger allenfalls zum Widerruf des Auftrags und zur Rückforderung der Spende berechtigt wäre, könne dahingestellt bleiben, weil er sein Begehren darauf nicht gegründet habe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, mit der jedoch keine über die Umstände des Einzelfalls hinaus erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfen werden.

Soweit der Revisionswerber argumentiert, das übergebene Geld sei vom Beklagten nach den Feststellungen vereinbarungsgemäß bis zum Tod beider Damen zu verwahren gewesen und es hätte erst danach anderweitig darüber verfügt werden dürfen, bleibt im Dunkeln, welche Rechtsfolgen er daraus ableiten will. Dass der Beklagte den erhaltenen Geldbetrag bereits vor dem Ableben der Erblasserin verwendet habe, wurde im Verfahren gar nicht behauptet, sodass sich auch die Frage, inwiefern er dazu berechtigt gewesen wäre, nicht stellen kann.

Schließlich macht der Revisionswerber geltend, er habe das vom Berufungsgericht angenommene Auftragsverhältnis zwar in der Tat nicht ausdrücklich, aber doch hinreichend schlüssig dadurch widerrufen, dass er den übergebenen Geldbetrag zurückverlangt und eingeklagt habe.

Mit diesen Ausführungen verkennt der Revisionswerber jedoch die rechtliche Argumentation des Berufungsgerichts, die sich nicht auf die Gestaltung des materiellen Rechtsverhältnisses zwischen den Streitteilen bezieht, sondern auf die Grenzen des Verfahrensgegenstands.

Nach der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie wird der prozessuale Begriff des Streitgegenstands durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen, vorgebrachten Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt) bestimmt. Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen (RIS Justiz RS0037522; RS0039255).

Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine die Revisionszulässigkeit in der Regel nicht begründende Frage des Einzelfalls, die nur im Falle einer – hier nicht vorliegenden – groben Fehlbeurteilung vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre (RIS Justiz RS0042828).

Der Kläger hat zur Begründung seiner Forderung behauptet, der Beklagte habe den strittigen Betrag zur Verwahrung als Sicherstellung für Krankheits-, Pflege- und Begräbniskosten erhalten, dieser Zweck sei weggefallen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass dieses Vorbringen auch bei weitester Auslegung nicht auch die Eventualbehauptung umfasste, der Kläger wolle gegen den Willen der Erblasserin nunmehr deren wohltätige Spende widerrufen, erscheint keineswegs korrekturbedürftig.