JudikaturJustiz7Ob96/17v

7Ob96/17v – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. September 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B* B*, geboren am *, vertreten durch Dr. Peter Semlitsch und Dr. Wolfgang Klobassa, Rechtsanwälte in Voitsberg, gegen die beklagte Partei Ö* B*, geboren am *, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und andere Rechtsanwälte in Köflach, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 4. April 2017, GZ 1 R 85/17b 14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Feststellungen in einem Scheidungsurteil nach § 49 EheG gehören insofern zur Individualisierung des Spruchs, als zwischen den Ehegatten abgesprochen wird, aus welchen geltend gemachten Lebenssachverhalten ein Verschulden oder kein Verschulden abgeleitet wird. Wurde ein Lebenssachverhalt zwischen den Ehegatten in dieser Weise bereits einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen, ist dies für die Ehegatten bindend. Nichts anderes kann gelten, wenn derselbe Lebenssachverhalt zur Unterstützung des Zerrüttungsverschuldens herangezogen werden soll. Er wurde schon bindend als nicht zur Begründung eines Verschuldens im Sinn von § 49 EheG geeignet erkannt. Wird also in einem früheren Verfahren nach § 49 EheG das Scheidungsbegehren abgewiesen, weil kein Verhalten des beklagten Ehepartners feststand, das ein Verschulden begründen konnte, so kann zwar der festgestellte Sachverhalt bei der Beurteilung des Zerrüttungsverschuldens nach § 61 Abs 3 EheG zur Unterstützung herangezogen werden, es kann aber im Hinblick auf die Rechtskraft der Vorentscheidung nicht ein (konträrer) Sachverhalt festgestellt werden, der im Gegensatz dazu das Vorliegen von Scheidungsgründen nach § 49 EheG bejaht (7 Ob 112/15v = RIS Justiz RS0130424).

2. Die vom Kläger nach § 49 EheG angestrengte Klage im Vorverfahren wurde abgewiesen, weil die dort geltend gemachten und festgestellten Umstände kein Verschulden der (hier wie dort) Beklagten begründeten. Im nunmehr vom Kläger betriebenen Scheidungsverfahren nach § 55 EheG wandte er gegen den Verschuldensantrag der Beklagten nach § 61 Abs 3 EheG lediglich dieselben Umstände ein, die bereits Gegenstand der Prüfung im Vorverfahren waren, wonach nicht er die Beklagte, sondern umgekehrt sie ihn verlassen habe.

Die Vorinstanzen sind im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung davon ausgegangen, dass in Ansehung dieser Einwände des Klägers kein konträrer Sachverhalt gegenüber dem im Vorverfahren zu Grunde gelegten festzustellen war.

3. Für die Beurteilung, ob ein Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG zu fassen ist, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger einen Scheidungstatbestand verwirklicht hat. Entscheidend ist nur, ob ihm eine Schuld an der Zerrüttung der Ehe anzulasten ist und ob, falls beiden Eheleuten ein Verschulden an der Zerrüttung vorzuwerfen ist, seine Schuld deutlich überwiegt (RIS Justiz RS0057256). Welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, die – von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen – nicht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (RIS Justiz RS0118125).

Der Revisionswerber hat sich im gesamten Verfahren nur auf die bereits im Vorverfahren beurteilten Vorwürfe gegen die Beklagte gestützt und keine anderen Lebenssachverhalte behauptet, welche er als Eheverfehlungen der Beklagten werten will. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt und im Lichte der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze vermag der Kläger keine Umstände aufzuzeigen, warum die Ansicht der Vorinstanzen, wonach nur er durch sein Verhalten die Zerrüttung der Ehe verschuldet hat, eine erhebliche Fehlbeurteilung darstellen sollte.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).