JudikaturJustiz7Ob84/22m

7Ob84/22m – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. November 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch die Forcher Mayr Kantner Rechtsanwälte Partnerschaft in Innsbruck, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen Unterhalts, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. März 2022, GZ 4 R 267/21z 84, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hall (in Tirol) vom 18. August 2021, GZ 6 C 29/19w 77, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Die Parteien sind seit mehr als 60 Jahren verheiratet, leben jedoch seit Jahrzehnten einvernehmlich getrennt.

[2] Auf einer dem Beklagten gehörenden Liegenschaft in * (EZ *1, *) hatte der Beklagte dieser mit Notariatsakt vom * 1990 ein verbüchertes lebenslanges entgeltliches Wohnrecht an einer Wohnung des auf diesem Grundstück damals erst geplanten Hauses eingeräumt, wofür ihm die Klägerin vereinbarungsgemäß 924.000 ATS (67.149,70 EUR) zahlte; mit demselben Vertrag schenkte die Klägerin dem Beklagten weitere 230.000 ATS (16.714,75 EUR). Die Klägerin bewohnt aufgrund dieses Wohnungsrechts seit Errichtung des Hauses darin eine Wohnung und bezahlt dafür nur die Stromkosten. Die monatlichen Betriebskosten für diese 57 m 2 große Wohnung betragen derzeit 35,91 EUR, sie wurden und werden vertragsgemäß vom Liegenschaftseigentümer übernommen. Der ortsübliche monatliche Mietzins für die Wohnung betrüge 595,56 EUR.

[3] Der Beklagte wurde mit (unangefochten gebliebenem) Urteil des (hier wie dort) Berufungsgerichts vom * 2006, AZ *, verpflichtet, der Klägerin ab 1. 2. 2004 monatlichen Unterhalt von 650 EUR zu zahlen. Zur Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, der Beklagte leiste mit der Einräumung des Wohnungsrechts zwar keinen Naturalunterhalt, wegen der hieraus resultierenden Bedarfsminderung der Klägerin sei aber der Umstand zu berücksichtigen, dass sie nicht mit Miet- und teilweise auch nicht mit Betriebskosten belastet sei. Es bedürfe keiner exakten Ermittlung von Mietwert und Betriebskostenhöhe, vielmehr werde eine Reduktion gegenüber dem sich bei vollem Unterhaltsbedarf abzüglich des Eigeneinkommens ergebenden Prozentanspruch (40 % des Familieneinkommens) von 905 EUR, wie vom Erstgericht zugrunde gelegt, auf 650 EUR als gerechtfertigt.

[4] Die Parteien haben sich im Jahr 2008 – aus Anlass eines von der Klägerin eingeleiteten Exekutionsverfahrens gegen den Beklagten und einer von diesem dagegen erhobenen Impugnations-, in eventu Oppositionsklage – darauf geeinigt, dass vorerst jeder für seinen Unterhalt selbst sorgt und die Klägerin bis Ende 2011 auf eine Überprüfung der finanziellen Verhältnisse vorerst verzichte.

[5] Zwischen 2008 und 2019 haben sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten wesentlich verändert.

[6] Die Klägerin bezieht eine Alterspension in Höhe von monatlich (12 x) 1.342 EUR, der Beklagte eine solche von 1.720,06 EUR. Der Beklagte hatte bis 2019 bzw 2020 auch Mieteinkünfte aus zwei ihm gehörenden Wohnhäusern in * (neben der erwähnten EZ *1 auch EZ *3, *); insgesamt erzielte der Beklagte im Durchschnitt der Jahre 2016 bis inklusive 2019 ein monatliches wirtschaftliches Nettoeinkommen von gerundet 2.891 EUR.

[7] Bei Nichteinrechnung der Mieteinkünfte aus EZ *1, bedingt durch Verluste in den Jahren 2016 und 2017 sowie die Gewinne im Jahr 2018 unter Berücksichtigung der sich hieraus veränderten (fiktiven) Einkommenssteuerbelastung erwirtschaftete der Beklagte in den Jahren 2016 bis 2019 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.722 EUR.

[8] Unter der Prämisse, dass man einen Abzug für Werbungskosten für Instandsetzungen, Finanzierungskosten, Instandhaltungen sowie übrige Werbungskosten für Betriebskosten jeweils außer Acht lassen würde, würde sich im Zeitraum 2016 bis inklusive 2018 ein monatliches wirtschaftliches Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von gerundet 4.629 EUR errechnen. Unter den selben Prämissen, nämlich der Außerachtlassung besagter Werbungskosten, weiters unter Außerachtlassung der Mieteinkünfte aus EZ *1 würde sich im Zeitraum 2016 bis inklusive 2018 ein durchschnittliches wirtschaftliches monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von gerundet 4.313 EUR errechnen.

[9] Der Beklagte hätte im Jahr 2019 insgesamt bei Zugrundelegung marktkonformer Mieten betreffend die Liegenschaft EZ *1 Nettomietzinse in Höhe von 99.280,85 EUR (inkl 10 % USt) oder 88.072 EUR (exkl USt) erzielen können, tatsächlich hat er hieraus insgesamt 19.509,77 EUR (inkl USt) weniger an Mieteinnahmen erzielt, als ihm das bei Vermietung zu marktkonformen Mietzinsen möglich gewesen wäre.

[10] Der Beklagte hätte im Jahr 2019 bei Zugrundelegung marktkonformer Mieten im Wohnhaus EZ *3 Nettomietzinse in Höhe von 40.556,76 EUR (inkl 10 % USt) oder 36.869,76 EUR (exkl USt) erzielen können, tatsächlich hat er hieraus insgesamt 4.551,84 EUR (inkl USt) weniger an Mieteinnahmen erzielt, als ihm das bei Vermietung zu marktkonformen Mietzinsen möglich gewesen wäre.

[11] Im Jahr 2020 hätte der Beklagte bis zum Verkauf der Liegenschaft EZ *3 (gerechnet bis inklusive Juni 2020) insgesamt bei Zugrundelegung marktkonformer Mieten im Wohnhaus EZ *3 Nettomietzinse in Höhe von 20.979 EUR (inkl 10 % USt) oder 19.071,84 EUR (exkl USt) erzielen können, tatsächlich hat er insgesamt 3.093,30 EUR (inkl USt) weniger an Mieteinnahmen erzielt, als ihm das bei Vermietung zu marktkonformen Mietzinsen möglich gewesen wäre

[12] Der Beklagte verkaufte seine Liegenschaften in den Jahren 2019 (EZ *1) bzw 2020 (EZ *3) um monatliche Leibrenten auf Lebenszeit in Höhe von 6.000 EUR, teilweise wertgesichert gegen außergewöhnliche Schwankungen des VPI 2015 um mehr als 10 % binnen zwölf Monaten (EZ *1), bzw 5.100 EUR, wertgesichert nach dem VPI 2015 (EZ *3); für die Liegenschaft EZ *3 erhielt der Beklagte auch noch 1 Mio EUR sowie ein lebenslängliches Wohnrecht für ihn in einer der Wohnungen des Hauses.

[13] Der Ertragswert der Liegenschaft EZ *1 beträgt 1.860.000 EUR, der Barwert der Leibrente des Beklagten im Zusammenhang mit dem Verkauf dieser Liegenschaft beträgt 342.000 EUR; dieser Barwert liegt jedenfalls unterhalb der Hälfte des Verkehrswerts der Liegenschaft EZ *1.

[14] Der Barwert des Wohnrechts des Beklagten betreffend die Liegenschaft EZ *3 beträgt 80.100 EUR und der Barwert der Leibrente des Beklagten für diese Liegenschaft 272.200 EUR. Der Ertragswert der Liegenschaft EZ *3 beträgt 2.380.000 EUR; ihr Verkehrswert beträgt 2.382.518,16 EUR, abzüglich eines Abschlags für das dem Beklagten eingeräumte Wohnrecht, die eingeschränkte Verwertbarkeit infolge dieses Wohnrechts bzw die Leibrentenvereinbarung 1.827.000 EUR.

[15] Der Beklagte legt die an ihn gezahlten Leibrentenbeträge vollständig auf Sparbücher, deren Guthaben von ihm unangetastet sind; der Beklagte hat noch nicht entschieden, was er mit diesen Leibrentenbeträgen in Zukunft machen möchte. Der Beklagte lebt ein bescheidenes Leben ohne kostspielige Hobbys, ihn treffen monatliche Fixkosten in Höhe von zirka 500 EUR. Aus dem Barkaufpreisteil für EZ *3 von 1 Mio EUR finanzierte der Beklagte eine Eigentumswohnung um 450.000 EUR, die er seiner langjährigen Lebensgefährtin schenkte.

[16] Die Klägerin begehrt mit Klage vom * 2019 Unterhalt in Höhe von monatlich weiteren 2.100 EUR ab 1.8.2019. Sie beziehe eine Alterspension von 1.342 EUR, während der Beklagte neben seiner Alterspension von zumindest 1.388 EUR weiters monatliche Mieteinkünfte aus EZ *3 von 1.500 EUR sowie 6.000 EUR monatlich an Leibrente aus dem Verkauf der EZ *1 beziehe, sodass sein monatliches Einkommen 8.888 EUR betrage. 40 % des Familieneinkommens (10.230 EUR) betrügen 4.092 EUR, woraus sich abzüglich der Eigenpension der Klägerin von 1.342 EUR und des bereits titelgemäß zugesprochenen Unterhalts von 650 EUR der begehrte Betrag von 2.100 EUR errechne; tatsächlich sei der Unterhaltsanspruch noch höher, weil die Pension des Beklagten eigenen Angaben zufolge höher sei und er höhere Mieteinkünfte aus der Liegenschaft EZ *3 bzw nach deren Verkauf eine weitere Leibrente von monatlich 5.100 EUR beziehe. Die Leibrenten seien im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als Unterhaltsrenten und nicht als Kaufrenten zu qualifizieren, weil ihr Barwert weniger als die Hälfte des Verkehrswerts der – somit geradezu verschleuderten – Liegenschaften ausmache; die Leibrenten seien daher der Unterhaltsbemessung zugrundezulegen. Das Wohnungsgebrauchsrecht der Klägerin sei entgeltlich eingeräumt worden und nicht unterhaltsmindernd, zumal sie den Grund eingebracht und Zahlungen an den Beklagten geleistet habe; die sich aus der Wohnsituation der Klägerin ergebende Bedarfsminderung sei im Titel über 650 EUR bereits berücksichtigt worden, bei dem seinerzeit nur die Mieteinnahmen aus EZ *1 und ein Gesamteinkommen des Beklagten von 3.817,16 EUR zugrunde gelegt worden seien, während er auch Einkommen aus der EZ *3 habe. Dass der Beklagte während der Dauer des entgeltlichen Wohnrechts der Klägerin die Betriebskosten zu zahlen habe, sei bei Abschluss des Vertrags 1990 durch die Zahlung der Klägerin abgegolten worden, was im Urteil 2006 übersehen und dieser Umstand durch die Minderung des Unterhalts „doppelt eingepreist“ worden sei.

[17] Der Beklagte wandte ein, dass sich keine unterhaltsrelevante Änderung seiner Einkommensverhältnisse ergeben hätte. Er beziehe neben seiner Pension Einkommen aus der Vermietung von Wohnungen in der EZ *3 von 1.170,50 EUR, was ein Gesamteinkommen von 2.890,56 EUR ergebe; daraus errechne sich ein Unterhaltsanspruch der Klägerin von 350 EUR. Bei dieser sei auch aufgrund ihres – durch den Verkauf der EZ *1 nicht tangierten – Wohnungsgebrauchsrechts eine Bedarfsminderung zu berücksichtigen, sodass ihr statt 40 % nur 35 % des Familieneinkommens zustünden. Bei der Unterhaltsfestsetzung im Jahr 2006 sei vom sich damals rechnerisch ergebenden Unterhalt von 905 EUR ein Abzug aufgrund verminderten (Wohn-)Bedarfs von 255 EUR auf 650 EUR vorgenommen worden; heute wäre ein solcher Abschlag mit 400 EUR anzusetzen. Der Verkauf der Liegenschaften habe eine unterhaltsrechtlich unerhebliche Vermögensumschichtung bewirkt. Die Leibrenten seien ein Vermögensäquivalent und würden nicht zur Finanzierung seiner Lebensführung verwendet, sondern auf ein Sparbuch eingezahlt, wo sie verblieben. Eine Anspannung des Beklagten komme nicht in Frage, weil der Unterhalt der Klägerin zusammen mit ihrer Pension angemessen sei; zudem träfe den Beklagten im Hinblick auf eine Unterlassung der Vermietung zu höherem Zins kein Verschulden. Er könnte allenfalls nur auf Einkommen angespannt werden, wie es vor dem Verkauf der Liegenschaften erzielt worden sei. Selbst bei Anspannung des Beklagten im Hinblick auf den Verkauf der Liegenschaften ergäbe sich aufgrund geringer Roherträge keinesfalls der begehrte Unterhalt, sondern allenfalls ein solcher von zusätzlich 50 EUR.

[18] Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin von 1. 8. 2019 bis 30. 6. 2020 1.633,60 EUR und ab 1. 7. 2020 2.100 EUR an zusätzlichem Unterhalt zu zahlen; ein Mehrbegehren von 466,40 EUR von 1. 8. 2019 bis 30. 6. 2020 wies es ab.

[19] Die Leibrenten des Beklagten seien als Einkommen aus Vermögenserträgnissen unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, weil er – anders als bei Ratenzahlungen – eine unbestimmte Anzahl an Leibrenten erhalte und die Leibrenten jeweils wertgesichert seien; sie seien nicht als bloße Umschichtung der Vermögenssubstanz anzusehen. Von 1. 8. 2019 bis 30. 6. 2020 habe der Beklagte an Einkommen 6.000 EUR aus Leibrente und 2.722 EUR aus Vermietung der EZ *3 (darin 1.720,06 EUR als Pension) bezogen; auf höhere Mieterträge anzuspannen sei der Beklagte nicht. Das Einkommen des Beklagten und die Pension der Klägerin ergäben ein Familieneinkommen von 10.064 EUR; 40 % hiervon seien 4.025,60 EUR, woraus sich abzüglich Eigeneinkommen und 650 EUR titelmäßig zustehendem Unterhalt 2.033,60 EUR errechneten; abzüglich angemessener Bedarfsminderung von 400 EUR ergäbe sich ein Anspruch von 1.633,60 EUR.

[20] Ab 1. 7. 2020 betrage das Einkommen des Beklagten 11.100 EUR an Leibrente und 1.720,06 EUR Pension, woraus sich ein Familieneinkommen von 14.162,06 EUR ergebe. 40 % hiervon abzüglich Pension der Klägerin, 400 EUR Bedarfsminderung und 650 EUR titelmäßiger Unterhalt ergäben einen den Klagsbetrag von 2.100 EUR übersteigenden Betrag.

[21] Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht gab nur der Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren zur Gänze ab; die ordentliche Revision ließ es nicht zu.

[22] Es teilte – entgegen der Rechtsansicht der Klägerin in deren Berufung – die Rechtsansicht des Erstgerichts in Ansehung der das Einkommen des Beklagten reduzierenden Berücksichtigung von Investitionen in die Liegenschaften.

[23] Hingegen vertrat es die Ansicht, dass es sich bei den Leibrenten lediglich um eine Vermögensumschichtung bzw Verschiebung der Vermögenssubstanz handle und diese nicht heranzuziehen sei, zumal sie nach dem einvernehmlich geführten Lebensstil der Streitteile nicht angegriffen werde und sich der Beklagte keinen höheren Lebensstandard geschaffen habe oder genieße. Eine Kaufpreiszahlung in Raten und eine solche mit Leibrente seien unterhaltsrechtlich gleich zu behandeln; eine Unterscheidung von Kaufpreis- und Unterhaltsrente sei nur für steuerrechtliche Fragen von Bedeutung. Damit seien die Leibrenten nicht zur Unterhaltsbemessung heranzuziehen, sehr wohl jedoch die ab Juli 2020 nicht mehr bezogenen Mieterträgnisse aus EZ *3, zumal nicht ersichtlich sei, warum er auf diese durch Verkauf des Hauses verzichtet habe. Daraus sei aber für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil das Familieneinkommen ab August 2018 4.233 EUR (Klägerin 1.342 EUR; Beklagter 2.891 EUR) betragen habe, und 40 % abzüglich der Pension der Klägerin bereits weniger ausmachten (351,20 EUR) als der bereits titulierte Unterhalt von 650 EUR. Auf die Frage der Bedarfsminderung um 400 EUR im Hinblick auf die Wohnmöglichkeit müsse daher nicht eingegangen werden.

[24] Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin die gänzliche Klagsstattgebung; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[25] Der Beklagte beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[26] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

[27] 1.1. Die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels hindert nicht dessen Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise ( RS0036258 ); der von der Klägerin fälschlicherweise gestellte Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der Revision, verbunden mit der ordentlichen Revision, ist in eine außerordentliche Revision nach § 505 Abs 4 ZPO umzudeuten (vgl RS0123405 ) und zu behandeln: Warum die Revisionswerberin die Revision für zulässig erachtet, ist ihrem auch sonst alle Inhaltserfordernisse eines statthaften Rechtsmittels aufweisenden ( RS0036652 ) Rechtsmittelschriftsatz ebenso hinreichend deutlich zu entnehmen wie ihr Begehren ( RS0036410 ; vgl 4 Ob 22/21w ).

[28] 1.2. Die Revisionswerberin hat zwei selbstständige Rechtsfragen zum Gegenstand ihres Rechtsmittels gemacht, nämlich ob die Leibrenten als unterhaltsrelevantes Einkommen des Beklagten anzusehen wären, und ob sich die Klägerin die Wohnmöglichkeit aufgrund des vereinbarten Wohnrechts als unterhaltsmindernd anrechnen lassen muss. Auf weitere Rechtsgründe bzw Einwendungen kommt die Revision nicht zurück, sodass auf andere als die beiden aufgeworfenen Fragen nicht weiter einzugehen ist (vgl RS0043338 [insb T15]; RS0043352 [T23, T25, T30, T31, T35]).

[29] 2. Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, hat nach § 94 Abs 2 ABGB an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind; dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten grundsätzlich weiter.

[30] Für die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage auf Seite des Unterhaltspflichtigen und die Beurteilung der Anrechnung bzw die Berücksichtigung von Einkünften des Unterhaltsberechtigten als Eigeneinkommen sind im Sinne des unterhaltsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dieselben Grundsätze heranzuziehen (vgl Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth , Ehe- und Partnerschaftsrecht 2 [2022] § 94 ABGB Rz 202).

[31] 3.1. Bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage zur Ermittlung des Ehegattenunterhalts ist das gesamte Nettoeinkommen des unterhaltsverpflichteten Eheteils mit einzubeziehen, wobei an bestimmte Zwecke gebundene Aufwendungen abzugsfähig sind. Dabei sind auch die Erträgnisse des Vermögens des Verpflichteten hinzuzurechnen, grundsätzlich aber nicht die Vermögenssubstanz selbst. Diese ist nur dann heranzuziehen, wenn das Einkommen nicht zur Deckung des angemessenen Unterhalts ausreicht (RS0113786 [T3]) oder der Empfänger sie zur Finanzierung seiner Lebensführung verwendet (4 Ob 236/14f). Ein Unterhaltspflichtiger, der die Kosten seiner Lebensführung (zumindest auch) aus der Substanz seines Vermögens deckt, muss die Unterhaltsberechtigten daran angemessen teilhaben lassen ( RS0117850 [T5]); das Vermögen ist dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige dessen Substanz angreift oder bereits in der Vergangenheit regelmäßig angriff, um damit die Kosten der von ihm gewählten Lebensführung zu decken ( RS0122836 [T3, T4]; RS0117850 [T1, T7]).

[32] Umgekehrt sind aus dem Vermögensstamm des unterhaltsberechtigten Ehepartners resultierende Einkünfte, die bereits in der Vergangenheit für immer für den gemeinsamen laufenden Unterhalt der Eheleute sowie für Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten verwendet wurden, wie auch ein anderes von diesem verwertetes Vermögen, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (vgl RS0122836 ).

[33] 3.2. Der beim Verkauf einer Liegenschaft erzielte Kaufpreis ist nicht als Einkommen zu behandeln, weil er nicht als „Erträgnis des Vermögens“, sondern als Gegenwert für die Sachsubstanz selbst und damit als „Vermögenssubstanz“ anzusehen ist ( 1 Ob 98/03y = RS0113786 [T3]). Der Verkauf eines privaten Vermögensgegenstands bewirkt nämlich lediglich eine Umschichtung der Vermögenssubstanz ( 8 Ob 121/12w = RS0113786 [T10]).

[34] Dass aus dem Verkaufserlös ihrer Liegenschaft etwa die Immobilienertragssteuer gemäß § 30b EStG 1988 idF 1. StabG 2012, BGBl I 2012/22 , abzuführen ist, ändert nichts daran, dass es sich beim Verkaufspreis um den – durch die zusätzliche Steuerlast reduzierten – Gegenwert für die veräußerte Sachsubstanz handelt. Die steuerliche Behandlung ist für den unterhaltsrechtlichen Einkommensbegriff nicht von Bedeutung ( RS0047423 ) und das steuerpflichtige Einkommen ist nicht mit dem unterhaltsrelevanten Einkommen ident (3 Ob 30/15f), denn der Unterhalt dient anderen Zwecken als die Steuerleistung (7 Ob 226/11b mwN; vgl auch RS0047423; RS0013386).

[35] 3.3. Der Verkäufer einer Liegenschaft, der dem Käufer Ratenzahlung gewährt, ist unterhaltsrechtlich nicht schlechter zu stellen als der Verkäufer, der den Kaufpreis zur Gänze sofort erhält. In beiden Fällen ist die Berücksichtigung des Vermögens nur dann geboten, sofern dessen Substanz dazu verwendet wird, um sich einen höheren Lebensstandard zu schaffen und ihn zu genießen (vgl 1 Ob 38/03y).

[36] 4.1. Als Einkünfte (auch „eigene Einkünfte“ des Unterhaltsberechtigten iSd § 94 Abs 2 ABGB ) ist alles zu werten, was der Bezieher an Geld- oder Naturalleistungen tatsächlich erhält, sofern die gesetzliche Zweckwidmung der Leistung die Einbeziehung in die Unterhaltsberechnung nicht ausschließt, der Bezieher die Einkünfte also nach seinem Gutdünken verwenden darf. Als Einkommen zu veranschlagen sind daher – nach RS0122837 – insbesondere auch Erträgnisse von Vermögen, wie Zinsen, Dividenden, Gewinnausschüttungen, Ausschüttungen aus einer Privatstiftung, Miet- und Pachterlöse sowie Leibrentenzahlungen .

[37] 4.2. Keine der zu RS0122837 indizierten Entscheidungen hatte indes eine Leibrente zum Gegenstand.

[38] In der leitsatzbildenden Entscheidung 10 Ob 93/07k wird für die Einbeziehung von Leibrenten eine Belegstelle im Schrifttum angeführt ( Hinteregger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 94 ABGB [2006] Rz 43 „mwN“). In dieser wiederum wird als Beleg lediglich eine nur in ihrem Leitsatz veröffentlichte Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien herangezogen (13 R 132/79 EFSlg 32.808), wonach bei der Beurteilung des Einkommens eines (dort) Unterhaltspflichtigen auch auf vertraglicher Grundlage beruhende Einkünfte (Leibrente) zu berücksichtigen seien. In Ansehung des Unterhaltsberechtigten verweist dieselbe Autorin auf 44 R 1006/89 (EFSlg 58.694) des Landesgerichts für Zivilrechtssachen (LGZ) Wien, wonach eine lebenslängliche Leibrente aus einem Liegenschaftsverkauf als eigenes Einkommen unterhaltsmindernd zu berücksichtigen sei ( Hinteregger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 94 ABGB [2006] Rz 48). An dieser Auffassung hat die genannte Autorin bis in jüngste Zeit festgehalten (wortgleich und mit denselben Verweisen auf EFSlg 32.808 bzw EFSlg 58.694: Hinteregger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 94 ABGB [2021] Rz 49 bzw Rz 59; unter Hinweis auf RS0122837 : Hinteregger , Ehegattenunterhalt, in Deixler Hübner, Handbuch Familienrecht 2 [2020] 108).

[39] 4.3. Hopf/Kathrein , Eherecht 3 [2014] § 94 ABGB Rz 25 meinen, dass die Anrechnungsregel für Eigeneinkünfte des haushaltsführenden Ehegatten sich unter anderem auf eine Leibrente beziehe und belegen dies mit EFSlg 58.694.

[40] Ferrari verweist zur Einbeziehung von Leibrenten beim Einkommen des Unterhaltsberechtigten teils auf EFSlg 58.694 (in Schwimann/Neumayr , ABGB TaKomm 5 [2021] § 94 Rz 33), teils auf RS0122837 (in Schwimann/Kodek, ABGB 5 [2018] § 94 Rz 51).

[41] Schwimann/Ferrari (in Schwimann/Kodek , ABGB 4 Ia [2013] § 94 Rz 51) verweisen – ohne ausdrückliche Erwähnung von Leibrenten – auf EFSlg 103.220 (= LGZ Wien 42 R 744/03b); auch nach dieser Entscheidung müsse sich der Unterhalt fordernde Ehegatte Eigeneinkünfte anrechnen lassen, wozu auch eine Leibrente zähle; der Stamm des Vermögens müsse jedoch grundsätzlich nicht angegriffen werden.

[42] 4.4. Gitschthaler (in Gitschthaler/Höllwerth , Ehe- und Partnerschaftsrecht 2 [2022] § 94 ABGB Rz 92 ) hingegen gibt zwar die zu RS0122837 indizierte und diesen Rechtssatz zitierende (in Ansehung von Leibrenten nicht einschlägige) Entscheidung 3 Ob 30/15f sowie EFSlg 58.694 wieder, führt dazu jedoch kritisch aus, die Berücksichtigung von Leibrentenzahlungen sei fraglich, da es sich eigentlich um eine Vermögensumschichtung handle ( Gitschthaler aaO bei FN 662 ); nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien Verkaufserlöse von Liegenschaften, Gesellschaftsanteilen oder sonstigen Vermögensgegenständen, weil hier lediglich der Vermögensstamm umgeschichtet werde, und zwar selbst dann, wenn mit dem Käufer Ratenzahlung vereinbart worden sei ( Gitschthaler aaO Rz 92a mit Verweis auf 1 Ob 98/03y, 6 Ob 6/21g; vgl oben Pkt 3.1. ).

[43] 5. Vor dem Hintergrund der für den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhaltsfeststellungen teilt der erkennende Senat die soeben referierte Rechtsansicht Gitschthalers : Die dem Beklagten als Gegenleistung für die Überlassung seiner Liegenschaften zugekommenen, von ihm jedoch unangetasteten Leibrentenzahlungen sind im vorliegenden Einzelfall in unterhaltsrechtlicher Hinsicht nicht als für die Bemessung des Ehegattenunterhalts nach § 94 Abs 2 ABGB relevantes Einkommen heranzuziehen, weil er damit lediglich eine Vermögensumschichtung vorgenommen hat, wovon er nichts verbraucht. Dass dies auch den Lebensverhältnissen der Ehegatten jedenfalls seit 2008 entspricht, hat bereits das Berufungsgericht ebenso zutreffend hervorgehoben wie den Umstand, dass eine differenzierte steuerliche Qualifikation von Leibrenten für die hier gebotene unterhaltsrechtliche Beurteilung unbeachtlich ist.

[44] 6.1. Dass die Berechnung eines Unterhaltsanspruchs unter Außerachtlassung der Leibrenten auch bei Einbeziehung der Mieteinkünfte des Beklagten unter Berücksichtigung von Investitionen etc zu einem deutlich unter dem bereits titulierten Betrag von 650 EUR liegenden Unterhaltsanspruch führt, auch wenn man keinen Abzug für die der Klägerin zustehende Wohnmöglichkeit vornähme, stellt die Klägerin im Revisionsverfahren nicht in Frage.

[45] 6.2. Die weitere von der Revision aufgeworfene Frage, ob ein solcher Abzug vorzunehmen und wie er auszumitteln wäre, muss daher hier nicht erörtert werden.

[46] 7. Insgesamt war daher der Revision nicht Folge zu geben.

[47] 8. Die Kostenentscheidung hat sich das Erstgericht nach § 52 Abs 2 ZPO bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten.

Rechtssätze
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