JudikaturJustiz7Ob687/86

7Ob687/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. November 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Sachwalterschaftssache der am 8. Juni 1935 geborenen Gertrude S***, Wien 1., Spiegelgasse 9/3/15, infolge der Revisionsrekurse der Gertrude S*** gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 14. Juli 1986, GZ. 44 R 131/86-107 und vom 16. Juni 1986, GZ. 44 R 208/85- 113, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. Mai 1986, GZ. 8 SW 53/84-99 und vom 8. Juli 1985, GZ. 8 SW 53/84-78, bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 14. Mai 1986, 8 SW 53/84-99, wurde der für Gertrude S*** bestellte Sachwalter Dr. Ingrid R***

ermächtigt, die Pension der Betroffenen von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gegen Rechnungslegung zu übernehmen und daraus den Mietzins laut Mietvertrag für die Wohnung der Betroffenen zu begleichen. Der Antrag der Betroffenen, Dr. Ingrid R***, den Auftrag zu erteilen, die gesamten an sie zur Auszahlung gelangten Pensionsbeträge seit Februar 1986 zu überweisen, wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht hat mit Beschluß 44 R 131/86-107 diesen Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien mit der Maßgabe bestätigt, daß der Satz "und den sich ergebenden Restbetrag der Betroffenen über deren Vorlage auszufolgen" angefügt wird.

Mit Beschluß vom 8. Juli 1985, 8 SW 53/84-78, hat das Bezirkgericht Innere Stadt Wien Dr. Ingrid R***, als Sachwalter der Gertrude S***, ermächtigt, die Betroffene vor Gericht und Behörden in allen Angelegenheiten zu vertreten. Dieser Beschluß wurde vom Rekursgericht mit Beschluß vom 16. Juni 1986, 44 R 208/85-113, bestätigt.

Rechtliche Beurteilung

Da im vorliegenden Fall zwei bestätigende Beschlüsse des Rekursgerichtes vorliegen, wäre ein weiterer Rechtszug gemäß § 16 AußStrG nur wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit oder offenbarer Gesetzwidrigkeit zulässig. Eine Nichtigkeit oder eine Aktenwidrigkeit werden nicht einmal angedeutet. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (JBl. 1975, 547, JBl. 1975, 661 ua.). Offenbare Gesetzwidrigkeit kann schon begrifflich nicht vorliegen, wenn es sich um eine Ermessensentscheidung handelt (SZ 49/76, NZ 1982, 142 ua.).

Im vorliegenden Fall wurden die beiden angefochtenen Beschlüsse auf Grund einer eingehenden Untersuchung des Geisteszustandes der Betroffenen gefällt. Hiebei gelangten die Vorinstanzen zu dem Ergebnis, daß die Betroffene unbelehrbar an fixen Vorstellungen über ihre Mietrechte festhält, sodaß sie bezüglich der Mietzinszahlungen zu Handlungen neigt, die ihre Mietrechte gefährden würden. Dem kann nur durch die Bestellung eines Sachwalters und durch die Ermächtigung des Sachwalters, die Pension in Empfang zu nehmen, um damit die Mietzinse zu begleichen, begegnet werden. Soweit sich die Revisionsrekurse gegen diese Feststellungen wenden, sind sie nicht zulässig, weil hier eine Bekämpfung vorinstanzlicher Feststellungen versucht wird.

Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die einer Person bezüglich derer ein Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet wurde, gehörenden Wertsachen von dessen Sachwalter oder von ihm selbst zu verwahren sind, kann ebensowenig eine offenbare Gesetzwidrigkeit begründen (vgl. 5 Ob 778/81, 7 Ob 613/83 zu der in diesem Punkt gleichgelagerten seinerzeitigen Entmündigungsordnung), wie die Frage, in welchem Umfang dem Betroffenen Beträge aus einem Vermögen laufend zur Verfügung zu stellen sind (8 Ob 530/86). Hier handelt es sich um Fragen, die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt sind, sodaß diesbezüglich die Annahme einer offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht in Betracht kommt.

Mangels eines zulässigen Anfechtungsgrundes waren demnach die Revisionsrekurse zurückzuweisen.