JudikaturJustiz7Ob561/95

7Ob561/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Oktober 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr. Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter A*****, vertreten durch Dr.Edmund Pointinger, Rechtsanwalt in Bad Hall, wider die beklagte Partei Emilie A*****, vertreten durch Dr.Peter Pfarl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen S 1,627.333,33 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 7.März 1995, GZ 2 R 228/94-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 26.Juli 1994, GZ 4 Cg 45/94-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil einschließlich des unangefochtenen und des bestätigten Teiles insgesamt lautet:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 133.333,33 samt 4 % Zinsen seit 1.5.1991 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

2. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei S 1,291.333,33 samt 4 % Zinsen seit 1.5.1991 bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ 11 Grundbuch ***** W***** bestehend aus dem Grundstück 226 Baufläche (Haus T*****) binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 202.666,67 samt 5 % Zinsen seit 1.5.1991 sowie auf Zahlung des Betrages von 1,291.333,33 S bei sonstiger Exekution ohne Beschränkung auf die Liegenschaft EZ 11 Grundbuch ***** W***** wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die in allen Instanzen mit insgesamt S 218.895,20 (darin enthalten S 17.564,20 Umsatzsteuer und S 113.510,- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 17.10.1946 geborene Kläger ist das einzige, aus der ersten Ehe des am 5.4.1991 kurz vor Vollendung des 67.Lebensjahres verstorbenen Josef A*****. Die Beklagte war dessen zweite Ehefrau, mit der er seit 26.9.1963 verheiratet war. Josef A***** setzte die Beklagte mit seinem Testament vom 26.2.1976, das am 30.4.1991 im Verlassenschaftsverfahren kundgemacht wurde, zur Universalerbin ein. Der Kläger wurde auf den Pflichtteil gesetzt.

Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 30.5.1989 schenkte Josef A***** die bis dahin ihm gehörende Liegenschaft EZ 403 Grundbuch ***** B***** (Haus S*****) der Beklagten. Nach dem Inhalt des Schenkungsvertrages wurde "als bescheidene Gegenleistung für diese Schenkung die Forderung, welche die Geschenknehmerin gegenüber ihrem Ehegatten aus der Verlassenschaft nach Josefine K***** durch Zurverfügungstellung von Geldmitteln in der Höhe von S 200.000 hat, verrechnet, womit diese Forderung erloschen ist." Weiters behielt sich Josef A***** auf seine Lebensdauer das Recht auf den unentgeltlichen Fruchtgenuß vor. Der Verkehrswert dieser Liegenschaft wurde im Verlassenschaftsverfahren mit S 600.000 ermittelt.

Mit Notariatsakt vom 23.11.1989 errichteten Josef A***** und die Beklagte über die bis dahin Josef A***** allein gehörende Liegenschaft EZ 11 Grundbuch ***** W***** bestehend aus dem 645 m2 großen Grundstück 226 Baufläche (Haus T*****) einen "als Gütergemeinschaftsvertrag" bezeichneten Vertrag, wodurch die Beklagte grundbücherliches Eigentum an einer ideellen Hälfte dieser Liegenschaft erwarb. Der Verkehrswert der Liegenschaft wurde im Verlassenschaftsverfahren mit S 8,156.000 ermittelt, derjenige einer Liegenschaftshälfte (unter Abzug einer 5 %igen Sonderabschlages von S 204.000 wegen eingeschränkter Verfügungsmacht bei anteiligen Rechten) mit S 3,874.000.

In dem im Verlassenschaftsverfahren am 13.1.1994 errichteten, mit rechtskräftigem Beschluß vom 24.2.1994 zu Gericht angenommenen Hauptinventar ist die B***** Liegenschaft überhaupt nicht und die W***** Liegenschaft (deren Hälfte) mit S 3,874.000 als Aktivum enthalten. Der Reinnachlaß ist mit S 3,268.790,16 ausgewiesen. Mit rechtskräftigem Beschluß vom 16.5.1994 wurde der Nachlaß der Beklagten, die eine bedingte Erbserklärung abgegeben hatte, zur Gänze eingeantwortet. Hinsichtlich des "gemeinen Nachlaßpflichtteils" haben sich die Parteien im wesentlichen verglichen; wegen eines geringfügigen Restbetrages ist beim Bezirksgericht W***** ein Rechtsstreit anhängig. Weiters ist zwischen den Parteien ein Rechtsstreit vor dem Landesgericht W***** anhängig, in dem der Kläger mittels Stufenklage Anspruch auf Beteiligung an dem Gewinn erhebt, den die erblasserische Hälfte der W***** Liegenschaft im Zeitraum vom 6.4.1991 bis 24.2.1994 abgeworfen haben soll.

Die Beklagte war vor ihrer Heirat mit Josef A***** bei diesem als Serviererin beschäftigt und danach als "mitarbeitende Ehefrau" tätig, ohne selbst pensionsversichert zu sein. Anläßlich der Eheschließung ließ sie sich ihre Versicherungszeiten aus unselbständiger Erwerbstätigkeit auszahlen. Josef A***** betrieb damals im Haus W***** ein Gasthaus. Die Beklagte arbeitete sowohl im Haushalt als auch in der Gastwirtschaft, wo sie Gäste bediente und in der Küche tätig war. Ab 1969 übernahm sie es, bei Veranstaltungen in der nahe gelegenen Turnhalle, wie bei Bällen oder Festen, das Buffet zu führen. Diese Tätigkeit fiel hauptsächlich in der Ballsaison an, in der etwa einmal wöchentlich solche Veranstaltungen stattfanden. Weiters führte sie ab 1970 den sogenannten R*****-Pavillon am Messegelände. Es handelte sich dabei um ein Gasthaus, das nur während der W***** Messe, also einmal jährlich, für 10 Tage geöffnet war. Die Gewerbeberechtigung lautete jeweils auf Josef A*****, der sich um den Wareneinkauf und die Buchhaltung kümmerte.

Im Jahr 1973 erwarb die Beklagte selbst eine Gewerbeberechtigung. Sie führte ab nun das Buffet in der Turnhalle sowie den "R*****-Pavillon" im eigenen Namen. Darüber hinaus pachtete sie noch im selben Jahr das Kur-Cafe in B*****, wobei sie dem früheren Betreiber das Inventar ablöste, wofür sie einen Kredit aufnahm, den sie in der Folge aus eigenem abstattete. In der Zeit zwischen 1978 und 1982 hatte sie zusätzlich das Hallenbadbuffet in B***** in Pacht. 1982 übernahm sie die Betreuung des B***** Theater-Cafes, welches etwa 20mal jährlich und während der B***** Operetten-Festspiele geöffnet hat. Mit diesen B***** Betrieben hatte Josef A***** nur insoweit zu tun, als er die Buchhaltung erledigte. Nachdem die Beklagte bereits 1980 den R*****-Pavillon aufgegeben hatte, stellte sie 1984 auch die gastronomische Betreuung der Veranstaltungen in der Turnhalle ein. 1986 gab sie auch noch das Kur-Cafe in B***** auf, so daß sie seither nur noch das dortige Theater-Cafe führt.

Das von Josef A***** in der Traungasse 8 in Wels betriebene Gasthaus namens "S*****" wurde etwa 1968 geschlossen. Damals wurde der Keller des Gebäudes in der Absicht ausgebaut, um dort ein Restaurant einzurichten. Dieses Vorhaben zerschlug sich jedoch. Der Keller wurde stattdessen ab 1970 als Diskothek vermietet. Im Erdgeschoß des Hauses wurde damals ein Tagesbuffet eingerichtet, das Josef A***** mit Hilfe einer Angestellten selbst führte. Als er 1982 in Pension ging, betrieb die Beklagte dieses Tagesbuffet bis 1988 weiter. Im Jahre 1988 mußte sie der Angestellten die gesetzliche Abfertigung auszahlen. Anschließend war das Buffet bis 1992 verpachtet. Dann wurde es aufgelassen. Die Räumlichkeit wurde einem im Haus befindlichen Geschäftslokal zur Erweiterung überlassen.

Das Haus T***** liegt im Altstadtbereich von W***** und ist mehrere Jahrhunderte alt. Als die Beklagte 1963 den Erblasser heiratete, war es stark sanierungs- und modernisierungsbedürftig. Es verfügte weder über Fließwasser noch über eine Zentralheizung. Stattdessen waren ein Ziehbrunnen im Arkadenhof und Einzelöfen vorhanden. Die Toiletten bestanden in "Fallklosetts". Die nicht in Eigennutzung stehenden Räumlichkeiten waren an Mieter vergeben, deren Mietzinsleistungen keine wirtschaftliche Bedeutung, sondern nur Sympolcharakter hatte. Im Lauf der folgenden fast drei Jahrzehnte nahmen die Ehegatten A***** nach und nach eine grundlegende Umgestaltung und Verbesserung des Gebäudes vor. Abgesehen von einer Kleinwohnung wurden alle vorhandenen Räume hergerichtet und zusätzlich der Keller (1968) sowie der Dachboden (Ende der 60er-Jahre) ausgebaut. Die Beklagte legte bei den Umbauarbeiten auch selbst Hand an. Die Investitionen erforderten Geldmittel im Ausmaß von etlichen Millionen Schilling, die zu einem nicht näher feststellbaren Teil auch aus den Einkünften der Beklagten stammten. Die Ehegatten A***** hatten zwar steuerlich jeweils ein eigenes Einkommen und auch getrennte Konten, nahmen es aber intern im Hinblick auf ihr gutes Einvernehmen nicht so genau damit, wem welche Gelder gehörten und wer welche Auslagen bestritt, sondern betrachteten alles als ihren gemeinsamen Besitz.

Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers verfügte der im Haus T***** in W***** geführte Beherbergungsbetrieb über 15 Zimmer. 7 Zimmer werden aber nun nicht mehr im Rahmen des Beherbergungsgewerbes, sondern außerhalb desselben vermietet, um gewerbebehördlichen Auflagen zu entgehen. Von den sieben weiteren Wohnungen im Haus sind ebenfalls fünf Wohnungen vermietet. Die restlichen beiden Wohnungen werden von der Beklagten sowie von einem Sohn des Klägers benützt. Weiters sind noch zwei Geschäftslokale im Erdgeschoß und die Diskothek im Keller vermietet. Die Einnahmen aus Beherbergung und Vermietung bezog Josef A***** bis zu seinem Tod. Um die Besorgung der Gästezimmer hatte sich aber immer die Beklagte gekümmert. Derzeit machen die gesamten Mieteinnahmen vor Abzug der Steuern und Betriebsausgaben durchschnittlich S 60.000 bis S 70.000 monatlich aus.

Die Beklagte erwarb 1972 aus eigenen finanziellen Mitteln eine aufgelassene Schottergrube in Sipbachzell (EZ 170 Grundbuch ***** S*****), auf deren Areal sie nach Zukauf eines weiteren Grundstückes ein ebenerdiges, unterkellertes Haus (L*****) mit einer Wohnfläche von etwa 100 m2 errichtete. Dieses Haus wurde von den Ehegatten A***** als Wochenenddomizil genutzt und auch einige Male für zwei oder drei Wochen an Urlaubsgäste vermietet. Ferner kaufte die Beklagte 1976 und 1986 von ihren Einkünften jeweils eine Eigentumswohnung in B*****, nämlich im Haus F***** und im Haus L*****. Neben ihrem Liegenschaftsvermögen verfügt die Beklagte - abgesehen von den Mieteinnahmen des Hauses T***** in W***** - nur noch über ein eigenes Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit aus dem sporadischen Betrieb des B***** Theater-Cafes. Die Witwenpension nach Josef A***** beläuft sich ohne Einrechnung von Sonderzahlungen auf rund S 3.200 netto monatlich. Ihre eigene Pension wird nicht sehr hoch ausfallen, weil sie bisher nur rund 20 Versicherungsjahre aufzuweisen hat.

Josef A***** litt seit der Kriegszeit an einem Lungenemphysem. Im Jahr 1985 erlitt er während eines Jugoslawienaufenthaltes einen leichten Gehirnschlag, der aber ohne Folgen blieb. Am 20.3.1989 erlitt er einen Herzinfarkt. Er wurde zunächst eine Woche in der Intensivstation und dann auf der Normalstation des Krankenhauses W***** behandelt. Der anschließende Kuraufenthalt in B***** war ihm zu anstregend, so daß er wiederum in das Krankenhaus zurückkam, das er Ende April oder Anfang Mai 1989 verlassen konnte. Im November 1989 war ein weiterer, bis 15.12.1989 dauernder Krankenhausaufenthalt mit zweiwöchiger Betreuung auf der Intensivstation erforderlich, nachdem sich Lungenbeschwerden eingestellt hatten, die sich auch auf das Herz-Kreislauf-System auswirkten. Während dieses stationären Aufenthaltes wurde am 23.11.1989 vor dem in das Krankenhaus bestellten Notar der "Gütergemeinschaftsvertrag" betreffend die W***** Liegenschaft abgeschlossen, weil Josef A***** dies "stante pede" mit der Begründung wünschte, "damit die Beklagte nicht auf der Straße stehe, wenn mit ihm etwas sein sollte". Danach ließ sich Josef A***** im Bedarfsfall hin und wieder zu Hause Infusionen geben. Bis zu seinem Tod war er dann nur noch einmal, und zwar Ende 1990, im Krankenhaus. In den letzten Lebensmonaten war er bei längeren Spaziergängen auf die Verwendung eines Rollstuhls angewiesen. Josef A***** hatte bereits 1982 anläßlich seiner Pensionierung der Beklagten vorgeschlagen, sie am Haus "anschreiben" zu lassen. Dazu kam es aber nicht, weil es der Beklagten damals weder opportun noch notwendig erschien.

Der Kläger blieb nach der ungefähr im Jahr 1960 erfolgten Scheidung seiner Eltern beim Vater, bei dem er auch als Gastronomielehrling beschäftigt war. Er wohnte mit einer Unterbrechung von 1975 bis 1978, als er in der Eigentumswohnung der Beklagten am F***** in B***** lebte, bis in die 80er-Jahre hinein im Haus T*****. Ab etwa 1985 war allerdings sein ursprünglich gutes Verhältnis zum Vater und zur Beklagten infolge von Meinungsverschiedenheiten getrübt und von zunehmender Entfremdung gekennzeichnet, so daß schließlich kein persönlicher Kontakt mehr bestand. Um den 6.12.1989 besuchte der Kläger seinen Vater auf der Intensivstation, nachdem er telefonisch von dessen schlechtem Gesundheitszustand verständigt worden war. In der Folge kam es nur mehr einmal zu einem Zusammentreffen zwischen dem Kläger und seinem Vater, als nämlich Josef A***** im Sommer 1990 den Kläger in B***** besuchte. Der Kläger war weder über den Schenkungsvertrag noch über den "Gütergemeinschaftsvertrag" noch darüber informiert, wem sein Vater den vorhandenen Besitz im Erbweg zugedacht hatte. Er hatte auch keinen Einblick in den Umfang, in die Zuordnung und in die Verwendung der Einnahmen aus den verschiedenen Gastbetrieben.

Der Kläger begehrte von der Beklagten S 1,627.333,33 samt 4 % Zinsen seit 1.5.1991 aus dem Titel der Pflichtteilserhöhung wegen erfolgter Schenkungen. Es sei nicht nur die Schenkung der Liegenschaft EZ ***** KG B*****, sondern auch die Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ ***** KG W***** in Anschlag zu bringen. Die diesbezügliche Errichtung einer Gütergemeinschaft sei nur zu dem Zweck erfolgt, um den Kläger zu benachteiligen, zumal auf Grund der fortgeschrittenen Krankheit des Erblassers mit dessen baldigem Ableben zu rechnen gewesen sei. Die Beklagte sei bereits Eigentümerin verschiedener Grundstücke samt Häusern und Eigentumswohnungen gewesen, so daß ein ehelicher Versorgungsgedanke ausscheide. Es liege ein Scheingeschäft vor. Der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung bestehe in einem Drittel vom Schätzwert der Liegenschaft EZ ***** KG B***** von S 600.000 und vom Schätzwert der Liegenschaft EZ ***** der KG W***** von S 8,156.000 abzüglich des im Inventar berücksichtigten Wertes der Liegenschaftshälfte von S 3,874.000, somit in einem Drittel von insgesamt S 4,882.000. Die Fälligkeit des Anspruches sei mit der Testamentskundmachung am 1.5.1991 eingetreten.

Die Beklagte beantragte die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens. Eine Gütergemeinschaft könne nach der Rechtsprechung niemals eine Schenkung sein. Der Vertragszweck sei die Versorgung der Klägerin und die Abgeltung für die von ihr unentgeltlich erbrachten Leistungen gewesen. Im Zeitpunkt der Errichtung der Gütergemeinschaft sei keineswegs mit dem baldigen Ableben des Erblassers zu rechnen gewesen. Überdies sei die Anspruchsberechnung unrichtig, weil nur der Wert der Liegenschaftshälfte, also mit einem 5 %igen Abschlag vom arithmetischen Mittel des Schätzwertes der gesamten Liegenschaft, zu veranschlagen sei. Für die Liegenschaft in B***** habe die Klägerin derart hohe Aufwendungen getragen, daß insoweit überhaupt keine Schenkung anzunehmen sei.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger S 133.333,33 samt 4 % Zinsen seit 1.5.1991 zu zahlen, und wies das Mehrbegehren von S 1,494.000 sA ab. Hinsichtlich der Liegenschaft in B***** liege mit Rücksicht auf die von der Beklagten erbrachte Gegenleistung von S 200.000 eine gemischte Schenkung vor. Der Schenkungspflichtteil in Höhe eines Drittels sei somit von S 400.000 zu berechnen. Das Fruchtgenußrecht des Josef A***** sei mit dessen Tod erloschen und daher nicht zu berücksichtigen. Es lägen massive Anhaltspunkte dafür vor, daß die Errichtung der Gütergemeinschaft nicht die Verkürzung der Pflichtteilsansprüche des Klägers bezweckte, sondern einerseits eine angemessene Abgeltung der von der Beklagten in nahezu 30 Ehejahren erbrachten Arbeitsleistungen und andererseits die Sicherstellung ihrer Versorgung in der Form, daß ihr der bisherige Lebensstandard erhalten bleibe. Die Krankheit des Klägers habe hiezu offensichtlich nur den letzten Anlaß gegeben, der Beklagten den ihr längst gebührenden Anteil am Haus in W***** zu übertragen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das - nur in seinem abweisenden Teil bekämpfte - Urteil des Erstgerichtes. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte aus, daß die vom Erblasser schon 1982 ins Auge gefaßte, letztlich aber erst mit dem Vertrag über die Gütergemeinschaft realisierte Übertragung der Liegenschaftshälfte nicht nur in Versorgungsabsicht, sondern auch in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht im Sinn des § 98 ABGB, jedenfalls aber in Erfüllung einer sittlichen Pflicht im Sinn des § 785 Abs 3 ABGB für alle von der Beklagten erbrachten Leistungen zur Sanierung und Erhaltung des Hauses in W***** und zum Betrieb des darin geführten Unternehmens, welche weit über die eheliche Beistandspflicht hinausgegangen seien, erfolgt sei. Demnach sei die Absicht des Erblassers offenkundig, eine Regelung der vermögensrechtlichen Lage der Klägerin im Zusammenhang mit der Ehe durchzuführen. Dies lasse § 1217 ABGB für einen Ehepakt genügen. Die Feststellung des Erstgerichtes über die Gegenleistung der Beklagten betreffend die B***** Liegenschaft sei entgegen der Ansicht der Berufung des Klägers nicht "überschießend", weil das Erstgericht alle für den Wert der Schenkung relevanten Umstände zu ermitteln gehabt habe.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der Frage, inwieweit das Vorliegen eines Ehepaktes eine Schenkung im Sinn des § 785 Abs 1 ABGB ausschließe, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes aus jüngerer Zeit nicht vorliege und die ältere Judikatur in der Lehre nicht unwidersprochen geblieben sei.

Die Revision des Klägers ist zulässig und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision rügt zunächst, daß die Untergerichte die Gegenleistung der Beklagten in Höhe von S 200.000 für den Erhalt der Liegenschaft in B***** berücksichtigt hätten, obwohl die diesbezügliche Feststellung im Vorbringen der Parteien keine Deckung finde. Diese Behauptung ist jedoch unrichtig, weil die Beklagte ausdrücklich vorgebracht hat, "hohe Aufwendungen" auf die Liegenschaft gehabt zu haben, weshalb (überhaupt) keine Schenkung vorliege. Da sich die festgestellte Gegenleistung aus einer vom Kläger selbst vorgelegten, unbestrittenen Urkunde ergibt und zudem im Vorbringen der Beklagten, etwas für die Liegenschaft aufgewendet zu haben, Deckung findet, liegt insoweit weder eine überschießende noch eine durch das Beweisergebnis nicht gedeckte Feststellung vor.

Dafür, daß der als Gütergemeinschaftsvertrag bezeichnete Vertrag ein Scheingeschäft darstellen sollte, daß also die Rechtsfolge der Eigentumsübertragung an der Liegenschaftshälfte nach dem Willen der Vertragsparteien gar nicht ausgelöst werden sollte, bietet der Akteninhalt keinerlei Anhaltspunkte. Der Einwand des Scheingeschäftes ist schon deshalb verfehlt, weil der Kläger ja selbst von der wirksamen Eigentumsübertragung an die Beklagte ausgeht. Dem Kläger ist allerdings dahin beizupflichten, daß die bloße Wahl der Bezeichnung des Vertrages (als Gütergemeinschaftsvertrag) und der Vertragsform (Notariatsakt) noch keineswegs zur Unterstellung des Rechtsgeschäftes unter den der Bezeichnung und Form entsprechenden Vertragstyp zwingt. Die Bezeichnung eines Vertrages durch die Parteien ist jedenfalls dann für die rechtliche Beurteilung nicht entscheidend, wenn ein mit der Bezeichnung nicht in Einklang zu bringender Vertragsinhalt und eine auf diesen gerichtete Parteienabsicht festgestellt sind (Rummel in Rummel Rz 6 zu § 914 ABGB mwN).

Es ist daher, wie die Vorinstanzen insoweit zutreffend erkannt haben, zu prüfen, ob der zwischen dem Erblasser und der Beklagten geschlossene "Gütergemeinschaftsvertrag" gerade jene Elemente enthält, die für die Beurteilung einer Gütergemeinschaft unter Lebenden maßgebend sind. Rechtsprechung und Lehre definieren Ehepakte als Verträge zur Regelung der Vermögensverhältnisse zwischen Ehegatten, durch die der gesetzliche Güterstand ersetzt oder modifiziert wird, ohne daß einer der im Gesetz bei den Ehepakten genannten Vertragstypen vereinbart werden müßte (EvBl 1977, 141 ua; Koziol-Welser9 II, 209 mwN). Die Definition des § 1217 ABGB besagt lediglich, daß von der Ehe unabhängige Geschäfte ausscheiden. Es fehlt die güterrechtliche Natur, wenn der Hauptzweck des Vertrages bloß eine Vermögensverschiebung zwischen den Parteien herbeiführt, für welche der Bestand der Ehe bloß Anlaß oder Bedingung ist (Koziol-Welser aaO; 5 Ob 777/78 = EFSlg 34.245; Welser in GesRZ 1976, 34 ff mwN). Ehepakte müssen zwar nicht immer das ganze Vermögen betreffen (RZ 1965, 83 mwN). Die Vereinbarung muß jedoch den Güterstand zwischen den Ehegatten im allgemeinen regeln, was dann nicht der Fall ist, wenn nur ein beschränkter wirtschaftlicher Zweck erreicht werden soll (EvBl 1977, 141; 4 Ob 1594/92). Es kommt auf die Absicht der Parteien an, das eheliche Güterrecht, also die vermögensrechtlichen Verhältnisse, die sich als eine Folge der Ehe darstellen, zu ordnen (RZ 1981/47). Der Vertrag muß eine umfassende Regelung der wirtschaftlichen Seite gerade der Ehe darstellen (Welser aaO in GesRZ, 35).

Auch der Versorgungszweck spricht für den Ehepakt. Entgegen älteren Entscheidungen (RZ 1961, 121 = EvBl 1961/225 und insbesondere EvBl 1973/32) ist jedoch der Kritik F.Bydlinskis in JBl 1973, 34 f zu folgen, der mit zutreffender Begründung darlegt, daß die Versorgungsabsicht allein nicht ausreicht, um Gütergemeinschaft zu bejahen und Schenkungsabsicht jedenfalls zu verneinen (so auch Petrasch in Rummel2 II, Rz 4 zu § 1217 ABGB).

Im vorliegenden Fall ist zwar durch die Übertragung der Liegenschaftshälfte eine finanzielle Besserstellung der Beklagten eingetreten, die insofern auch Versorgungscharakter hat, weil die Beklagte nunmehr bei Bedarf auf diesen Vermögenswert zurückgreifen und die Erträgnisse der gesamten Liegenschaft einkassieren kann. Daß aber die Versorgung der Beklagten zumindest im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages gar kein unmittelbar anstehendes Problem war, zeigt sich allein schon daraus, daß die Einnahmen aus Beherbergung und Vermietung, also die gesamten Erträgnisse der Liegenschaft, auch weiterhin nur vom Erblasser bezogen wurden. Die Übertragung der Liegenschaftshälfte erfolgte auch nicht etwa zu einer Zeit, als die Beklagte ihre sozialversicherungspflichtige Anstellung als Serviererin aufgab und dann längere Zeit hindurch für den Erblasser als "mitarbeitende Ehefrau" ohne sozialversicherungsrechtliche Absicherung tätig war. Als ihr die Liegenschaftshälfte letztlich überschrieben wurde, hatte sie bereits viele Jahre hindurch bewiesen, daß sie sich durch eigene, selbständige Arbeit im Gastgewerbe selbst erhalten kann. Sie hatte auch eigene anrechenbare Pensionszeiten erworben und selbst mehrere Realitäten erwirtschaftet. Sie war Eigentümerin eines Hauses in S***** und zweier Eigentumswohnungen in B***** und seit dem Frühjahr 1989 zudem Eigentümerin eines weiteren Hauses in B*****, das ihr der Erblasser geschenkt hatte. Sie war daher zum Zeitpunkt des "Gütergemeinschaftsvertrages" finanziell sehr gut abgesichert und hatte durch den Erwerb der aufgezeigten Realitäten für die Zeit ihrer Pension bereits hinreichend Vorsorge getroffen. Eine Verschlechterung ihrer Versorgungslage ohne Eingehen einer Gütergemeinschaft war schon deshalb nicht zu befürchten, weil sie, wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, ohnehin keine besonderen Unterhaltsleistungen von ihrem Mann erhielt. Vielmehr unterstützte sie ihrerseits diesen sowohl finanziell als auch durch ihren Arbeitseinsatz in dessen Betrieb. Ihr Lebensstandard erfuhr durch die Übertragung der Liegenschaftshälfte somit zumindest zu Lebzeiten des Erblassers überhaupt keine Änderung. Eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse der Beklagten nach dem Tod des Erblassers gegenüber jenen vor Abschluß des "Gütergemeinschaftsvertrages" war nicht zu befürchten, weil die Beklagte ja schon zu Lebzeiten des Erblassers nicht von dessen Unterhaltsleistungen, sondern von ihrer eigenen Arbeitskraft und von den von ihr erwirtschafteten Einnahmen lebte.

Selbst wenn daher die Absicht bestand, die Versorgung der Beklagten durch die Übertragung der Liegenschaftshälfte nach dem Tod des Erblassers zu verbessern, läßt diese Absicht allein noch keineswegs auf das Zustandekommen einer Gütergemeinschaft des § 1217 ABGB schließen.

Mit der strittigen Vereinbarung wurde auch keineswegs der Güterstand zwischen den Ehepartnern im allgemeinen geregelt. Sie bezog sich nur auf die eine, wenn auch wertvolle Liegenschaft des Mannes, während die übrigen Vermögenswerte der Ehegatten, also insbesondere der relativ umfangreiche Realitätenbesitz der Beklagten, ausdrücklich ausgeklammert wurden. Von einer umfassenden Regelung des ehelichen Güterstandes, wie dies von Lehre und Rechtsprechung für das Vorliegen eines Ehepaktes gefordert wird, kann daher keine Rede sein. Die Änderung im Güterstand der Eheleute erschöpfte sich darin, daß die Beklagte nunmehr Miteigentümerin der vormals im Alleineigentum stehenden Liegenschaft ihres Mannes wurde, ohne daß hiedurch irgendeine Änderung ihrer Versorgungslage zu Lebzeiten des Beklagten eintrat und ohne daß eine besondere Situation die Absicherung der Versorgung der Beklagten verlangt hätte.

Es mag zwar sein, daß die Beklagte gegen ihren Ehemann Ansprüche nach § 98 ABGB stellen hätte können, doch sie hat dies bisher nicht getan. Ein Anspruch auf Übertragung der Liegenschaftshälfte läßt sich aber aus dieser Bestimmung selbst dann nicht ableiten, wenn sich darauf der Betrieb des Ehemannes befunden und die Ehefrau zu dessen Gedeihen beigetragen hat. Es wäre vielmehr ein Geldersatzanspruch geltend zu machen.

Das Argument, daß die Übertragung der Liegenschaftshälfte in Erfüllung einer sittlichen Pflicht im Sinne des § 785 Abs 3 ABGB - insbesondere im Zusammenhang mit § 98 ABGB - erfolgt sei, läßt die Frage unberührt, ob Ehepakt oder Schenkung vorliegt. Fehlen nämlich letztlich die wesentlichen Elemente des Ehepaktes, so wird eine unentgeltliche Zuwendung noch nicht allein deshalb zum Ehepakt, weil der eine Ehepartner den anderen jahrelang durch weit über die Beistandspflicht hinausgehenden Arbeits- und Kapitaleinsatz unterstützt und hiefür keine entsprechende Gegenleistung verlangt hat. Selbst bei Bejahung einer sittlichen Verpflichtung des Erblassers gegenüber der Beklagten, ihr etwas zukommen zu lassen, ist für sie nichts gewonnen, weil § 785 Abs 3 ABGB ausdrücklich anordnet, daß bei der Pflichtteilsberechnung (nur) jene Schenkungen, die in Entsprechung einer sittlichen Pflicht erfolgten, unberücksichtigt bleiben, "die der Erblasser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens" machte. Im vorliegenden Fall wurde jedoch sein Stammvermögen halbiert, so daß diese Bestimmung nicht zum Tragen kommen kann.

Der Pflichtteilsanspruch des Klägers erhöht sich daher auch um ein Drittel des Wertes der Hälfte der Liegenschaft EZ ***** KG W*****, wobei die Heranziehung des im Verlassenschaftsverfahren ermittelten Schätzwertes von den Parteien nicht weiter beanstandet wurde. Zu prüfen bleibt, ob der Wert der ganzen Liegenschaft heranzuziehen und von diesem der bereits im Inventar berücksichtigte Wert der Liegenschaftshälfte abzuziehen ist, wie dies der Kläger wünscht, oder ob das Drittel vom Wert der geschenkten Hälfte der Liegenschaft, der etwas geringer ist als die arithmetische Hälfte, zu berechnen ist. Aus den §§ 785, 794 ABGB geht hervor, daß auf den Wert des Empfangenen abzustellen ist, daß also der Wert der Liegenschaftshälfte, den die Beklagte erhalten hat, zum Nachlaß hinzuzurechnen ist. Da der - unbestrittene - Schätzwert der Liegenschaftshälfte S 3,874.000 beträgt, ist der Ergänzungspflichtteil von diesem Betrag und nicht von S 4,282.000 zu berechnen. Dies ergibt einen Betrag von S 1,291.333,33, der dem Kläger zusätzlich zum bereits zuerkannten Betrag von S 133.333,33 zuzuerkennen ist.

Hiebei war aber zu berücksichtigen, daß das Klagebegehren grundsätzlich auf Zahlung des Ausfalls am Pflichtteil bei Exekution in die geschenkte Sache zu lauten hat und eine Beschränkung in Ansehung des Exekutionsobjekts nur Platz greift, wenn der Beschenkte das Geschenk nicht mehr besitzt. Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Fehlbetrages bei Exekution in den Schenkungsgegenstand anstatt bei Exekution in ihr gesamtes Vermögen stellt kein aliud, sondern ein minus gegenüber dem in der Klage Geforderten dar, so daß die insoweit unrichtige Fassung des Klagebegehrens nicht zur Klagsabweisung, sondern zu einer entsprechenden Modifikation im Urteilsspruch zu führen hatte (JBl 1958, 121; JBl 1988, 377; Schubert in Rummel2 I, Rz 3 zu § 951 ABGB mwN). In die Rechtskraft der Entscheidung des Erstgerichtes, daß die Beklagte dem Kläger S 133.333,33 ohne entsprechende Einschränkung der Exekutionsmöglichkeit auf die geschenkte Sache zu zahlen habe, konnte der Oberste Gerichtshof keinen Einfluß nehmen, so daß es insoweit bei dem vom Erstgericht formulierten Urteilsspruch zu bleiben hatte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich in erster Instanz auf § 43 Abs 2 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auf die §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Da der Kläger im Verhältnis zum zuerkannten Betrag nur mit einem geringfügigen Teil unterlegen ist, waren ihm die gesamten Verfahrenskosten, allerdings auf Basis des obsiegten Betrages zuzuerkennen. Der Schriftsatz vom 6.6.1994, ON 6, war nicht zu honorieren, weil er kein Vorbringen enthält, das nicht auch in der Klage oder in der mündlichen Verhandlung erstattet hätte werden können.

Rechtssätze
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