JudikaturJustiz7Ob4/24z

7Ob4/24z – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. März 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M* T*, 2. J* T*, beide *, vertreten durch Mag. Maximilian Kocher, Rechtsanwalt in Brunn am Gebirge, gegen die beklagte Partei N* AG, *, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und andere, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2023, GZ 3 R 143/23f 19, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 21. August 2023, GZ 25 Cg 25/23h 12, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.591,17 EUR (darin enthalten 431,86 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Erstkläger war bei der Beklagten rechtsschutzversichert; die Zweitklägerin war mitversichert. Die dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zugrunde liegenden „Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz Versicherung (ARB 2007)“ lauten auszugsweise:

Artikel 2

Was gilt als Versicherungsfall und wann gilt er als eingetreten?

[…]

3. In den übrigen Fällen – insbesondere auch […] für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen wegen reiner Vermögensschäden (Artikel 23.2.1. und Artikel 24.2.1.1.) – gilt als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften; der Versicherungsfall gilt in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem eine der genannten Personen begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Bei mehreren Verstößen ist der erste, adäquat ursächliche Verstoß maßgeblich, wobei Verstöße, die länger als ein Jahr vor Versicherungsbeginn zurückliegen, für die Feststellung des Versicherungsfalles außer Betracht bleiben. […]

Artikel 24

Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete

[…]

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Verfahren vor österreichischen Gerichten je nach Vereinbarung

2.1. aus Miet- und Pachtverträgen;

Die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen umfasst auch

2.1.1. die Geltendmachung oder Abwehr von Schadenersatzansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten zwischen Vertragspartnern oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen;

[…]

5. Wartefrist

Für Versicherungsfälle, die vor Ablauf von drei Monaten ab dem vereinbarten Versicherungsbeginn eintreten, besteht kein Versicherungsschutz.

6. Wann verlängert sich der Versicherungsvertrag oder wann endet er vorzeitig?

6.1. Endet der Versicherungsvertrag durch Risikowegfall gem. § 68 Versicherungsvertragsgesetz, umfasst die vereinbarte Deckung nach Pkt. 2.1. auch Versicherungsfälle, die innerhalb von sechs Monaten ab Risikowegfall eintreten.

6.2. Bezieht der Versicherungsnehmer innerhalb von zwölf Monaten ab Risikowegfall an Stelle der bisherigen Mietwohnung eine andere Mietwohnung und wünscht er für diese Ersatzwohnung die Fortsetzung des Vertrages, so besteht für die Ersatzwohnung ohne neuerliche Wartefrist Versicherungsschutz gem. Pkt. 2.1. ab Beginn des Mietvertrages für die Ersatzwohnung, frühestens aber ab Beendigung des Mietvertrages für die ursprünglich versicherte Wohnung.

Für Streitigkeiten aus dem Abschluss des neuen Mietvertrages besteht Versicherungsschutz, wenn der Abschluss frühestens sechs Monate vor Beendigung des alten Mietvertrages erfolgte.“

[2] Die Kläger waren seit 1. 8. 2011 Mieter der Wohnung * (bisherige Wohnung). Am 28. 3. 2021 schlossen sie einen Mietvertrag über die Wohnung *, der am 1. 5. 2021 begann (Ersatzwohnung). Am 29. 3. 2021 kündigten sie den Mietvertrag über die bisherige Wohnung unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist und des Kündigungstermins zum 30. 6. 2021.

[3] Die Kläger begehren die Feststellung, dass ihr die Beklagte Rechtsschutzdeckung für den Schadenfall vom 1. 5. 2021 zu gewähren habe. Sie beabsichtigen ein Vorgehen gegen die Vermieterin der Ersatzwohnung wegen Mängeln, die seit 1. 5. 2021 bestehen würden. Art 24.6.2. ARB 2007 (in Hinkunft: ARB) stelle den nahtlosen Versicherungsschutz beim Wechsel des Bestandobjekts sicher. Die Wendung „ab Beendigung des Mietvertrages für die ursprünglich versicherte Wohnung“ sei daher im Sinne von „ab der Kündigung des Mietvertrages für die ursprünglich versicherte Wohnung“ auszulegen. Andernfalls würde eine für den Versicherungsnehmer unerwartete Deckungslücke bestehen, weil es bei Wohnungswechseln üblich sei, dass sich das Ende des alten und der Beginn des neuen Bestandverhältnisses überlappen. Da die Kläger ihre alte Wohnung bereits am 29. 3. 2021 gekündigt und den neuen Mietvertrag innerhalb der Sechs Monats Frist des zweiten Satzes des Art 24.6.2. ARB geschlossen hätten, habe am 1. 5. 2021 Versicherungsdeckung für die neue Wohnung bestanden. Allfällige Widerspr üche zwischen dem ersten und dem zweiten Satz des Art 24.6.2. ARB gingen zu Lasten der Beklagten.

[4] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Art 24.6.2. ARB unterscheide zwischen einem Versicherungsschutz zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Miet und Pachtverträgen (erster Satz) und einem au f Streitigkeiten aus dem „Abschluss“ eines neuen Mietvertrags beschränkten Versicherungsschutz (zweiter Satz). Der erste Satz wolle einen Versicherungsschutz für zwei nebeneinander bestehende Bestandverhältnisse verhindern. Ende das alte Bestandverhältnis vor dem Beginn des neuen Bestandverhältnisses, so bestehe für das neue Bestandverhältnis ab dessen Beginn Versicherungsschutz. Ende das alte Bestandverhältnis dagegen erst nach dem Beginn des neuen Bestandverhältnisses, setze der Versicherungsschutz für das neue Bestandverhältnis erst mit dem Ende des alten Bestandverhältnisses ein. Eine gleichzeitige Deckung für zwei aufrechte Bestandverhältnisse sei nicht möglich. Der Versicherungsfall sei am 1. 5. 2021 eingetreten, weil die von den Klägern behaupteten Mängel am neuen Bestandobjekt ab diesem Tag vorgelegen seien. Zu diesem Zeitpunkt sei der alte Mietvertrag noch aufrecht gewesen, weshalb keine Versicherungsdeckung bestehe.

[5] D as Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sei der Zweck des Art 24.6.2. ARB, eine Deckungslücke zu verhindern. Bei Wohnungswechseln würden sich das Ende des alten und der Beginn des neuen Bestandverhältnisses üblicherweise überlappen. Typischerweise werde die alte Wohnung während des noch aufrechten alten Bestandverhältnisses geräumt und die zu diesem Zeitpunkt bereits angemietete neue Wohnung bezogen. Unter der „Beendigung“ des ursprünglichen Mietvertrags sei daher dessen Kündigung zu verstehen, die im vorliegenden Fall am 29. 3. 2021 erfolgt sei. Am 1. 5. 2021 habe daher Versicherungsdeckung bestanden.

[6] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer seien zwei Auslegungen des Begriffs der „Beendigung“ möglich. Er könne das Ende des Mietvertrags an sich oder das aktive Tun bezeichnen, dass das Ende herbeiführen soll (die Kündigung). Der Begriff sei folglich undeutlich und zum Nachteil der Beklagten auszulegen (§ 915 zweiter Fall ABGB). Da der Mietvertrag über die alte Wohnung der Kläger am 1. 5. 2021 bereits gekündigt gewesen sei, würden die Voraussetzungen des Art 24.6.2. ARB vorliegen.

[7] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die regelmäßig für eine große Anzahl von Kunden bestimmt und von Bedeutung seien, regelmäßig erhebliche Rechtsfragen aufweise, wenn die Klauseln – wie hier – bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen gewesen seien.

[8] Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, es im klagsabweisenden Sinn abzuändern.

[9] Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

[11] 1. Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt, im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]).

[12] 2. Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen decken wegen der schweren Überschaubarkeit und Kalkulierbarkeit sowie der Größe des Rechtskostenrisikos im gesamten Bereich des privaten wie auch öffentlichen Rechts nur Teilgebiete ab. Eine universelle Gefahrenübernahme, bei der der Versicherer jeden beliebigen Bedarf des Versicherungsnehmers nach Rechtsschutz decken müsse, ist in Österreich nicht gebräuchlich. Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen sind einerseits in die „Gemeinsamen Bestimmungen“ (Art 1 bis 16 ARB) und andererseits in die „Besonderen Bedingungen“ (Art 17 bis 26 ARB) unterteilt. Diese stellen die sogenannten „Rechtsschutzbausteine“ dar, die jeweils die Eigenschaften und Rechtsgebiete, für die Versicherungsschutz besteht, beschreiben (7 Ob 115/19s mwN).

[13] 3. Die Kläger begehren Versicherungsschutz aus dem Rechtsschutzbaustein „Rechtsschutz für Grundstücks eigentum und Miete“ nach Art 24 ARB. Der Versicherungs schutz im Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete stellt auf das Versicherungsobjekt ab, das ist das in der Polizze beschriebene Grundstück (Gebäude, Grundstücksteil). Es handelt sich um einen sogenannten objektbezogenen Rechtsschutz, er schützt das jeweilige vom Versicherungsnehmer im Antrag angegebene und im Versicherungsvertrag näher bezeichnete Objekt in der jeweiligen Eigenschaft des Versicherungsnehmers (7 Ob 115/19s).

[14] 4. Art 24.6. ARB regelt, wann sich der Versicherungsvertrag verlängert und wann er vorzeitig endet.

[15] 4.1 Endet der Versicherungsvertrag durch Risikowegfall gemäß § 68 VersVG umfasst die vereinbarte Deckung nach Pkt 2.1. auch noch Versicherungsfälle, die innerhalb von sechs Monaten ab Risikowegfall eintreten.

[16] Fällt das versicherte Risiko nach dem Beginn der Versicherung weg, weil die Beziehung des Versicherungsnehmers zum versicherten Objekt und damit die Möglichkeit des Gefahreneintritts entfällt, liegt ein Anwendungsfall des § 68 Abs 2 VersVG vor ( Kronsteiner , Die Rechtsschutzversicherung 2 95). Ein Risikowegfall gemäß § 68 Abs 2 VersVG ist – soweit hier interessierend – dann gegeben, wenn das Miet oder Pachtverhältnis endet. Die Bestimmung sieht damit eine Nachdeckung vor, Versicherungsschutz besteht auch für solche Versicherungsfälle, die innerhalb von sechs Monaten nach dem Risikowegfall eintreten (vgl Karauscheck/Waldeck , Rechtsschutzversicherung für Mieter und Vermieter, immo aktuell 2019, 240; Kronsteiner aaO 95).

[17] 4.2 Art 24.6.2. ARB sieht für den Fall, dass der Versicherungsnehmer innerhalb von 12 Monaten ab Risikowegfall an Stelle der bisherigen Mietwohnung eine andere Mietwohnung bezieht und für diese Ersatzwohnung die Fortsetzung des Vertrags wünscht vor, dass für die Ersatzwohnung ohne neuerliche Wartezeit Versicherungsschutz gemäß Pkt 2.1. ab Beginn des Mietvertrags für die Ersatzwohnung, frühestens aber ab Beendigung des Mietvertrags für die ursprünglich versicherte Wohnung besteht. Für Streitigkeiten aus dem Abschluss des neuen Mietvertrags besteht Versicherungsschutz, wenn der Abschluss frühestens sechs Monate vor Beendigung des alten Mietvertrags erfolgte.

[18] 4.2.1 Zutreffend ging das Berufungsgericht davon aus, dass Art 24.6.2. erster Satz ARB insoweit völlig klar voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer innerhalb von 12 Monaten ab dem Risikowegfall (hier Ende des ursprünglichen Mietverhältnisses) an Stelle der bisherigen Mietwohnung eine neue Mietwohnung bezieht und die Fortsetzung des Vertrags für die neue Wohnung wünscht. In diesem Fall besteht Versicherungsschutz – ohne neuerliche Wartefrist – für die neue Wohnung (Ersatzwohnung) ab Beginn des Mietvertrags für die Ersatzwohnung, frühestens ab Beendigung des Mietvertrags für die ursprünglich versicherte Wohnung.

[19] 4.2.2 Nicht geteilt wird die Auslegung des Berufungsgerichts dahin, dass vom durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer unter „Beendigung des Mietvertrages“ auch die Kündigung des Mietverhältnisses verstanden wird. Zum einen wird er als juristischer Laie keine derartige rechtliche Unterscheidung vornehmen, sondern vielmehr die Begriffsfolge „Beendigung des Mietvertrages“ als tatsächliches Ende des Mietverhältnisses und nicht als Erklärung, das Mietverhältnis künftig zu beenden, verstehen. Zum anderen würde das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Beurteilung der „Beendigung“ eines Mietverhältnisses führen, je nachdem ob es wie bei einem unbefristeten Mietverhältnis einer Auflösungserklärung bedarf oder ob es wie ein befristetes bloß durch Zeitablauf endet.

[20] 4.2.3 Art 24.6.2. erster Satz ARB gewährleistet vielmehr unter den genannten Voraussetzungen für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer erkennbar den von ihm gewünschten nahtlosen Übergang des Versicherungsschutzes vom bisherigen Mietobjekt auf das Nachfolgeobjekt.

4.3.1 Art 24.6.2. zweiter Satz ARB stellt – anders als Satz eins – nicht auf den Bezug der neuen Mietwohnung, sondern auf den Abschluss des neuen Mietvertrags ab. Für Streitigkeiten aus dem Abschluss des neuen Mietvertrags sieht er Versicherungsschutz vor, wenn dieser Abschluss frühestens sechs Monate vor Beendigung des alten Mietvertrags erfolgte, und bezieht sich damit auf die Frage des Versicherungsschutzes für das neue Mietobjekt im Fall der sich überschneidenden Mietverhältnisse.

[21] 4.3.2 Gerade, weil der Bestandvertrag für das Ersatzobjekt in der Regel noch während der Nutzung des versicherten Objekts unterzeichnet wird, wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer diese Bestimmung als Sonderregelung dahin verstehen, dass zusätzlich aus dem neuen Mietverhältnis resultierende Streitigkeiten versichert sind, wenn der neue Vertrag innerhalb der genannten Frist vor Beendigung des Altvertrags abgeschlossen wird (vgl Karauscheck/Waldeck aaO). Art 24.6.2. ARB führt daher durch seinen zweiten Satz insoweit zu einer Vorverlagerung des Beginns des Versicherungsschutzes für die Ersatzwohnung.

[22] 4.4 Nicht geteilt wird die Ansicht der Beklagten, Art 24.6.2. ARB bezwecke unmissverständlich keinen Versicherungsschutz für zwei nebeneinander bestehende und aufrechte Bestandverhältnisse. So besteht schon die Nachhaftung nach Art 24.6.1. ARB unabhängig davon, ob Versicherungsschutz auch für eine neue Wohnung nach Art 24.6.2. ARB gewährt werden müsste. Dem Auslegungsergebnis der Beklagten, Art 24.6.2. zweiter Satz ARB betreffe nur die Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die das Zustandekommen des neuen Mietvertrags beeinflussen könnten, also beispielsweise Streitigkeiten über Wurzelmängel, wird nicht näher getreten. Eine derartige Einschränkung lässt sich in keiner Weise aus dem Wortlaut der Bestimmung ableiten.

[23] 5. Überstimmend gehen die Parteien vom Eintritt des Versicherungsfalls gemäß Art 2.3. ARB am 1. 5. 2021 aus. Die Voraussetzungen des Art 24.6.2. erster Satz ARB sind unstrittig erfüllt. Der Versicherungsschutz ging daher auf die neue Wohnung nach Ende des bisherigen Mietverhältnisses am 1. 7. 2021 über. Da nach Art 24.6.2. zweiter Satz ARB der Mietvertragsabschluss für die neue Wohnung (28. 3. 2021) aber innerhalb von sechs Monaten vor dem Ende des bisherigen Mietverhältnisses erfolgte, kam es zur angeführten Vorverlagerung des Versicherungsschutzes, sodass die Beklagte für die beabsichtigte Wahrnehmung der rechtlichen Interessen aus dem neuen Mietverhältnis Deckung zu gewähren hat.

[24] 6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
4
  • RS0112256OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Die Auslegung von AVB's hat sich am Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren, ein Maßstab, der den Kriterien der §§ 914 f ABGB weitgehend entspricht. Unklarheiten sind zu Lasten des Versicherers auszulegen, weil dies die Interessen des Vertrauensschutzes erfordern, der "erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen" muss aber stets beachtet werden. Risikoeinschränkende Klauseln besitzen in dem Maße keine Vertragskraft, als deren Verständnis von einem Versicherungsnehmer ohne juristische Vorbildung nicht erwartet werden kann.

  • RS0050063OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (vgl VR 1992/277; VR 1992/284).

  • RS0017960OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Die nach objektivem Gesichtspunkt als unklar aufzufassenden allgemeinen Versicherungsbedingungen müssen so ausgelegt werden, wie dies der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen. Zu berücksichtigen wäre allerdings in allen Fällen der einem objekten Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der allgemeinen Geschäftsbedingungen (Prölls - Martin VVG 24. Auflage, 24 f).

  • RS0008901OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Allgemeine Vertragsbedingungen sind so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen. Ihre Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen.