JudikaturJustiz7Ob210/98b

7Ob210/98b – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Januar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert H*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei V*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 1,000.000,--, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8. Mai 1998, GZ 1 R 75/98z-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25. Jänner 1998, GZ 1 Cg 39/95t-32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.725,-- (darin enthalten S 3.787,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens in ***** E*****, das er am 1. 5. 1993 von Martin und Anna H***** übernommen hat. Seither ist er hauptberuflich als Landwirt tätig, nachdem er bereits seit 1991 im landwirtschaftlichen Betrieb mitgearbeitet hatte. Er hat mit der beklagten Partei eine Bündelversicherung abgeschlossen, von der unter anderem ein Feuerversicherungsvertrag umfaßt ist. Eine - mit Ausnahme einer günstigeren Prämie - gleichlautende Versicherung hatte bereits mit den Voreigentümern bestanden. Vereinbarungsgemäß sind sämtliche Wohn- und landwirtschaftlichen Gebäude, das landwirtschaftliche Inventar und die Erntefrüchte mit einer Versicherungssumme von S 13,973.000 versichert. Außerdem besteht eine Feuerversicherung für landwirtschaftliche selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Zugmaschinen, Mähdrescher und Vollerntemaschinen unter Einschluß des fix verbundenen Zubehörs und der Sonderausstattung mit einer Haftungserweiterung auf Kabelbrand- und Kurzschlußschäden. Auch der gesamte Viehbestand ist feuerversichert.

Dem Versicherungsvertragsverhältnis wurden folgende, hier maßgebende Versicherungsbedingungen und -klauseln zugrundegelegt:

a) Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung (ABS) idF 1971;

b) Allgemeine Feuerversicherungsbedingungen (AFB) idF 1984;

Zusatzklausel F 654, deren Seite 9 dem Punkt 5. der Zusatzklausel F 601 für die Haus- und Hofversicherung idF 1992 entspricht.

Punkt 5.1.3 der Zusatzklausel F 601 sieht vor, daß Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und deren Treibstoffe weder dauernd noch vorübergehend in Scheunen oder anderen Gebäuden, wo leicht brennbare Stoffe (Heu, Stroh usw) lagern, untergebracht oder als stationäre Antriebsquellen verwendet werden dürfen.

Punkt 5.1.5 der Zusatzklausel F 601 bestimmt, daß der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, die einzulagernden Erntefrüchte, soweit sie zur Selbstentzündung neigen, insbesondere Heu, Grummet oder ähnliches Futtermittel, ausreichend zu trocknen und in den für eine wirksame Brandverhütung erforderlichen Zeitabständen zu beobachten und die Temperatur der Futterstätte zu messen oder messen zu lassen; sobald festgestellt wird, daß die Temperatur im Futterstock 70 Grad Celsius erreicht oder übersteigt, hat der Versicherungsnehmer unverzüglich die Feuerwehr zu verständigen.

Bei Vertragsabschluß wurde über die einzelnen Versicherungsbedingungen nicht gesprochen. Dem Kläger wurden aber zugleich mit der Übersendung der Polizze vom 11. 2. 1994 die Versicherungsbedingungen übersandt.

Landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge waren bereits vor der Übernahme des Hofes durch den Kläger in der Scheune abgestellt gewesen. Beim landwirtschaftlichen Anwesen des Klägers handelte es sich um einen offenen Dreiseithof. Die Westfront bildete der zur Gänze in Holzbauweise ausgeführte Scheunentrakt mit einem Grundriß von 30 x 16

m. Der Scheunen- und Stalltrakt stellte eine Einheit dar. Über die gesamte Länge des Stalles war oberhalb der Betondecke zum Zweck der Isolierung loses Stroh in einer Höhe von etwa 1 m aufgeschüttet.

Am 17. 7. 1994 brach gegen 14 Uhr in der Scheune des Hofes ein Brand aus, durch den die Scheune, der angrenzende Wirtschaftstrakt samt den Stroh- und Futtervorräten und zahlreiche Inventargegenstände, insbesondere Traktoren und landwirtschaftliche Geräte sowie der gesamte Viehbestand zerstört wurden. Durch diesen Brand entstand ein Schaden von insgesamt S 5,600.000.

Im südwestlichen Teil der Scheune war zur Zeit des Brandausbruches Heu und Stroh gelagert. In der Scheune waren vier Fahrzeuge mit Verbrennungskraftmaschinen als Antrieb und Gleichstrombatterien als Startquellen abgestellt, und zwar drei Zugmaschinen in der Nähe des Heustockes und ein Schaufellader in der Nähe von zwei Rundballen Heu ohne Folie und eines sogenannten Sillageballens. Insgesamt waren in diesem Bereich der Scheune ca 350 m3 Heu aus der Ernte 1994 eingelagert. Das Heu lagerte auf einem Grundriß von ca 8 x 4 m mit eine Höhe von ca 10 bis 12 m. Zur Zeit des Brandausbruches herrschte Schönwetter, Windstille und eine Lufttemperatur von ca 30 Grad Celsius. Das zur Zeit des Brandausbruches in der Scheune eingelagerte Erntegut stammte von der Ende Mai/Anfang Juni 1994 eingebrachten Heuernte. Das Heu war von einer damals feuchten Wiese geerntet worden.

Der Kläger hat im Zeitraum zwischen der Ernte und dem Brandausbruch keine Temperaturmessungen am Heustock vorgenommen.

In landwirtschaftlichen Betrieben ist im allgemeinen eine Lagerhöhe des Heustockes von 8 bis 10 m üblich. Erfahrungsgemäß neigt das Heu in einem Zeitraum von etwa sechs Wochen ab der Einbringung nach der Heuernte in erhöhtem Ausmaß zur Selbstentzündung. Ab einer Temperatur von 70 Grad Celsius befindet sich ein Heustock in akut brandgefährdetem Zustand. Mit Sicherheit kommt es zu einem Brandausbruch ab einer Temperatur von 100 Grad Celsius.

Der Heustock des Klägers hatte zum Zeitpunkt des Brandausbruches mit Sicherheit eine höhere Temperatur als 40 bis 50 Grad Celsius. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hatte er jedoch eine Temperatur von 100 Grad Celsius nicht erreicht. Mit geringerer Wahrscheinlichkeit hatte der Heustock vor dem Brandausbruch eine Temperatur von mehr als 70 Grad Celsius. Es bestand wegen der geringen Lagerbreite von 4 m die Möglichkeit, daß die im Inneren des Heustocks entstehende Fermentationswärme über die Seitenflächen des Heustockes abfließen konnte.

Von allen abstrakt möglichen Brandursachen ist die Selbstentzündung des Heus am wahrscheinlichsten, wobei die Fermentationswärme im Heustock mit einem durch die hohen Außentemperaturen verursachten Hitzestau zusammenwirkten. Alle technisch möglichen Kurzschlüsse (Masseschlüsse) an einem in der Scheune und in der Nähe des Heustocks bzw dem Strohballen abgestellten Fahrzeug mit einer Verbrennungskraftmaschine als Antrieb und einer Gleichstrombatterie als Startquelle würden voraussetzen, daß ein Batteriekabel durch Schnittverletzung oder infolge des Durchscheuerns der Isolierung beschädigt worden und darüber hinaus ein Kontakt zwischen der Schadstelle am Kabel und der Fahrzeugkarosse zustandegekommen wäre. Ein Masseschluß durch einen Mangel an der Isolierung des Batteriekabels hätte jedoch nur in einem ganz bestimmten, eng begrenzten Zeitraum unmittelbar nach der Beschädigung der Isolierung während des Betriebes oder unmittelbar nach dem Betrieb des Fahrzeuges eintreten müssen. Da sich die Nutzfahrzeuge vor dem Brandausbruch bereits während eines längeren Zeitraumes außer Betrieb befanden und sich keine Hinweise auf einen längerdauernden Masseschluß ergaben, ist ein Masseschluß an einem dieser Nutzfahrzeuge als Brandursache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

Der Kläger begehrte aufgrund der bestehenden Feuerversicherung S 1 Mio als Teil seines Sachschadens.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt ihre Leistungspflicht, weil der Kläger keine Temperaturmessungen am Heustock durchgeführt und Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in derselben Scheune, in der das Heu lagerte, abgestellt habe. Er habe gegen die betreffenden Obliegenheiten grob fahrlässig verstoßen, den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt und zudem eine Gefahrenerhöhung bewirkt.

Der Kläger hielt diesem Vorbringen insbesondere entgegen, daß für ihn keine Veranlassung zur Temperaturmessung bestanden habe, weil er täglich Heu vom Heustock entnommen und keinerlei Hinweis auf eine Brandgefahr wahrgenommen hatte. Keinesfalls habe er grob fahrlässig gehandelt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe gegen die Sicherheitsvorschriften des Punktes 5.1.5 der Zusatzklausel F 601, die zugleich eine Obliegenheit darstelle, verstoßen. Zudem habe er durch die Unterlassung der Heumessung eine Gefahrenerhöhung herbeigeführt, sodaß dem Kläger als Versicherungsnehmer bereits leichte Fahrlässigkeit schade. Der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis, daß ihn kein Verschulden an der Obliegenheitsverletzung treffe, nicht erbracht, weil die Höhe des Heustockes, die tatsächlichen Temperaturen im Inneren des Heustockes, die Gefahr des Hitzestaus und die Tatsache, daß das Heu von einer feuchten Wiese geerntet worden sei, einen auch nur durchschnittlichen Landwirt veranlassen hätten müssen, regelmäßig Heumessungen vorzunehmen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, daß dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens - stattgegeben wurde. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte zu dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt "klarstellend" aus, daß das in der Scheune gelagerte Heu zwar unbestritten von einer feuchten Wiese geerntet, aber erst nach drei Sommertagen eingebracht worden sei, sodaß demnach die Trocknung der Mahd am Boden erfolgt sei. Dies könne bei einer feuchten Wiese zu keiner 100 %igen Durchtrocknung des Heus führen. Die diesbezügliche Feststellung des Erstgerichtes sei somit dahin zu verstehen, daß in der Scheune noch eine gewisse Nachtrocknung erfolgt sei.

Das Gericht zweiter Instanz trug weiters noch folgende Feststellungen nach: Nach dem Heumeßkalender der Salzburger Landesstelle für Brandverhütung liegt bei einer Temperatur unter 50 Grad Celsius ein normaler Trocknungsverlauf vor. Als bereits gefährlich wird eine Heustocktemperatur im Bereich von 50 bis 60 Grad Celsius angesehen, während bei Temperaturen von 60 bis 70 Grad Celsius bereits alle fünf Stunden die Temperatur des Heustockes gemessen werden sollte. Dem Heumeßkalender ist ferner zu entnehmen, daß ab dem Ende der vierten Woche nur alle sieben Tage die Temperatur des Heustockes zu messen ist.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, daß der Kläger der Obliegenheit zur Messung der Temperatur des Heustockes nicht entsprochen habe. Es falle ihm aber weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last, weil das Heu drei Tage bei warmer Luft und Sonnenschein in freier Natur getrocknet sei, weil die Fermentationswärme beim Heustock wegen der geringen Lagerbreite über die Seitenflächen abfließen habe können und eine allfällige Verpflichtung, mit der Heusonde zu messen, von Woche zu Woche abgenommen habe und ab dem Ende der vierten Woche selbst bei gewissenhafter Vorgangsweise nur noch alle sieben Tage vorzunehmen gewesen sei. Das Unterlassen der Heumessung sei nicht als Gefahrenerhöhung im Sinn des Art 2 ABS anzusehen, stelle doch gerade die Heueinbringung das primäre Risiko dar. Im gegenteiligen Fall wäre es nämlich nicht zu erklären, warum der Versicherer diesem Risiko besondere Bedeutung schenkte und sich veranlaßt sehe, dem Versicherungsnehmer Obliegenheiten aufzuerlegen. Bloß leichte Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers führe daher noch nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers.

Eine Gefahrenerhöhung durch das Abstellen von Maschinen in der mit Heu gefüllten Scheune habe nicht stattgefunden, weil der Versicherungsmakler von dieser Übung Kenntnis gehabt habe. Der Kläger habe die betreffende Obliegenheit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, weil er sich lediglich an die Gewohnheiten seines Vorgängers gehalten habe.

Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht auf eine gesicherte Rechtsprechung stützen habe können.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil Punkt 5.1.5 der Zusatzklausel für die Haus- und Hofversicherung F 601 (bzw F 654) noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes war. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Vorwurf, der Brand sei auf einen Verstoß des Klägers gegen Punkt

5.1.3 der Zusatzklausel F 601, nämlich auf das Abstellen von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren in der Scheune, in der das Heu gelagert worden sei, zurückzuführen, wird in der Revision nicht mehr aufrecht erhalten, sodaß darauf auch nicht weiter einzugehen ist.

Die hier maßgebenden Bestimmungen der ABS lauten:

"Artikel 2: Nach Vertragsabschluß darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrenerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. Erlangt der Versicherungsnehmer Kenntnis davon, daß eine Gefahrenerhöhung ohne sein Wissen oder seinem Willen eingetreten ist, hat er dem Versicherer unverzüglich schriftliche Anzeige zu erstatten (Abs 1).

Tritt nach dem Vertragsabschluß eine Gefahrenerhöhung ein, kann der Versicherer kündigen. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der in Abs 1 genannten Pflichten, ist der Versicherer außerdem nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen von der Verpflichtung zur Leistung frei (Abs 2).

Artikel 3: Verletzt der Versicherungsnehmer gesetzliche, polizeiliche oder vereinbarte Sicherheitsvorschriften oder duldet er ihre Verletzung, kann der Versicherer innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, die Versicherung mit einmonatiger Frist kündigen ... (Abs 1)

Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Schadenfall nach der Verletzung eintritt und die Verletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers beruht. Die Verpflichtung zur Leistung bleibt bestehen, wenn die Verletzung keinen Einfluß auf den Eintritt des Schadenfalles oder auf den Umfang der Entschädigung gehabt hat oder wenn zur Zeit des Schadenfalles trotz Ablaufes der Frist die Kündigung nicht erfolgt war (Abs 2).

Ist mit der Verletzung einer Sicherheitsvorschrift eine Gefahrenerhöhung verbunden, finden die Bestimmungen über die Gefahrenerhöhung Anwendung (Abs 3)".

Punkt 5.1.5 der Zusatzklausel F 601 (Messung der Heutemperatur) stellt eine vereinbarte Obliegenheit dar. Dadurch werden ganz bestimmte Verhaltenspflichten auferlegt, an deren Einhaltung der Versicherer zum Zweck der Verhütung einer Gefahrenerhöhung ein wesentliches Interesse hat. Art 3 Abs 2 der ABS sieht die Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit ausdrücklich für den Fall deren schuldhafter Verletzung vor (vgl VersE 1543).

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Versicherer bloß die objektive Verletzung der Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer zu beweisen, während der Versicherungsnehmer (mangelndes Verschulden oder) einen geringeren Schuldgrad als grobe Fahrlässigkeit und die mangelnde Kausalität im Sinn des Art 3 Abs 2 letzter Satz ABS und der im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 6 Abs 2 letzter Satz VersVG zu beweisen hat (vgl Prölss/Martin, VersVG26, Rz 124 zu § 6 VersVG mwN).

Da feststeht, daß der Kläger keine Temperaturmessungen am Heustock vorgenommen hat, ist die Obliegenheitsverletzung erwiesen.

Auch das Kausalitätserfordernis ist im vorliegenden Fall aus folgenden Erwägungen zu bejahen: Solange die Temperatur des Heus 70 Grad Celsius nicht erreicht, werden vom Versicherungsnehmer in Punkt

5.1.5 der Zusatzklausel F 601 keine weiteren Maßnahmen verlangt. Selbst eine Messung der Heustocktemperatur unmittelbar vor dem Brandausbruch hätte daher den Kläger, falls sie weniger als 70 Grad ergeben hätte, bedingungsgemäß nicht zur Verständigung der Feuerwehr verpflichtet. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist am ehesten eine Temperatur zwischen 50 und 70 Grad Celsius wahrscheinlich. Hätte die Temperatur des eingelagerten Heus 70 Grad Celsius nicht erreicht, so hätten regelmäßige Temperaturmessungen selbst unmittelbar vor dem Brandausbruch auch bei bedingungskonformem Verhalten des Klägers den Brandausbruch für sich allein nicht verhindert. Allerdings obliegt der Kausalitätsgegenbeweis, wie bereits dargestellt, dem Versicherungsnehmer. Der Beweis der fehlenden Kausalität ist strikt zu führen. Es ist nicht etwa nur die Unwahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges darzutun (VersR 1985, 48 ua). Da nach den Feststellungen der Vorinstanzen eine "geringe Wahrscheinlichkeit" besteht, daß der Heuhaufen eine Temperatur von mehr als 70 Grad Celsius hatte, ist allerdings auch diese Variante in die Erwägungen einzubeziehen und davon auszugehen, daß der Kläger den Kausalitätsgegenbeweis nicht erbracht hat.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die Verschuldensfrage geprüft. Das Gericht zweiter Instanz hat ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt, daß bei einem Verstoß gegen eine Obliegenheit im Sinn des § 6 Abs 2 VersVG nicht der Versicherungsfall, sondern nur der Verstoß gegen die vereinbarten Sicherheitsvorschriften qualifiziert schuldhaft herbeigeführt worden sein muß (VersE 1543).

Punkt 5.1.5 der Zusatzklausel F 601 schreibt vor, daß die Beobachtung und die Temperaturmessung "in den für eine wirksame Brandverhütung erforderlichen Zeitabständen" durchzuführen sind. Wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, neigt das Heu in einem Zeitraum von etwa sechs Wochen ab der Einbringung in erhöhtem Ausmaß zur Selbstentzündung. Demgemäß nimmt auch die Häufigkeit der im Heumeßkalender der Salzburger Landesstelle für Brandverhütung empfohlenen Heumessungen mit fortschreitender Zeit nach der Heueinbringung ab und sieht ab der fünften Woche nur mehr eine wöchentliche Messung vor (die als Beilage 2 im Akt erliegende Empfehlung der oberösterreichischen Brandverhütungsstelle für Oberösterreich schlägt überhaupt nur ein regelmäßiges Messen mit der Heusonde in den ersten sechs Wochen und dann überhaupt kein Messen mehr vor). Zur Zeit des Brandausbruches waren seit der Heueinbringung (die bereits Ende Mai oder Anfang Juni erfolgt ist) mindestens sechs Wochen vergangen. Das Heu war vor seiner Einlagerung drei Tage lang in der Sonne getrocknet. Selbst nach den einschlägigen Empfehlungen war daher im hier kritischen Zeitraum eine Heumessung (wenn überhaupt) in einem einwöchigen Abstand ausreichend. Der Kläger konnte auch davon ausgehen, daß wegen der geringen Lagerbreite die im Inneren des Heustockes entstehende Fermentationswärme über die Seitenflächen abfließen kann. Die ersten, besonders kritischen Wochen nach der Einlagerung des Heus waren ohne Zwischenfall verlaufen. Irgendwelche sinnlich wahrnehmbaren Hinweise auf eine mögliche Selbstentzündung sind nicht hervorgekommen. Aller Wahrscheinlichkeit nach war für den Brandausbruch das Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Umstände, insbesondere auch die Witterung, ausschlaggebend. Das Unterlassen der Temperaturmessungen nach dem problemlosen Verstreichen des für eine Selbstentzündung kritischen Zeitraumes ist daher vom Gericht zweiter Instanz zutreffend nicht als grob fahrlässige Verhaltensweise im Sinne der bereits vom Berufungsgericht aufgezeigten Rechtsprechung (VersE 1578 mwN) beurteilt worden.

Zu prüfen bleibt daher die Ansicht der beklagten Partei, der Kläger habe zugleich auch eine Gefahrenerhöhung im Sinn des Art 2 ABS und des § 23 VersVG zu vertreten, die gemäß § 2 Abs 2 ABS bereits bei leicht fahrlässigem Verhalten des Klägers zur Leistungsfreiheit führte.

Der Revision ist zwar insoweit beizupflichten, daß die Ausführungen des Berufungsgerichtes, das "primäre Risiko" sei "die Heueinbringung" gewesen, ungenau sind. Mit der sogenannten primären Risikoumschreibung wird das versicherte Risiko allgemein beschrieben (vgl zum Begriff, Schauer, Versicherungsvertragsrecht3, 146 ff). Im konkreten Fall besteht dieses in den in Art 1 AFB dargestellten "versicherten Gefahren und Schäden", wozu insbesondere auch der dort näher definierte "Brand" zählt (ursächlicher Risikobereich).

Auch läßt sich aus § 32 VersVG ableiten, daß vorbeugende vertragliche Obliegenheiten mit den gesetzlichen Obliegenheiten zur Gefahrenverwaltung im Sinn der §§ 23 ff VersVG miteinander konkurrieren können, wenn der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit verletzt, die der Verhütung einer Gefahrenerhöhung dient (Schauer aaO, 256 und die in FN 171 zitierte Rechtsprechung; Wussow, Feuerversicherung, 376 mwN). Art 3 Abs 3 ABS verweist zudem ausdrücklich auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Gefahrenerhöhung, wenn mit der Verletzung einer Sicherheitsvorschrift eine Gefahrenerhöhung verbunden ist.

Allerdings hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig erkannt, daß das Vorliegen einer die Haftung der Versicherung auch bei leichter Fahrlässigkeit ausschließenden Gefahrenerhöhung zu verneinen ist.

Eine Gefahrenerhöhung liegt vor, wenn sich die bei Vertragsabschluß vorhandenen tatsächlichen Umstände in einer Weise ändern, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlich macht (SZ 50/136; VR 1990, 227 ua). Der Gefährdungsvorgang muß seiner Natur nach geeignet sein, einen neuen Gefahrzustand von so langer Dauer zu schaffen, daß er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadensverlaufes bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalles generell zu fördern geeignet ist (VR 1990/227 mwN). Als Gefahrenerhöhung im aufgezeigten Sinn wäre grundsätzlich die Heulagerung anzusehen, weil die Brandgefahr durch die Möglichkeit der Selbstentzündung beträchtlich steigt.

Aus der Auslegung des Vertrages kann sich aber ergeben, daß bestimmte, für den Versicherer nachteilige Änderungen der Gefahrenlage mitversichert sind (§ 29 Satz 2 VersVG). Solche Gefahrenänderungen bleiben außer Betracht (Schauer, aaO, 238).

Aus Punkt 5.1.5 der Zusatzklausel F 601 ist abzuleiten, daß der Versicherer die Einbringung von Erntefrüchten wie insbesondere auch Heu einkalkulierte und daß die dadurch bewirkte Gefahrenerhöhung nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes führen soll. Als - nicht in diesem Sinn vom Versicherungsschutz umfaßte - Gefahrenerhöhung könnte allerdings angesehen werden, daß der Versicherungsnehmer keinerlei Gegenmaßnahmen ergreift, wenn die Heutemperatur 70 Grad und darüber beträgt, wenn er also den Heuhaufen entgegen der Vorschrift des Punktes 5.1.5, in einem solchen Fall unverzüglich die Feuerwehr zu rufen, in einem akut brandgefährdeten Zustand beläßt.

Die Beweislast für das Vorliegen einer Gefahrenerhöhung trifft den Versicherer (Schauer aaO, 243; VR 1980, 19). Die Feststellungen der Vorinstanzen, daß der Heuhaufen mit Wahrscheinlichkeit eine Temperatur von 70 Grad und darüber nicht erreicht hat, geht daher insoweit zu Lasten des Versicherers. Damit steht nämlich nicht fest, daß der Kläger bei bedingungskonformem Verhalten die Feuerwehr rufen hätte müssen. Nur in letzterem Fall käme aber eine gewillkürte Gefahrenerhöhung durch Unterlassung (vgl Schauer aaO, 240, 241) in Betracht.

Die Gefahrenerhöhung erfordert begrifflich die Herbeiführung eines Zustandes (Wussow aaO, Anm 3 zu § 6 VersVG), während Art 3 ABS ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen verlangt. Der Tatbestand ist insofern ein anderer, als Art 2 ABS die bereits vollendete Herbeiführung der Gefahrenerhöhung selbst voraussetzt, deren vorbeugender Verhinderung die Obliegenheit nach Art 3 ABS, wozu auch Punkt 5.1.5 der Zusatzbedingung F 601 zählt, nur dienen soll. Die Entwicklung der Gefahr befindet sich bei der bloßen Verletzung der Sicherheitsvorschriften gleichsam noch in einem früheren, weniger gefährlichen Stadium als im Fall des § 2 ABS nach vollendeter Gefahrenerhöhung (Wussow, aaO, 376 f zu den vergleichbaren Bestimmungen der §§ 6 und 7 der deutschen AFB 1930).

Der gefährliche Zustand eines Heuhaufens wird nicht durch das Unterlassen der Temperaturmessung, sondern durch das Erreichen einer entsprechend hohen Temperatur herbeigeführt und aufrecht erhalten, wenn dagegen nichts unternommen wird. Die Temperaturmessung soll zwar der Gefahr vorbeugen, daß die gefährliche Temperatur erreicht und nicht erkannt wird und der Zustand des Heuhaufens daher latent gefährlich bleibt. Die Unterlassung der Temperaturmessung schafft aber für sich allein noch nicht den gefährlichen Zustand des Heuhaufens. Temperaturmessungen alleine hätten die Gefahr auch nicht beseitigt.

Da hier, wie bereits ausgeführt wurde, zweifelhaft ist, ob eine Heumessung überhaupt Anlaß geboten hätte, die Feuerwehr zu verständigen, ist der Eintritt einer Gefahrenerhöhung nicht erwiesen.

Es erübrigen sich daher Erwägungen darüber, ob das behauptete Nichtlesen der betreffenden Versicherungsbedingungen einen Verschuldensvorwurf an der Gefahrenerhöhung begründen könnten.

Die zutreffende Entscheidung des Berufungsgerichtes war daher zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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