JudikaturJustiz7Ob183/03t

7Ob183/03t – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irma A*****, vertreten durch Mag. Philipp Casper, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Michael F***** KEG, ***** und 2. Michael F*****, beide vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in Graz, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Parteien Charlotte A*****, vertreten durch Mag. Heinz Kupferschmid, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 9.810,82 samt Anhang, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 26. März 2003, GZ 1 R 42/03w 26, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3. Dezember 2002, GZ 27 C 75/02p 19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Zweitbeklagte ist Komplementär der Erstbeklagten, die Nebenintervenientin ist seit 18. 8. 1995 als Kommanditistin mit einer Vermögenseinlage von S 100.000 im Firmenbuch eingetragen. Im Gesellschaftsvertrag ist unter anderem geregelt, dass "eine Abtretung der Gesellschafterbeteiligung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden an dritte Personen nur mit Zustimmung des jeweils anderen Gesellschafters" möglich sei. Werde über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkursverfahren eröffnet, so werde dies so angesehen, als habe dieser Gesellschafter die Aufkündigung ausgesprochen. Im Gesellschaftsvertrag finden sich keine Regelungen für den Fall einer Aufkündigung der Gesellschaft.

Über das Vermögen der Nebenintervenientin wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 14. 9. 2000 das Konkursverfahren eröffnet und aufgrund der Zustimmung sämtlicher Gläubiger gemäß § 167 KO mit Beschluss vom 3. 10. 2001 aufgehoben.

Der damalige Ehegatte der Kommanditistin Heinz A***** ist Sohn der Klägerin und Hauptmieter der Geschäftsräumlichkeit, in der die Erstbeklagte ein Gastgewerbe betreibt. Er hat keine gesellschaftsrechtliche Stellung bei der Erstbeklagten.

Im Zuge des Scheidungsverfahrens zwischen der Nebenintervenientin und Heinz A***** wurde zuletzt im Jahr 2000 zwischen den jeweiligen Rechtsvertretern besprochen, dass eine Scheidungsfolgenvereinbarung auszuarbeiten sei, gleichzeitig aber eine Generalbereinigung der Ansprüche zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin (diesbezüglich war auch das Verfahren 21 Cg 230/98k beim Landesgericht für ZRS Graz anhängig) erfolgen und die Nebenintervenientin an die Klägerin ihre Gesellschaftsanteile an der Erstbeklagten übertragen sollte. Die Klägerin und die Nebenintervenientin schlossen aber keine schriftliche Vereinbarung hinsichtlich der Übertragung des Kommanditanteils. Im Scheidungsverfahren wurde in der Tagsatzung vom 14. 12. 2000 der Vergleich zwischen den Ehegatten (Heinz A***** und Nebenintervenientin) und auch ein Vergleich zwischen der Nebenintervenientin und der Klägerin im Sinne einer Generalbereinigung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche geschlossen. Dieser Vereinbarung stimmte der Masseverwalter der Nebenintervenientin zu und es wurde die Vereinbarung auch vom Konkursgericht genehmigt. Der Masseverwalter war aber nicht in der Angelegenheit "Übertragung der KEG Anteile" involviert, weil im Konkursverfahren die Verbindlichkeiten der Gläubiger ohnehin aufgrund der vorhandenen Vermögenswerte zu 100 % befriedigt werden konnten.

Da der Zweitbeklagte von der Konkurseröffnung über das Vermögen der Nebenintervenientin nicht informiert war, führte er den Gastgewerbebetrieb wie zuvor weiter und zahlte die Gewinnanteile an den Kommanditisten. Er wurde von der beabsichtigten Übertragung der Kommanditanteile an die Klägerin informiert. Der Zweitbeklagte stimmte dem Umstand, dass nun statt der Nebenintervenientin die Klägerin Kommanditistin sein sollte, nicht ausdrücklich zu. Der Zweitbeklagte zahlte aber die Gewinnanteile ab Jänner 2001 an die Klägerin. Wegen unklarer Rechtslage stellte der Zweitbeklagte auf Anraten seines Anwaltes im September 2001 die Zahlungen ein.

Die Nebenintervenientin ist nach wie vor als Kommanditistin im Firmenbuch eingetragen. Von der Einstellung der Zahlungen an sie hatte sie persönlich keine Kenntnis erlangt, da die kontenmäßige Betreuung durch ihren Steuerberater erfolgt.

Die Klägerin begehrt den Klagsbetrag mit der Begründung, dass ihr dieser Vorausbezug aus Kommanditanteilen an der Erstbeklagten zustehe und sie Kommanditistin der Erstbeklagten sei. Anlässlich des Scheidungsverfahrens zwischen Heinz A***** und der Nebenintervenientin seien der Klägerin die Kommanditanteile übertragen worden. Der Zweitbeklagte sei von Heinz A***** informiert worden. Er sei mit dem Wechsel der Kommanditistin einverstanden gewesen und habe die Gewinnanteile an die Klägerin gezahlt. Darin sei zumindest eine konkludente Zustimmung zur Übertragung der Kommanditanteile und auch ein Fortsetzungsbeschluss hinsichtlich der Erstbeklagten zu sehen, wodurch es nicht zu einer Auflösung der Gesellschaft gekommen sei. Eine konkursgerichtliche Genehmigung der Übertragung sei zufolge der Aufhebung des Konkursverfahrens nicht notwendig gewesen.

Die Beklagten beantragen die Klagsabweisung mit der Begründung, dass die Klägerin nicht Kommanditistin der Erstbeklagten sei. Der Zweitbeklagte sei von der Übertragung der Kommanditanteile weder informiert gewesen, noch habe er seine Zustimmung erteilt. Es fehle die konkursgerichtliche Genehmigung. Der Beklagte habe lediglich versehentlich eine Nichtschuld im Sinne des § 1431 ABGB von Jänner 2001 bis einschließlich Oktober 2001 geleistet. Durch die Konkureröffnung über das Vermögen der Nebenintervenientin sei die Gesellschaft aufgekündigt worden und diese in das Liquidationsstadium getreten, weshalb der Zweitbeklagte auch nicht länger zur Leistung der Vorausgewinne verpflichtet sei.

Die Nebenintervenientin stützt sich darauf, dass sich aus dem Vergleich zwischen der Nebenintervenientin und der Klägerin, worin eine Generalbereinigung der wechselseitigen Ansprüche vereinbart worden sei, eine Übertragung der Anteile nicht ableiten ließe. Diese sei lediglich im Vorfeld der Scheidung "angedacht" worden. Entsprechende Vereinbarungen seien nicht geschlossen worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. Es gelangte ausgehend von seinen Feststellungen zu dem Ergebnis, dass weder ausdrücklich noch konkludent eine Willensübereinstimmung hinsichtlich der Anteilsübertragung zwischen der Klägerin, der Nebenintervenientin und dem Zweitbeklagten zustande gekommen sei und dass der Zweitbeklagte einer Anteilsübertragung nicht zugestimmt habe. Da die Klägerin ihre gesellschaftsrechtliche Stellung mangels Vorliegens eines gültigen Titels bzw zufolge Aufhebung der Gesellschaft nach Konkurseröffnung hinsichtlich des Vermögens der Nebenintervenientin bereits vor der Scheidungstagsatzung nicht nachgewiesen habe, sei die Klage abzuweisen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es behandelte die Beweisrüge unter Hinweis darauf nicht, dass die gerügten Feststellungen nicht entscheidungsrelevant seien. Der "Wechsel der Kommanditanteile" hätte der Genehmigung des Masseverwalters bedurft, um rechtswirksam zu sein. Selbst wenn man von einer Willensübereinstimmung zwischen der Kommanditistin und der Klägerin hinsichtlich der Übertragung der Kommanditanteile ausginge, müsste diese vom Masseverwalter und vom Konkursgericht genehmigt worden sein, was nicht der Fall gewesen sei. Die Vereinbarung wäre daher jedenfalls nicht rechtswirksam, sodass auf die Tatsachen und Beweisrüge nicht einzugehen sei.

Das Berufungsgericht änderte seinen Ausspruch, dass die Revision nicht zulässig sei, über Antrag der Klägerin nach § 508 ZPO dahingehend ab, dass es die Revision für zulässig erklärte. Es sei nicht auszuschließen, dass § 3 KO auf den vorliegenden Fall rechtsirrig angewendet worden sei.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten und die Nebenintervenientin beantragen, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass durch die Konkurseröffnung dem Gemeinschuldner die Verfügung über die Masse entzogen ist. Dies führt aber im Sinne des § 3 KO nicht zu einer allgemeinen Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Gemeinschuldners. Der Gemeinschuldner bleibt vielmehr vollkommen verpflichtungsfähig. Der Gemeinschuldner und der Vertragspartner sind an geschlossene Verträge gebunden. Soweit allerdings die Masse von den Rechtshandlungen des Gemeinschuldners betroffen ist, sind die vom Masseverwalter nicht genehmigten Rechtshandlungen den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam (8 Ob 143/01i, RIS Justiz RS0063784). Von der Konkursaufhebung an sind alle vorher vom Gemeinschuldner vorgenommenen Rechtshandlungen, die nach § 3 KO relativ unwirksam waren, wirksam. Die Unwirksamkeit solcher Rechtshandlungen dauert also nicht über den Konkurs hinaus (8 Ob 143/01i, RIS Justiz RS0063784, RS0063803).

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass ein Fehlen der ausdrücklichen Zustimmung des Masseverwalters zum vorliegenden Rechtsgeschäft dessen Rechtsunwirksamkeit auch noch nach Aufhebung des Konkurses nach sich zöge, kann daher nicht gefolgt werden.

Damit erweist es sich aber als notwendig, die von der Klägerin erhobene Beweisrüge zu behandeln. Es ist nämlich die Tatsachengrundlage abzusichern, um beurteilen zu können, ob der Zweitbeklagte und die Nebenintervenientin nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Nebenintervenientin einen möglicherweise (konkludenten) Fortsetzungsbeschluss gefasst haben und ob die Nebenintervenientin an die Klägerin mit (konkludenter) Zustimmung des Zweitbeklagten den Geschäftsanteil (konkludent) übertragen hat.

Soweit jetzt schon absehbar ist nämlich Folgendes rechtlich relevant:

Auf die eingetragenen Erwerbsgesellschaften sind die Vorschriften des Handelsgesetzbuches und der 4. EVHGB über die Offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft anzuwenden (§ 4 Abs 1 EGG). Gemäß § 131 Z 5 HGB wird die Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn ein Kommanditist in Konkurs verfällt (6 Ob 11/91). Die Gesellschafter können aber die Fortsetzung der Gesellschaft nach Konkurseröffnung beschließen, wodurch die aufgelöste Gesellschaft wieder in eine werbende Gesellschaft rückverwandelt wird (6 Ob 11/91, RIS Justiz RS0014394, Koppensteiner in Straube 3 § 131 HGB, Rz 21 f, Schlegelberger 5 , § 131 HGB Rn 36). Der einhellige Gesellschafterbeschluss kann auch unter Umständen konkludent gefasst werden (6 Ob 21/92, RIS Justiz RS0014394, Koppensteiner aaO mwN). Der Gesellschafterbeschluss muss grundsätzlich einstimmmig gefasst werden (6 Ob 26/97k, Koppensteiner in Straube aaO), wie dies ohnehin im vorliegenden Fall im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. Die Fortsetzung der Gesellschaft unter Einschluss eines in Konkurs verfallenen Kommanditisten erfordert den Beschluss aller Gesellschafter und damit auch die Mitwirkung des Masseverwalters (6 Ob 11/91, Koppensteiner aaO), soweit dies auf die Massegläubiger - wie oben dargelegt - Einfluss haben kann.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften über ihre Geschäftsanteile als Ganzes verfügen können, sofern dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist oder die übrigen Gesellschafter ihre Zustimmung erklären. Diese Transaktion ist kein zweiseitiger Vorgang, der im Austritt des übertragenden und im Eintritt des erwerbenden Kommanditisten besteht, es handelt sich vielmehr um einen Akt der abgeleiteten Einzelrechtsnachfolge durch den erwerbenden Kommanditisten, welcher sich im Innenverhältnis durch die Übertragung der Mitgliedschaft vollzieht. Der neue Kommanditist rückt in die Rechtsstellung des übertragenden Kommanditisten ein (6 Ob 564/90, 1 Ob 536/94 je mwN, RIS Justiz RS0061565; vgl Koppensteiner , aaO, Art 7 Nr 9 - 11, § 124, Rz 16, mwN). Schriftlichkeit ist für die Gültigkeit einer solchen Anteilsübertragung ebensowenig erforderlich wie eine nur deklaratorisch wirkende Eintragung ins Firmenbuch (1 Ob 536/94).

Erst nach Abklärung der Tatsachengrundlage kann eine rechtliche Beurteilung im oben aufgezeigten Sinn erfolgen und beurteilt werden, ob die Klägerin Kommanditistin der Erstbeklagten wurde.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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