JudikaturJustiz7Ob169/14z

7Ob169/14z – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Dezember 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch KS Kiechl Schaffer Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei C*****, vertreten durch Mag. Knuth Bumiller, Rechtsanwalt in Wien, wegen 38.879,54 EUR sA, aus Anlass der Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Juli 2014, GZ 1 R 73/14h 87, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. Jänner 2014, GZ 26 Cg 161/09p 81, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Urteil des Berufungsgerichts wird als nichtig aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten

Text

Begründung:

Der Kläger nahm bei der B***** am 13. 12. 2002 einen Kredit über 12.000 EUR und am 4. 3. 2004 über 36.000 EUR (rückzahlbar in 105 Monatsraten) auf. Zur Besicherung der monatlichen Kreditrückzahlungsraten schloss er gleichzeitig mit dem Kreditvertrag bei der Beklagten eine Ablebensrisikoversicherung und eine Arbeitsunfähigkeits-zusatzversicherung mit einer Versicherungssumme jeweils in der Höhe des Kreditbetrags ab.

Den Versicherungsverträgen lagen die Besonderen Versicherungsbedingungen für die Arbeits-unfähigkeitszusatzversicherung (AUZ) zugrunde. Sie lauten auszugsweise:

„§ 1 Begriffsbestimmungen

...

3. Arbeitsunfähigkeit: Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer während der Dauer des Versicherungsschutzes zumindest 50 % infolge Krankheit oder Körperverletzung außerstande ist, seine bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden könnte und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

4. Karenzzeit: Leistungen werden erstmals erbracht, wenn die Arbeitsunfähigkeit drei Monate ununterbrochen andauert.

...

§ 3 Dauer des Versicherungsschutzes

1. Der Versicherungsschutz beginnt gleichzeitig mit der Hauptversicherung und endet mit Vollendung des 60. Lebensjahres ... spätestens jedoch nach Ablauf von zehn Jahren. ...

§ 5 Einschränkungen und Ausschlüsse der Leistungspflicht

1. Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf die dem Versicherungsnehmer bekannten ernstlichen Erkrankungen*) oder Unfallfolgen, wegen derer er in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes ärztlich beraten oder behandelt wurde. Diese Einschränkung gilt nur, wenn der Versicherungsfall innerhalb der ersten 24 Monate nach Beginn des Versicherungsschutzes eintritt und mit diesen Erkrankungen oder Unfallfolgen in ursächlichem Zusammenhang steht.

*) Ernstliche Erkrankungen sind zB Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufes, der Wirbelsäule und Gelenke, …

...

2.i) Ist der Versicherungsnehmer bei Beginn des Versicherungsschutzes bereits arbeitsunfähig, besteht kein Anspruch auf Versicherungsleistung für diesen Fall der Arbeitsunfähigkeit. ...“

Der Kläger ist Elektroinstallateur und arbeitete zunächst fünf Jahre als Alarmanlagentechniker, danach 15 Jahre als Servicetechniker. Dabei ist eine mittlere körperliche Beanspruchung bei einer überdurchschnittlichen psychischen Belastbarkeit gegeben. Die Arbeitshaltung ist überwiegend stehend und gehend, fallweise auch sitzend. An Zwangshaltungen kommen fallweise über Kopf, vorgebeugt, gebückt, kniend und hockend vor. Gelegentlich sind Leitern und Masten zu besteigen. Es sind überwiegend leichte Hebe- und Trageleistungen zu erbringen, fallweise auch mittelschwere oder schwere. Fallweise herrscht besonderer Zeitdruck. Die Tätigkeit wird hauptsächlich in geschlossenen Räumen ausgeübt. Erschwernisse sind starke Wärmeeinwirkung und Wärmeentwicklung, nicht ständig temperierte Arbeitsräume, Zugluft und starke Schmutzeinwirkung, Kälte und Hitzeexposition. Es besteht Wechseldienst und teilweise auch Rufbereitschaft.

Der Kläger leidet seit 2004 an mehreren ernsthaften Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, (insbesondere Lendenwirbelsäule). Das führt zu einer Einschränkung der Leistungs und Arbeitsfähigkeit. Dem Kläger ist nur mehr leichte, fallweise mittelschwere Arbeit möglich. Er kann nicht mehr unter Zeitdruck und an exponierten oder erhöhten Stellen arbeiten. Einwirkungen von Nässe und Kälte oder Winterwetter sowie Zwangshaltungen sind ihm nicht mehr möglich. Er kann im Freien nur mehr im Sommer arbeiten und keine Nachtschicht oder Wechselschichtarbeit verrichten. Aus orthopädischer Sicht besteht beim Kläger keine allgemeine Berufsunfähigkeit, es ist ihm aber nicht mehr möglich, seine bisherige Tätigkeit auszuüben. Selbst bei einer erfolgreichen Operation an der Lendenwirbelsäule könnte die Erkrankung nicht beseitigt werden. Er könnte seinen bisherigen Beruf auch dann nicht mehr regelmäßig ausüben. Aus berufskundlicher Sicht ist der Kläger mit dem jetzigen Leistungskalkül nicht mehr arbeitsfähig und nicht verweisbar. Selbst nach einer Operation bestünde für den Kläger keine Möglichkeit, eine vergleichbare Berufstätigkeit auszuüben. Es ist dem Kläger ohne längerfristige Umschulungsmaßnahmen von zumindest einem Jahr, zu denen er aber gesundheitlich auch nach Durchführung einer erfolgreichen Operation nicht in der Lage wäre nicht möglich, eine vergleichbare oder ähnliche Tätigkeit aufzunehmen.

Der Kläger war vom 15. 11. 2004 bis zu seiner Pensionierung gemäß § 14 Abs 1 BDG 1979 wegen dauernder Dienstunfähigkeit zum 1. 12. 2006 im Krankenstand.

Für den Zeitraum 1. 3. 2005 bis 28. 2. 2006 erbrachte die Beklagte die vereinbarten Versicherungs-leistungen, stellte jedoch danach die Zahlungen ein. Aufgrund des Entlassungsberichts eines Rehabilitationszentrums und der Untersuchung des Klägers durch ihren Vertrauensarzt war sie der Ansicht, dass der Kläger nicht mehr arbeitsunfähig sei.

Der Kläger beglich zunächst die Kreditraten in der Höhe von insgesamt 13.892,47 EUR aus eigenem Vermögen.

Am 31. 8. 2006 stockte der Kläger den Kreditvertrag vom 4. 3. 2004 um 8.000 EUR auf, wobei keine Erhöhung der Kreditraten vorgenommen wurde, sondern nur die Laufzeit bis 1. 3. 2015 verlängert wurde. Die Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung wurde durch Prämienerhöhung angepasst.

Wegen der mit der Versetzung in den Ruhestand einhergehenden Einkommenskürzungen konnte der Kläger die Kreditraten nicht mehr bedienen, sodass er Anfang Oktober 2007 einen weiteren Kredit aufnahm.

Dem Kläger wurden von Juli 2006 bis Dezember 2012 Kreditraten in der Höhe von insgesamt 38.317,15 EUR von der B***** vorgeschrieben, die sich aufgrund der vereinbarten Zinsanpassung sukzessive erhöhten.

Der Kläger begehrt die Zahlung von 38.879,54 EUR sA. Er sei seit spätestens November 2004 aufgrund seiner Wirbelsäulenprobleme zumindest zu 50 % an der Ausübung bisheriger und artverwandter Tätigkeiten gehindert. Er sei damit im Sinn der AUZ arbeitsunfähig. Die Beklagte habe für den Zeitraum 1. 3. 2005 bis 28. 2. 2006 und für die Monate August bis Oktober 2008 die vereinbarte Versicherungsleistung erbracht. Er sei aber auch während der anderen Zeiträume arbeitsunfähig gewesen, sodass ihm der Klagsbetrag zustehe.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Beklagte habe nur für jene Zeiträume Zahlungen geleistet, in denen der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sei. Sollte der Kläger durchgehend seit November 2004 arbeitsunfähig gewesen sein, komme im Bezug auf die Aufstockung des Kredits um 8.000 EUR der Ausschluss der Leistungspflicht gemäß § 5 Z 1 und Z 2 lit i AUZ zum Tragen, weil in diesem Fall der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses der Arbeitsunfähigkeits-zusatzversicherung bereits an einer ihm bekannten ernstlichen Erkrankung der Wirbelsäule gelitten habe und bereits bei Beginn des Versicherungsschutzes arbeitsunfähig gewesen sei.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 38.316,73 EUR sA. Der Kläger sei seit Ende 2004 berufsunfähig, weil er weder seine frühere Tätigkeit als Servicetechniker noch eine vergleichbare Tätigkeit ausüben könne und ihm die Umschulung auf eine seiner Erfahrung und Ausbildung entsprechende Tätigkeit selbst nach einer Operation nicht möglich sei. Die Kreditverträge vom 13. 12. 2002 und 4. 3. 2004 seien unstrittig von der Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung gedeckt. Die Aufstockung des Kredits sei nicht als neuerlicher Kreditvertrag anzusehen, weil sich die monatlich zu zahlenden Raten (bei längerer Laufzeit) nicht erhöht hätten. Folgerichtig sei auch nicht ein neuer Versicherungsvertrag abgeschlossen, sondern der bestehende bloß durch Anhebung der Versicherungssumme angepasst worden. Der Ausschluss der Leistungspflicht nach § 5 Z 1 und Z 2 lit i AUZ komme nicht zum Tragen. Dies gelte umso mehr, als der Beklagten bei der Aufstockung des Kreditvertrags aufgrund der erbrachten Leistungen die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bewusst gewesen sei. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei es widersinnig anzunehmen, dass die Absicherung der Kreditaufstockung nur zum Tragen kommen solle, wenn er auch aus anderen Ursachen arbeitsunfähig würde oder er zwischenzeitig die Arbeitsfähigkeit wiedererlangen würde. Die monatlichen Raten seien anlässlich der Kreditaufstockung nicht erhöht worden. Da mit der Klage nur Kreditraten bis 1. 12. 2012 verlangt würden, sei dem Begehren schon deshalb stattzugeben, weil selbst nach dem Vorbringen der Beklagten Versicherungsschutz bis zu diesem Zeitpunkt bestanden habe.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil in ein Zwischenurteil ab. Es folgte der Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Kläger seit Ende 2004 arbeitsunfähig im Sinn der AUZ gewesen sei, weil ihm eine Umschulung auf eine seiner Ausbildung und Erfahrung entsprechende Tätigkeit selbst nach einer Operation nicht möglich sei. Das Erstgericht habe das Klagebegehren grundsätzlich zutreffend beurteilt. Die Berufung sei aber insoferne berechtigt, als sie geltend mache, dass die Beklagte hinsichtlich der Aufstockung des Kredits vom 4. 3. 2004 um 8.000 EUR gemäß § 5 Z 2 lit i AUZ leistungsfrei sei. Da diese Rechtsansicht mit den Parteien bisher nicht erörtert worden sei, das vom Kläger erhobene Zahlungsbegehren aber unrichtigerweise auch die Kreditaufstockung vom 31. 8. 2006 beinhalte, sei der Berufung schon zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinn der Bejahung des vom Kläger erhobenen Zahlungsanspruchs dem Grunde nach als Zwischenurteil zu bestätigen. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht den Umstand, dass für die Kreditaufstockung im Umfang von 8.000 EUR keine Leistungspflicht der Beklagten bestehe, mit den Parteien zu erörtern und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, sein Leistungsbegehren unter Berücksichtigung des rechtskräftig abgewiesenen Teils neu zu formulieren.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vorliege.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass der Revision ist die Nichtigkeit des Berufungsurteils nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO wahrzunehmen.

Zum Grund des Anspruchs gehören alle rechtserzeugenden Tatsachen, aus denen der Anspruch abgeleitet wird, und alle Einwendungen, die seinen Bestand berühren (RIS Justiz RS0122728, RS0040935). Ein Zwischenurteil kann nur dann gefällt werden, wenn sämtliche anspruchsbegründenden und anspruchsvernichtenden Umstände geprüft wurden (RIS Justiz RS0040990).

In dem Fall, dass das Berufungsgericht ein klagsstattgebendes Ersturteil in ein Zwischenurteil über den Anspruchsgrund abändert, ist ein weiterer Ausspruch über die Aufhebung des Ersturteils verfehlt (RIS Justiz RS0118745). Ein entsprechender Aufhebungsbeschluss hat als nicht beigesetzt zu gelten (RIS Justiz RS0119825; RS0040876). Es wird nämlich bereits durch das Ergehen des Zwischenurteils klargestellt, dass das Klagebegehren der Höhe nach noch nicht spruchreif ist. Der vorliegende Fall liegt aber anders:

Das Berufungsgericht änderte zwar das Leistungsurteil des Erstgerichts in ein Feststellungsurteil ab, führte aber in der Begründung aus, dass es einen Teilanspruch von 8.000 EUR für nicht berechtigt halte. Es folgte damit einer Einwendung der Beklagten.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist nun unklar. Der Spruch steht mit der Begründung im Widerspruch und sein Entscheidungswille ist nicht eindeutig erkennbar.

Wollte das Berufungsgericht ein Zwischenurteil fällen, müsste es die Rechtsansicht vertreten, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zur Gänze zu Recht besteht. Das Berufungsgericht führt aber aus, dass es einen Teilanspruch von 8.000 EUR dem Grunde nach nicht für berechtigt hält. In einem derartigen Fall dürfte das Berufungsgericht hinsichtlich dieses Anspruchs kein Zwischenurteil fällen, sondern, wenn es eine Erörterung für einen Teilanspruch für notwendig hält, in diesem Umfang einen Aufhebungsbeschluss (mit oder ohne Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof) fassen und die Rechtssache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverweisen. Über den Teil des Anspruchs, der spruchreif ist, könnte es bereits ein Teilurteil fällen. Dass das Berufungsgericht in diesem Sinn entscheiden wollte, indiziert zwar die Begründung seiner Entscheidung. Diese ist aber mit dem Spruch nicht vereinbar.

Es könnte auch sein, dass das Berufungsgericht der Argumentation des Erstgerichts insofern folgen wollte, dass die Raten hinsichtlich der „Aufstockung“ noch nicht Gegenstand der Klagsforderung sind (105 gleichbleibende Monatsraten) und es darum über das gesamte Klagebegehren ein Zwischenurteil fällen wollte. In diesem Fall wären aber die Ausführungen, dass die Teilforderung nicht berechtigt ist, und die Fällung eines Zwischenurteils entbehrlich.

Die Begründung kann aber im Hinblick auf den Erörterungsauftrag auch so verstanden werden, dass das Berufungsgericht aus dem Begehren nicht erkennen konnte, ob und welche Teile des Klagebegehrens auf die seiner Meinung nach nicht zu Recht bestehende Teilforderung entfällt. In diesem Fall müsste es aber, wenn es keine deutliche Abgrenzung zwischen Leistungs /Zwischenurteil und Aufhebungsbeschluss treffen kann, mit Aufhebung des Ersturteils (mit oder ohne Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof) vorgehen.

Dass der Entscheidungswille des Berufungsgerichts nicht klar erkennbar ist, ist aus Anlass der Revision von Amts wegen aufzugreifen, das Berufungsurteil ist daher aufzuheben.

Bereits jetzt sei aber darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht der Vorinstanzen dazu, dass der Kläger berufsunfähig ist, teilt:

Versicherte Gefahr in der Berufsunfähigkeits-versicherung ist der vorzeitige Rückgang oder der Verlust der beruflichen Leistungsfähigkeit (RIS Justiz RS0112258). Diese Versicherungsart soll Schutz vor dem Zustand bieten, in dem ein Versicherter aus gesundheitlichen Gründen ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist, seinen bisherigen Beruf oder einen angemessenen bedingungsgemäßen Vergleichsberuf auszuüben (RIS Justiz RS0112257). Bei der Beurteilung, ob ein Vergleichsberuf der bisherigen Lebensstellung entspricht, ist maßgeblich, ob die soziale Stellung ebenso wie das soziale Ansehen des Versicherten inhaltlich erhalten bleiben und der neue Beruf die gleichen sozialen Sicherungen verschafft (RIS Justiz RS0112260). Versichert ist nicht die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten überhaupt, sondern nur in Verbindung mit bestimmten Berufen, wobei es auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ankommt (RIS Justiz RS0111999). Die Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden kann, darf weder hinsichtlich ihrer Vergütung noch in ihrer Wertschätzung spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs absinken, insbesondere keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern. Es ist auch auf die soziale Stellung des Versicherten, das Ansehen, das ihm in den Augen der Öffentlichkeit sein Beruf vermittelt, abzustellen. Das hängt nicht allein von der Höhe des Einkommens, sondern zunächst davon ab, welche Kenntnisse und Fähigkeiten die Berufsausübung erfordert. Es kommt darauf an, welches Ansehen ein Beruf als solcher in der Öffentlichkeit genießt (RIS Justiz RS0112003).

Der einzige hinsichtlich aller Ansprüche aufrecht erhaltene Einwand der Beklagten bezieht sich darauf, dass der Kläger nicht im Sinn der AUZ berufsunfähig sei. Die Argumentation der Beklagten übergeht aber die eindeutigen Feststellungen des Erstgerichts, indem sie willkürlich Teile eines Gutachtens, herausnimmt. Relevant ist, dass der Kläger weder seine bisherige Tätigkeit noch eine vergleichbare Tätigkeit ausüben kann. Aus gesundheitlichen Gründen ist ihm nicht einmal eine Umschulung, die zumindest ein Jahr dauern würde, möglich, sodass es sich erübrigt zu klären, ob die Umschulung seiner Lebensstellung entspräche. Das Kalkül bleibt gleich, selbst wenn man von einer erfolgreichen Operation ausgehen würde. Darauf, ob der Kläger noch Tätigkeiten verrichten könnte, die nicht seiner Lebensstellung entsprechen, kommt es nach den AUZ nicht an. Damit haben die Vorinstanzen zutreffend und im Einklang mit der Judikatur erkannt, dass der Kläger im Sinn von § 1 Z 3 AUZ berufsunfähig ist.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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