JudikaturJustiz6Ob318/01k

6Ob318/01k – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred O*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K***** Gesellschaft mbH, ***** gegen die beklagte Partei Reinhard P***** , vertreten durch Dr. Peter Bartl und Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, und der auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenientin Johann O*****, vertreten durch Dr. Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 302.650 S (das sind 21.994,43 EUR), über die Revision der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 31. Mai 2001, GZ 5 R 3/01b-55, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Juni 2000, GZ 13 Cg 45/97v-45, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenientin ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes - nicht zulässig:

Unstrittig ist, dass auf den vorliegenden Transportauftrag das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) anzuwenden ist. Nach Art 17 Abs 4 lit c CMR ist der Beförderer von der Haftung für Transportschäden befreit, wenn der Schade aus den besonderen Gefahren entstanden ist, die mit dem Verladen, Verstauen oder Abladen des Gutes durch den Absender oder Empfänger verbunden sind. Die Haftung des Frachtführers für einen während des Transports entstandenen Schadens am Frachtgut entfällt demnach, wenn er die Verladung weder übernommen noch tatsächlich durchgeführt hat und das Schadensereignis aus einer durch die Verladung begründeten Gefahr entstanden ist, das heißt Folge unsachgemäßer Verladung oder Verstauung ist (WBl 1991, 239). Die Haftungsbefreiung nach dieser Bestimmung richtet sich ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Maßgebend ist allein, wer die Verladung tatsächlich vorgenommen hat (RIS-Justiz RS0073871), wer somit "Herr des Verladevorganges" war (SZ 58/28). Darunter wird derjenige verstanden, der selbst oder durch seine Leute tatsächlich verladen hat oder (persönlich oder durch seine Leute) die Oberaufsicht über den Verladevorgang innehatte (SZ 58/28; WBl 1991, 239; Glöckner, Leitfaden zur CMR7, Art 17 Rz 69).

Nach den hier bindenden Feststellungen der Vorinstanzen bestand keine Vereinbarung darüber, wer für die Verladetätigkeit verantwortlich sein sollte. Tatsächlich haben am Verladen des Getriebes sowohl die Leute der Absenderin als auch jene der Nebenintervenientin (für die der Beklagte einzustehen hat) gleichermaßen und eigenverantwortlich mitgewirkt, ohne dass einer von ihnen die "Oberaufsicht" ausgeübt hätte. Schadenskausal war sowohl die zu gering dimensionierte Palette als auch die vom Kraftfahrer der Nebenintervenientin mangelhaft ausgeführte Verzurrung des - im LKW überdies ungünstig positionierten - Ladegutes. Den am Ladevorgang mitwirkenden Leuten der Klägerin war ebenso wie dem Fahrer der Nebenintervenientin bewusst, dass das zu befördernde schwere Getriebe gut gegen ein Umstürzen gesichert werden müsse und seine Positionierung im Bereich der Hinterachse des Sattelaufliegers ungünstig war. Dessen ungeachtet beließen sie das Getriebe im Bereich der Hinterachse des Aufliegers, obwohl es auch möglich gewesen wäre, das Ladegut nach Herunterlassen der Bordwand im vorderen Bereich der Ladefläche an der Stirnseite des Sattelaufliegers so abzustellen, dass ein Umkippen hätte verhindert werden können.

Das Berufungsgericht ist angesichts dieses Sachverhalts davon ausgegangen, dass der Schaden durch Zusammenwirken eines von der Beklagten zu vertretenden Frachtführerverschuldens mit haftungsbefreienden Transportgefahren eingetreten ist und hat eine Schadensteilung 1 : 1 vorgenommen. Seine Auffassung deckt sich mit den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung. Eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen.

Der erkennende Senat hat sich mit der Frage, ob die Fortsetzung des Verfahrens nach Unterbrechung durch Konkurseröffnung eines formellen Fortsetzungsbeschlusses bedarf, bereits eingehend auseinandergesetzt (6 Ob 79/99g - JBl 1999, 818) und erkannt, dass das durch Konkurseröffnung unterbrochene Verfahren auch durch schlüssig getroffene Gerichtsentscheidungen fortgesetzt wird, wenn der Entscheidungswille des Gerichts (das Verfahren fortzusetzen) zweifelsfrei erkennbar ist. Dies war hier der Fall. Das Erstgericht hat - nachdem das Verfahren wegen Konkurseröffnung über das Vermögen der Beklagten unterbrochen war, aufgrund eines Fortsetzungsantrages eine Tagsatzung anberaumt und damit zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass das Verfahren fortgesetzt wird.

Trotz eingetretener Unterbrechungswirkung unzulässigerweise ergangene Entscheidungen sind nicht wirkungslos, sondern bloß anfechtbar, wobei regelmäßig im Fall des partiellen Verlustes der Prozesfähigkeit durch eine Konkurseröffnung Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 und 5 ZPO anzunehmen sein wird. Eine Urteilsfällung im unterbrochenen Verfahren bedeutet hier regelmäßig einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn das Verfahren nicht mit dem Masseverwalter wieder aufgenommen wird. Damit ist aber im Einzelfall zu prüfen, ob tatächlich einer dieser Nichtigkeitsgründe verwirklicht wurde, andernfalls lediglich ein Verfahrensmangel vorliegen würde (Gitschthaler in Rechberger ZPO² § 163 Rz 11 mwN).

Im vorliegenden Fall wurde die ursprüngliche Nichtigkeit (durch Verletzung des rechtlichen Gehörs des Masseverwalters) nachträglich dadurch saniert, dass der Masseverwalter in das Verfahren eintrat und die bisherige Prozessführung genehmigte (ON 47 und 48). Etwas anderes hätte letztlich auch im Fall der Aufhebung des Ersturteils als nichtig nicht erfolgen können. Die umstrittene Frage der Fortwirkung von Nichtigkeiten erster Instanz kann daher unerörtert bleiben, ebenso die Frage, ob ein (nicht streitgenössischer) Nebenintervenient die Nichtigkeit geltend machen kann (Kodek in Rechberger ZPO² § 477 Rz 7; Fasching, Komm IV 127 Anm 21).

Die Nebenintervenientin zeigte in ihrer Revision im Ergebnis keine erheblichen Rechtsfragen auf. Ihre Revision wird zurückgewiesen.

Rechtssätze
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