JudikaturJustiz6Ob286/03g

6Ob286/03g – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Prückner, Dr. Schenk, Dr. Schramm und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Oberösterreich, Dinghoferstraße 4, 4020 Linz, vertreten durch Anwaltspartnerschaft Dr. Krückl Dr. Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Dr. Stefan L*****, vertreten durch Mag. Harald Papesch, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung ehrverletzender Behauptungen, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 2. Oktober 2003, GZ 4 R 148/03t-54, womit über die Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Juni 2003, GZ 4 Cg 72/01b-50, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht gab dem auf § 1330 ABGB gestützten Klagebegehren statt. Dem Beklagten wurde geboten, die Behauptungen zu unterlassen, Kinderärzte schädigten wissentlich und absichtlich Kinder durch Impfen, geschützt durch Ärztekammer und Staat, sowie Impfungen seien lebensschädigende Handlungen aus dem niedrigen Beweggrund der Profitsucht, die geschützt durch Ärztekammer vorgenommen werden. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und verwarf insbesondere die Berufung wegen Nichtigkeit. Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Die relevierte Nichtigkeit wegen Prozessunfähigkeit des Beklagten ist kein aufgreifbarer Revisionsgrund, weil hinsichtlich dieser Frage eine bindende, die Nichtigkeit verneinende Entscheidung des Berufungsgerichtes vorliegt. Dieses hat in seinen Entscheidungsgründen aufgrund des schon vom Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachtens den Geisteszustand des Beklagten geprüft und ist zum Ergebnis gelangt, dass die Handlungsfähigkeit des Beklagten zu bejahen sei. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung besteht die Bindungswirkung schon dann, wenn sich das Gericht in den Entscheidungsgründen mit dem Vorliegen der Prozessvoraussetzung auseinandergesetzt hat (SZ 54/190 und die von Schubert in Fasching Zivilprozessgesetze2 Rz 10 zu § 7 ZPO zit. Judikatur; SZ 73/123).

Auch in der Sache selbst vermag der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfragen aufzuzeigen:

Entgegen seiner Ansicht ist der auf § 1330 ABGB gestützte Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig (RIS-Justiz RS0107911). Auf eine Beleidigungsabsicht kommt es nicht an.

Die gerügten Verfahrensmängel erster Instanz wegen der Unterlassung der Aufnahme beantragter Beweise können nicht zum Gegenstand der Revision gemacht werden, weil die Mängelrügen vom Berufungsgericht behandelt, Verfahrensmängel aber verneint wurden (RS0042963). Auf die Rechtsfrage, ob auch die Verbreitung wahrer, in die Ehre des anderen eingreifenden Tatsachenbehauptungen nach § 1330 ABGB verfolgbar sind und ob dies Schädigungsabsicht voraussetzt (vgl dazu RS0031649), kommt er hier nicht an. Die Wahrheit der vom Beklagten behaupteten Tatsachen wurde nicht festgestellt. Er wollte die Richtigkeit seiner nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerung auszulegenden massiven Vorwürfe mit dem zu beweisenden Sachverhalt nachweisen, dass Impfungen gesundheitliche Beeinträchtigungen darstellten, dass die im Impfstoff enthaltenen Schwermetalle zu Schädigungen führen könnten und dass vielfach nur aufgrund von Virushypothesen geimpft werde. Die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, dass selbst mit einem solchen festgestellten Sachverhalt die Wahrheit der weitergehenden (allgemeinen) klagegegenständlichen Vorwürfe nicht nachgewiesen werden könnte, ist keine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung. Die Rechtsfrage, ob der Beklagte wenigstens im Tatsachenkern seine massiven Vorwürfe nachgewiesen hätte, ist eine Frage des Einzelfalls. Ob der Tatsachenkern, der wahr sein muss, im Einzelfall enger oder weiter zu ziehen ist, stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (6 Ob 328/99z).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).