JudikaturJustiz6Ob251/05p

6Ob251/05p – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. November 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 20 22, vertreten durch Dr. Ingrid Bläumauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in Linz, wegen 9.768 EUR, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juni 2005, GZ 5 R 59/05s 15, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 10. Jänner 2005, GZ 26 Cg 30/04s 9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist trotz des zwischen 4.000 EUR und 20.000 EUR liegenden Entscheidungsgegenstandes infolge § 502 Abs 5 Z 3 ZPO unmittelbar zur Entscheidung über die außerordentliche Revision der klagenden Partei berufen.

Diese ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Die sogenannte „Frankfurter Tabelle" betreffend die Reisepreisminderung stellt keine Rechtsquelle dar. Sie stammt weder vom Gesetzgeber noch von einer von ihm ermächtigten Verwaltungsbehörde und besitzt keinen Normcharakter. An der Unverbindlichkeit der darin enthaltenen Tabellen über prozentmäßige Abzüge vom Reisepreis einschließlich der Erläuterungen zur Handhabung dieser Tabellen vermag der Umstand nichts zu ändern, dass sie teils von deutschen und auch von österreichischen Gerichten als „Orientierungshilfe" zur Bemessung der Minderung des Reisepreises bei Reisemängeln herangezogen wird. Ein Richter ist selbst dann nicht an eine derartige „Orientierungshilfe" gebunden, wenn eine solche in tabellarischer Form samt Anwendungshinweisen von einem Gericht (in diesem Fall von einem deutschen Gericht) in juristischen Fachzeitschriften (im Internet) veröffentlicht wird.

Dass die genannte Tabelle bereits von österreichischen Gerichten als brauchbare Orientierungsgrundlage auch für den österreichischen Rechtsbereich bezeichnet wurde (6 Ob 11/02i; RIS Justiz RS0117126), zwingt nicht dazu, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die sich aus der Tabelle samt ihren Erläuterungen ergebenden prozentuellen Minderungsbeträge den jeweils festgestellten Mängeln prozentpunktgenau entsprechen. Es ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, eine Rechtsprechung über die Höhe der gerechtfertigten Preisminderung bei allen möglichen Varianten von Reiseveranstaltungen und den dabei auftretenden Mängel zu entwickeln (3 Ob 271/03d). Auch hier geht es beim Preisminderungsanspruch nur um die Frage, um wieviel welche Mängel mit Rücksicht auf die festgestellten besonderen Umstände den Wert der gebuchten Urlaubsreise verringern, nicht aber um vom Einzelfall zu abstrahierende Grundsatzfragen.

Wie die Höhe der Preisminderung ist auch jene des Schadenersatzes für entgangene Urlaubsfreude einzelfallbezogen. Dass ein solche Ersatz selbst bei leichter Fahrlässigkeit auch bei Pauschalreisen vor dem Inkrafttreten des ZivRÄG 2004, BGBl I 2003/91 am 1. 1. 2004 und der dadurch erfolgten Novellierung des § 31e KSchG, der nun ausdrücklich einen solchen Ersatz vorsieht, zusteht, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgeführt (5 Ob 242/04f = ecolex 2005/132, 289 [Wilhelm]; 10 Ob 20/05x mwN). Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht im Gegensatz zu den Ausführungen in der außerordentlichen Revision nicht abgewichen. Die Grundsätze der Schadensbemessung hat der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits dargelegt (10 Ob 20/05x mwN). Bei der vom Berufungsgericht aus diesem Titel zuerkannten Pauschalabgeltung ist keine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Überschreitung des den Gerichten hiebei eingeräumten Ermessensspielraums zu erkennen, sodass auch nicht erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist, ob der Pauschalbetrag um ein oder zwei weitere „Tagessätze" zu erhöhen gewesen wäre.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
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