JudikaturJustiz6Ob169/20a

6Ob169/20a – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. P*, sowie 2. Mag. I*, beide vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. P*, sowie 2. E*, beide vertreten durch Kosch Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, wegen § 838a iVm § 836 ABGB, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 22. Juni 2020, GZ 19 R 17/20s 3, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 9. März 2020, GZ 26 Nc 68/19k 34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner sind schuldig, den Antragstellern binnen 14 Tagen die mit 640,19 EUR (darin 106,70 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

I. Sachverhalt

Die Antragsteller sind je zu einem Sechstel, die Antragsgegner je zu einem Drittel (schlichte) Miteigentümer – unter anderem – der Liegenschaften EZ * und EZ *, jeweils Grundbuch *. Darauf befinden sich zwei Zinshäuser; die Wohnungen sind fremdvermietet. Der Erstantragsgegner ist seit 1998 Verwalter der Liegenschaften. Während die Antragsteller seine Abberufung als Verwalter und die Bestellung eines externen Verwalters befürworten, lehnen die Antragsgegner einen Verwalterwechsel ab. Die Antragsteller misstrauen der Verwaltungstätigkeit des Erstantragsgegners; dieser stimmt sich in der Regel bei Vorhaben, die einer Mehrheit der Miteigentümer bedürfen, mit der Zweitantragsgegnerin ab und informiert erst anschließend schriftlich die Antragsteller. Letztere beschweren sich seit Jahren über seine Gebarung. Der Erstantragsgegner verwaltet neben den erwähnten auch noch zwei weitere Zinshäuser in W*, dies bei identen Eigentumsverhältnissen. Als Zeichnungsberechtigter wickelt er Zahlungsflüsse betreffend aller vier Häuser, mit insgesamt 90 Wohnungen, über ein auf die Miteigentümergemeinschaft lautendes Konto ab, wobei eine Zuordnung einzelner Zahlungen zu konkreten Objekten unmöglich ist. Seine – den Miteigentümern übermittelten – Gewinn und Verlustrechnungen sind nicht gesondert nach einzelnen Objekten gegliedert; in ihnen sind unter der Kategorie „mietenfremde Mittel“ die Kautionen zum Jahresende ausgewiesen. Den Aufstellungen ist zu entnehmen, dass die Objekte zwischen 2003 und 2018 keinen Gewinn erwirtschafteten. Dennoch zahlte der Erstantragsgegner allen Miteigentümern (bzw Fruchtgenussberechtigten) jahrelang – bis zur Einleitung des Verfahrens unbeanstandet – gleichbleibende „Akontoausschüttungen“ aus. Die Rechtsvorgänger der Antragsteller hatten ihn im Jahr 2013 – allerdings ohne Kenntnis der bereits seit längerem ausbleibenden Gewinne aus der Vermietung – in einem Anwaltsschreiben unter Androhung gerichtlicher Schritte zur weiteren Auszahlung aufgefordert. Die regelmäßigen Akontoausschüttungen konnte der Erstantragsgegner nur finanzieren, indem er jahrelang die Kautionen der Mieter dem Konto zuführte und sie für die Auszahlungen verwendete. Dass die Kautionen gesondert zu veranlagen sind, war ihm seit dem Jahr 2010 bewusst. Er hielt dies damals in einem Schreiben an die Miteigentümer fest, wobei er eine entsprechende Umstellung mangels Liquidität erst zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht stellte und zugleich angab, Sanktionen seien seines Wissens keine festgelegt (Beilage ./12a; unstrittige Urkunde iSd RS0121557 [T3]); bis zur Einleitung des Verfahrens im Februar 2018 setzte er aber keine Umstellungsmaßnahmen. Erst während des Verfahrens reduzierte er die monatlichen Ausschüttungen, um Reserven für die Veranlagung der Kautionsbeträge anzusparen, und kam letztlich bis zur Beschlussfassung durch das Erstgericht der Veranlagungspflicht gegenüber den Mietern aller Zinshäuser nach. Durch die frühere Kautionsgebarung, von der die Antragsteller bzw ihre Rechtsvorgänger trotz entsprechender Hinweise in Schreiben des Erstantragsgegners erst 2016 Kenntnis erlangten, entstand den Miteigentümern kein Schaden. Wegen der ungeachtet der Ertragssituation jahrelang erfolgten laufenden Auszahlungen an die Miteigentümer kam es zwischen 2013 und 2015 zu Liquiditätsengpässen; Instandhaltungs und Reparaturarbeiten konnten nicht aus dem Kontoguthaben finanziert werden und der Kontokorrentkredit bei der Hausbank war nahezu ausgeschöpft. Ein Hypothekarkredit bei einer anderen Bank wäre den Miteigentümern gewährt worden; der Erstantragsgegner forderte aber zunächst die Miteigentümer erfolglos auf, die erforderlichen Mittel selbst auf das Gemeinschaftskonto einzuzahlen, und kam dann, ohne die anderen Miteigentümer einzubeziehen, mit der Zweitantragsgegnerin überein, dass sie beide der „Miteigentümergemeinschaft“ Privatkredite gewähren, verzinst zu den Konditionen des Überziehungsrahmens des Kontos (rund 8,6 % pa). Weder wurde ein detaillierter Vertrag aufgesetzt noch wurden die Miteigentümer im Rahmen einer schriftlichen Mitteilung im November 2013 konkret über den Zinssatz oder die Fälligkeit informiert. Nach Rückführung der Privatkredite zahlte sich der Erstantragsgegner Zinsen von 1.774,94 EUR und der Zweitantragsgegnerin solche von 840,91 EUR aus dem Konto aus.

II. Parteienvorbringen

Die Antragsteller begehren die Abberufung des Erstantragsgegners als Verwalter wegen grober Pflichtverletzung. Er habe in einem In-sich-Geschäft der Miteigentumsgemeinschaft einen Kredit zu exorbitant hohen Zinsen gewährt und daraus Vorteile gezogen, weiters Kautionen von Mietern unzulässigerweise an sich und an die anderen Miteigentümer ausgeschüttet. Eine Aufforderung an den Verwalter zur Vornahme weiterer Ausschüttungen sei nur erfolgt, weil das Ausbleiben von Überschüssen nicht erkennbar gewesen sei. Die mangelhaften Abrechnungen des Verwalters ließen eine Zuordnung zu den einzelnen Objekten nicht zu. Auch habe er keine Rücklagen angesammelt oder für entsprechende (Bank )Kreditaufnahmen gesorgt.

Die Antragsgegner wenden – soweit noch von Relevanz – ein, die für die Privatkredite verrechneten Zinsen seien fremdüblich. Erst durch den Liquiditätsentzug durch die Antragsteller, die unter Klagedrohung monatliche Ausschüttungen verlangt hätten, sei die Kreditaufnahme zur Finanzierung der notwendigen Reparaturen und Sanierungen erforderlich geworden; ein weiterer Kredit bei der Hausbank wäre nicht mehr gewährt worden. Es sei Wille sämtlicher Miteigentümer gewesen, dass regelmäßig monatliche Ausschüttungen, auch bei nicht positivem Abschluss der Hausabrechnungen, erfolgen sollten; zu diesem Zweck sollte zur Überbrückung von Liquiditätslücken auf die Kautionen zurückgegriffen werden. Kein Miteigentümer sei dadurch dem Risiko einer Direktinanspruchnahme durch einen Mieter ausgesetzt gewesen; auch sei kein Schaden entstanden. Mittlerweile seien alle Kautionen auf Sparbüchern veranlagt.

III. Bisheriger Verfahrensgang

Das Erstgericht gab dem Antrag auf Abberufung des Erstantragsgegners statt. Zwar bestehe, zumal § 21 WEG nicht analog heranzuziehen sei, beim schlichten Miteigentum kein Minderheitenrecht auf Abberufung eines Verwalters, sodass das Gericht nur bei Stimmengleichheit angerufen werden könne. Aus der Entscheidung 5 Ob 249/12x ergebe sich jedoch implizit, dass ein Miteigentümer von seinem Stimmrecht ausgeschlossen sei, wenn Ansprüche gegen diesen geltend gemacht werden sollen. Die begehrte Abberufung als Fremdverwalter sei ein solcher „Anspruch“, weshalb der Erstantragsgegner aufgrund einer Interessenkollision mit seinem Drittelanteil von der Stimmbildung der Miteigentumsgemeinschaft ausgeschlossen sei. Im Ergebnis herrsche daher Stimmengleichheit. Die Enthebung des Verwalters sei nach den Grundsätzen für die Verwalterbestellung vorzunehmen, wobei im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung bei der Auswahl der Person des Verwalters einem Miteigentümer nicht gegenüber einem Außenstehenden – etwa aus Kostenerwägungen – der Vorzug zu geben sei. Für die Abberufung des Erstantragsgegners spreche die fehlende Gesprächsbasis zu den Antragstellern, die Intransparenz seiner Abrechnungen und die jahrelange bewusst rechtswidrige Verwendung der Kautionen, die letztlich erst über Druck auf Sparbücher erlegt worden seien. Diese Vorgehensweise sei unabhängig von einem daraus erwachsenen Schaden geeignet, das Vertrauen der Miteigentümer in den Verwalter zu erschüttern; ebenso der Umstand, dass über Jahre hinweg wirtschaftlich unvertretbare Ausschüttungen erfolgt seien. Schließlich wäre wegen der bestehenden Interessenkollision bei der Kreditgewährung an die Miteigentümergemeinschaft besondere Transparenz gegenüber den anderen Teilhabern geboten gewesen; der Erstantragsgegner habe die Antragsteller aber vor vollendete Tatsachen gestellt und auch nicht im Nachhinein vollständig informiert.

Für den Erstantragsgegner spreche zwar, dass seiner Praxis lange nicht widersprochen worden sei; dies sei aber auch teilweise auf die unzureichende Information über die wirtschaftliche Situation zurückzuführen. Zudem wäre es an ihm selbst gelegen, seine Verwaltertätigkeit am Gesetz und an den Interessen der Miteigentümer auszurichten.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung im nunmehr angefochtenen Beschluss und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Mit dem Antrag auf Abberufung als Verwalter werde zwar kein „Anspruch“ im Sinn der Entscheidung 5 Ob 249/12x gegen den Erstantragsteller geltend gemacht, sehr wohl gehe es aber um die Beendigung eines Rechtsverhältnisses mit ihm, wobei der in der Entscheidung angesprochene Interessenkonflikt angesichts der zu prüfenden Frage seiner Vertrauensunwürdigkeit auf der Hand liege. Die Annahme einer Stimmberechtigung des betroffenen Miteigentümers bei seiner eigenen Abberufung hätte zur Folge, dass ein über die Anteilsmehrheit verfügender Verwalter seine Enthebung praktisch auf Dauer verhindern könnte. Hinsichtlich der Enthebung des Verwalters sei zu berücksichtigen, dass der Verwaltervertrag aus wichtigen Gründen gekündigt werden könne, etwa bei Verstößen gegen Treuepflichten oder Vernachlässigung gesetzlicher Pflichten bzw der Interessen der Miteigentümer. Der Erstantragsgegner habe wissentlich gegen § 16b Abs 1 MRG verstoßen und so die Miteigentümer der Gefahr der Inanspruchnahme durch Mieter ausgesetzt. Ob den Miteigentümern die Rechtswidrigkeit des Vorgehens des Verwalters bekannt gewesen sei, sei nicht maßgeblich; auch der unterbliebene Schaden falle nicht ins Gewicht. Entscheidend sei der durch die Kautionsgebarung eingetretene Vertrauensverlust. Eindeutig pflichtwidrig seien angesichts der fehlenden Liquidität auch die monatlichen Ausschüttungen gewesen. Mit Recht habe das Erstgericht schließlich das intransparente Vorgehen des Erstantragsgegners im Zuge seiner Kreditgewährung sowie – noch gedeckt vom Antragsvorbringen – die fehlende Gesprächsbasis zu den Antragstellern mit ins Kalkül gezogen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zu Fragen des Stimmrechtsausschlusses des betroffenen Miteigentümers bei seiner Abberufung als Verwalter und den Voraussetzungen hiefür durch den Außerstreitrichter bei Fehlen der erforderlichen Mehrheit fehle.

Rechtliche Beurteilung

IV. Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits in mehreren Entscheidungen zur schlichten Miteigentümergemeinschaft implizit ein Stimmrecht des verwaltenden Miteigentümers bei der Abstimmung über seine eigene Abberufung als Verwalter bejaht (4 Ob 562/87; 1 Ob 682/88; 5 Ob 2180/96s ua), hat sich aber noch nicht im Besonderen mit der im Verfahren relevierten Frage auseinandergesetzt, ob der betroffene Miteigentümer wegen eines Interessenkonflikts von seinem Stimmrecht ausgeschlossen sein könnte.

1.2. Am ausführlichsten hat sich bisher die Entscheidung 5 Ob 249/12x mit dem Problemkreis des Stimmrechtsausschlusses eines (schlichten) Miteigentümers befasst: Darin geht es um die Frage, ob einem Miteigentümer bei der Beschlussfassung über die Bestellung einer GmbH zur Verwalterin ein Stimmrecht zukommt, wenn er Alleingesellschafter und Geschäftsführer dieser GmbH ist.

1.3. Ausgehend von der Erwägung, dass die Bestimmungen des ABGB über die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft im Hinblick auf die fehlende Regelung zum Stimmrechtsausschluss eines Miteigentümers bei Vorliegen bestimmter Interessenkonflikte planwidrig unvollständig geblieben seien, lehnte der 5. Senat zunächst eine Lückenschließung im Wege der Einzelanalogie zur speziellen Regelung des § 24 Abs 3 WEG ab. Er gelangte aber über eine Gesamtanalogie zu in gesellschaftsrechtlichen Vorschriften normierten Stimmverboten (§ 39 Abs 4 GmbHG; § 125 AktG; § 113 Abs 2, §§ 117, 127, 140 UGB) zunächst auch für die schlichte Miteigentumsgemeinschaft in spezifischen Fallkonstellationen – Abstimmungen über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Miteigentümer („Richter in eigener Sache“) sowie über den Abschluss von Rechtsgeschäften mit einem Miteigentümer (In-sich-Geschäft) – zu Stimmrechtsausschlüssen des betroffenen Miteigentümers.

1.4. Bei der entscheidungswesentlichen Frage des Ausschlusses von der Beschlussfassung über die (wirtschaftlich) eigene Verwalterbestellung gelangte der 5. Senat indes im Grundsatz zum gegenteiligen Ergebnis: Zwar sei auch die Bestellung mit dem Abschluss eines (Verwalter )Vertrags verknüpft; allerdings statuiere § 833 Satz 2 ABGB für Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung das Mehrheitsprinzip, sodass der Mehrheitseigentümer die Verwaltung jederzeit „an sich ziehen“ könne. Mit diesem Grundsatz geriete ein Stimmrechtsausschluss des betroffenen Miteigentümers bei der Abstimmung über seine Fremdverwalterbestellung in einen Wertungswiderspruch. Miteigentümer seien daher bei der Abstimmung über ihre Verwalterbestellung im Regelfall vom Stimmrecht nicht ausgeschlossen. Ein Stimmrechtsausschluss sei aber (möglicherweise) gerechtfertigt, wenn die Bestellung zu einem deutlich erhöhten Gefährdungspotential für die Gemeinschaftsinteressen führte, etwa bei – im Anlassfall nicht anzunehmender – Einräumung unüblicher Sondervorteile an den Verwalter oder seiner Betrauung auch mit Agenden der außerordentlichen Verwaltung.

2.1. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung an, dass der Miteigentümer von der Abstimmung über seine eigene Bestellung im Allgemeinen nicht ausgeschlossen ist. Der tiefere Grund für diese Ausnahme vom Stimmrechtsausschluss ist – worauf bereits Fidler (Stimmrechtsausschlüsse in der schlichten Miteigentumsgemeinschaft? wobl 2013, 189 [200 f mwN]) zutreffend hinweist – in der allgemeinen verbandsrechtlichen Wertung zu suchen, dass Mitglieder in Angelegenheiten der inneren Organisation des Verbands ihr Stimmrecht als wesentliches Mittel zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten tunlichst wahrnehmen können sollen (vgl dazu 6 Ob 169/09k mwN; weiters RS0086644 [T6, T14]). Ein Ausschluss eines Miteigentümers von der Beschlussfassung über die Verwalterbestellung als geradezu typische sozietäre Maßnahme erscheint vor dem Hintergrund seines legitimen Mitwirkungsinteresses allein wegen des Umstands, dass dieser selbst zum Verwalter bestellt werden soll, nicht angebracht (vgl Fidler , wobl 2013, 201 unter Verweis auf die hA in Deutschland zu § 25 Abs 5 dWEG: siehe BGH V ZB 30/02 NJW 2002, 3704; Merle in Bärmann , WEG 14 § 25 Rz 133 mwN; vorsichtig zust für § 24 Abs 3 WEG etwa Illedits , Die Rechtsposition des Verwalters bei der Beschlussfassung der [Wohnungs ]Eigentümergemeinschaft und im schlichten Miteigentum, in FS Würth [2014] 189 [194 f]).

2.2. Da es sich nun aber bei der Abberufung des Verwalters gewissermaßen nur um den contrarius actus zu dessen Bestellung handelt (idS etwa 2 Ob 162/61; RS0013741, wonach die Enthebung des Verwalters nach den Grundsätzen über die Verwalterbestellung vorzunehmen ist; vgl auch Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 836 Rz 7), muss dem Miteigentümer im Grundsatz auch ein Stimmrecht bei der Beschlussfassung über seine Abberufung zugebilligt werden, um ihn nicht an der Wahrung seiner mitgliedschaftlichen Interessen bei der Entscheidung über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu hindern (vgl Fidler , wobl 2013, 201; BGH V ZB 30/02 NJW 2002, 3704 mwN; Engelhardt in MünchKomm BGB 8 [2020] WEG § 25 Rz 46).

2.3. Diese Wertung spiegelt sich nicht zuletzt auch in der Bestimmung des § 39 GmbHG über die gesellschaftliche Willensbildung wider, die in ihrem Abs 5 ausdrücklich normiert, dass ein Gesellschafter bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechts nicht beschränkt ist, wenn er selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden soll. Entsprechende Anordnungen finden sich in § 1216b ABGB sowie in §§ 146, 147 UGB zur Liquidatorenbestellung und abberufung bei der GesbR, OG und KG. Die in diesen Einzelregelungen jeweils zum Ausdruck gebrachte gesetzgeberische Wertentscheidung lässt sich mit Blick auf die vorangegangenen Ausführungen verallgemeinern (überzeugend Artmann/Haglmüller in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 1192 Rz 51 ff, insb 54; Haglmüller in Jabornegg/Artmann , UGB 3 § 119 Rz 45 ff, insb 48) und ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen namentlich auf den gleich gelagerten Fall der Bestellung und Abberufung des Verwalters einer schlichten Miteigentumsgemeinschaft zu erstrecken.

2.4. Zusammenfassend ist daher stets dann, wenn eine Beschlussfassung der Miteigentumsgemeinschaft im Kern die Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Interessen im Zusammenhang mit der Gestaltung von Gemeinschaftsangelegenheiten betrifft, ein Stimmrechtsausschluss einzelner Miteigentümer jedenfalls im Regelfall nicht angebracht, auch wenn die Gefahr eines Interessenkonflikts aufgrund dem Gemeinschaftsinteresse zuwiderlaufender Partikularinteressen der Miteigentümer besteht. Dies gilt insbesondere auch bei der Abstimmung über die Bestellung eines Miteigentümers zum Verwalter und über dessen Abberufung. Inwieweit sich diese Überlegungen mangels entgegenstehender besonderer wohnungseigentumsrechtlicher Wertungen auch auf § 24 Abs 3 WEG übertragen lassen, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Beurteilung.

3.1. Daraus ergibt sich aber entgegen dem Standpunkt der Revisionsrekurswerber nicht, dass der als Verwalter tätige Miteigentümer – entsprechende Mehrheitsverhältnisse vorausgesetzt – mit seiner Stimmrechtsausübung die von anderen Teilhabern angestrebte Abberufung jedenfalls, also auch bei Gemeinschaftsinteressen grob beeinträchtigenden Pflichtverletzungen, zu verhindern vermag. Die in der Rechtsprechung und Lehre bisher entsprechend vertretene Auffassung, wonach die Minderheit die Enthebung des Verwalters gegen den Willen der Mehrheit nicht herbeiführen kann, und zwar auch dann nicht, wenn der zu Enthebende Miteigentümer ist (so ausdrücklich 2 Ob 523/82 MietSlg 34.105; vgl weiters 1 Ob 682/88; RS0013729; Klang in Klang 2 III 1118; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 836 Rz 7 ua), lässt sich nämlich aus folgenden Erwägungen nicht uneingeschränkt aufrechterhalten:

3.2. Aus den in verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften statuierten Rechtsgestaltungsklagen auf Abberufung (§§ 1193 Abs 1, 1198, 1216b Abs 3 Halbsatz 2 ABGB, §§ 117 Abs 1, 127, 147 Halbsatz 2 UGB, § 16 Abs 2 Satz 2 GmbHG) ist nämlich der allgemeine Rechtsgedanke abzuleiten, dass Mitglieder einer Rechtsgemeinschaft von den übrigen intendierte Enthebungsmaßnahmen aus wichtigem Grund nicht durch ihr Abstimmungsverhalten bei der erforderlichen Beschlussfassung dauerhaft verhindern können sollen.

3.3. In Deutschland folgert die herrschende Ansicht daraus – bei insoweit vergleichbarer gesetzlicher Ausgangslage – einen ausnahmsweise doch eingreifenden Stimmrechtsausschluss des Wohnungseigentümers bei der Abstimmung über seine Abberufung als Verwalter, wenn diese auf einen wichtigen Grund gestützt wird (BGH V ZB 30/02 NJW 2002, 3704; Engelhardt in MünchKomm BGB 8 [2020] WEG § 25 Rz 46). Das Stimmrechtsverbot soll aber nur gelten, wenn der ins Treffen geführte wichtige Grund tatsächlich vorliegt, was letztlich in einem Gerichtsverfahren nachzuprüfen ist; das Ergebnis der Beschlussfassung soll daher nur vorläufig verbindlich sein (eingehend zum Meinungsstand Merle in Bärmann , WEG 14 § 25 Rz 138).

3.4. Für das österreichische Recht erscheint es sachgerechter, das gesetzgeberische Regelungskonzept hinter den angeführten gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen ernst zu nehmen und – wiederum im Wege einer Gesamtanalogie – auf den aus Wertungsgesichtspunkten gleich gelagerten Fall der Abberufung des verwaltenden Miteigentümers zu übertragen, sodass dieser zwar im Rahmen der Beschlussfassung bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen eine (sofortige) Abberufung mit seiner eigenen Stimme verhindern kann; den übrigen Miteigentümern ist allerdings ein – als Streitigkeit im Zusammenhang mit der Verwaltung im außerstreitigen Rechtsweg geltend zu machender (§ 838a ABGB; ErläutRV 471 BlgNR 22. GP 33) – Abberufungsantrag aus wichtigem Grund zuzubilligen. Für einen (vorläufigen) Stimmrechtsausschluss besteht angesichts der solcherart eröffneten Rechtsschutzmöglichkeit der anderen Teilhaber keine sachliche Rechtfertigung. Das entspricht im Übrigen auch der herrschenden Auffassung zu § 39 Abs 5 GmbHG (RS0005526; RS0059536; Baumgartner/Mollnhuber/ U. Torggler in U. Torggler , GmbHG § 39 Rz 7 mwN).

4.1. Der Abberufungsantrag gegen den verwaltenden Miteigentümer steht nur allen übrigen Miteigentümern gemeinsam zu. Allerdings hat der Oberste Gerichtshof bereits zu den früheren Rechtsgestaltungsklagen der §§ 117, 127 und 140 HGB in der Entscheidung 1 Ob 40/01s (verstärkter Senat) – von der Lehre weitgehend gebilligt (vgl nur Haglmüller in Jabornegg/Artmann , UGB 3 § 117 Rz 18 mwN) – ausgesprochen, dass jene, die nicht als Mitkläger auftreten wollen, aus der Gesellschaft aber auch nicht ausgeschlossen werden sollen, als Mitbeklagte in das Prozessrechtsverhältnis einzubeziehen und auf Duldung der geltend gemachten Rechtsgestaltung in Anspruch zu nehmen sind. Sie bilden mit dem Entziehungsbeklagten beziehungsweise Ausschließungsbeklagten – vor dem Hintergrund eines einheitlichen Streitgegenstands – eine notwendige Streitgenossenschaft. Es sind daher keine getrennten Zustimmungsprozesse und Ausschließungsprozesse zu führen.

4.2. Entsprechendes muss auch hier mit Blick auf die Zweitantragsgegnerin gelten, die eine Abberufung des Erstantragsgegners ablehnt. Die Antragsteller haben zwar in ihren Abberufungsantrag das angesprochene Duldungsbegehren gegenüber der Zweitantragsgegnerin nicht ausdrücklich aufgenommen. Aus ihrem gesamten Prozessvortrag ergibt sich jedoch eindeutig, dass ihr Rechtsschutzziel (auch) darauf gerichtet ist; ihr Begehren ist daher in diesem Sinn zu deuten.

5.1. Hinsichtlich der Frage ob ein die Abberufung des Erstantragsgegners als Verwalter der Miteigentumsgemeinschaft rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt, kann angesichts der durchaus parallelen Ordnungsfragen auf die zu § 21 Abs 3 WEG ergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zurückgegriffen werden. Demnach ist bei einer Mehrzahl von Pflichtverletzungen des Verwalters in einer Gesamtschau zu beurteilen, ob sie – mögen auch einzelne für sich allein genommen minder bedeutend erscheinen – insgesamt eine so gravierende Störung der Vertrauensbasis bewirkt haben, dass die Abberufung auch durch einen einzelnen Wohnungseigentümer gerechtfertigt erscheint (RS0111894). Ob ausreichende Gründe vorliegen, den Verwaltungsvertrag auf Antrag eines Mit und Wohnungseigentümers aufzulösen, lässt sich immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen (RS0111893).

5.2. Wenngleich die Vorinstanzen ihre Entscheidung auf die vom Obersten Gerichtshof nicht geteilte Rechtsauffassung gestützt haben, dass der Erstantragsgegner bei der Beschlussfassung über seine Abberufung einem Stimmrechtsausschluss unterliegt, haben diese dennoch letztlich zutreffend im Rahmen einer gesamtschauartigen Abwägung geprüft, ob es durch ins Gewicht fallende Pflichtverletzungen zu einem schwerwiegenden und nachhaltigen Vertrauensverlust gegenüber dem Verwalter gekommen ist. Das Ergebnis dieser Abwägung ist nicht zu beanstanden.

5.3. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Erstantragsgegner über Jahre hinweg trotz fehlenden Ertrags aus den Zinshäusern monatliche Ausschüttungen an die Miteigentümer in erheblichem Umfang getätigt. Durch diese wirtschaftlich unvertretbare Vorgangsweise, die zwar von den Miteigentümern teils eingefordert wurde, allerdings erkennbar nur aufgrund ihrer Fehleinschätzung, dass durch die Vermietung hinreichende Gewinne lukriert würden, hat der Erstantragsgegner entscheidend zu den Liquiditätsproblemen der Miteigentumsgemeinschaft beigetragen. Schon dieser zentrale Vorwurf, der nur den Schluss zulässt, dass er sich als Verwalter entweder selbst keinen Überblick über die finanzielle Situation verschafft, oder aber bewusst in Kauf genommen hat, dass für künftig notwendig werdende größere Erhaltungsmaßnahmen die Mittel fehlen, ist in Zusammenhalt mit den übrigen von den Vorinstanzen im Rahmen ihrer Gesamtschau miteinbezogenen Pflichtverletzungen geeignet, gewichtige Bedenken dahingehend zu begründen, ob er seiner Treue- und Interessenwahrungspflicht gegenüber der Gemeinschaft gerecht zu werden vermag.

5.4. Wenn der Erstantragsgegner sogar noch im Revisionsrekurs ausführt, die Antragsteller hätten selbst in Kenntnis des Verlusts aus den Zinshäusern die ungeschmälerte Ausschüttung der Akonti gefordert, so weicht dies von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt ab, sodass die Rechtsrüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Im Übrigen steht der vom Erstantragsgegner eingenommene Prozessstandpunkt, wonach ihm letztlich keinerlei Fehlverhalten vorzuwerfen sei, einer positiven Zukunftsprognose jedenfalls entgegen.

6. Zusammenfassend erweist sich somit die Entscheidung der Vorinstanzen im Ergebnis als zutreffend, sodass dem unberechtigten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 AußStrG.

Rechtssätze
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