JudikaturJustiz6Ob145/02w

6Ob145/02w – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck zu FN ***** eingetragenen B***** GmbH mit dem Sitz in I*****, über den Revisionsrekurs 1.) der Gesellschaft, 2.) ihres Gesellschafters Christian B*****, und 3.) ihres Geschäftsführers Adrian E*****, alle vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 10. April 2002, GZ 3 R 36/02x-5, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. März 2002, GZ 50 Fr 1146/02b-2, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Gesellschafter der B***** GmbH sind Christian B***** mit einer Stammeinlage von 90.000,-- EUR, Ing. Michael F***** mit einer Stammeinlage von 86.400,-- EUR und die H***** AG L***** mit einer Stammeinlage von 183.000,-- EUR. Ihr Geschäftsführer ist Adrian E*****. Am 13. 9. 2001 wurde über das Vermögen der Gesellschaft der Anschlusskonkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Hermann T***** zum Masseverwalter bestellt. Der dem Masseverwalter gemäß § 88 Abs 1 KO beigeordnete Gläubigerausschuss befasste sich in der Sitzung vom 15. 1. 2002 mit der von den Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin beabsichtigten Änderung des Firmenwortlautes auf "L*****gesellschaft mbH". Mit der Begründung, dass der Firmenwortlaut auch im Liquidationsstadium einen Vermögenswert der Konkursmasse darstelle und zugleich die Gläubiger über rechtserhebliche Verhältnisse im Geschäftsverkehr informiere, machte die Mehrheit der Mitglieder des Gläubigerausschusses die Zustimmung zur beabsichtigten Änderung der Firma von der Zahlung eines Abfindungsbetrages abhängig. Dies wurde aber vom Vertreter der Gesellschafter abgelehnt. Daraufhin fasste der Gläubigerausschuss einhellig den Beschluss, einer Änderung des Firmenwortlautes der Gemeinschuldnerin nicht zuzustimmen. Die Ausführung dieses Beschlusses wurde durch das Konkursgericht mit Beschluss vom 21. 1. 2002 nicht untersagt (§ 95 KO). Dieser Beschluss wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Gemeinschuldnerin selbst kein Interesse an einem Namenswechsel haben könne "und es keine insolvenzrechtliche Fragestellung sei, ob überhaupt die Zuständigkeit des Gläubigerausschusses und des Konkursgerichtes aus handelsrechtlicher Sicht gegeben sei."

Bei der Generalversammlung der Gesellschaft am 8. 2. 2002 beschlossen die vollzählig erschienen Gesellschafter bei jeweiliger Stimmenthaltung des Ing. Michael F***** die Änderung des Gesellschaftsvertrages in seinem den Firmenwortlaut betreffenden Punkt 1. dahin, dass die Firma der Gesellschaft nunmehr "L*****gesellschaft mbH" lautet sowie die entsprechende Anpassung des Wortlautes des Punktes 3. des Gesellschaftsvertrages über das Stammkapital und die Stammeinlagen.

Der Geschäftsführer begehrte die Eintragung der Änderung des Firmenwortlautes und der diesbezüglichen Änderung des Gesellschaftsvertrages.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Die Firma einer Gesellschaft gehöre zur Konkursmasse. Eine Verfügung der Gesellschafter ohne Mitwirkung des Masseverwalters bzw Zustimmung des Gläubigerausschusses und ohne konkursgerichtliche Genehmigung scheide daher gemäß § 1 Abs 1 KO aus.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Firma habe einen eigenständigen Vermögenswert, der in die Konkursmasse falle und so lange einen Massebestandteil bilde, bis sie gemäß § 119 Abs 5 KO aus der Masse ausgeschieden und dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überlassen werde. Die von den Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin beschlossene Änderung der Firma bedeute im Ergebnis eine Preisgabe des alten Firmenwortlautes und damit dessen Ausscheidung aus der Konkursmasse, für die die notwendige Zustimmung der Konkursorgane fehle. Die Ablehnung einer begehrten Ausscheidung durch den Gläubigerausschuss oder den Masseverwalter sei ein gesetzlich geregelter Akt der Gläubigerautonomie, den weder das Konkursgericht noch das Firmenbuchgericht korrigieren könne. Zudem sei der Gesellschafterbeschluss über die Änderung der Firma unzulässig gewesen, weil er das konkursverfangene Gesellschaftsvermögen betreffe und Auswirkungen auf die Konkursmasse habe. Dessen Nichtigkeit habe das Firmenbuchgericht zu beachten, weil den Gläubigern der Gesellschaft gemäß § 41 Abs 2 und 3 GmbHG keine Möglichkeit der Anfechtung zukomme. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Firmenänderung einer GmbH während des Konkursverfahrens ohne Zustimmung der Konkursorgane fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft, ihres Gesellschafters und ihres Geschäftsführers ist jedoch aus folgenden Erwägungen unzulässig:

Nach § 3 Abs 1 KO sind Rechtshandlungen des Gemeinschuldners nach der Konkurseröffnung, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Die Organe einer im Konkurs befindlichen Gesellschaft nehmen zwar weiterhin ihre Funktionen wahr. Dies gilt aber nur insoweit, als sie nicht vom Masseverwalter verdrängt werden oder die Ausübung der Funktion dem Zweck des Konkurses zuwiderliefe (SZ 67/168). Die Konkurseröffnung führt zu einer tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsbeschränkung des Gemeinschuldners. Der Masseverwalter übernimmt die Verwaltung der Masse. Unter Rechtshandlungen, die die Masse betreffen, sind nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern alle Handlungen, die rechtliche Wirkungen hervorbringen, zu verstehen (Schubert in Konecny/Schubert, Komm zu den Insolvenzgesetzen § 3 KO Rz 3). Dem Gemeinschuldner bleibt nur die Verfügungsgewalt über das konkursfreie Vermögen (vgl § 6 Abs 3 KO, § 119 Abs 5 KO). Nach der in Österreich vorherrschenden Organtheorie wird der Masseverwalter als Organ bzw als gesetzlicher Vertreter der Konkursmasse, die als juristische Person angesehen wird, verstanden (Hiertzenberger/Riel in Konecny/Schubert Komm zu den Insolvenzgesetzen § 80 KO Rz 41; 6 Ob 25/01x = wbl 2002, 86 = RdW 2001, 596 = GesRZ 2001, 193 = ZIK 2001, 123 [Riel/Zehetner, ZIK 2001, 110]).

Entscheidungswesentlich ist daher, ob die Änderung des Firmenwortlautes einer Gesellschaft mbH eine Rechtshandlung ist, die die Konkursmasse betrifft.

Zur Konkursmasse gehört jedenfalls das von der Gesellschaft mbH

betriebene Unternehmen (6 Ob 25/01x). Ein Unternehmen ist eine

organisierte Erwerbsgelegenheit, für dessen Wert der Geschäftswert

(good will), der aus zahlreichen Faktoren besteht, maßgebend ist. Zu

den immateriellen Werten eines Unternehmens gehört insbesondere die

Firma (SZ 52/117). Auch die Firma einer Kapitalgesellschaft fällt

nach Lehre und Rechtsprechung in die Konkursmasse (SZ 56/65; 4 Ob

311/00i = wbl 2001, 284 = ecolex 2001, 454 [Zehetner] = ZIK 2001, 123

= EvBl 2001/126 [561] je mwN). Allein der Masseverwalter ist

berechtigt, im Konkurs der GmbH das Unternehmen samt Firma zu

veräußern, den Gebrauch der Firma auch ohne Übertragung des

Unternehmens zu gestatten oder einen Firmenmissbrauch abzuwehren (6

Ob 45/00m = RdW 2000, 476 = wbl 2000, 423 = ecolex 2000, 881 [St.

Korinek] = ZIK 2001, 35; 4 Ob 311/00i).

Aus diesen Erwägungen folgt, dass - abgesehen von der Frage, ob die Generalversammlung im Fall des Konkurses der Gesellschaft mbH wirksam eine Änderung des Firmenwortlautes beschließen kann - der Geschäftsführer jedenfalls nicht befugt ist, die Änderung der Firma zum Firmenbuch namens der Gesellschaft mbH anzumelden und diese in einer solchen Angelegenheit vor dem Firmenbuchgericht zu vertreten. Er kann insbesondere ohne Genehmigung des Masseverwalters keine ein solches Eintragungsverfahren betreffendes Rechtsmittel erheben. Auch die Erhebung des Revisionsrekurses durch die Gesellschaft bedürfte daher der Vertretung durch den Masseverwalter (SZ 56/65). Dieser in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigende Vertretungsmangel ist zwar gemäß § 6 ZPO grundsätzlich sanierbar. Die Vertretungsbefugnis des Masseverwalters im Außenverhältnis ist nur in den in § 83 Abs 1 KO genannten Fällen der §§ 116 und 117 KO sowie durch den Konkurszweck beschränkt. Weitere vom Konkursgericht im Einzelfall verfügte Beschränkungen sind dem Dritten gegenüber aber dennoch wirksam, wenn sie ihm bekanntgegeben wurden (SZ 70/212; 7 Ob 83/01h = ZIK 2001, 174 = ÖBA 2002, 62 je mwN). Der Beschluss des Gläubigerausschusses, eine Änderung des Firmenwortlautes nicht zuzustimmen, der vom Konkursgericht ausdrücklich nicht untersagt wurde, enthält eine Einschränkung der Vertretungsbefugnis des Masseverwalters in dem Sinn, dass auch er einer Firmenänderung nicht zustimmen kann und einen Antrag auf Eintragung einer Änderung der Firma der in Konkurs befindlichen Gesellschaft beim Firmenbuchgericht zu unterlassen hat. Dies inkludiert weiters auch die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen einen Beschluss, der den betreffenden Eintragungsantrag der Gemeinschuldnerin bzw deren Geschäftsführers abweist. Diese (grundsätzlich nur) im Innenverhältnis wirksame Einschränkung der Vertretungsbefugnis des Masseverwalters ist dem über den Eintragungsantrag entscheidenden Gericht bekannt geworden. Abgesehen davon, dass deshalb nach den zitierten Entscheidungen von einer Wirksamkeit der Einschränkung der Vertretungsbefugnis des Masseverwalters in Bezug auf die Genehmigung einer Firmenänderung auch dem Firmenbuchgericht gegenüber auszugehen ist, könnte der Masseverwalter einem Verbesserungsauftrag zur Behebung des Vertretungsmangels hier nur durch ein pflichtwidriges Handeln, nämlich durch einen Verstoß gegen den Beschluss des Gläubigerausschusses, nachkommen. Von einem solchen Verbesserungsauftrag ist aber, wenn die Pflichtwidrigkeit im Fall dessen Befolgung offenkundig ist, Abstand zu nehmen. Die Rechtsmittellegitimation der Gesellschaft ist daher zu verneinen, ohne dass vorerst ein Verfahren zur Verbesserung des Revisionsrekurses durch Genehmigung des Masseverwalters einzuleiten wäre.

Einem Gesellschafter einer Gesellschaft mbH steht gegen die die Gesellschaft betreffenden Beschlüsse nur dann eine Rechtsmittelbefugnis zu, wenn seine Rechtssphäre berührt wird. Eine Beeinträchtigung bloß wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Interessen begründet kein rechtliches Interesse an der Vornahme oder Beseitigung einer Eintragung (6 Ob 19/95, ecolex 1995, 644, SZ 70/30 je mwN). Die Frage des Firmenwortlautes betrifft aber nur die Gesellschaft und nicht subjektive eigene Interessen ihrer Gesellschafter, sodass diesen auch keine Rechtsmittellegitimation gegen die Verweigerung der Eintragung einer Firmenänderung zusteht. Nichts anderes gilt für den Geschäftsführer, soweit er mit seinem Rechtsmittel eigene Rechte geltend machen will. Soweit er allerdings das Rechtsmittelverfahren als Vertreter der Gesellschaft in deren Namen führen will, ist er auf das Fehlen der Vertretungsmacht aus den oben dargelegten Gründen hinzuweisen.

Der Revisionsrekurs ist daher mangels Rekurslegitimation aller drei Rechtsmittelwerber zurückzuweisen.

Rechtssätze
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