JudikaturJustiz6Ob135/05d

6Ob135/05d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Schmidberger, Kassmannhuber, Schwager, Rechtsanwaltspartnerschaft in Steyr, gegen die beklagte Partei Franz W*****, vertreten durch Mag. Eduard Aschauer, Rechtsanwalt in Steyr, wegen 320.881,53 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 19. April 2005, GZ 1 R 86/05y 42, womit über die Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Steyr vom 31. Dezember 2004, GZ 9 C 1197/03y 36, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende Bank stellte zwei Kredite wegen Zahlungsverzugs des Beklagten fällig. Gegen die Stattgebung ihres Zahlungsbegehrens durch die Vorinstanzen wendet sich die außerordentliche Revision des Beklagten. Seine Qualifikation als Unternehmer (§ 1 KSchG) sei falsch. Es hätte einer (nicht festgestellten) qualifizierten Mahnung nach § 13 KSchG bedurft. Eine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung liegt jedoch nicht vor:

Rechtliche Beurteilung

Nach den getroffenen Feststellungen war der Beklagte zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme (es handelte sich um Umschuldungen) als Landwirt immer noch erwerbstätig. Ein Großteil der Landwirtschaft war seit 1970 verpachtet. Zwei bis drei Hektar wurden vom Beklagten und seiner Frau bewirtschaftet. Der Beklagte war Betriebsführer und Landwirt zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kreditverträge. Er stellte zwar schon im September 2001 einen Pensionsantrag, eine Erwerbsunfähigkeitspension wurde ihm aber erst Ende 2002 oder Anfang 2003 zuerkannt. Die Fälligstellung der Kredite erfolgte am 19. 12. 2002.

Beim festgestellten Sachverhalt kann es nicht zweifelhaft sein, dass der Beklagte die Kreditgeschäfte noch als aktiver Nebenerwerbslandwirt schloss und dass diese Geschäfte unternehmensbezogen waren. Auch Abwicklungsgeschäfte sind Geschäfte eines Unternehmers (5 Ob 509/92 = SZ 65/37). Landwirte werden als Unternehmer iSd KSchG qualifiziert (RIS Justiz RS0065348; RS0065380). Die von ihnen abgeschlossenen Geschäfte sind im Zweifel als zum Betrieb gehörig anzusehen (RS0065326). Diese Grundsätze gelten auch für Nebenerwerbslandwirte (7 Ob 22/04t).

Einzige erhebliche Rechtsfrage könnte der vom Beklagten relevierte Umstand sein, dass er lange nach Abschluss der Kreditverträge Pensionist wurde und eine dadurch bewirkte Verbrauchereigenschaft auf die Abwicklung der Kreditverträge von Einfluss sein könnte. Die Frage ist jedoch nach dem klaren Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck zu verneinen. Das Gesetz stellt im § 1 KSchG auf den Abschluss der Rechtsgeschäfte ab. Der Verbraucherschutz gilt für Rechtsgeschäfte, die Personen abschließen, die nicht Unternehmer sind (Verbrauchergeschäfte). Letztere werden deshalb vom Verbraucherschutz ausgenommen, weil einem Unternehmer zugesonnen werden kann, dass er die Tragweite auch langfristiger vertraglicher Bindungen richtig einschätzt (für Versicherungsverträge: RIS Justiz RS0112255). Dies muss auch für Kreditgeschäfte gelten, bei denen der Schuldner über einen längeren Zeitraum Rückzahlungen zu leisten hat. Ein zwischen Unternehmern abgeschlossenes Rechtsgeschäft bleibt vom Anwendungsbereich des KSchG ausgeschlossen, auch wenn ein Vertragsteil in der Folge seine Unternehmenstätigkeit einstellt. Dass es für die Beurteilung, ob ein Verbrauchergeschäft vorliegt, ausschließlich auf den Abschlusszeitpunkt ankommt, geht überdies aus der Bestimmung des § 1 Abs 3 KSchG über die sogenannten Gründungsgeschäfte klar hervor. Die vor Aufnahme des Betriebs des Unternehmens geschlossenen Privatgeschäfte bleiben solche, auch wenn in der Folge die Unternehmenstätigkeit aufgenommen wird. Eine gegenteilige Auffassung für den umgekehrten Fall (Verlust der Unternehmereigenschaft) bedeutete einen Wertungswiderspruch.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
9
  • RS0112255OGH Rechtssatz

    24. September 2019·3 Entscheidungen

    Das Kündigungsrecht nach § 8 Abs 3 VersVG ist auf Verbraucher im Sinn des KSchG zu beschränken, weil einem Unternehmer zugesonnen werden kann, dass er die Tragweite langfristiger vertraglicher Bindungen richtig einschätzt. § 8 Abs 3 VersVG soll für Verträge nicht voll gelten, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen wurden. Eine uneingeschränkte Rückwirkung dieser Bestimmung auf bestehende Verträge würde in unvertretbarer Weise in die vertragliche Gestaltungsfreiheit des Versicherers eingreifen, der ja bei diesen Verträgen die Prämie im Vertrauen auf eine lange Laufzeit kalkuliert hat. § 8 Abs 3 zweiter Satz VersVG ist auf Verträge, die vor dem 1. Jänner 1995 geschlossen worden sind, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Versicherer auch die Differenz zwischen der vereinbarten Prämie und der Prämie für Verträge mit einer Laufzeit, die der tatsächlich verstrichenen Laufzeit entspricht, verlangen kann, falls er zur Zeit der Eingehung des Versicherungsvertrages in seinem Tarif eine Prämie für derartige Verträge mit kürzerer Laufzeit vorgesehen hatte. Mit dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber offenbar verhindern, dass ein Versicherer vom rückwirkenden zeitlichen Geltungsbereich des § 8 Abs 3 VersVG überrascht wird und er einen dem Versicherungsnehmer de facto gewährten Dauerrabatt deswegen nicht zurückfordern kann, weil er unter der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses berechtigten Annahme, dass dem Versicherungsnehmer ohnehin kein ordentliches Kündigungsrecht zukomme, diesbezüglich keine Abrede getroffen hat.