JudikaturJustiz6Ob118/22d

6Ob118/22d – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G*, vertreten durch Koch Jilek Rechtsanwälte Partnerschaft (OG) in Bruck an der Mur, gegen die beklagten Parteien 1. I* AG, *, 2. I*, beide vertreten durch Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, und deren Nebenintervenientinnen 1. A*aktiengesellschaft, *, vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere Rechtsanwälte in Linz, 2. W* AG *, 3. S* Ltd – Zweigniederlassung Deutschland, *, Deutschland, beide vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 5. Mai 2022, GZ 3 R 50/22a 50, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 2 ZPO).

[2] 2. Abschließend erledigte Streitpunkte können im fortgesetzten Verfahren nicht mehr aufgerollt werden (RS0042031). Zur dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB hat der Senat jedoch bereits im ersten Rechtsgang (6 Ob 92/21d) Stellung genommen und den Ablauf der kurzen Verjährungsfrist vor Einbringung der Klage bejaht. Auch der Oberste Gerichtshof ist an seine in derselben Rechtssache in der zu einem Aufhebungsbeschluss ausgesprochenen Rechtsansicht gebunden (RS0007010 [T7]; RS0043752 [T1]).

[3] 3. List iSv § 870 ABGB ist bewusste Täuschung und setzt daher ein – für den Irrtum kausales – vorsätzliches Verhalten des Irreführenden voraus (RS0014821; RS0014790). Ob der Irreführende absichtlich oder doch bewusst vorgegangen ist, ob er Unrichtiges vorgetäuscht hat oder ob der Irregeführte dadurch zur Einwilligung gebracht wurde, sind Fragen tatsächlicher Natur (RS0014776; zuletzt 5 Ob 214/19k; 4 Ob 22/21k). Dass es der vormalige Vorstand der Erstbeklagten (und Geschäftsführer der Zweitbeklagten) nicht ernstlich für möglich hielt und sich nicht damit abfand, Zeichner dieses Vorsorgemodells, wie den Kläger, durch unrichtige Darstellung und/oder Verschweigen richtiger Tatsachen in den Vertragsunterlagen zum Abschluss zu bewegen und dadurch sich oder die Beklagten unrechtmäßig zu bereichern und eine Vermögensschädigung der Kunden herbeizuführen, ist eine (vom Erstgericht getroffene und vom Berufungsgericht übernommene) Feststellung über eine innere Tatsache und nicht – wie die Revision meint – rechtliche Beurteilung. Fragen der Beweiswürdigung sind aber nicht revisibel (stRsp, s bloß 8 ObA 70/19f; zum Anscheinsbeweis 5 Ob 117/12k; 7 Ob 99/13d).

[4] Das behauptete Abweichen von der in der Revision zitierten Entscheidung 3 Ob 47/16g liegt nicht vor. Jener lag nämlich ein Fall zugrunde, in dem (die daher auch aufgetragenen) Feststellungen zur inneren Tatseite völlig fehlten. Es wird darin überdies grundsätzlich darauf verwiesen, dass eine Beweiserleichterung durch Anscheinsbeweis bei behaupteter arglistiger Irreführung nicht generell in Betracht kommt (vgl RS0014792 [T1]). Soweit damals auch ausgeführt wurde, dass im Einzelfall der erste Anschein aber sehr wohl für List sprechen könne, vermag die Revision – abseits der hier ohnehin von den Vorinstanzen getroffenen Feststellung zur inneren Tatseite – durch den bloßen Verweis auf die missverständliche Formulierung „Garantierente“ in den Vertragsunterlagen einen solchen Fall nicht darzulegen.