JudikaturJustiz5Ob95/15d

5Ob95/15d – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin S***** M***** P*****, geboren am 11. September 1975, *****, vertreten durch Dr. Helmut Salzbrunn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechtfertigung des vorgemerkten Eigentumsrechts und anderer Grundbuchhandlungen ob EZ 249 und 325 je GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 3. März 2015, GZ 32 R 106/14k, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Urfahr vom 9. Juli 2014, TZ 4892/2013, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:

Urkunde

1 Selbstberechnungserklärung vom 17.10.2013

Bewilligt wird

in EZ 249 KG ***** im Rang TZ 2454/2013:

1. Anmerkung der Rechtfertigung

bei dem für S***** M***** P*****, geb ***** zu B LNR 4e 4173/2013 und zu 5e vorgemerkten Eigentumsrecht

2. Gemäß § 57 GBG die Löschung

in EZ 325 KG ***** im Rang TZ 2454/2013:

1. Anmerkung der Rechtfertigung

bei dem für S***** M***** P*****, geb ***** zu B LNR 6e 4173/2013 und zu 7e 4173/2013 vorgemerkten Eigentumsrecht

2. Gemäß § 57 GBG die Löschung

Verständigt wird

Vollzug und Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Zunächst war M***** F*****, die Mutter der nunmehrigen Antragstellerin, die grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaften EZ 249 (*****; 3.830 m²) sowie EZ 325 (81 m²) je GB *****.

M***** F***** verkaufte mit Kaufvertrag vom 29. 2./7. 3. 2012 die beiden Liegenschaften um den Gesamtkaufpreis von 380.000 EUR an T***** H***** zu je zwei Drittel und an P***** R***** zu je einem Drittel. RA Dr. A***** M***** errichtete den Kaufvertrag und war von den Vertragsparteien mit dessen treuhänderischen Abwicklung beauftragt. M***** F***** übergab am 26. 3. 2012 die Liegenschaften an die Käufer. Der Treuhänder zahlte am 19. 7. 2012 einen Kaufpreisteil von 289.271,29 EUR an die Verkäuferin und hinterlegte den Rest von 90.779,71 EUR beim Bezirksgericht Traun.

Ein Gesuch der Liegenschaftskäufer auf Einverleibung ihres Eigentumsrechts blieb zunächst erfolglos (vgl dazu 5 Ob 120/13b). Währenddessen beantragte M***** F***** zu TZ 2454/2013 und TZ 3675/2013 die Anmerkung von Rangordnungen für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaften, die nach der Abweisung des Einverleibungsgesuchs der Käufer mit Beschlüssen des Erstgerichts jeweils vom 28. 8. 2013 auch bewilligt wurde.

Der Vertragserrichter brachte sodann am 4. 9. 2013 zu TZ 4168/2013 ein neuerliches Gesuch auf Einverleibung des Eigentumsrechts für die Liegenschaftskäufer ein. Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 19. 9. 2013 die Einverleibung des Eigentumsrechts für T***** H***** zu je zwei Drittel und P***** R***** zu je einem Drittel. Diese Personen sind auch derzeit die bücherlichen Eigentümer der Liegenschaften.

Unmittelbar nach Einlangen des Grundbuchgesuchs der Liegenschaftskäufer ebenfalls noch am 4. 9. 2013 brachten M***** F***** und die Antragstellerin zu TZ 4173/2013 einen Antrag auf Vormerkung des Eigentumsrechts der nunmehrigen Antragstellerin im Rang der angemerkten Rangordnung ein. Diesem Gesuch lag der zwischen M***** F***** als Verkäuferin und der Antragstellerin als Käuferin am 11. 6. 2013 über die genannten Liegenschaften abgeschlossene Kaufvertrag zugrunde. Dieser Kaufvertrag sah einen Kaufpreis von 210.000 EUR vor und enthielt folgenden Vertragspunkt IV.:

„Festgehalten wird, dass die kaufgegenständlichen Liegenschaften von M***** F***** mit Kaufvertrag vom 7.3.2012 zu zwei Drittel an T***** H***** … und zu einem Drittel an P***** R***** … verkauft wurden. Die Verkäuferin trat von diesem Kaufvertrag aber mit Schreiben vom 10.9.2012 zurück, weil die Käufer mit der Bezahlung des Kaufpreises in Verzug gerieten und trotz Ankündigung des Vertragsrücktritts und Nachfristsetzung diese Verbindlichkeit nicht erfüllten. Der Vertragsrücktritt ist somit gerechtfertigt und führt dazu, dass der vorgenannte Kaufvertrag vom 7.3.2013 nicht mehr aufrecht ist.

Die Käuferin nimmt ferner zur Kenntnis, dass T***** H***** und P***** R***** auf den von der Verkäuferin erklärten Vertragsrücktritt nicht reagierten, insbesondere wiesen sie diesen nicht zurück. Allerdings räumten sie trotz Aufforderung nicht die kaufgegenständlichen Liegenschaften, sodass diese von der Käuferin mit dieser beschriebenen Belastung Dritter gekauft und übernommen werden. Der Käuferin ist bewusst, dass sie angesichts dieses Umstandes rechtliche Schritte zwecks Freimachung der Liegenschaften ergreifen wird müssen. Die Vertragsteile halten fest, dass diese Sach- und Rechtslage bei Festlegung des Kaufpreises berücksichtigt wurde.“

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 2. 10. 2013 aufgrund des Kaufvertrags vom 11. 6. 2013 und des Rangordnungsbeschlusses vom 28. 8. 2013 sowie nach Einsicht in die Erklärung vom 30. 8. 2013, wonach der Rechtserwerb nach den Bestimmungen des OÖ GrundverkehrsG 1994 keiner Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf, die Vormerkung des Eigentumsrechts der Antragstellerin im Rang TZ 2454/2013. Dieser Beschluss wurde am 7. 10. 2013 vom Erstgericht abgefertigt und der in Frankreich wohnhaften Antragstellerin am 14. 10. 2013 zugestellt.

Bereits am 8. 10. 2012 hatten T***** H***** und P***** R***** beim Landesgericht Linz zu 5 Cg 174/12a Klage gegen M***** F***** auf Zahlung von 70.000 EUR sA an Wert- und Preisminderung für die gekauften Liegenschaften (samt einem Eventualbegehren) sowie von 23.649,05 EUR sA an Nebengebühren (Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten) eingebracht. Die dort Beklagte M***** F***** stellte einen Zwischenantrag auf Feststellung, dass der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Kaufvertrag vom 29. 2./7. 3. 2012 infolge Rücktritts nicht mehr aufrecht sei. Das Landesgericht Linz wies mit Zwischenurteil vom 15. 4. 2014 den Zwischenantrag auf Feststellung ab. Der dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Linz Folge und stellte mit Zwischenurteil vom 20. 11. 2014 fest, dass der Kaufvertrag vom 29. 2./7. 3. 2012 infolge Rücktritts der M***** F***** nicht mehr aufrecht ist. Die außerordentliche Revision der dortigen Kläger hat der Oberste Gerichtshof erst nach Einbringung und erstinstanzlicher Entscheidung des hier zu beurteilenden Ansuchens mit Beschluss vom 19. 2. 2015 mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Mit Klage vom 10. 10. 2013 begehrten T***** H***** und P***** R***** beim Landesgericht Linz zu AZ 3 Cg 70/13v, M***** F***** (Erstbeklagte) und die nunmehrige Antragstellerin (Zweitbeklagte) schuldig zu erkennen, die Übertragung des Eigentums an den beiden Liegenschaften an andere Personen als die Kläger, insbesondere die Verwendung der Rangordnungen für die Veräußerung zu TZ 2454/2013 und TZ 3675/2013 sowie die Vornahme der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin (Zweitbeklagte) zu TZ 4173/2013 im Rang TZ 2454/2013, zu unterlassen. In eventu begehrten sie, die Antragstellerin (Zweitbeklagte) zur Ausstellung einer grundbuchsfähigen Aufsandungserklärung zu ihren Gunsten zu verpflichten. Zur Sicherung ihres Unterlassungsbegehrens beantragten die Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Antragsgemäß verbot das Landesgericht Linz mit Beschluss vom 11. 10. 2013 M***** F***** und der Antragstellerin (Zweitbeklagte) ab sofort, von den Rangordnungen für die Veräußerung zu TZ 2454/2013 und 3675/2013 Gebrauch zu machen bzw die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin zu TZ 4173/2013 im Rang 2454/2013 vornehmen zu lassen. Diese einstweilige Verfügung wurde dem Erstgericht am 14. 10. bzw 16. 10. 2013 vom Landesgericht Linz bzw vom Klagevertreter zur Kenntnis übermittelt. Dem von den Beklagten dagegen erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Linz mit rechtskräftigem Beschluss vom 8. 1. 2014, AZ 1 R 197/13s, nicht Folge. Das Verfahren wurde sodann gemäß § 190 Abs 1 ZPO bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens zu AZ 5 Cg 174/12a des Landesgerichts Linz unterbrochen.

Die Antragstellerin begehrte mit ihrem beim Erstgericht am 18. 10. 2013 eingebrachten Grundbuchsgesuch unter Vorlage der Selbstberechnungserklärung ob den eingangs bezeichneten Liegenschaften die Anmerkung der Rechtfertigung ihres vorgemerkten Eigentumsrechts sowie gemäß § 57 GBG die Löschung näher bezeichneter, dem angemerkten Rang nachfolgender und aus dem Spruch ersichtlicher Eintragungen.

Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab. Es führte rechtlich aus, dass es am 14. 10. 2013 bzw 16. 10. 2013 von der einstweiligen Verfügung in Kenntnis gesetzt worden sei, mit welcher M***** F***** und der Antragstellerin ab sofort verboten worden sei, von den Rangordnungen für die Veräußerung zu TZ 2545/2013 und 3675/2013 Gebrauch zu machen und die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin im Rang 2454/2013 vornehmen zu lassen. Der nunmehrige Grundbuchsantrag sei am 18. 10. 2013 eingebracht worden und daher zufolge § 94 Abs 1 Z 2 GBG nicht zu bewilligen gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass zwar entsprechend dem Argument der Antragstellerin ein Verbot an das Grundbuchsgericht zur Verhinderung der Ausnützung einer Rangordnung unstatthaft wäre, doch richte sich das erlassene Verfügungsverbot ohnehin ausschließlich an die Beklagten des Streitverfahrens.

Der Oberste Gerichtshof habe im Zusammenhang mit einem richterlichen Belastungs- und Veräußerungsverbot im Sinn des § 382 Abs 1 Z 6 EO auch schon ausgesprochen, dass eine solche einstweilige Verfügung nicht gegen denjenigen wirke, zu dessen Gunsten bereits eine Rangordnung angemerkt sei (RIS-Justiz RS0005134). Nichts anderes könne für die hier vorliegende, bloß obligatorisch wirkende einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 5 EO gelten, die einer amtswegigen Anmerkung im Grundbuch gar nicht zugänglich sei.

Allerdings dürfe das Grundbuchsgericht nach § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG eine Eintragung nur dann bewilligen, wenn keine gegründeten Bedenken gegen die persönliche Verfügungsfähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten bestünden. Solche Bedenken könnten dem Grundbuchsrichter auch wie hier aus seiner amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis kommen. Gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG seien daher nicht nur verbücherte Beschränkungen der Verfügungsfähigkeit eines an der Grundbuchshandlung Beteiligten zu beachten (5 Ob 1004/93; 5 Ob 206/08t); vielmehr könnten entgegen der Ansicht der Antragstellerin gegründete Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit nicht nur auf Tatbestände wie Minderjährigkeit, fideikommissarische Substitution oder die Anmerkung der Konkurseröffnung beruhen, sondern sich auch aus der Sachwalterschaft, im Fall einer Gütergemeinschaft unter Lebenden, wenn einer der Ehegatten einseitig über seinen ideellen Anteil verfügen wolle, bei einem Verstoß gegen unerlaubte Verkaufsabreden, bei Vorliegen eines unzulässigen Insichgeschäfts oder bei fehlender Zeichnungsberechtigung der Organe juristischer Personen ergeben.

Nach der hier dem Erstgericht zur Kenntnis gebrachten einstweiligen Verfügung sei der Antragstellerin verboten gewesen, von den Rangordnungen für die Veräußerung Gebrauch zu machen sowie die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung ihres Eigentumsrechts vornehmen zu lassen. Letzteres sei hier gerade der „Gegenstand, den die Eintragung betrifft“ und vom Verfügungsverbot erfasst.

Berücksichtige man weiters, dass dem Erstgericht seit Jahren die widerstreitenden Interessen der Beteiligten bekannt seien und für die Beurteilung des Grundbuchsgesuchs allein der Zeitpunkt maßgeblich sei, an dem das Gesuch einlange (RIS-Justiz RS0060803), habe das Erstgericht völlig zutreffend die Eintragung unter Berufung auf § 94 Abs 1 Z 2 GBG abgelehnt.

Letztlich sei auch das von der Antragstellerin ins Treffen geführte Argument einer befürchteten Enteignung nicht zielführend, seien doch im Fall des Obsiegens im Löschungsprozess nicht nur die bekämpften Eintragungen, sondern auch alle Zwischeneintragungen zu löschen. Dem Rekurs könne daher kein Erfolg beschieden sein.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil das Rekursgericht nicht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen sei und im Übrigen die Umstände des Einzelfalls maßgebend gewesen seien.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass die Rechtfertigung des vorgemerkten Eigentumsrechts angemerkt und die Zwischeneintragungen gemäß § 57 GBG gelöscht werden. Hilfsweise begehrt die Antragstellerin die bloße Löschung der Zwischeneintragungen, in eventu einen Entscheidungsvor-behalt und sie stellt auch einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) Ausspruch des Rekursgerichts zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch berechtigt.

1.1. Das Rekursgericht ist bei seiner Bewertung des Entscheidungsgegenstands davon ausgegangen, dass die vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. 12. 2014 zu G 135/2014 vorgenommene Aufhebung der Wortfolge „und 60 Abs 2“ in § 59 Abs 3 AußStrG erst nach seiner Entscheidung mit Ablauf des 31. Juli 2015 in Kraft getreten sei. Es sei daher nach Ansicht des Rekursgerichts unter Bedachtnahme auf den angefragten dreifachen Einheitswert (RIS-Justiz RS0046526 [T6]) von einem 30.000 EUR übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstands auszugehen gewesen.

1.2. In diesem Punkt ist dem Rekursgericht zwar dahin zu folgen, dass die Aufhebung der Wortfolge „und 60 Abs 2“ in § 59 Abs 3 AußStrG erst mit Ablauf des 31. Juli 2015 in Kraft getreten ist. Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands war aber bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts infolge Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 mit dem BGBl I 2014/36 nicht mehr der dreifache Einheitswert maßgeblich (vgl 5 Ob 179/14f). Im Hinblick auf die vereinbarten Kaufpreise ist allerdings die Bewertung des Rekursgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden und es liegt jedenfalls keine offenkundige Überbewertung vor.

2. Nach § 94 Abs 1 Z 2 GBG darf das Grundbuchsgericht eine bücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist. Diese Regelung umfasst zwei Fallgruppen, nämlich Bedenken erstens betreffend die Verfügungsfähigkeit und zweitens die Befugnis zum Einschreiten ( Hoyer , Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, in FS Kralik 215 [223]). Der Anwendungsbereich des § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG umfasst praktisch häufig Fälle, in denen die Geschäftsfähigkeit einer Partei des zu intabulierenden Vertrags zweifelhaft ist (vgl 3 Ob 87/54 SZ 27/53; 5 Ob 2409/96t; 5 Ob 108/97m; 5 Ob 180/99b; 5 Ob 207/04h NZ 2006, 176 [ Hoyer ]; RIS-Justiz RS0060663; RS0014657; RS0060681), aber auch beachtliche Gründe für das Bestehen einer Verfügungsbeschränkung aufgrund eines Substitutionsbandes (vgl 5 Ob 1004/93) oder des Schuldners infolge Insolvenzeröffnung (vgl 5 Ob 183/00y).

3. Die Vorinstanzen hatten hier Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit der Antragstellerin „über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft“ deshalb, weil dieser mit der dem Grundbuchsgericht übermittelten einstweiligen Verfügung verboten worden war, „die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechts ... vornehmen zu lassen“. Dieses Verbot kann hier aus mehreren Gründen nicht gestützt auf § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG zur Begründung einer Antragsabweisung herangezogen werden:

4.1. Die frühere Liegenschaftseigentümerin und die Antragstellerin haben vor Erlassung der einstweiligen Verfügung am 4. 9. 2013 zu TZ 4173/2013 einen Antrag auf Vormerkung des Eigentumsrechts der Antragstellerin im Rang der angemerkten Rangordnung gestellt, den das Erstgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 2. 10. 2013 aufgrund des Kaufvertrags vom 11. 6. 2013 und des Rangordnungsbeschlusses vom 28. 8. 2013 bewilligt hat.

4.2. Die Vormerkung ist jene Eintragungsart, die die Erwerbung (Übertragung, Beschränkung) oder Löschung bücherlicher Rechte nur unter der Bedingung der nachfolgenden Rechtfertigung bewirkt ( Bartsch , Grundbuchsgesetz 7 442; Verweijen in Kodek , Grundbuchsrecht § 35 GBG Rz 1), also eine durch nachträgliche Rechtfertigung bedingte Einverleibung ( Hoyer , Grundbuchseintrag im angemerkten Rang und Frist für den Antrag auf Löschung von Zwischeneinträgen, NZ 1997, 233 [234]). Die Pränotation zusammen mit der Justifizierung ergeben dann die vollen Rechtsfolgen der Intabulation. Die Rechtfertigung wirkt ex tunc (7 Ob 297/55 SZ 28/170 = EvBl 1955/349 = JBl 1955, 623 = NZ 1955, 170; 5 Ob 195/04v (NZ 2005, 119 [ Hoyer , NZ 2005, 124]; Verweijen in Kodek , Grundbuchsrecht § 40 GBG Rz 1) und ist in Form einer Anmerkung einzutragen ( Dittrich/Angst/Auer 4 § 40 GBG Anm 1). Auch im Fall der Vormerkung des Eigentumsrechts ist § 57 GBG anwendbar (vgl RIS-Justiz RS0060952).

4.3. Da auch Beschlüsse des Grundbuchsgerichts in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen, sind die anlässlich der Vormerkung bereits geprüften Eintragungsvoraussetzungen nicht neuerlich darzulegen (5 Ob 256/04i NZ 2005, 251 [ Hoyer , NZ 2005, 253]); zu prüfen ist nur mehr, ob die Urkunde, deren Fehlen bisher dem unbedingten Eintrag entgegenstand, nunmehr vorliegt (5 Ob 300/03h, NZ 2004/602 [GBSlg] [ Hoyer ] = SZ 2004/2; vgl auch RIS-Justiz RS0060736).

4.4. Bereits dem Vormerkungsantrag lag der zwischen der Liegenschaftskäuferin und der Antragstellerin am 11. 6. 2013 abgeschlossene Kaufvertrag zugrunde, in dessen Punkt IV. genau jene vertragsrechtliche Auseinandersetzung über die fragliche Wirksamkeit eines Vertragsrücktritts ausgewiesen ist, die später dann Grundlage für die einstweilige Verfügung war. Das Erstgericht hatte in Kenntnis dieses Sachverhalts keine Bedenken und bewilligte die Vormerkung. Dieser Sachverhalt kann dann nicht anlässlich der Vorlage der vormals fehlenden Selbstberechungserklärung einer Neubewertung unterzogen und zur Verweigerung der Rechtfertigung der Vormerkung herangezogen werden.

5. § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG betrifft im Regelfall Verfügungsbeschränkungen, die, wie insbesondere die mangelnde Geschäftsfähigkeit, unmittelbar im Gesetz ihre Grundlage haben. Die hier erlassene einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 5 EO spricht demgegenüber (nur) ein relativ wirkendes Verbot bestimmter Handlungen aus und bildet nach hA einen Exekutionstitel, führt aber nicht zum amtswegigen Vollzug (vgl Kodek in Angst 2 § 384 EO Rz 1 mwN; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner , § 384 EO Rz 2; 3 Ob 221/99t). Es wird damit dem Gegner der gefährdeten Partei nicht unmittelbar im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG die persönliche Fähigkeit zu Verfügungen entzogen, sondern (nur) verboten, rechtlich grundsätzlich bestehende Verfügungsmöglichkeiten wahrzunehmen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG hier nicht einschlägig.

6. Der zu beurteilende Antrag zielt zwar (formal) auf die Rechtfertigung einer Vormerkung ab. Dies ändert aber nichts daran, dass das Eigentum an den Liegenschaften der Gegenstand der Eintragung im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG ist und betreffend deren Erwerb ist eine Beschränkung der persönlichen Verfügungsfähigkeit der Antragstellerin nicht zu erkennen.

7. Das Landesgericht Linz hat die einstweilige Verfügung am 11. 10. 2013 beschlossen. Die Antragstellerin ist in Frankreich wohnhaft. Bis zur Absendung des hier zu entscheidenden Antrags am 14. 10. 2013 konnte die Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Antragstellerin nach menschlichem Ermessen nicht erfolgt sein. Vielmehr geht aus dem als rechtzeitig erkannten Rekurs der früheren Liegenschaftseigentümerin und der Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung hervor, dass diesen die einstweilige Verfügung erst am 31. 10. 2013 zugekommen ist. Aus dieser Aktenlage folgt daher, dass das mit der einstweiligen Verfügung ausgesprochene Verbot mangels Zustellung zur Zeit der Einbringung des Grundbuchsgesuchs aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht wirksam war (zur Wirksamkeit mit Zustellung vgl RIS-Justiz RS0005834), die Antragstellerin daher auch nicht verbotswidrig gehandelt hat.

8. Schließlich ist noch auf die Entscheidung zu 5 Ob 195/04v (NZ 2005, 119 [ Hoyer , NZ 2005, 124] = immolex 2005, 156 = MietSlg 56.605) zu verweisen, in der sich der Oberste Gerichtshof mit einem in wesentlichen Punkten vergleichbaren Sachverhalt befasst hat. Dort hatte der Antragsteller im Rang vor der von der dortigen Rechtsmittelwerberin erwirkten und auch bücherlich angemerkten einstweiligen Verfügung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots die Vormerkung seines Eigentumsrechts erlangt. Die dortige Rechtsmittelwerberin hatte zusätzlich zum Belastungs- und Veräußerungsverbot noch weitere Verbote erwirkt, nämlich (ua) das Verbot, die Rechtfertigung des vorgemerkten Eigentumsrechts zu beantragen. Dieses erachtete der Oberste Gerichtshof durchaus nicht als gemäß § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG für beachtlich, sondern führte aus, dass der über das angemerkte, der Rechtfertigung aber nicht entgegengestandene Veräußerungs- und Belastungsverbot hinausgehende Teil der einstweiligen Verfügung vom Grundbuchsgericht nicht zu beachten sei, weil er weder Buchstand noch Inhalt der Urkunde sei, aufgrund derer die Eintragung erfolgen sollte.

9. Im Ergebnis folgt daher:

9.1. Der bereits bei der Bewilligung der Vormerkung des Eigentumsrechts der späteren Käuferin bekannte und bei dieser Entscheidung nicht aufgegriffene Streit über die Wirksamkeit des früheren, mit den einverleibten Liegenschaftseigentümern abgeschlossenen Kaufvertrags kann nicht Grundlage für die spätere Verweigerung der Rechtfertigung der Vormerkung sein, die nur mehr von der Vorlage der Selbstberechnungserklärung abhängig war. Das aus einem Zivilrechtsstreit resultierende, gegen die im Grundbuchsverfahren einschreitende Antragstellerin gerichtete Verbot nach § 382 Abs 1 Z 5 EO, die Rechtfertigung des Eigentumsrechts vornehmen zu lassen, das zum Zeitpunkt der Gesuchseinbringung nach der Aktenlage mangels Zustellung überdies noch nicht wirksam war, begründet keine Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 1. Fall GBG im Bezug auf die „persönliche Fähigkeit“ der Antragstellerin betreffend den Gegenstand der Eintragung (Erwerb des Eigentumsrechts). Dies muss in Stattgebung des Revisionrekurses zur Anmerkung der Rechtfertigung des vorgemerkten Eigentumsrechts führen.

9.2. Die Löschung der aus dem Spruch ersichtlichen Eintragung beruht auf § 57 GBG (vgl RIS-Justiz RS0060752). Die Frage nach dem Beginn der Frist des § 57 Abs 1 GBG für den Löschungsantrag ab Rechtkraft der Bewilligung der Vormerkung (so die hRsp vgl RIS-Justiz RS0060952 [T1]; RS0060752) oder ab Rechtfertigung (so Hoyer , Grundbuchseintrag im angemerkten Rang und Frist für den Antrag auf Löschung von Zwischeneintragungen, NZ 1997, 233 [insb 235 f]) stellt sich aufgrund des hier gegebenen Zeitablaufs nicht.

Rechtssätze
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