JudikaturJustiz5Ob93/22w

5Ob93/22w – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Januar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. G*-Gesellschaft m.b.H., *, 2. * G* F*, 3. E* F*, 4. * H* D*, alle vertreten durch die DDr. Fürst Rechtsanwälte GmbH in Mödling, wegen Grundbuchshandlungen ob den EZ * und EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. März 2022, AZ 46 R 296/21a, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist die grundbücherliche Umsetzung eines Baurechtsvertrags, den der Zweitantragsteller und die Drittantragstellerin als Liegenschaftseigentümer und Baurechtsgeber unter Beitritt der Viertantragstellerin mit der Erstantragstellerin als Baurechtsnehmerin geschlossen haben.

[2] Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch zur Gänze ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf; dieser ist daher unzulässig und zurückzuweisen. Die Begründung dieses Zurückweisungsbeschlusses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 126 Abs 3 GBG; § 71 Abs 3 AußStrG).

[4] 1. Die inhaltlichen Erfordernisse eines Grundbuchsgesuchs ergeben sich insbesondere aus den §§ 84 f GBG. Dabei ist nach § 85 Abs 2 GBG im Begehren genau anzugeben, was im Grundbuch eingetragen werden soll. Als Grundsatz gilt, dass ein Antrag jegliche Verwechslung des Eintragungsobjekts und eine Fehlinterpretation des Begehrens ausschließen und dem allgemeinen Interesse an der Beibehaltung standardisierter Regeln über Form, Aufbau und Inhalt des grundbücherlichen Informationssystems jedenfalls so weit Rechnung tragen muss, dass dem Grundbuchsgericht ohne besonderen Aufwand eine Beschlussfassung iSd § 98 GBG möglich ist (5 Ob 198/13y; RS0061025).

[5] Da nach § 96 GBG das Gericht nichts anderes bewilligen darf, als beantragt wurde, sind die Bestimmungen des § 98 GBG, die den Inhalt des zu fassenden bewilligenden Beschlusses regeln, auch für den Inhalt des Gesuchsbegehrens maßgebend. Dazu gehört infolge des Bezugs des § 98 GBG auf § 5 GBG auch diese Vorschrift, die anordnet, dass in das Hauptbuch die wesentlichen Bestimmungen der bücherlichen Rechte einzutragen sind. Wenn sie eine kurze Fassung nicht zulassen, ist im Hauptbuch eine Berufung auf die genau zu bezeichnenden Stellen der Urkunden, die der Eintragung zugrunde liegen, zulässig. Dies mit der Wirkung, dass die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen sind (vgl RS0060233). § 5 GBG ist also nicht nur (zusammen mit § 4 GBG) eine Regelung über den Umfang der Wirkung eines eingetragenen Rechts, sondern enthält auch eine Ausformung des allgemeinen Bestimmtheitsgebots des § 85 GBG (5 Ob 196/99f; RS0061013 [T1, T7]).

[6] Für Dienstbarkeiten und Reallasten besteht neben der allgemeinen Regelung des § 85 GBG und der besonderen Regelung des § 5 GBG noch ein weiteres Bestimmtheitsgebot in § 12 GBG. Bei Dienstbarkeiten und Reallasten muss Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechts möglichst bestimmt angegeben werden (5 Ob 196/99f; RS0061013 [T13]). Dieses spezielle Bestimmtheitsgebot gilt sowohl für das Grundbuchsgesuch als auch für die der beantragten Eintragung zugrundeliegenden Urkunden (RS0061013 [T13]; RS0119604 [T4]).

[7] Ob ein Grundbuchsgesuch diesem Bestimmtheitsgebot entspricht, ist typischerweise eine Frage des Einzelfalls (RS0061013 [T12]), der in der Regel keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukommt.

[8] 2. Das Rekursgericht verneinte – anders als das Erstgericht – nicht die Eintragungsfähigkeit der im Baurechtsvertrag vereinbarten Reallast der Instandhaltung und des Wiederaufbaus wegen des Fehlens wesentlicher Merkmale einer solchen Reallast. Nach dessen Rechtsauffassung war diese Beurteilung vielmehr gar nicht möglich, weil der Inhalt der behaupteten Reallast aufgrund der unzureichenden Angaben im Eintragungsbegehren nicht bestimmbar sei. Die Bewilligung der Eintragung dieser angeblichen Reallast scheiterte daher an dem in § 85 Abs 2 GBG, § 5 GBG und § 12 Abs 2 GBG normierten Bestimmtheitsgebot.

[9] Der Revisionsrekurs setzt sich mit diesem die Entscheidung des Rekursgericht tragenden Grund nicht auseinander. Die Antragsteller erörtern in diesem Zusammenhang ausschließlich die Frage, ob eine Instandhaltungs- und Wiederherstellungspflicht des Bauberechtigten grundsätzlich als Reallast zugunsten des Liegenschaftseigentümers auf der Baurechtseinlage einverleibt werden kann. Im vorliegenden Fall der nicht ausreichenden Bestimmtheit des Grundbuchsgesuchs ist diese Frage aber nicht zu entscheiden. Den im Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen kommt daher für den hier zu beurteilenden Antrag nur theoretische Bedeutung zu. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof setzt aber voraus, dass die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage auch abhängt (RS0088931). Die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 77/22t; RS0111271 [T2]).

[10] Selbst wenn man den Ausführungen der Revisionsrekurswerber dennoch auch insoweit eine gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge zugestehen wollte (vgl RS0043605), zeigen sie damit jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung der Frage der (Un )Bestimmtheit des Grundbuchsgesuchs auf.

[11] Das auf die Reallast der Instandhaltung und des Wiederaufbaus bezogene Eintragungsbegehren wurde dem Bestimmtheitsgebot nach Auffassung des Rekursgerichts nicht gerecht, weil nicht konkretisiert sei, welche der in Punkt VII. des Baurechtsvertrags geregelten, heterogenen Pflichten der Sicherung der Instandhaltung und des Wiederaufbaus dienen und damit Gegenstand einer Reallast sein sollen. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig. Das Grundbuchsgesuch verweist in seinem Eintragungsbegehren (nur) auf den Punkt VIII. des Baurechtsvertrags; dessen Punkt 8.2 beinhaltet die Vereinbarung einer Reallast „zur Sicherung der Instandhaltung und des Wiederaufbaus nach Punkt VII.“, dieser Vertragspunkt VII. normiert aber eine Vielzahl an Pflichten, die zum Teil zweifelsfrei nicht und zum Teil nicht zweifelsfrei die Instandhaltung und den Wiederaufbau sichern sollen. Der Umfang des von den Antragstellern als Reallast der Instandhaltung und des Wiederaufbaus verstandenen Pflichtenkatalogs ist daher durch den bloßen Verweis auf Punkt VIII. nicht ausreichend eindeutig.

[12] 3. Die Bewilligung der Einverleibung der Reallast zur Instandhaltung und zum Wiederaufbau scheitert daher an dem in § 85 Abs 2 GBG, § 5 GBG und § 12 Abs 2 GBG normierten Bestimmtheitsgebot. Inwieweit gemäß § 95 Abs 2 GBG eine Stattgebung der anderen vom Grundbuchsgesuch umfassten Anträge in Betracht kommt, richtet sich danach, ob zwischen den einzelnen Teilen des Gesuchs ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Ergibt sich ein unlösbarer Zusammenhang zwischen verschiedenen Teilen eines Begehrens und ist ein Teil abzuweisen, so ist das Gesuch zur Gänze abzuweisen (RS0114310).

[13] Die Zulässigkeit einer solchen Teilstattgebung hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab (5 Ob 68/20s, 5 Ob 232/17d). Die mit dem Hinweis auf die Aufsandungserklärung und die darin zum Ausdruck gebrachte Gleichzeitigkeit der Eintragungen begründete Annahme der Vorinstanzen, es bestehe ein von den Vertragsparteien gewünschter unlösbarer Zusammenhang zwischen dieser Reallast und den anderen aus dem Baurechtsvertrag abgeleiteten Rechten, ist keine zu korrigierende Fehlbeurteilung (vgl 5 Ob 232/17d).

Rechtssätze
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