JudikaturJustiz5Ob47/94

5Ob47/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. April 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in den Grundbuchssachen 1.) der A***** AG, ***** vertreten durch Dr.Ekkehard Erlacher und Dr.Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Urkundenhinterlegung und 2.) des K*****, vertreten durch Dr.Helmut A.Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches***** infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der A***** AG gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 28.Juli 1993, GZ 3 b R 182/92, 132 - 135/93-23, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 29.Juni 1987, (GZ Uh 1/87-2), 1.März 1988 (Uh 1/88-2), 7.Juli 1988 (Uh 3/88-2) und 7.November 1988 (Uh 4/88-2), abgeändert und "die Rekurse" der A***** AG gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 18.Juli 1990, TZ 2680/90-4, zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die im Kopf dieser Entscheidung genannte Liegenschaft steht im Eigentum des K*****. Ob dieser Liegenschaft war das Bestandrecht am Grundstück Nr 283 bis 31.12.2031 auf Grund des Miet- und Pachtvertrages vom 14.März 1972 für Rudolf H***** und Hannelore H***** einverleibt (C-LNR 1a) und die Vorauszahlung des Mietzinses von S 200.000,- angemerkt (C-LNR 1b)

Zu Uh 1/87, Uh 1/88, Uh 3/88 und Uh4/88 wurde jeweils die Hinterlegung vom Pfandbestellungsurkunden betreffend die Verpfändung des oben genannten Bestandrechtes - von einem Superädifikat ist keine Rede - durch die Bestandnehmerin zur Sicherung verschiedener Kredithöchstbeträge zugunsten der A***** AG (in der Folge (Antragstellerin), die damals den Firmennamen S***** AG führte, bewilligt und dies unter C-LNR 1a der vorgenannten Liegenschaft ersichtlich gemacht.

Der Liegenschaftseigentümer, dem die Beschlüsse betreffend die Hinterlegung der Pfandbestellungsurkunden nicht zugestellt worden waren, beantragte die Löschung dieser Urkundenhinterlegungen sowie die Einreihung des Löschungsbeschlusses und erhob für den Fall der - letztlich tatsächlich eingetretenen (siehe 5 Ob 3/92-17) - Erfolglosigkeit des Löschungsantrages Rekurs gegen die genannten Beschlüsse über die Bewilligung der Urkundenhinterlegungen.

Mit Beschluß vom 18.7.1990 (TZ 2680/90-4) bewilligte das Erstgericht dem Liegenschaftseigentümer unter anderem die Einverleibung der Löschung des eingangs genannten Bestandrechtes sowie die Löschung der Anmerkung der Mietzinsvorauszahlung, ferner die Teilung des Grundstückes 283 und die lastenfreie Abschreibung eines Teilstückes zu einer neu zu bildenden Liegenschaft samt Einverleibung des Eigentumsrechtes für einen Dritten daran. Der Antragstellerin wurde dieser Beschluß vorerst nicht zugestellt.

Das Rekursgericht hat

1.) über Rekurs des Liegenschaftseigentümers - ON 3, Antrag lilt b - die oben genannten Urkundenhinterlegungsbeschlüsse in antragsabweisendem Sinn abgeändert und

2.) die Rekurse der Antragstellerin (ON 16 und 20) gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 18.7.1990, TZ 2680/90-4, zurückgewiesen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:

1.) Zu den Urkundenhinterlegungsbeschlüssen:

Die Begründung eines Pfandrechtes an einem Bestandrecht sei dann nicht möglich, wenn es infolge der Zins- und Kündigungsbeschränkungen keine zur Befriedigung des Gläubigers führende Verwertbarkeit liefere. Davon sei im vorliegenden Fall wegen des Zeitpunktes der Errichtung des auf dem (ehemaligen) Gst Nr 283 befindlichen Gebäudes nach dem 30.6.1953 und der deswegen gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG geltenden Kündigungsbeschränkungen nach dem MRG auszugehen. Auch das Untervermietungsverbot laut Punkt 3 des Mietvertrages stehe einer Verwertbarkeit entgegen.

Weiters stehe den begehrten Urkundenhinterlegungen der Umstand entgegen, daß die Pfandbestellung nur durch einen der beiden Mitmieter erfolgt sei.

Schließlich enthielten die hinterlegten Urkunden keine Mindestangaben zur Identifizierung des auf dem Grundstück befindlichen Bauwerkes; die Verpfändung beziehe sich überhaupt nur auf das Bestandrecht samt Zubehör ohne geringsten Hinweis auf ein Superädifikat.

2.) Zu den Rekursen der Antragstellerin:

Das Rekursrecht stehe nur dem zu, der in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein könne. Wegen der nunmehr abgewiesenen Hinterlegungsanträge stünden der Antragstellerin keine bücherlichen Rechte an dem Grundstück, bezüglich dessen das Bestandrecht gelöscht und von dem ein Teil lastenfrei abgeschrieben werde, mehr zu. Ihre Rekurse seien daher unzulässig.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes, das einer einheitlichen und gesicherten Rechtsprechung folge, nicht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, bezüglich der Urkundenhinterlegungen die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen und bezüglich des zu TZ 2680/90(ON 4) gestellten Begehrens auf Bestandrechtslöschung und lastenfreie Abschreibung die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der diesbezügliche Antrag des Liegenschaftseigentümers abgewiesen bzw dem Rekursgericht eine Entscheidung in der Sache selbst aufgetragen werde.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu der hier entscheidungswesentlichen Frage, ob dem Liegenschaftseigentümer, ob dessen Liegenschaft die Urkundenhinterlegung ersichtlich gemacht wird, gegen die Verpfändung des einem Dritten ihm gegenüber zustehenden und verbücherten Bestandrechtes durch Urkundenhinterlegung ein Rekursrecht gegen den Urkundenhinterlegungsbeschluß zusteht, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.

Zu den weiteren Voraussetzungen der Revisionsrekurslegitimation der Antragstellerin wird ihm Rahmen der Sachentscheidung Stellung zu nehmen sein.

b) Zur Sachentscheidung:

Gegenstand der Pfandrechte, welche die Antragstellerin durch die vom Erstgericht bewilligten Urkundenhinterlegungen erwerben wollte, war nach dem eindeutigen Wortlaut der Pfandbestellungsurkunden das eingangs genannte verbücherte Bestandrecht samt allem - nicht näher angeführten - Zubehör. Alle Ausführungen im Revisionsrekurs, Gegenstand des Pfandrechtes sei nicht das Bestandrecht, sondern das auf dem Grundstück errichtete Superädifikat, entfernen sich daher von dem für die Beurteilung maßgebenden Sachverhalt und sind demnach nicht weiter zu berücksichtigen.

Bestandrechte sind jedenfalls kein Gegenstand des bücherlichen Pfandrechtes (Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 448 unter Hinweis auf SZ 31/98), verpfändbar an sich jedoch schon, es sei denn, daß die Verwertung durch Zwangsverwaltung ausgeschlossen ist (Petrasch in Rummel, aaO; MGA ABGB33 § 448/E 27).

Eine Hinterlegung (§ 1 Abs 1 Z 1 UHG) oder Einreihung (§ 1 Abs 1 Z 2 UHG) der Urkunden betreffend die Verpfändung des - wie hier - an einem im Grundbuch eingetragenen Grundstück bestehenden Bestandrechtes ist durch keinen der in den genannten Gesetzesstellen taxativ aufgezählten Fälle gedeckt: Solche Urkundenhinterlegungen sind weder zulässig noch haben sie - gesetzwidrigerweise dennoch durchgeführt - irgendwelche über die Pfandbestellung als solche hinausgehende Wirkungen. Durch die Beseitigung der vom Erstgericht der Antragstellerin bewilligten, für sie rechtlich völlig bedeutungslosen Urkundenhinterlegungen trat demnach keine Änderung der Rechtsstellung der Antragstellerin ein. Da aber die Urkundenhinterlegungen über Antrag der Antragstellerin bewilligt wurden, kommt ihr gegen die Entscheidung, mit der diese Bewilligungen im Rechtsmittelverfahren beseitigt wurden, ebenso ein (Revisions )Rekursrecht zu, wie es ihr im Falle eines abweisenden erstgerichtlichen Beschlusses zugestanden wäre. Gemäß § 17 UHG sind im Urkundenhinterlegungsverfahren die Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes über den Rekurs sinnemäß anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 122 GBG ist im Grundbuchsverfahren der Antragsteller dessen Gesuch abgewiesen wurde, rekursberechtigt (RZ 1992, 157/62 ua), und zwar ohne das Erfordernis eines anderen als des schon in der Tatsache der Abweisung des Antrages gelegenen Rechtsschutzinteresses. Aus der mangelnden Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Antragstellerin durch die Abweisung ihres Urkundenhinterlegungsantrages kann daher eine Verneinung ihres Rechtes zur Erhebung eines Revisionsrekurses nicht abgeleitet werden.

Allerdings führten die Urkundenhinterlegungen zu Eintragungen im Grundbuch, nämlich der eingangs genannten Ersichtlichmachungen. Eine unberechtigte Ersichtlichmachung greift jedoch in die Rechtssphäre des Liegenschaftseigentümers ein. Gegen die im Zusammenhang mit den unzulässigen Urkundenhinterlegungen erfolgten Ersichtlichmachungen steht daher dem Liegenschaftseigentümer das Rekursrecht zu (RpflSlgG 2041 mwN). Daraus folgt das Rekursrecht des Liegenschaftseigentümers gegen die mit den Urkundenhinterlegungen verbundenen Ersichtlichmachungen, aber noch nicht dessen Rekursrecht gegen die Bewilligung der Urkundenhinterlegung selbst.

Wie im Grundbuchsverfahren - abgesehen vom Antragsteller im Antragsverfahren oder von Personen, deren verbücherbare Rechte das Gericht bei der Anordnung bücherlicher Eintragungen von Amts wegen zu berücksichtigen hat - nur derjenige rekursberechtigt ist, der durch die angefochtene Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein könnte, so ist infolge der in § 17 UHG angeordneten sinngemäßen Anwendung der Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes über den Rekurs im Urkundenhinterlegungsverfahren bei Beantwortung der Frage der Rekurslegitimation darauf abzustellen, ob das Recht, in dem der Rechtsmittelwerber verletzt zu sein behauptet, wenn zu dessen Erwerb nach dem Gesetz eine Urkundenhinterlegung erforderlich ist, bereits Gegenstand einer solchen Urkundenhinterlegung war (NZ 1990, 309/194).

Gegenstand der Urkundenhinterlegungen in dieser Rechtssache ist ein verbüchertes Bestandrecht, das vom Liegenschaftseigentümer als Bestandgeber eingeräumt wurde. Auch ein verbüchertes Bestandrecht kann aber nach dem schon oben Gesagten nicht Gegenstand eines bücherlichen Pfandrechtes sein. Wie aber dem Liegenschaftseigentümer (= Bestandgeber) im Falle der (Ver)Pfändung des Bestandrechtes durch grundbücherliche Einverleibung des Pfandrechtes daran ein Rekursrecht zustünde, so steht es ihm auch dann zu, wenn statt der unzulässigen bücherlichen Eintragung eine hiefür gar nicht vorgesehene Urkundenhinterlegung bewirkt wird. Durch eine solche Urkundenhinterlegung wird nämlich nach außen hin in gleicher Weise der Rechtsschein einer (Ver)Pfändung des verbücherten Bestandrechtes erweckt wie durch eine Einverleibung des Pfandrechtes im Grundbuch selbst.

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Beschluß des Rekursgerichtes betreffend die Abweisung der Anträge der Antragstellerin auf Urkundenhinterlegung zur Erwirkung von Pfandrechten an dem eingangs genannten verbücherten Bestandrecht nicht zu beanstanden.

c) Zur Zurückweisung der Rekurse der Antragstellerin gegen den Beschluß vom 18.7.1990 (TZ 2680/90-4):

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Schriftsätze ON 16 und 20 in Wahrheit nicht zwei Rekurse gegen ein und denselben Beschluß darstellen. Im Schriftsatz ON 16 wird zwar die Erhebung des Rekurses erklärt, jedoch in der Folge ausgeführt, daß die Zustellung des angefochtenen Beschlusses beantragt und die Einbringung des Rekurses nach ordnungsgemäßer Zustellung vorbehalten werde. Dies geschah sodann mit Schriftsatz ON 20, sodaß trotz der nicht ganz glücklichen Ausdrucksweise im Schriftsatz ON 16 letztlich doch nur ein Rechtsmittel, nämlich der Rekurs ON 20 vorliegt.

Zutreffend führte das Rekursgericht aus, daß der Antragstellerin an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** keine bücherlichen Rechte zustehen (nach nunmehr rechtskräftiger Abweisung der Urkundenhinterlegungsanträge nicht einmal mehr der Rechtsschein solcher bücherlichen Rechte). Daraus folgt, daß der Antragstellerin kein Rekursrecht gegen die Löschung des Bestandrechtes und die lastenfreie Abschreibung von Teilen dieser Liegenschaft zusteht.