JudikaturJustiz5Ob43/94

5Ob43/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Mai 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Karl Preslmayr und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Vornahme einer Grundbuchshandlung in EZ ***** KG *****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 2.März 1994, AZ 1 R 324/93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg vom 6.Juli 1993, TZ 1578/93, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Auf den je 98/2516 Anteilen der Ehegatten Ralf Alois und Ulrike L***** an der Liegenschaft EZ ***** KG *****, mit denen Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung untrennbar verbunden ist, haftet unter C-LNR 4 a das Höchstbetragspfandrecht von S 520.000 zugunsten der Raiffeisenkasse D***** reg.Gen.m.b.H. Am 3.6.1993 bestätigte die Raiffeisenbank D***** reg.Gen.m.b.H. als Rechtsnachfolgerin der genannten Pfandgläubiger den Erhalt von insgesamt S 546.614 durch die antragstellende Bank, die somit die pfandrechtlich sichergestellte Forderung zur Gänze im Sinne des § 1422 ABGB eingelöst habe, wodurch sämtliche Rechte aus diesem Pfandrecht auf die Antragstellerin übergegangen seien. Unter einem wurde einvernehmlich zwischen der bisherigen Pfandgläubigerin und den Wohnungseigentümern festgehalten, daß das dieser Höchstbetragshypothek zugrunde liegende Schuldverhältnis mit dem quittierten Betrag ausgenutzt war und nicht mehr bestehe.

Das Erstgericht wies das Ansuchen der Antragstellerin um Berichtigung des Grundbuches im Wege der Anmerkung, daß das Pfandrecht in C-LNR 4 a nunmehr für sie für die Forderung von S 520.000 hafte, deshalb ab, weil die Übertragung der Forderung durch Einverleibung zu erfolgen habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei nach wie vor durch oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht eindeutig klargestellt, ob die unbestrittenermaßen im Wege einer Berichtigung gemäß § 136 Abs 1 GBG vorzunehmende "deklarative Nachführung des Buchstandes zur Herstellung der Übereinstimmung mit der wahren Rechtslage" (NZ 1992, 115) durch bloße Anmerkung (nach § 20 lit b GBG) oder durch Einverleibung zu erfolgen habe, wie dies auch Hofmeister in NZ 1992, 118 aufgezeigt und hiebei auf die gebührenrechtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes 90/16/0186 Bezug genommen habe. Auch die Entscheidung NZ 1993, 87 sage nichts Konkretes über die Art der Eintragung bei Berichtigung des Grundbuches aus. Das Rekursgericht sehe sich daher nicht veranlaßt, von seiner in RpflSlgG 2331 wiedergegebenen Ansicht abzugehen, zumal die Berichtung als Eintragungsart sui generis gesetzlich nicht gedeckt sei.

Da aus der mit dem Rekurs vorgelegten Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 30.4.1992, 46 R 2042/92, allenfalls auch aus NZ 1992, 115, eine andere Rechtsmeinung hervorgehe, sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen gewesen.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der beantragte Grundbuchsbeschluß erlassen werde, und zwar wie beantragt und nicht als Einverleibung des Gläubigerwechsels.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach herrschender Ansicht geht bei der notwendigen Zession nach § 1422 ABGB eine Hypothek ipso iure, also ohne besonderen sachenrechtlichen Übertragungsakt, mit der Zession auf den einlösenden Zahler über. Die Grundbuchshandlung hat somit nur noch deklarative (berichtigende) Bedeutung (NZ 1992, 115/230 mit zahlreichen Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung, u.a. Reischauer in Rummel2 § 1422 ABGB Rz 12).

In NZ 1992, 115/230 hat der erkennende Senat weiters dargelegt, daß das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht mehr richtig wiedergebe, wenn die Hypothek bereits automatisch auf den einlösenden Zahler übergegangen und damit außerbücherlich die Rechtsänderung eingetreten sei. Es bedürfe daher der deklarativen Nachführung des Buchstandes zur Übereinstimmung mit der wahren Rechtslage. Da in diesen Fällen die Unrichtigkeit des Grundbuches offenkundig sei, seien die Voraussetzungen des § 136 Abs 1 GBG erfüllt und sei auf Ansuchen die zur Berichtigung des Grundbuches erforderliche Eintragung vorzunehmen, ohne daß die vom GBG sonst für eine solche Eintragung geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müßten. Wie das Rekursgericht und Hofmeister, NZ 1992, 118, richtig erkannt haben, sagt diese Entscheidung aber über die Eintragungsart nichts aus.

Die zweitinstanzliche Rechtsprechung ist in dieser Frage uneinheitlich (für Einverleibung ÖBA 1987, 759; RpflSlgG 2331; vgl auch RpflSlgG 1542; für Anmerkung NZ 1989, 340/163; LGZ Wien 46 R 2042/92). In der Lehre sprachen sich Hoyer, ÖBA 1987, 760, und JBl 1991, 710 (711) (Vortragsbericht), und Petrasch in Rummel2 § 449 ABGB Rz 8 (die dort zitierte Entscheidung EvBl 1976/54 = JBl 1976, 155 belegt die Heranziehung des § 20 lit a GBG allerdings nicht) für bloße Anmerkung aus, Hofmeister, NZ 1989, 341 f, NZ 1991, 322 (auch zur Hypothek) NZ 1992, 118 und NZ 1993, 91 sowie Feil, GBG2 § 20 Rz 22 dagegen.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Pfandrecht grundsätzlich Gegenstand der Einverleibung ist (§§ 9, 13 ff GBG). Ist das Grundbuch wegen eines außerbücherlichen Überganges der Hypothek gemäß § 1422 ABGB unrichtig geworden, so ist gemäß § 136 GBG auf Ansuchen "die zur Berichtigung erforderliche Eintragung" vorzunehmen, ohne daß die "sonst für eine solche Eintragung" von diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist. Der Wortlaut des Gesetzes spricht somit nicht dafür, daß es im Falle einer bloß deklarativen Eintragung zu einem Wechsel der Eintragungsart zu kommen hätte.

Ein solcher Wechsel kann - entgegen Hoyer, ÖBA 1987, 762 - auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, daß die deklarative Eintragung ihre Bedeutung nicht im Bereich des Eintragungs-, sondern des Vertrauensgrundsatzes hat. Es ist nicht zu erkennen, warum eine Anmerkung diesem Grundsatz besser als die Einverleibung dienen soll. Daß eine Anmerkung zur Zerstörung des guten Glaubens ausreichen würde, heißt noch nicht, daß von der grundsätzlich gebotenen Einverleibung abzugehen wäre. Auch § 4 GBG zwingt zu keiner anderen Beurteilung, weil darin auf Durchbrechungen des Eintragungsgrundsatzes nicht Bedacht genommen und über Eintragungsarten nichts ausgesagt wird.

Schließlich vermag der erkennende Senat auch der in JBl 1991, 711 wiedergegebenen, auf die ratio des Gesetzes gestützten Argumentation Hoyers nicht zu folgen, wonach im gegebenen Zusammenhang zwischen dem Eigentum als dem umfassendsten absoluten Recht und dem Pfandrecht, bei dem der Prüfungsmaßstab herabzusetzen sei, zu unterscheiden wäre. Das Gesetz gibt keinen Anhaltspunkt für die Zulässigkeit einer Differenzierung in bezug auf die Eintragungsart zwischen dinglichen Rechten, die Gegenstand der Einverleibung sein können (§ 9 ff GBG).

Gerade ein Blick auf Fälle des außerbücherlichen Eigentumserwerbs (vgl Spielbüchler in Rummel2 § 431 ABGB Rz 2; Koziol-Welser II9 106) spricht für die Richtigkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichtes. Auch bei Einantwortung (vgl § 436 ABGB, § 177 AußStrG, §§ 28, 29 LiegTeilG; NZ 1981, 109), Verschmelzung (vgl NZ 1991, 318; RpflSlgG 1410, 1523), Zuschlag (vgl § 237 EO, § 28 Abs 2 LiegTeilG; es hat somit nicht etwa mit der Anmerkung der Zuschlagserteilung gemäß § 72 GBG, § 183 Abs 3 EO sein Bewenden), Ersitzung (vgl §§ 1498, 1500 ABGB) oder Bauführung auf fremdem Grund (vgl EvBl 1961/244) erfolgt eine (deklarative) Einverleibung und nicht etwa eine Anmerkung des Eigentümerwechsels.

Der erkennende Senat ist demnach der Ansicht, daß es auch im Falle der deklarativen Eintragung nach außerbücherlichem Hypothekenübergang gemäß § 1422 ABGB bei der Eintragungsart der Einverleibung zu bleiben hat; eine "Anmerkung des Gläubigerwechsels" ist abzulehnen. Gebührenrechtliche Aspekte haben bei der Lösung der grundbuchsrechtlichen Frage nach der Eintragungsart außer acht zu bleiben.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.