JudikaturJustiz5Ob43/01m

5Ob43/01m – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft der EZ ***** KG *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***** K***** GmbH in Liquidation,***** wegen Klagsanmerkung gemäß § 13c Abs 4 WEG, infolge Revisionsrekurses der Klägerin und Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 30. November 2000, GZ 36 R 294/00d-15, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 13. Oktober 2000, GZ 2 C 904/00p-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft begehrt von der beklagten Miteigentümerin mit der am 4. 7. 2000 eingebrachten Mahnklage Zahlung von insgesamt S 2.673,14 sA für rückständige Betriebskosten des Zeitraums März bis Juni 2000. An der Liegenschaft EZ ***** KG ***** war damals Wohnungseigentum noch nicht begründet, sondern nur die Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a Abs 2 WEG angemerkt. Mit der Klage war ein Antrag auf Klagsanmerkung unter Hinweis auf das Vorzugspfandrecht gemäß § 13c Abs 3 bis 5 WEG verbunden.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 31. 8. 2000, 2 C 904/00p-6, mit der Begründung ab, dass noch kein Wohnungseigentum bestehe. Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

Am 9. 10. 2000 beantragte die Klägerin neuerlich die Anmerkung der Klage ob dem der Beklagten gehörenden Liegenschaftsanteil für dieselbe Forderung, wobei sie über das bisherige Vorbringen hinaus noch darauf hinwies, dass gemäß § 23 Abs 4 WEG für die Rechte der Wohnungseigentumsbewerber die §§ 13 bis 23 WEG gelten, sobald eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts im Grundbuch angemerkt sei.

Das Erstgericht wies dieses Begehren unter Hinweis auf die Rechtskraft des Beschlusses vom 31. 8. 2000 zurück.

Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Auch wenn ein Antrag auf Bewilligung der Streitanmerkung beim Prozessgericht gestellt werde, handle es sich bei dem darüber abzuführenden Verfahren um ein Grundbuchsverfahren. Ein Beschluss, mit dem eine Sachentscheidung über einen Antrag auf Klagsanmerkung getroffen werde, sei eine Sachentscheidung, auf die § 425 Abs 2 ZPO nicht anwendbar sei.

Gemäß § 18 AußStrG, der auch im Grundbuchsverfahren gelte, seien auch die im Verfahren außer Streitsachen ergangenen Beschlüsse grundsätzlich der formellen und materiellen Rechtskraft fähig. Dies sei in jeder Lage des Verfahrens zu beachten. Nur nachträglichen Sachverhaltsveränderungen halte die Rechtskraft nicht stand.

Dies gelte grundsätzlich auch im Grundbuchsverfahren. Abweisende Entscheidungen über Einverleibungsbegehren erwüchsen in materieller Rechtskraft. Ein neues Gesuch sei nur bei geänderter Sachlage zulässig. Bei gleichem Grundbuchsstand und Vorlage derselben Urkunden habe es aufgrund der mit der materiellen Rechtskraft verknüpften Einmaligkeitswirkung zur Zurückzuweisen des Antrags zu kommen (SZ 9/113; SZ 52/106; SZ 68/160).

Die hier zu beurteilende Anmerkung nach § 13c Abs 4 WEG sei einer solchen nach § 20 lit b GBG gleichzuhalten. Das in § 13c Abs 3 bis 5 WEG geregelte Vorzugspfandrecht sei zwar in seinem Bestand weder von einer vertraglichen Einräumung noch von einer Eintragung ins Grundbuch abhängig. Es komme gemäß § 13c Abs 4 WEG dem Forderungsberechtigten allerdings nur unter der Voraussetzung zu, dass er die Forderung samt Pfandrecht binnen sechs Monaten mit Klage geltend mache und die Anmerkung der Klage im Grundbuch beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantrage. Daraus folge, dass die Anmerkung gemäß § 13c Abs 4 WEG zwar keine rangwahrende Wirkung habe (WoBl 2000, 242), aber doch formelle Voraussetzung für die Geltendmachung des Vorzugspfandrechts anlässlich der Meistbotsverteilung sei (RIS-Justiz RS0113379). Die Funktion dieser Anmerkung gehe daher über die bloße Warnung interessierter Buchberechtigter hinaus. Dem aus dem Vorzugspfand Berechtigten stehe im Fall der Abweisung der Anmerkung jedenfalls nicht mehr das Recht zu, die rückständigen klagsweise geltend gemachten Beträge aus dem Titel des Vorzugspfandrechts in der Verteilungstagsatzung geltend zu machen.

Es bestünden daher keine Bedenken dagegen, auch der rechtskräftigen Abweisung eines Antrags auf Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG materielle Rechtskraftwirkung zuzuerkennen.

Der neuerliche Antrag sei auf dieselben Eintragungsgrundlagen gestützt worden, auch die Anmerkung der Zusage des Wohnungseigentums gemäß § 24a WEG sei bereits in der Klage behauptet worden. Dem seien nur Rechtsausführungen durch den Hinweis auf § 23 Abs 4 WEG hinzugefügt worden. Zu Recht habe daher das Erstgericht den neuerlichen Antrag wegen entschiedener Rechtssache zurückgewiesen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG zulässig sei, weil zur Frage der materiellen Rechtskraftwirkung bei Abweisung eines Antrags auf Anmerkung (hier nach § 13c Abs 4 WEG) noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.

Er ist jedoch nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung und hM sind auch Grundbuchsbeschlüsse der materiellen Rechtskraft fähig (SZ 9/113; SZ 52/106; SZ 68/160;

Hoyer, NZ 1996, 74; Feil, Grundbuchgesetz3 Rz 6 zu § 61 GBG;

Rechberger/Oberhammer, ecolex 1994, 456; Rechberger/Bittner, Grundbuchsrecht, 275). Dies wird einerseits aus der Grundsatzbestimmung des § 18 AußStrG und andererseits aus der systematischen Interpretation der Bestimmungen des GBG über den Rekurs geschlossen. Auch die Anordnung der Begründungspflicht für abweisende Grundbuchsbeschlüsse des § 95 Abs 3 GBG ist insofern für die materielle Rechtskraft von Grundbuchsbeschlüssen heranzuziehen, als diese Begründung sicherzustellen vermag, dass im Fall der Gesuchswiederholung geprüft werden kann, ob dieselbe Sache vorliegt (Hoyer aaO). Regelmäßig wird dabei betont, dass dann, wenn ein auf bestimmte Urkunden gegründetes Eintragungsbegehren in Ansehung eines gegebenen Grundbuchsstands abgewiesen ist, damit abschließend und unwiederholbar darüber abgesprochen ist, sodass bei unverändertem Grundbuchsstand die Voraussetzungen für die beantragte Eintragung aufgrund der vorgelegten Urkunden allein nicht gegeben sind (SZ 52/106; SZ 68/160). Daraus ergibt sich, dass die materielle Rechtskraft im Grundbuchsverfahren praktisch regelmäßig auf die Einmaligkeitswirkung beschränkt ist, weil eine Bindungswirkung dieser (negativen) Feststellung kaum denkbar ist (Rechberger/Bittner aaO).

Es trifft zu, wie das Rekursgericht ausführte, dass dies bisher nur für abgewiesene Einverleibungsanträge ausgesprochen wurde.

Anmerkungen - hier gemäß § 20b GBG - unterscheiden sich aber von Einverleibungen oder Vormerkungen vor allem dadurch, dass durch sie niemals bücherliche Rechte begründet, umgeändert oder aufgehoben werden. Eine solche Anmerkung hat den Zweck, bestimmte Rechtswirkungen herbeizuführen, die entweder im Grundbuchsgesetz oder hier in den Bestimmungen des § 13c WEG besonders geregelt sind. Die Wirkung der Streitanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG hat das Rekursgericht zutreffend dargestellt. Der Zweck der Bestimmung des § 13c Abs 3 bis 5 WEG besteht primär darin, dem Pfandgläubiger eine bevorzugte Stellung hinsichtlich seiner Befriedigungsmöglichkeit zu verschaffen (Dirnbacher, WEG 2000, 124). Diese Wirkung tritt schon durch die Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG und nicht erst durch Rechtskraft der Entscheidung über das Bestehen des eingeklagten Anspruchs ein (5 Ob 236/00t).

Für die Zuordnung der Anmerkung nach § 13c Abs 4 WEG zu § 20 lit b GBG ist entscheidend, dass die ausdrückliche gesetzliche Anordnung von spezifischen Anmerkungswirkungen neben die deklarative Bekanntgabe der Tatsache der Streitanmerkung tritt (Feil, Grundbuchgesetz Rz 8 zu § 20 GBG).

Entscheidungsgegenstand über ein Begehren auf Klagsanmerkung nach § 24a Abs 4 WEG ist die Frage, ob eine solche Eintragung zu erfolgen oder zu unterbleiben hat. Diese Sachentscheidung erwächst in materieller Rechtskraft. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass sich die Bestimmungen über Urkunden (§§ 26 ff GBG) nur auf Einverleibungen und Vormerkungen beziehen und insofern die von der Rechtsprechung als maßgeblich angesehene Urkundenidentität (SZ 52/106; SZ 68/161) hier zur Abgrenzung der Identität der Rechtssache nicht tauglich ist. Hier ist entscheidend, dass nur bei geänderter Sachlage, also bei "nachträglichen Tatbestandsveränderungen", bei Veränderung der Individualisierungsmerkmale des Rechtsschutzanspruchs, aufgrund dessen die Entscheidung ergangen ist, ein neuer Rechtsschutzanspruch entsteht, der dann von der materiellen Rechtskraft der Entscheidung über den ersten nicht berührt ist.

Zusammengefasst gilt daher, dass die materielle Rechtskraftwirkung von Abweisungsbeschlüssen im Grundbuchsverfahren nicht auf rechtskräftig abgewiesene Einverleibungsgesuche beschränkt ist. Auch bei rechtskräftiger Abweisung eines Gesuchs um Anmerkung nach § 20 lit b GBG, hier Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG, kommt nur bei geänderter Sachlage eine neuerliche Entscheidung in Betracht. Ein bei gleicher Sachlage neuerlich eingebrachter Antrag, dem nur eine zusätzliche Rechtsausführung angefügt wurde, ist daher zurückzuweisen.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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