JudikaturJustiz5Ob24/14m

5Ob24/14m – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin J***** R*****, geboren am 25. Februar 1944, *****, vertreten durch Scherbaum/Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen grundbücherlicher Eintragungen in den EZ 1559 und EZ 123 beide GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. Juli 2013, AZ 4 R 81/13f, womit über Rekurs der 1. G***** K*****, geboren am 27. Dezember 1961, *****, und 2. A***** E*****, geboren am 20. Februar 1955, *****, beide vertreten durch Dr. Ulrich Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, der Beschluss des Bezirksgerichts Graz Ost vom 26. Februar 2013, TZ 2774/2013, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der erstgerichtliche Bewilligungsbeschluss wiederhergestellt wird.

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 123 GB *****, bestehend aus den Grundstücken .31 und 555/3.

G***** K***** und A***** E***** sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 1559 bestehend aus Grundstück .386 GB *****.

Die Antragstellerin hat als Klägerin zu 207 C 1011/08t des Bezirksgerichts Graz-Ost am 13. 9. 2012 gegenüber G***** K***** und A***** E***** als Beklagte ein in Rechtskraft erwachsenes Urteil erwirkt, dessen Spruch (soweit hier von Bedeutung) lautet:

1. Es wird zwischen der klagenden Partei [Antragstellerin] und den beklagten Parteien [G ***** K***** und A***** E*****] festgestellt, dass der klagenden Partei als Eigentümerin des herrschenden Grundstückes 555/3, dieses inneliegend in der EZ 123, GB ***** (...) und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum dieses Grundstückes gegenüber den beklagten Parteien als Eigentümer des dienenden Grundstückes .386, dieses inneliegend in der EZ 1559, GB *****, (...), und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum dieses Grundstückes die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art, gemäß der Beilage ./H, die einen integrierenden Bestandteil des Urteilsbegehrens bildet, zusteht.

2. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand gegenüber der klagenden Partei schuldig, in die Einverleibung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art über GSt .386 für GSt 555/3 gemäß Pkt. 1. des Urteilsspruches im Lastenblatt der EZ 1559, GB *****, sowie die Anmerkung dieser Dienstbarkeit im A2 Blatt der EZ 123, GB *****, einzuwilligen. (...); dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution.

Dem Urteil ist als integrierender Bestandteil des Spruchs ein Vermessungsplan des DI H***** R***** (Beil ./H) angeschlossen, auf dem die „Servitutswegachse“ als Linie eingezeichnet ist, auf der sich in regelmäßigen Abständen entlang ihrer Krümmung die Bezeichnungen FL1 bis FL6 mit der jeweiligen Bezeichnung „Nagel“ finden.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Antragstellerin, aufgrund des bezeichneten rechtskräftigen Urteils samt Beilage ./H die Einverleibung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art gemäß Beilage ./H über Grundstück .386 für Grundstück 555/3 sowie die Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeit in EZ 123 KG *****.

Das Erstgericht bewilligte das Grundbuchsgesuch.

Dem dagegen von den Eigentümern der dienenden Liegenschaft G***** K***** und A***** E***** erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss im Sinne einer Abweisung des Grundbuchsantrags ab. Das zur Bewilligung vorgelegte Gesuch genüge den Anforderungen der Bestimmtheit gemäß § 12 Abs 2 GBG nicht. Inhalt und Umfang der Dienstbarkeit wären nur dann eindeutig bestimmt, wenn auch der Verlauf des Wegs objektiv nachvollziehbar wäre. Das Prozessgericht habe zwar im vorliegenden Urteil Feststellungen zur Breite des Servitutswegs getroffen, sei auch davon ausgegangen, dass sich der Verlauf des Servitutswegs aus der Beilage ./H ergebe, doch bleibe offen, wie sich diese Servitutswegachse zur festgestellten Breite des Servitutswegs verhalte (seitliche Begrenzung/Ausdehnung). Dies sei auch aus der mit dem Urteil vorgelegten Beilage ./H nicht ersichtlich. Das habe zur Abweisung des Eintragungsbegehrens zu führen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Mit Beschluss vom 20. 1. 2014 änderte das Rekursgericht über Zulassungsvorstellung der Antragstellerin diesen Ausspruch dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei (§ 63 Abs 3 AußStrG). Lege man nämlich zugrunde, dass die Servitutswegachse die Mitte des Servitutswegs festlege, könne die Ansicht vertreten werden, der Verlauf des Servitutswegs sei objektiv nachvollziehbar.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung der erstinstanzlichen Bewilligung.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soll ein gerichtliches Urteil Grundlage für die Eintragung einer ersessenen Servitut sein, muss es die erforderlichen Bestimmungsmerkmale der Dienstbarkeit, also auch deren Umfang enthalten (RIS Justiz RS0123635). Das Urteil muss als Titelurkunde für die Verbücherung (§ 33 GBG) neben den Voraussetzungen des § 85 GBG auch die des § 12 GBG erfüllen. Bei Dienstbarkeiten und Reallasten muss der Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechts möglichst bestimmt angegeben werden und sollen Dienstbarkeiten auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sein, müssen diese genau bezeichnet sein (§ 12 Abs 2 GBG). Eine mangelnde Bestimmtheit des Umfangs der Dienstbarkeit steht der Eintragung im Grundbuch entgegen (RIS Justiz RS0119604).

Ob ein Gesuch auf Einverleibung einer Dienstbarkeit dem sich aus § 85 Abs 2 GBG und § 12 Abs 2 GBG ergebenden Bestimmtheitsgebot entspricht und ob der Anschluss einer planlichen Darstellung des Verlaufs des Servitutswegs im Einzelfall erforderlich ist, stellt zwar regelmäßig eine Frage des Einzelfalls dar, deren Beantwortung insbesondere vom Inhalt des zu verbüchernden Rechts und der die Eintragungsgrundlage bildenden Urkunde abhängt (5 Ob 45/08s).

Im vorliegenden Fall bedarf die Entscheidung des Rekursgerichts jedoch zur Wahrung der Rechtssicherheit (§ 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG) einer Korrektur:

Die planliche Darstellung in Beil ./H, eines integrierenden Bestandteils des Spruchs des die Grundlage der Eintragung bildenden Urteils, stellt unter Bezug auf Markierungspunkte auf der gekrümmten Linie den Wegeverlauf eindeutig fest. Dass dabei die im Plan eingezeichnete, dort als „Servitutswegachse“ bezeichnete Linie nicht die seitliche Begrenzung des Servitutswegs, sondern dessen Mittellinie markiert, bedarf wegen der Offenkundigkeit dieses Umstands keiner Erörterung.

Art und Umfang des Servitutsrechts sind im Spruch ausreichend dadurch bestimmt, dass das „Gehen und Fahren mit Fahrzeugen aller Art “, also ohne Einschränkung auf Fahrzeuge bestimmter Größe und Spurbreite, auf der dienenden Liegenschaft laut Darstellung in Beilage ./H zu dulden ist. Der Festlegung einer Wegbreite in der Eintragungsgrundlage bedurfte es diesfalls zur Herstellung der Voraussetzungen des § 12 GBG nicht.

Für die Ausübung des Fahrrechts mit Fahrzeugen aller Art ist dann zufolge § 484 ABGB der Servitutszweck maßgeblich (RIS-Justiz RS0016365 ua).

Die Titelurkunde genügt daher den Voraussetzungen des § 85 Abs 2 GBG sowie des § 12 Abs 1 und 2 GBG iVm § 5 GBG.

Das hatte zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinn einer Bewilligung des Grundbuchsgesuchs zu führen.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher berechtigt.